European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T107616.20200923 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 23 September 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1076/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11156967.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65H26/08 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zur Kontrolle von Spulen mit aufgewickeltem Folienmaterial | ||||||||
Name des Anmelders: | Krones AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Sick AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja: Hauptantrag) Erfinderische Tätigkeit (nein: Hauptantrag, Hilfsantrag I; ja: Hilfsantrag III) Zulassung von Änderungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung (ja: Hilfsantrag III) Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja: Hilfsantrag II) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 368 825 zurückzuweisen.
Der Einspruch war gegen das Patent in vollem Umfang eingelegt worden und mit den Einspruchsgründen nach Artikel 100 a) (fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und 100 c) EPÜ begründet worden. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ wurde im Laufe des Einspruchsverfahrens zurückgezogen.
II. In der angefochtenen Entscheidung werden folgende Dokumente genannt:
D1|JP 2005 014250 A; |
D2|US 5 607 121 A; |
D3|JP 2004 249536 A |
P1|DE 40 21 402 A1; |
P2|US 4 913 366; |
P3|US 6 059 222 A; |
P4|US 2008/0142631 A1.|
Im Beschwerdeverfahren wird auch auf folgende, in der Beschreibung der Patentschrift gewürdigte Dokumente Bezug genommen:
B1|DE 10 2008 020 299 A1;|
B2|DE 195 43 246 A1; |
B3|EP 2 093 172 A2; |
B4|JP S60 12449 A; |
B5|JP S61 86355 A; |
B6|DE 44 42 154 A1; |
B7|EP 0 730 960 A2; |
B8|DE 198 47 466 A1. |
III. Am 23. September 2020 hat eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer stattgefunden.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten (Hauptantrag); hilfsweise die Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge I und II aufrechtzuerhalten; weiter hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche eines der mit Schreiben vom 16. Juli 2020 eingereichten Hilfsanträge III bis VI aufrechtzuerhalten.
V. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (die von der Einspruchsabteilung verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):
"[M1] Verpackungsmaschine (100) [M2] mit einer Vorrichtung (1) zur Kontrolle von einer Spule (10) mit aufgewickeltem Folienmaterial (12), [M3] das auf einen Kern (8) der Spule (10) gewickelt ist [M4] und einer Sensoranordnung (2), mittels der ein Ende des Folienmaterials (12) auf der Spule (10) erkennbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass [M5] die Sensoranordnung (2) mindestens einen optoelektrischen Sensor (14) umfasst, [M6] der ortsfest in Bezug auf eine Stirnseite (7) der auf einen [sic] Dorn (4) sitzenden und sich drehenden Spule (10) angeordnet ist [M7] und derart ausgebildet ist, dass ein Teil der Stirnseite (7) der drehenden Spule (10) optisch erfassbar ist."
VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die folgende Änderung in Merkmal M6:
"der gegenüber einer Stirnseite (7) der Spule (10) und ortsfest in Bezug auf die [deleted: eine Stirnseite (7) der] auf einen [sic] Dorn (4) sitzenden und sich drehenden Spule (10) angeordnet ist".
VII. In Anspruch 1 des Hilfsantrags II wurde im Vergleich zum Hilfsantrag I Folgendes hinzugefügt:
"der als Zeilensensor ausgebildet und gegenüber einer Stirnseite (7) der Spule (10) und ortsfest in Bezug auf die auf einen [sic] Dorn (4) sitzenden und sich drehenden Spule (10) angeordnet ist".
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags III unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Aufnahme des Merkmals:
"[M8] wobei der optoelektronische Sensor (14) ein Zeilensensor ist, der ohne eine zusätzliche Beleuchtung einen Teil (19A) des Aussenkreises (8A) des Kerns (8) der drehenden Spule (10) erfasst".
IX. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag - Neuheit
Alle Merkmale von Anspruch 1 seien aus der Druckschrift D1 bekannt. Der Fachmann, hier ein Ingenieur der Sensorik, der sich mit dem Problem der Erkennung eines Endes eines aufgewickelten Materials befasse, würde unter dem Begriff "multifunction machine" in Absatz 1 der Maschinenübersetzung der japanischen Offenlegungsschrift D1 auch eine Verpackungsmaschine subsumieren. Jede Patentanmeldung habe ihre eigene Sprache bzw. verwende ihre eigenen Begriffe. Die Druckschrift D1 erwähne auch ausdrücklich Faxgeräte und Drucker. Deshalb sei klar, dass nicht nur Büromaschinen gemeint seien. Außerdem sei es für den technischen Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung unerheblich, auf welchem Markt deren Anmelderin schwerpunktmäßig tätig sei.
Das Merkmal M6 und insbesondere die Ortsfestigkeit des Sensors müsse anhand des gesamten Wortlauts von Anspruch 1 ausgelegt werden. Eine etwaige Beschränkung auf eine absolut ortsfeste Anordnung ergebe dieser Wortlaut nicht. Sinn und Zweck des Patents sei es nämlich, dass der Sensor sich nicht mit der Spule mitdrehe. Der sich radial nach innen bewegende photoelektrische Sensor 8 gemäß den Figuren 1 und 2 der Druckschrift D2 sei demnach ortsfest in Bezug auf eine Stirnseite der sich drehenden Spule angeordnet. Daraus folge, dass alle Merkmale in der Druckschrift D2 offenbart seien.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
- Ausgangspunkt
Das technische Problem des Streitpatents bestehe darin, das Ende einer auf einer Rolle aufgewickelten Materialbahn rechtzeitig zu erkennen. Dafür gebe es mehrere Anwendungen, in erster Linie einerseits Verpackungsmaschinen und andererseits Druckmaschinen, die in der Beschreibungseinleitung beschrieben seien. Daher lägen bezüglich des technischen Problems die beiden genannten Einsatzgebiete für den hier in Frage kommenden Fachmann, einen Spezialisten für Sensorik, nicht so weit voneinander entfernt, wie dies die Einspruchsabteilung gesehen habe. Die Druckschrift D1 könne daher als Ausgangspunkt betrachtet werden.
- Aufgabe
Der einzige Unterschied des beanspruchten Gegenstands zu der Druckschrift D1 bestehe in Merkmal M1. Die Formulierung der objektiven Aufgabe laute, eine alternative Anwendung für die Lösung aus der Druckschrift D1, einen ortsfesten Zeilensensor, der auf die Stirnseite der Rolle gerichtet sei, zu finden.
