T 0898/16 () of 9.7.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T089816.20190709
Datum der Entscheidung: 09 Juli 2019
Aktenzeichen: T 0898/16
Anmeldenummer: 08871858.0
IPC-Klasse: F16D 69/04
F16D 69/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: REIBBELAG
Name des Anmelders: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Name des Einsprechenden: ZF Friedrichshafen AG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(b)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Verspätetes Vorbringen - Rechtfertigung der Verspätung (nein)
Änderungen - zulässig (ja)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 24. Februar 2016 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1 das europäische Patent Nr. 2 247 870 und die Erfindung die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genügen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (Beschwerdeführerin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Am 9. Juli 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags ("Hauptantrag").

VI. Für die vorliegende Entscheidung haben die folgenden Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:

D3:|DE 195 03 738 C1 |

D5:|DE 30 23 187 A1 |

D6:|DE 10 2006 011 997 A1 |

D8:|A. KHAMLICHI, M. BEZZAZI, M.A. PARRON VERA: "Optimizing the thermal properties of clutch facings", JOURNAL OF MATERIALS PROCESSING TECHNOLOGY, Bd. 142, Nr. 3, 10. Dezember 2003 (2003-12-10), Seiten 634-642.|

VII. Anspruch 1 des Hauptantrags, mit Merkmalsgliederung der Kammer und gekennzeichneten Änderungen gegenüber der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung, lautet:

M1|"Verfahren zur Herstellung eines Reibbelags insbesondere für eine Reibungskupplung |

M2|bestehend aus einem zumindest aus Strangmaterial und Bindemitteln gefertigten ringförmigen Reibteil |

M3|und einem kreisringförmigen Trägerteil, |

M4|wobei das Strangmaterial als gewickelter Vorpressling mit Bindemittel versetzt einem Heißpressverfahren zur Herstellung des Reibteils unterzogen wird, wobei der Vorpressling während des Heißpressverfahrens mit dem Trägerteil verpresst wird,|

|dadurch gekennzeichnet, dass |

M5|das Trägerteil aus Blech gebildet ist, und wobei |

M6|eine Verbindung zwischen Reibteil und Trägerteil während des Heißpressvorgangs mittels einer Polymerisierung des Bindemittels erzielt wird, |

M7|und wobei der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibteils in Abhängigkeit von einem Wickelverhältnis des Vorpresslings eingestellt wird, |

M8|und wobei dadurch der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibteils an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst wird, |

M9|wobei das Wickelverhältnis zwischen 1:2 und 1:6 ist." |

VIII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Ausführbarkeit

Auf Seite 3 von der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 7. Juni 2019 seien die Merkmale M7 und M8 mit einem Eruieren der wärmebedingten Ausdehnung des Trägerteils verknüpft. Wie dies geschehen soll sei im Patent nicht beschrieben, und somit sei die Erfindung nicht ausführbar.

Diese Auslegung der Merkmale sei zum ersten Mal in der letzten Eingabe der Beschwerdegegnerin vorgetragen. Die Merkmale M7 und M8 seien somit jetzt anders zu interpretieren. Der Einwand der fehlenden Ausführbarkeit, der erst während der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden sei, sollte daher in das Verfahren zugelassen werden.

Artikel 123 (2) EPÜ

Die Änderung von "Wärmekoeffizient" zu "Wärmeausdehnungskoeffizient" in den Merkmalen M7 und M8 stelle eine unzulässige Erweiterung dar. In der ursprünglich eingereichten Anmeldung sei eine Anpassung des Wärmekoeffizients, nicht jedoch des Wärmeausdehnungskoeffizients an die Ausdehnung des Trägerteils offenbart. Da der Fachmann unter dem Begriff Wärmekoeffizient nicht unbedingt einen Wärmeausdehnungskoeffizient, sondern auch einen Wärmeleitfähigkeitskoeffizient verstehen könne, gehe diese Änderung über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.

Auf Seite 3, dritter Absatz, der ursprünglichen Beschreibung sei der Begriff Wärmeausdehnungskoeffizient zwar erwähnt, jedoch nur in Zusammenhang mit der Ausrichtung von einzelnen Strängen des Strangmaterials und nicht in Zusammenhang mit einer Anpassung an die Ausdehnung des Trägerteils.

Klarheit

Es sei nicht klar, was unter der im Merkmal M8 verlangten Anpassung des Wärmeausdehnungskoeffizienten des Reibteils an die Ausdehnung des Trägerteils zu verstehen sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nicht klar.

Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe ausgehend von D3 oder D6 als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

D3, Figuren 1 bis 3, Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 18 offenbare ein Verfahren zur Herstellung eines Reibbelags mit den Merkmalen M1 bis M8. Eine Definition des Wickelverhältnisses fehle im Anspruch, und somit habe die in Figur 1 der D3 gezeigte Umwicklung auch ein Wickelverhältnis gemäß Merkmal M7. Durch dieses werde der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibbelags zwangsläufig eingestellt. So lange sich der Reibbelag bei Verwendung nicht zerlege, sei der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibbelags an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst, wie Merkmal M8 verlange.

