European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T108016.20190513 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 Mai 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1080/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07703012.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16D 69/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | BREMSBELAG FÜR EINE SCHEIBENBREMSE | ||||||||
Name des Anmelders: | KNORR-BREMSE Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | VRI-Verband der Reibbelagindustrie e.V. | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 25. Februar 2016 zur Post gegebenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das Patent in geändertem Umfang gemäß dem ersten Hilfsantrag aufrechterhalten werden kann. Die Einspruchsabteilung entschied, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem damals gültigen ersten Hilfsantrag neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
II. Der Einsprechende legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.
III. Eine mündliche Verhandlung fand am 13. Mai 2019 vor der Kammer statt.
IV. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung (Hilfsantrag 1) aufrechtzuerhalten (Hauptantrag). Sie beantragte hilfsweise, das Patent gemäß einem der Hilfsanträge 2-10 aufrechtzuerhalten, die mit Schreiben vom 8. Januar 2016 während des Einspruchsverfahrens eingereicht und mit Schreiben vom 22. November 2016 ins Beschwerdeverfahren eingeführt wurden.
VI. Folgende Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
E2: DE 19532019 C1
E5: GB 2 303 891 A
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags (erster Hilfsantrag im Einspruchsverfahren) lautet:
"Bremsbelag für eine Scheibenbremse eines Fahrzeuges, insbesondere eines Nutzfahrzeuges, mit einer als Gussteil ausgebildeten Belagträgerplatte (1) und einem darin befestigten Reibbelag, wobei die Belagträgerplatte (1) einen flächenförmigen Grundkörper (2) und daran angegossene, erhabene Formschlussteile (3) aufweist, die von dem Reibbelag umschlossen sind, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein Teil der Formschlussteile (3) jeweils von einer angrenzenden Vertiefung (4) des flächenförmigen Grundkörpers (2) umgeben ist."
VIII. Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
i) Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber E2 sowie E5.
Anspruch 1 definiere nicht wie der Grundkörper aussehen sollte. Es wurde lediglich definiert, dass der Grundkörper "flächenförmig" sei. Laut Duden bedeute "Fläche" einen nach Länge und Breite ausgedehnten Bereich. Er brauche nicht flach zu sein. Daher sei der wie folgt in grau gezeichnete Bereich als der Grundkörper zu betrachten (um die Argumente des Beschwerdeführers zu erläuten, hat die Kammer diese auf Fig. 1 von E5 gezeichnet).FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Figur 1 der E2 zeige einen Grundkörper 1, der eine Vertiefung aufweise, die dort liege, wo sich das Ende des Strichs zum Bezugzeichen 6 befindet. Außerdem offenbare E2 Formschlussteile 3, die gegenüber der abgesenkten Fläche erhaben seien. Die Formschlussteile seien von der Vertiefung umgeben.
Alternativ könne die Belagträgerplatte als rechteckiger Grundkörper betrachtet werden. Diese weise in dem zentralen Bereich eine Vertiefung auf, die die Formschlussteile umgebe.
Damit seien alle Merkmale des Anspruchs 1 aus E2 bekannt.
Entsprechend seien alle Merkmale des Anspruchs 1 ebenfalls aus E5 bekannt.
ii) Erfinderische Tätigkeit
Ausgehend von E2 oder E5 als nächstliegendem Stand der Technik beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. E2 und E5 offenbarten zumindest die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
Der Bremsbelag des Anspruchs 1 unterscheide sich von diesen bekannten Bremsbelägen dadurch, dass die Formschlussteile jeweils von einer angrenzenden Vertiefung des flächenförmigen Grundkörpers umgeben seien.
Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, den Bremsbelag weiter zu entwickeln, sodass er kostengünstiger herstellbar und der Reibbelag besser gegen Scherkräfte befestigt sei.
Das aus E2 oder E5 bekannte Herstellungsverfahren sei wegen der Hinterschneidungen aufwendig. Daher würde der Fachmann versuchen, andere Lösungen zu finden, die dennoch die notwendige Funktionssicherheit gewährleisten.
Dem Fachmann sei aus seinem allgemeinen Fachwissen bewusst, dass durch Absenken der Fläche Scherkräfte besser abgefangen werden könnten. Dies wurde auch in E2, Sp. 1, Z. 58 - 61 beschrieben, wonach die die Formkörper tragende Oberfläche axial zurückgesetzt sei, so dass der Reibbelag optimal gegen Scherkräfte gesichert sei. Diese Passage lehre dem Fachmann, den Grundkörper mit Vertiefungen zu versehen, um die obengenannte Aufgabe zu lösen. Der Fachmann würde ebenfalls erkennen, dass dadurch keine Hinterschneidungen notwendig wären. Der Fachmann gelange somit zum Gegenstand des Anspruchs 1 ohne erfinderisch tätig zu werden.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
i) Neuheit
E2 und E5 offenbarten die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Das kennzeichnende Merkmal gehe aber nicht aus diesen Dokumenten hervor.
Nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 weise die Belagträgerplatte einen flächenförmigen Grundkörper und daran angegossene, erhabene Formschlussteile auf. Die in E2 und E5 offenbarten Bremsbeläge wiesen entweder erhabene Formschlussteile oder eine Vertiefung auf, aber nicht beide.
Damit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Hinblick auf E2 oder E5.
ii) Erfinderische Tätigkeit
Entweder E2 oder E5 könne als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden. Beide Dokumente offenbarten einen Bremsbelag gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, den Bremsbelag weiter zu entwickeln, sodass er kostengünstiger herstellbar und der Reibbelag besser gegen Scherkräften befestigt sei.
E2 mag vielleicht lehren, dass die die Formschlussteile tragende Oberfläche axial zurückgesetzt sein könne, um der Reibbelag optimal gegen Scherkräfte zu sichern. Diese Lehre sei auf die gesamte Fläche bezogen und bedeute, dass ein wannenförmiger Grundkörper vorgesehen sein sollte. Es könne sich dadurch eine tiefere Wannenform ergeben. Der Fachmann gelange aber nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1. Es gebe ebenfalls keine Lehre, dass die Hinterschneidungen weggelassen werden könnten.
Damit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Neuheit
1.1 Unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer angegebenen Interpretation des Begriffs "Grundkörper" (siehe VIII i)) in E2 und E5
E2 offenbart unstreitig die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, wie folgt:
einen Bremsbelag für eine Scheibenbremse eines Fahrzeuges, insbesondere eines Nutzfahrzeuges, mit einer als Gussteil ausgebildeten Belagträgerplatte (1) und einem darin befestigten Reibbelag, wobei die Belagträgerplatte einen flächenförmigen Grundkörper (6) und daran angegossene, erhabene Formschlussteile (3) aufweist, die von dem Reibbelag umschlossen sind.
E5 offenbart ebenfalls unstreitig alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, wie folgt:
einen Bremsbelag (10) für eine Scheibenbremse eines Fahrzeuges, insbesondere eines Nutzfahrzeuges, mit einer als Gussteil ausgebildeten Belagträgerplatte (12) und einem darin befestigten Reibbelag, wobei die Belagträgerplatte einen flächenförmigen Grundkörper und daran angegossene, erhabene Formschlussteile (28) aufweist, die von dem Reibbelag umschlossen sind (siehe Figur 1).
Der Beschwerdeführer trägt vor, dass der innerhalb des wannenartigen Grundkörpers liegende Bereich, der die Formschlussteile umgibt und somit E2 und E5 auch das kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 offenbaren.
Wenn aber der Grundkörper als wannenartiger (grau hinterlegter) Teil betrachtet wird, muss eine Vertiefung des Grundkörpers eine Abweichung von dieser wannenartigen Form darstellen. Eine solche ist jedoch weder in E2 noch in E5 gegeben. Die Tatsache, dass die Wanne in der Mitte zwingend eine Vertiefung in Bezug auf die Oberkante des Grundkörpers aufweist, ist hingegen inhärent in der Definition einer Wanne und stellt keine "Vertiefung des Grundkörpers" dar.
1.2 Unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im schriftlichen Verfahren angegebenen Interpretation des Begriffs "Grundkörper" in E2 und E5
Falls jedoch der Grundkörper wie in den Absätzen 2.1 und 2.2 der Beschwerdebegründung (siehe nachfolgende Figur) verstanden werden sollte, dann würde zwar eine Vertiefung des Grundkörpers vorliegen, die die Formschlussteile umgibt. Die Formschlussteile wären jedoch nicht vom Grundkörper erhaben, sondern würden sich innerhalb des Grundkörpers befinden und nur von der Vertiefung erhaben sein. Somit wäre das Merkmal wonach "die Belagträgerplatte einen flächenförmigen Grundkörper und daran angegossene, erhabene Formschlussteile aufweist" weder in E2 noch in E5 offenbart.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
1.3 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Hinblick auf E2 und E5.
2. Erfinderische Tätigkeit
E2 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbart einen Bremsbeleg gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. E5 offenbart ebenfalls die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
Die zu lösende Aufgabe besteht darin, den Bremsbelag weiter zu entwickeln, sodass er kostengünstiger herstellbar und der Reibbelag besser gegen Scherkräfte befestigt ist.
Es stimmt, dass E2 lehrt, dass die die Formschlussteile tragende Oberfläche axial zurückgesetzt sein kann, um den Reibbelag optimal gegen Scherkräfte zu sichern (E2, Sp. 1, Z. 59 - 61). Diese Lehre ist jedoch auf die gesamte Fläche bezogen und bedeutet, dass ein wannenförmiger Grundkörper vorgesehen sein sollte. Angewendet auf E2 würde sich eine tiefere Wannenform ergeben. Der Fachmann würde jedoch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
Im Bezug auf die Hinterschneidungen ist es zwar richtig, dass deren Herstellung aufwendig sein könnte; allerdings gibt es keine Lehre im zitierten Stand der Technik, die den Fachmann anregen würde, die Hinterschneidungen wegzulassen.
Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von entweder E2 oder E5 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.