- Naheliegen
Als mögliche neue Einsatzgebiete kämen nur solche in Betracht, die auf einer Rolle aufgewickeltes Material verarbeiten. Es seien kaum andere Einsatzgebiete als Verpackungsmaschinen ersichtlich, so dass der Fachmann zwangsläufig zu dieser Anwendung geführt werde. Die Nähe der beiden Einsatzgebiete werde auch durch die Druckschrift B4 belegt, die sie zwanglos nebeneinander benenne. Dabei hänge die Einrichtung einer Verpackungsmaschine sehr stark vom verpackten Produkt ab. Obwohl die Flaschenindustrie in der Patentschrift erwähnt werde, sei diese Anwendung nicht beansprucht.
Hinsichtlich der Anforderungen an den Sensor bestehe kein Unterschied zwischen den verwendeten Materialien. Der aus der Druckschrift D1 bekannte Sensor könne somit auf eine Verpackungsmaschine übertragen werden. Außerdem werde in Anspruch 1 weder der Sensortyp noch das Messprinzip erwähnt.
Somit liege keine erfinderische Tätigkeit vor.
Hilfsantrag I
Die Klarstellung der ortsfesten Anordnung ändere die Argumentation bezüglich der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift D1 nicht. Es werde auf die Ausführungen zu dem Hauptantrag verwiesen.
Hilfsantrag II
Der Zeilensensor sei auf Seite 7, Zeile 3 der ursprünglich eingereichten Anmeldung nur in Verbindung mit dem weiteren Merkmal "ohne zusätzliche Beleuchtung" offenbart. Daher liege ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ vor.
Hilfsantrag III - Zulassung
Hilfsantrag III sei verspätet eingereicht worden. Es gebe keinerlei Gründe, den Antrag zuzulassen. Die betreffenden Änderungen könnten nicht als Reaktion auf die Stellungnahme der Kammer zur Druckschrift D1 angesehen werden, da die Beschwerdeführerin bereits in der Beschwerdebegründung dazu vorgetragen habe.
Hilfsantrag III - erfinderische Tätigkeit
Aus der Druckschrift D1 sei ein Zeilensensor bekannt, der mit zusätzlicher Beleuchtung betrieben werde. Allerdings hänge dies sehr eng mit den vorliegenden Lichtverhältnissen zusammen. Es liege in Griffweite des Fachmanns, die Spule auch ohne zusätzliche Beleuchtung zu erfassen.
Ausgehend von der Druckschrift D2 unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 nun auch durch den Zeilensensor. Die Aufgabe bezüglich des Unterscheidungsmerkmals M6 bestehe darin, die aus der Druckschrift D2 bekannte Lösung zu vereinfachen. Es wäre naheliegend, einen handelsüblichen Zeilensensor einzusetzen, um das Mitbewegen des Sensors zu eliminieren, denn dieser erfasse, ähnlich wie die Wirkungsweise des radial bewegliche Sensors aus der Druckschrift D2, das aufgewickelte Material entlang einer Linie auf der Stirnseite. Der Fachmann werde auch zu der Druckschrift D1 hingeführt, die einen ortsfesten Zeilensensor vorsehe, der auf die Stirnseite der Spule gerichtet sei und erkenne, wann das Ende des aufgewickelten Materials erreicht werde. Der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
X. Der Vortrag der Beschwerdegegnerin lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
Hauptantrag - Neuheit
Die Druckschrift D1 offenbare das Merkmal M1 nicht, sondern befasse sich mit Vorrichtungen zum Bedrucken von Papier. Das Multifunktionsgerät werde zusammen mit Fax und Drucker im einleitenden Teil der Druckschrift genannt. Daraus ergebe sich für den Fachmann, dass damit Geräte gemeint seien, welche mehrere der in diesem Teil genannten Funktionen aufweisen, und beispielsweise gleichzeitig als Fax und Drucker funktionieren können. Solange eine abweichende Definition fehle, sei davon auszugehen, dass der Fachmann einen Fachbegriff so verstehe, wie er im betreffenden technischen Gebiet üblicherweise verwendet werde.
Mit Verweis auf Spalte 7, Zeilen 7 bis 11 der Patenschrift und auf die dort beschriebenen Figuren 3 und 4 sei das Merkmal M6 so auszulegen, dass der optoelektronische Sensor stirnseitig in Bezug auf die Spule ortsfest positioniert sei. Für die Ansicht, wonach auch eine Bewegung des Sensors radial zur Spulenachse darunter falle, finde sich kein Anhaltspunkt. Die radiale Beweglichkeit der aus der Druckschrift D2 und aus den Druckschriften B8 und P1 bekannten Sensoranordnungen werde in der Patentschrift explizit als solche bezeichnet, während die Sensoranordnung im Rahmen der Erfindung als ortsfest bezeichnet werde.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
- Ausgangspunkt
Der nächstkommende Stand der Technik solle ein Stand der Technik sein, von dem der Durchschnittsfachmann realistischer Weise ausgegangen wäre. Ein gattungsmäßig anderes Dokument können normalerweise nicht als realistischer Ausgangspunkt in Betracht gezogen werden.
Die Druckschrift D1 wäre als nächstliegender Stand der Technik ungeeignet und sei daher von vornherein auszuschließen. Der Fachmann, der eine Verpackungsmaschine weiterentwickeln möchte, werde nicht von einem Dokument ausgehen, das sich mit dem Problem befasst, eine besonders platzsparende Vorrichtung zu schaffen, welche es auch erlaubt, die Verbrauchhistorie des Druckpapiers zu bestimmen.
Dem technischen Aspekt der Verpackung werde in der Patentschrift eine wichtige Rolle zugeschrieben, vgl. Absatz [0022] und Absatz [0026]. Anspruch 1 spreche auch vom Verpackungsmaterial als Folienmaterial. Die Würdigung von Stand der Technik aus unterschiedlichen Fachgebieten in der Beschreibungseinleitung könne nicht dazu führen, dass man ohne Kenntnis der Erfindung von einem solchen anderen Fachgebiet ausgehen würde (vgl. T 28/87).
- Aufgabe
Es erscheine künstlich, bei der Formulierung der technischen Aufgabe für einen Vorrichtungsanspruch auf eine alternative Verwendung abzustellen. Bei der objektiven Ermittlung der erfindungsgemäß gelösten Aufgabe sei zunächst von der im Streitpatent formulierten Aufgabe auszugehen. Die in Absatz [0014] der Patentschrift formulierte Aufgabe laute, eine Verpackungsmaschine zu schaffen, mit der kostengünstig, kosteneffizient, sicher und unabhängig von Parametern des auf einer Spule aufgewickelten Folienmaterials das Ende des Folienmaterials auf der Spule in der Verpackungsmaschine detektiert werden könne.
- Naheliegen
Nach der Entscheidung T 25/13 bestehe eine Wechselwirkung zwischen dem Fachmann und dem nächstkommenden Stand der Technik. Wenn die Druckschrift D1 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei, müsse der Fachmann im Bereich der bilderzeugenden Vorrichtungen eingeordnet werden. Für einen solchen Fachmann wäre es ausgehend von der Druckschrift D1 mit der dargelegten Aufgabenformulierung nicht naheliegend, zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen. Eine Änderung der Gattung des gewählten Ausgangsdokuments während der erfindungsgemäßen Weiterentwicklung sei unwahrscheinlich, im Normalfall nicht naheliegend und könne nur als Folge einer Ex-post-facto-Analyse betrachtet werden. Auch fehlten Hinweise im Stand der Technik für die Abwandlung der aus der Druckschrift D1 bekannten Lehre dahingehend, die bilderzeugende Vorrichtung durch eine Verpackungsmaschine zu ersetzen. Dabei sei die Lösung gemäß der Druckschrift D1, wonach die Verbrauchshistorie des in einem beengten, von außen nicht einsehbaren Raum auf Rollen angeordneten Druckpapiers bestimmt werde, sehr spezifisch und grundlegend anders im Vergleich zu der Problematik bei Verpackungsmaschinen, wo die von außen visuell klar erkennbare Folie sich sehr schnell in einer kontinuierlich laufenden Einrichtung bewege. In einer solchen Verpackungsmaschine habe ein Spulenwechsel Auswirkungen auf die vorgelagerten und nachgelagerten Einrichtungen wie die Etikettiermaschine, die Füllstation oder die Streckblasmaschine zur Herstellung von PET-Flaschen. Drucker oder Faxgeräte würden dagegen nicht kontinuierlich betrieben.
Darüber hinaus wäre es nicht naheliegend gewesen, den in der Druckschrift D1 verwendeten PSD-Sensor, der die Position des Maximums der vom Druckpapier reflektierten Lichtenergie bestimme, auch im Verpackungsbereich bei transparenten Kunststofffolien, die ein ganz anderes Streuverhalten aufweisen, anzuwenden.
Hilfsantrag I
Die gemäß Hilfsantrag I gewählte Formulierung schließe eine radiale Bewegung des Sensors wie in der Druckschrift D2 aus. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit werde auf die Ausführungen zu dem Hauptantrag verwiesen.
Hilfsantrag II
Die Änderung gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags I sei auf Seite 11, letzter Absatz und auf Seite 12, erster Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung gestützt. Alle Merkmale, mit denen der Zeilensensor unzertrennbar verknüpft ist, seien bereits in Anspruch 1 aufgenommen worden. Die zum Erfassungsbereich des Sensors offenbarten Merkmale stünden mit der Eigenart des Zeilensensors nicht unmittelbar in Verbindung. Anspruch 3 betreffe eine andere Variante des Zeilensensors.
Hilfsantrag III - Zulassung
Anspruch 1 stelle eine Kombination von erteilten Ansprüchen dar. Ein Verstoß gegen Artikel 123 EPÜ liege somit nicht vor. Der Hilfsantrag sei rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung als unmittelbare Reaktion auf die Stellungnahme der Kammer eingereicht worden. Sowohl der Beschwerdeführerin als auch der Kammer sei zuzumuten, sich ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung mit dem geänderten Anspruchsgegenstand auseinanderzusetzen. Ferner sei der Hilfsantrag prima facie auf einen gewährbaren Gegenstand gerichtet, da das eingefügte Merkmal eindeutig konträr zur Lehre der Druckschrift D1 sei.
Hilfsantrag III - erfinderische Tätigkeit
Der in der Druckschrift D1 offenbarte Sensor funktioniere nur mit einer Lichtquelle im Sensor. Bei Kunststofffolien könne die Beleuchtung unerwünschte Streueffekte erzeugen. Ein Zeilensensor ohne zusätzliche Beleuchtung liefere daher kosteneffizient ein genaueres Ergebnis. Eine solche Lösung sei aber nicht durch den Stand der Technik nahegelegt.
Ausgehend von der Druckschrift D2 lägen nun zwei Unterscheidungsmerkmale vor. Der Verzicht auf einen schwenkbaren Arm führe dazu, dass die erfindungsgemäße Verpackungsmaschine mechanisch einfacher (und damit kostengünstiger) ausgebildet werden könne. Der Fachmann hätte jedoch keine Veranlassung gehabt, die Lehre der Druckschrift D2 aufgrund seines allgemeinen Fachwissens so abzuwandeln, dass er in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangt wäre. Auch wäre er nicht veranlasst gewesen, das Funktionsprinzip des aus der Druckschrift D2 bekannten Sensors durch das in der Druckschrift D1 offenbarte, gänzlich andere Funktionsprinzip zu ersetzen, zumal diese Lösung lediglich eine Platzersparnis anstrebe. Der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag - Neuheit
Druckschrift D1
1. Zur Frage der Neuheit gegenüber der Druckschrift D1 bestand der einzige Streitpunkt zwischen den Beteiligten darin, ob das Merkmal M1 in diesem Dokument offenbart ist.
2. Laut englischer Maschinenübersetzung befasst sich die Druckschrift D1 mit einer Blattzuführungsvorrichtung ("sheet feeding device") für bilderzeugende Vorrichtungen ("image forming devices") wie Kopiermaschinen, Faxgeräte oder Drucker. Sowohl in der Beschreibung des technischen Gebiets der Erfindung (Absatz [0001]) als auch in der Beschreibung des bisherigen Stands der Technik (Absatz [0002]), der technischen Aufgabe (Absatz [0003]) und der Ausführungsbeispiele (Absatz [0010]) wird der Einsatzbereich ausschließlich auf bilderzeugende Vorrichtungen beschränkt.
3. Mit der Formulierung "these multifunction machines" in Absatz [0001] können daher nur bilderzeugende Vorrichtungen gemeint sein, die die Funktionen von mehreren der in diesem Kontext genannten Kopiermaschinen, Faxgeräten oder Druckern in einem Gerät kombinieren. Eine Verpackungsmaschine deckt diese Formulierung aber nicht ab.
4. Damit ist das Merkmal M1 nicht aus der Druckschrift D1 bekannt, sodass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber der Druckschrift D1 neu ist (Artikel 54 EPÜ).
Druckschrift D2
5. Entscheidend für die Beurteilung der Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gegenüber der Druckschrift D2 ist die Auslegung des Merkmals M6, das verlangt, dass "der [optoelektronische Sensor] ortsfest in Bezug auf eine Stirnseite der auf einen [sic] Dorn sitzenden und sich drehenden Spule angeordnet ist".
6. Die Kammer versteht das Merkmal so, dass der Sensor gegenüber der Stirnseite der Spule eine konstante bzw. ortsfeste Position aufweist. Mit anderen Worten, für einen auf der Drehachse der Spule ruhenden Beobachter steht der Sensor still. Im Hinblick auf die Angaben zu dem Stand der Technik im einleitenden Teil der Patentbeschreibung, wonach herkömmliche Sensoren "in Richtung des Kerns" (Absätze [0004] und [0012]) oder "entlang einer im Wesentlichen radialen Richtung der Spule" (Absatz [0005]) beweglich sind, ergibt sich zwangsläufig, dass ein im Rahmen der Erfindung als ortsfest bezeichneter Sensor gerade nicht diese Beweglichkeit aufweist. Einen weiteren Anhaltspunkt für diese Auslegung bietet die Beschreibung in Absatz [0023] der Patentschrift: "Mittels des optoelektronischen Sensors (Zeilensensors), der stirnseitig in Richtung der Folienspule ortsfest positioniert ist, ..." (Hervorhebung durch die Kammer).
7. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass ein Sensor im Sinne von Merkmal M6 ortsfest sei, wenn und solange er sich in einem bestimmten Abstand zur Stirnseite befinde, hält die Kammer nicht für schlüssig. Diese Auslegung unterstellt nämlich, dass der Sensor für seine Ortsbestimmung anstatt auf die Stirnseite auf die ganze Ebene, in der sich die Stirnseite befindet, Bezug nimmt. Ein solches Verständnis widerspräche jedoch dem Wortlaut des Merkmals M6.
8. Die Position des am Schwingarm 6 befestigten Sensors 5 in der Druckschrift D2 ändert sich radial in Richtung der Spulenachse. Folglich ist der Sensor in der Druckschrift D2 nicht ortsfest in Bezug auf die Stirnseite angeordnet. Das Merkmal M6 ist nicht aus der Druckschrift D2 bekannt.
9. Aus diesen Gründen ist der Gegenstand von Anspruch 1 auch nicht durch die Druckschrift D2 neuheitsschädlich getroffen (Artikel 54 EPÜ).
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
Ausgangspunkt
10. Für die Beurteilung des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit kommt es im vorliegenden Fall vor allem darauf an, ob dabei von der Druckschrift D1 ausgegangen werden kann.
Die Beschwerdeführerin hat die Frage bejaht. Dagegen wendet sich der Vortrag der Beschwerdegegnerin, der unter Bezugnahme auf die in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gebrachte Auffassung der Einspruchsabteilung darauf abzielt, dass die Druckschrift D1 von vornherein auszuschließen sei.
11. Zur Feststellung, ob eine Entgegenhaltung einen geeigneten Ausgangspunkt zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit darstellt, sind laut ständiger Rechtsprechung Kriterien wie die Gemeinsamkeit oder Ähnlichkeit des technischen Zwecks und die Übereinstimmung möglichst vieler technischer Merkmale maßgeblich (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage 2019, I.D.3.1).
Das bedeutet jedoch nicht, dass eine Entgegenhaltung, die einen im Hinblick auf die Erfindung abweichenden Zweck aufweist oder im Vergleich zu einer anderen, "näherliegenden" Entgegenhaltung weniger technische Merkmale mit der Erfindung gemeinsam hat, von vornherein als möglicher Ausgangspunkt ausgeschlossen werden kann. Je nachdem, wie die Kriterien "ähnlicher Zweck" und "gemeinsame Merkmale" gegeneinander abgewogen werden, bieten sich oft mehrere vernünftige Ausgangspunkte an, von denen unterschiedliche Lösungswege ohne eine rückschauende Betrachtung zur Erfindung führen können. Es reicht dann, wenn sich die Erfindung für den Fachmann in Bezug auf nur einen dieser Lösungswege in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, um zu einer negativen Bewertung der erfinderischen Tätigkeit zu kommen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine weitere Entgegenhaltung als ,,näherliegend" hätte angesehen werden können. Die Kammer schließt sich in diesem Punkt der in mehreren Entscheidungen entwickelten Rechtsprechung an, vgl. T 405/14 (Punkt 19 der Entscheidungsgründe), T 2057/12 (Punkt 3.2.2 der Entscheidungsgründe) und T 1742/12 (Punkt 6 der Entscheidungsgründe).
12. Es besteht keine Zweifel, dass die Druckschrift D1 wenigstens nach dem zweiten Kriterium, d.h. der Übereinstimmung möglichst vieler technischer Merkmale, einen geeigneten Ausgangspunkt darstellt. Sie offenbart eine Vorrichtung mit einer Sensoranordnung zur Kontrolle einer Spule. Die nachfolgend abgebildete Figur 1 veranschaulicht, wie die abnehmende Dicke einer auf der Spule 2 aufgewickelten Papierbahn 1 von einem ortsfest in Bezug auf eine Stirnseite der Spule angeordneten Sensor 4(4a) erfasst wird.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
In der maschinenübersetzten Beschreibung ist die Rede von einem PSD-Sensor 4a, d.h. einem positionsempfindlichen Sensor, der die Energie des Schwerpunkts eines einfallenden Lichtsignals in ein elektrisches Signal umwandelt.
Außer M1 sind daher alle Anspruchsmerkmale aus der Druckschrift D1 bekannt. Das haben die Beteiligten auch nicht bestritten.
13. Die Beschwerdegegnerin hat ihre Auffassung, dass die Druckschrift D1 als Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit von vornherein auszuschließen sei, im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand von Anspruch 1 einem anderen Zweck diene als die aus der Druckschrift D1 bekannte Vorrichtung.
13.1 Nach Absatz [0014] des Patents besteht die "Aufgabe der Erfindung" darin, eine Verpackungsmaschine zu schaffen, mit der kostengünstig, kosteneffizient, sicher und unabhängig von Parametern des auf einer Spule aufgewickelten Folienmaterials das Ende des Folienmaterials auf der Spule in der Verpackungsmaschine detektiert werden kann.
13.2 Das Patent enthält jedoch mehrere Indizien dafür, dass dem technischen Aspekt der Verpackung für den der Erfindung zugrunde liegenden objektiven Zweck keine besondere Bedeutung beigemessen wird:
a) Zum einen werden in dem einleitenden Teil der Patentschrift mehrere Druckschriften P1, P3, P4 und B1 bis B8 aufgelistet, die nicht alle die Verpackung bzw. das Einwickeln als Einsatzbereich aufweisen. Die in den Absätzen [0006] und [0007] gewürdigten Druckschriften P4 und B3 befassen sich zum Beispiel mit der Papierzufuhr in Druckern.
b) In den Absätzen [0028] bis [0034] der Patentschrift ist wenigstens ein Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung im Einzelnen angegeben, jedoch ohne Verweis auf eine Verpackungsmaschine oder auf mögliche verpackungstechnische Aspekte.
c) Die Merkmale M2 bis M7 von Anspruch 1 entbehren jeglichen Bezugs zu der Verpackungsmaschine von Merkmal M1. Der Anspruchswortlaut lässt insbesondere offen, welche Funktion die Spule und das auf der Spule aufgewickelte Folienmaterial in der Verpackungsmaschine zu erfüllen hat.
13.3 Die Auffassung der Beschwerdegegnerin, die Würdigung von Stand der Technik aus unterschiedlichen Fachgebieten in der Beschreibungseinleitung dürfe nicht dazu führen, dass man ohne Kenntnis der Erfindung von einem solchen anderen Fachgebiet ausgehe, teilt die Kammer nicht. Diese Sichtweise würde nämlich unter Umständen bedeuten, dass es die Anmelderin bzw. die Patentinhaberin durch die bloße Nennung einer Druckschrift in der Beschreibung selbst in der Hand hätte, welches Fachgebiet in der ersten Phase des Aufgabe-Lösungsansatzes auszuschließen ist. Dies widerspricht aber dem Sinn von Regel 42 (1) b) EPÜ, wonach der bisherige Stand der Technik, "soweit er nach der Kenntnis des Anmelders für das Verständnis der Erfindung, die Erstellung des europäischen Recherchenberichts und die Prüfung der europäischen Patentanmeldung als nützlich angesehen werden kann", (Hervorhebung durch die Kammer) in der Beschreibung anzugeben ist.
Vielmehr lässt die Würdigung des Stands der Technik in der Beschreibungseinleitung die im Anschluss daran beschriebene Erfindung in der richtigen Perspektive erscheinen (Singer/Stauder, Europäisches Patentübereinkommen, 8. Auflage, Carl Heymanns Verlag 2019, Artikel 83, Rdn. 44).
Da es bei der Feststellung des technischen Zwecks der Erfindung darum geht, was sich durch die in den Ansprüchen definierte Erfindung im Lichte der Anmeldung als Ganzer erreichen lässt (vgl. T 2255/10, Punkt 2.2.4 der Entscheidungsgründe), kann die Würdigung des Stands der Technik nicht ohne Bedeutung für die Gesamtoffenbarung der Anmeldung bleiben, und zwar unabhängig davon, wie benachbart bzw. entfernt zur Erfindung andere, in der Beschreibung zitierte Fachgebiete sind. Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdegegnerin genannte Entscheidung T 28/87 (ABl. EPA 1989, 383, siehe Punkt 5.4 der Entscheidungsgründe) betrifft eine andere Frage, und zwar die, ob eine gedankliche Verbindung, die ein Anmelder in der Beschreibungseinleitung seiner Patentanmeldung zu einem "sachgerecht als entfernt einzustufenden Stand der Technik" hergestellt hat, bei der späteren Prüfung des Naheliegens der in dieser Anmeldung beanspruchten Lösung der gestellten Aufgabe zum Nachteil des Anmelders berücksichtigt werden darf. Sie ist daher für die vorliegende Problematik der Wahl des geeigneten Ausgangspunktes für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant.
13.4 Der Kern der vorliegend beanspruchten Erfindung und somit auch der ihr zugrunde liegende technische Zweck liegt darin, das Bestimmen des Endes von auf einer Spule aufgewickeltem Folienmaterial zu verbessern.
13.5 In Absatz [0003] der maschinenübersetzten Beschreibung stellt sich die Druckschrift D1 die Aufgabe ("Problem to be solved by the invention"), die Restmenge ("residue") einer auf einer Rolle aufgewickelten Papierbahn zu detektieren, bevor das Papier ausgeht ("exhausted").
Die Kammer kommt zum Schluss, dass diese Aufgabe dem von der beanspruchten Erfindung angestrebten Zweck sehr ähnlich ist.
14. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen liegt die aus der Druckschrift D1 bekannte Vorrichtung weder hinsichtlich der Anzahl der Merkmale, die sie mit der beanspruchten Erfindung gemeinsam hat, noch in Bezug auf den beabsichtigten Zweck so weitab von dem beanspruchten Gegenstand, dass es unplausibel wäre, für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von diesem Stand der Technik auszugehen.
Die Beschwerdegegnerin hat die Kammer deshalb nicht davon überzeugt, dass die Druckschrift D1 als möglicher Ausgangspunkt auszuschließen ist.
Objektive technische Aufgabe
15. Für die Ermittlung der objektiven technischen Aufgabe kommt es grundsätzlich darauf an, welche technischen Wirkungen mit den Unterscheidungsmerkmalen verbunden sind. Ist die Frage der erfinderischen Tätigkeit gegenüber einem anderen Stand der Technik als demjenigen, der in der ursprünglichen Patentanmeldung oder in dem Patent als Ausgangspunkt genannt wurde, objektiv zu prüfen, so kann eine Neuformulierung der technischen Aufgabe erforderlich sein (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage 2019, I.D.4.4.1).
In diesem Fall ergibt sich die modifizierte Aufgabenstellung aus den im Vergleich zum anderen, bisher unberücksichtigten Stand der Technik verbleibenden Unterscheidungsmerkmalen des Anspruchs.
16. Im vorliegenden Fall stellt die Kammer zunächst fest, dass die nach Absatz [0014] der Patentschrift vorgeblichen Wirkungen ("kostengünstig, sicher und unabhängig von Parametern des auf einer Spule aufgewickelten Folienmaterials das Ende des Folienmaterials auf der Spule detektier[en]") nicht notwendigerweise auf das Unterscheidungsmerkmal M1 zurückzuführen sind. Vielmehr hängen sie mit der Sensoranordnung zusammen, d.h. mit den im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen M5 bis M7. Die technische Aufgabe muss daher neu formuliert werden.
17. Laut Duden bezeichnet der Begriff "Verpackungsmaschine" eine Maschine oder eine Anlage zur Herstellung einer Verpackung, zum Abpacken bzw. Abfüllen bestimmter Mengen eines Produkts und zur Dekorierung und Beschriftung der Verpackung. Je nachdem, welche Materialien eingewickelt, gebündelt oder eingefüllt werden, deckt der allgemeine Begriff eine unzählige Anzahl von möglichen Ausgestaltungen einer solchen Maschine ab.
Der Wortlaut von Anspruch 1 lässt auch offen, worin der Zusammenhang zwischen der Verpackungsmaschine nach Merkmal M1 einerseits und den weiteren Merkmalen M2 bis M7 andererseits besteht. Der beanspruchte Gegenstand lässt insbesondere nicht darauf schließen, welche technischen Anforderungen sich aus der Tatsache, dass die Vorrichtung zur Erfassung einer Spule bzw. die Sensoranordnung erfindungsgemäß im Kontext einer Verpackungsmaschine eingesetzt werden, für diese ergeben. Dies gilt analog auch für Offenbarung der Druckschrift D1. Ohne solche besonderen technischen Anforderungen muss davon ausgegangen werden, dass die Ausgestaltung der Sensoranordnung im Wesentlichen unabhängig davon ist, in welcher Anlage oder in welchem Bereich sie eingesetzt wird.
Hinsichtlich des Unterscheidungsmerkmals M1 liegt also keine technische Wirkung vor, die über die Angabe einer alternativen Anwendung für die bekannte Vorrichtung zur Kontrolle einer Spule nach den Merkmalen M2 bis M7 hinausgehen würde.
18. Demnach besteht die aus dem Unterscheidungsmerkmal resultierende objektive technische Aufgabe darin, eine alternative Anwendung für die aus der Druckschrift D1 bekannte Lösung bereitzustellen.
19. Der Vorwurf seitens der Beschwerdegegnerin, für einen Vorrichtungsanspruch sei eine solche Formulierung künstlich, hält die Kammer nicht für zutreffend. Die Suche nach weiteren Einsatzbereichen für die Anwendung von herkömmlichen Vorrichtungen ist nicht nur bei der Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes sondern auch in der industriellen Praxis durchaus üblich. Demgegenüber wäre die Beibehaltung der in der Patentschrift angegebenen Aufgabe, so wie es die Beschwerdegegnerin vorgeschlagen hat, unlogisch, weil sie nicht auf den potentiellen Beitrag der Erfindung abstellen würde. Aus diesem Grund stünde sie auch nicht in Einklang mit dem Aufgabe-Lösungsansatz.
Naheliegen
20. Von einem Fachmann, der eine objektive technische Aufgabe ausgehend von einer Entgegenhaltung zu lösen versucht, ist ohne weiteres zu erwarten, dass er den Stand der Technik auf dem allgemeinen technischen Gebiet, auf dem sich gleiche oder ähnliche Probleme wie auf dem Spezialgebiet dieser Entgegenhaltung in großen Umfang stellen, heranzieht (vgl. T 176/84, ABl. EPA 1986, 50).
21. Dieser Ansatz findet auch im vorliegenden Fall ausgehend von der Druckschrift D1 Anwendung. Die Erfassung der (Rest-)Menge der noch auf einer Rolle aufgewickelten Materialbahn ist nicht nur bei der Papierversorgung von Kopier- oder Druckmaschinen von Belang, sie wird auch in weiteren speziellen Einsatzbereichen, in denen das nahende Ende einer auf einer Rolle aufgewickelten Materialbahn zur Einleitung eines Rollenwechsels oder als Auswertesignal für eine Bedienperson erfasst wird, verwendet. Dazu gehört auch das Fachgebiet der Verpackungsmaschinen. Ungeachtet der Frage, ob der Fachmann im Bereich der bilderzeugenden Vorrichtungen oder im Bereich der Sensorik einzuordnen wäre, liegt der Einsatzbereich der Verpackungsmaschinen somit im Griffweite des Fachmanns.
22. Die Kammer gelangt daher zum Schluss, dass der Fachmann die in der Druckschrift D1 im Kontext der Drucktechnik offenbarte Lösung zum Erfassen des Bahnendes einer Materialrolle ohne weiteres mit dem gleichen Zweck auf andere Anwendungen wie Verpackungsmaschinen, die bahnförmiges Material von Rollen abziehen und verarbeiten, übertragen würde.
23. In diesem Kontext hat die Beschwerdegegnerin auf die Entscheidung T 25/13 verwiesen, wo die zuständige Kammer der Auffassung war, dass eine technische Lehre aus einem fremden technischen Gebiet (Wäschetrockner) nicht ohne rückschauende Betrachtung auf das Gebiet der Erfindung (Kraftfahrzeuge) übertragen werden konnte. Der daraus gezogenen Schlussfolgerung der Beschwerdegegnerin, der Fachmann müsse notwendigerweise dem spezifischen technischen Gebiet des Ausgangsdokuments, im vorliegenden Fall der bilderzeugenden Vorrichtungen, zugeordnet werden, kann die Kammer in dieser Allgemeinheit nicht folgen, denn auch in T 25/13 hat die zuständige Kammer bei der Begründung der erfinderischen Tätigkeit nicht auf das spezifische technische Gebiet der Wäschetrockner sondern auf das allgemeinere technische Gebiet der Haushaltsgeräte abgestellt.
24. Dem Argument der Beschwerdegegnerin, eine Verpackungsmaschine sei eine grundlegend andere Vorrichtung mit gänzlich anderen Problemen, Betriebsbedingungen und Abmessungen, kann alleine schon deshalb nicht zugestimmt werden, weil Anspruch 1 nicht angibt, um welche Maschinenausführung es bei der Erfindung geht. Beansprucht ist eine Verpackungsmaschine in ihrer allgemeinsten Form ohne Angabe irgendeiner spezifischen Anwendung. Wie oben im Punkt 17. festgestellt, ist auch die anspruchsgemäße Sensoranordnung im Wesentlichen unabhängig davon definiert, in welcher Anlage oder in welchem Bereich sie eingesetzt wird. Der Anspruch in seiner breiten Formulierung enthält insbesondere keinerlei verpackungsmaschinenspezifische Angaben zur Sensoranordnung.
25. Die allgemeine Formulierung des Merkmals M1 führt auch dazu, dass eventuelle Überlegungen dahingehend, dass die beanspruchte Verpackungsmaschine kontinuierlich betrieben werde, dass die Folie von außen visuell klar zu erkennen sein müsse, oder dass der Spulenwechsel vor- oder nachgelagerte Einheiten beeinflusse, für die Frage der erfinderischen Tätigkeit im vorliegenden Fall unerheblich sind.
26. Ferner hat die Beschwerdegegnerin geltend gemacht, dass der in der Druckschrift D1 offenbarte PSD-Sensor nicht für die im Verpackungsbereich verwendeten transparenten Kunststofffolien geeignet wäre.
Auch dieses Argument konnte die Kammer nicht überzeugen, da weder die Ansprüche noch die Beschreibung des Patents die Beschaffenheit des Folienmaterials thematisieren.
Ergebnis
27. Aus den genannten Gründen ergibt sich der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags für den Fachmann ausgehend von der Druckschrift D1 aufgrund naheliegender Überlegungen. Er beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag I
28. In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I hat die Beschwerdegegnerin das Merkmal M6 mit der Absicht geändert, den beanspruchten Gegenstand deutlicher von der Druckschrift D2 abzugrenzen.
29. Allerdings hat diese Änderung keinen Einfluss auf die obenstehende Feststellung der fehlenden erfinderischen Tätigkeit, zumal die Beschwerdegegnerin nicht bestritten hat, dass der aus der Druckschrift D1 bekannte optoelektronische Sensor 4(4a) in der Darstellung nach Figur 1 sowohl gegenüber einer Stirnseite der Spule 2 als auch in Bezug auf die Spule ortsfest angeordnet ist (siehe Punkt 12. oben).
30. Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags I nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag II
Änderungen
31. Anspruch 1 des Hilfsantrags II wurde um das Merkmal "als Zeilensensor ausgebildet" ergänzt.
32. Die Beschwerdegegnerin hat dargelegt, dass sich die Änderung auf die Beschreibung in der ursprünglich eingereichten Fassung, und zwar auf den die Seiten 11 und 12 überbrückenden Absatz, stütze.
33. Jedoch ist die Ausbildung des optoelektronischen Sensors als Zeilensensor sowohl in der allgemeinen Beschreibung der Erfindung als auch in den Ansprüchen der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung nur in Zusammenhang mit der weiteren Einschränkung "ohne eine zusätzliche Beleuchtung" offenbart (siehe Seite 7, Zeilen 3 bis 5 und Anspruch 3). Die Anmeldung enthält überdies keine Hinweise auf alternative Lösungen, d.h. Zeilensensoren, die mit einer zusätzlichen Lichtquelle betrieben werden.
34. Daraus schließt die Kammer, dass die von der Beschwerdegegnerin vorgenommene Änderung ursprünglich nur in einer funktionalen und strukturellen Verbindung mit einem weiteren einschränkenden Merkmal, das nicht in den Anspruch 1 aufgenommen wurde, offenbart ist.
35. Nach dem in G 2/10 (ABl. EPA 2012, 376) entwickelten und als "Goldstandard" bezeichneten Offenbarungskonzept ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Änderungen entscheidend, was der Fachmann dem Gesamtinhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig entnehmen kann.
Für die Stichhaltigkeit des Arguments der Beschwerdegegnerin, dass der auf Seiten 11 und 12 beschriebene Zeilensensor eine Variante darstelle, die ohne Einschränkung auf das Fehlen einer zusätzlichen Beleuchtung offenbart sei, gibt es nach Auffassung der Kammer keine Anhaltspunkte. Insbesondere ist keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung erkennbar, die das Weglassen der Einschränkung "ohne eine zusätzlichen Beleuchtung" im geänderten Anspruch 1 nach dem Hilfsantrags II rechtfertigen würde.
36. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass hinsichtlich des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag II ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123 (2) EPÜ vorliegt.
Hilfsantrag III - Zulassung
37. Den Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag III hat die Beschwerdegegnerin erst nach der am 20. November 2019 zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht. Gemäß Artikel 25 (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern in der revidierten Fassung (VOBK 2020) ist nicht Artikel 13 (2) VOBK 2020 sondern weiterhin Artikel 13 VOBK 2007 auf dieses neue Vorbringen anzuwenden.
38. Nach Artikel 13 (1) VOBK 2007 finden Änderungen des Vorbringens nur dann im Verfahren Berücksichtigung, wenn sie von der Kammer in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens zugelassen werden. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung können auch die Erfolgsaussichten des Antrags bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage 2019, V.A.4.12.1).
Darüber hinaus schreibt Artikel 13 (3) VOBK 2007 vor, dass ein nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung eingereichter Antrag nicht zugelassen wird, wenn er Fragen aufwirft, deren Behandlung der Kammer oder der anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist.
39. Nach Ansicht der Kammer ist die Zulassung des Hilfsantrags III gerechtfertigt durch die Tatsache, dass die Grundlage für die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen, nämlich Anspruch 3 in der ursprünglich eingereichten und in der erteilten Fassung, unmittelbar ersichtlich ist.
40. Die Kammer hat auch keinen Anlass, zu bezweifeln, dass die hinzugefügten Merkmale den Anspruchsgegenstand deutlicher gegenüber den Druckschriften D1 und D2 abgrenzen.
41. Da der vorliegende Hilfsantrag III mehr als zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde und zudem auf die Kombination von erteilten Ansprüchen gerichtet ist, war es der Beschwerdeführerin zumutbar, entweder schriftlich in Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung oder spätestens in der mündlichen Verhandlung zu den im Vergleich zum Hauptantrag vorgenommenen Änderungen Stellung zu nehmen.
42. Folglich kann das den Anspruchsgegenstand einschränkende Merkmal M8 gemäß dem vorliegenden Hilfsantrag III als vielversprechender Versuch der Beschwerdegegnerin betrachtet werden, alle gegen die übergeordneten Anträge vorliegenden Einwände auszuräumen, ohne komplexe Fragen aufzuwerfen, deren Behandlung der Kammer oder der Beschwerdeführerin ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten gewesen wäre.
43. Die Kammer hat daher ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, Hilfsantrag III ins Beschwerdeverfahren zuzulassen (Artikel 13 (1) und (3) VOBK 2007).
Hilfsantrag III - erfinderische Tätigkeit
Ausgehend von der Druckschrift D1
44. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das zusätzliche Merkmal M8 einen weiteren Unterschied zu der aus der Druckschrift D1 bekannten Vorrichtung bildet. Die Kammer teilt diese Auffassung, zumal die dort in Figur 3 erklärte Wirkungsweise des PSD-Sensors einen Licht emittierenden Bereich 4a1 offenbart.
45. Der technische Effekt dieses Unterscheidungsmerkmals bestehe nach Ansicht der Beschwerdegegnerin darin, kosteneffizient ein genaueres Ergebnis zu liefern. Dem hat die Beschwerdeführerin nicht widersprochen.
Die damit verknüpfte objektive technische Aufgabe kann somit dahingehend formuliert werden, das Ende des auf einer Spule aufgewickelten Folienmaterials kostengünstig zu detektieren.
46. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein beanspruchter Gegenstand naheliegend ist, kommt es darauf an, ob der Fachmann in der Erwartung, die objektive technische Aufgabe zu lösen, die Lehre des Ausgangsdokuments angesichts anderer Lehren des Stands der Technik so abgewandelt hätte, dass er zu der beanspruchten Erfindung gelangt wäre. Dabei wird es in der Regel als nicht naheliegend angesehen, ohne entsprechende Anregung die Lehre des Ausgangsdokuments in eine Richtung abzuwandeln, die sich als unvereinbar mit dem Kerngedanken dieser Lehre erweist.
47. In der Druckschrift D1 wird das Ende der auf der Spule gewickelten Materialbahn anhand eines PSD-Sensors 4a erfasst, der laut den Absätzen [0006] bis [0009] der maschinenübersetzten Beschreibung sowie den Figuren 3 bis 5 und 8 bis 10 einen wesentlicher Aspekt dieser Entgegenhaltung bildet. Charakteristisch für einen solchen Sensor ist, dass das auf das aktive Gebiet 4a2 des Sensors fallende Licht von einer die Oberfläche des zu vermessenden Objekts bestrahlenden zusätzlichen Lichtquelle 4a1 erzeugt wird.
48. Die Beschwerdeführerin hat keine überzeugenden Argumente vorgebracht, weshalb der Fachmann eine Veranlassung gehabt hätte, entgegen der Lehre der Druckschrift D1 den PSD-Sensor durch einen Zeilensensor ohne zusätzliche Beleuchtung zu ersetzen, um das Ende der Materialbahn kostengünstig zu detektieren. Auch wenn die herrschenden Lichtverhältnisse für den Betrieb eines Sensors relevant sein können, bedeutet das nicht, dass der Fachmann den Kerngedanken des Ausgangsdokuments, die aufgewickelte Materialbahn mittels eines PSD-Sensors zu erfassen, ohne jegliche Anregung aufgeben würde.
49. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags III ausgehend von der Druckschrift D1 nicht nahegelegt ist.
Ausgehend von der Druckschrift D2
50. Von der Druckschrift D2 unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 nicht nur durch das Merkmal M6 (siehe Punkt 8.) sondern auch durch das zusätzliche Merkmal M8.
Gegenüber dem herkömmlichen, radial bewegbaren Sensor führt die ortsfeste Anordnung gemäß Anspruch 1 zu einer vereinfachten Gestaltung.
Die objektive technische Aufgabe bezüglich des Merkmals M6 besteht somit darin, die aus der Druckschrift D2 bekannte Lösung zu vereinfachen. Dies war auch die Auffassung der Beteiligten.
51. Für die Beurteilung des Naheliegens folgt die Kammer dem Argument der Beschwerdegegnerin, dass der Fachmann bei der Lösung der Aufgabe das Funktionsprinzip des aus der Druckschrift D2 bekannten Sensors ohne entsprechende Veranlassung nicht ändern würde.
Nach Spalte 2, Zeilen 40 bis 56 der Druckschrift D2 erkennt die Steuerung 13 das nahende Ende des Folienmaterials, sobald der Sensor 8 und der nachfolgende Komparator 14 eine Farbänderung erfasst haben. Dazu muss der Sensor jedoch die stirnseitige Oberfläche 12' und 3' des auf der Spule gewickelten Folienmaterials während des Abwickelns schrittweise abtasten.
Genau diesen Schritt müsste der Fachmann aber weglassen, falls er den Farbsensor durch einen herkömmlichen Zeilensensor ersetzen wollte. Es wäre daher für den Fachmann nicht naheliegend, eine solche Änderung durchzuführen.
52. Es ist auch nicht ersichtlich, wie das schrittweise Abtasten mit der Wirkungsweise des aus der Druckschrift D1 bekannten, ortsfest angeordneten PSD-Sensors zu vereinbaren wäre, zumal das Erfassen der Position des Schwerpunkts eines auftreffenden Lichtsignals anhand der lateralen Aufteilung des Ausgangsstroms nicht als eine vereinfachte Lösung angesehen werden kann.
Deshalb ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Fachmann die technische Lehre der Druckschrift D1 zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe ausgehend von der Druckschrift D2 heranziehen würde.
53. Da das Vorsehen des Merkmals M6 nicht naheliegend ist, beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags III ausgehend von der Druckschrift D2 schon aus diesem Grund auf einer erfinderischen Tätigkeit. Somit kann es dahingestellt bleiben, ob das zweite Unterscheidungsmerkmal M8 für den Fachmann naheliegend wäre.
Ergebnis
54. Aus den vorstehend genannten Gründen beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags III auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche: 1 bis 9, eingereicht mit Schreiben vom 16. Juli 2020 als Hilfsantrag III;
- Beschreibung: Seiten 2 bis 6 der Patentschrift;
- Zeichnungen: Figuren 1 bis 6 der Patentschrift.