D6, Absätze [0004], [0008], [0013] und [0022] bis [0024], zusammen mit den Figuren 1 und 5 offenbarten ebenso ein Verfahren mit den Merkmalen M1 bis M8. Es sei aus den Absätzen [0008] und [0013] klar, dass die im Absatz [0004] beschriebenen im Scatterwound-Verfahren hergestellten und somit ein Wickelverhältnis aufweisenden Vorpresslinge bei dem in den Absätzen [0022] bis [0024] beschriebenen Verfahren verwendet würden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von den Verfahren der D3 und der D6 durch das Merkmal M9. Das Unterscheidungsmerkmal M9 löse die Aufgabe, die thermischen Eigenschaften des Reibbelags zu optimieren.

Die D8 befasse sich mit der Optimierung der thermischen Eigenschaften solcher Reibbeläge. Der Fachmann würde daher dieses Dokument berücksichtigen, und die darin offenbarte Lehre finden, dass ein Wickelverhältnis von 4.27 wegen der Gleichmäßigkeit optimal sei. Folglich würde er dieses Wickelverhältnis auf den Reibbelägen der D3 und der D6 übertragen. Das Wickelverhältnis 4.27 ist anders ausgedrückt 1:4.27 und fällt damit in den für das Wickelverhältnis beanspruchten Bereich. Somit würde der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

In der D5, Figur 2 sei ein Wickelverhältnis von etwa 1:3 gezeigt. Ferner beschreibe Seite 15, dritter Absatz, dass trotz unterschiedlicher Wärmeausdehnung von dem Reibbelag und einem Trägerteil keine Verwerfungen aufträten. Folglich würde der Fachmann aus der D5 entnehmen, dass ein Wickelverhältnis von 1:3 die thermischen Eigenschaften des Reibbelags optimiere, und dieses Wickelverhältnis auf den Reibbelägen der D3 oder der D6 übertragen. Auch bei der Übertragung von diesem Wickelverhältnis würde er ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

IX. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Ausführbarkeit

Die Beschwerdeführerin habe im schriftlichen Beschwerdeverfahren überhaupt keinen Einwand der fehlenden Ausführbarkeit vorgetragen. Dieser Einspruchsgrund, der erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen würde, solle daher nicht zugelassen werden.

Artikel 123 (2) EPÜ

Eine Anpassung des Wärmeausdehnungskoeffizients des Reibteils sei auf Seite 3, dritter Absatz, der ursprünglichen Anmeldung offenbart.

Ferner sei der Begriff "Wärmekoeffizient" für den Fachmann ein Oberbegriff. Aus dem technischen Zusammenhang der Anmeldung sei ihm klar, dass es sich dabei nur um den davon umfassten spezifischen Begriff "Wärmeausdehnungskoeffizient" handeln könne. Ein Wärmeleitfähigkeitskoeffizient sei dagegen in der ursprünglichen Anmeldung nicht erwähnt und im Zusammenhang mit der Erfindung technisch sinnlos.

Somit sei die Änderung von "Wärmekoeffizient" zu "Wärmeausdehnungskoeffizient" in den Merkmalen M7 und M8 eine Klarstellung, die nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe.

Klarheit

Der Begriff "angepasst wird" als solcher sei für den Fachmann klar, und bedeute, dass das Wickelverhältnis so gewählt werde, dass die Wärmeausdehnung des Reibbelags möglichst ähnlich zu der Wärmeausdehnung des Trägerteils sei. Die Merkmale M8 und M9 zusammen definierten, wie die Anpassung stattfinde, nämlich durch ein Wickelverhältnis zwischen 1:2 und 1:6.

Der Anspruch 1 sei daher für den Fachmann klar.

Erfinderische Tätigkeit

Bei dem in der D3 beschriebenen Verfahren würden die Trägerteile wie in Figur 1 gezeigt umwickelt. Somit würde kein Vorpressling verwendet, sondern der Träger mit Strangmaterial umwickelt. Dabei entstehe kein Wickelverhältnis im Sinne des Patents.

Somit unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem Verfahren der D3 durch die Merkmale M7 bis M9.

Bei dem in der D6 beschriebenen Verfahren werde der Trägerteil - wie in Absatz [0013] erklärt - ebenso vom Reibmaterial umgeben bzw. umhüllt. Somit sei für den Fachmann klar, dass die im Absatz [0004] genannten Vorpresslinge nicht in dem in den Absätzen [0022] bis [0024] beschriebenen Verfahren verwendet würden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich daher durch die Merkmale M2, M4 und M7 bis M9 von dem Verfahren der D6.

Die durch die Unterscheidungsmerkmale zu lösende Aufgabe bestehe darin, die Wärmeausdehnung eines Reibteils einstellbar zu gestalten, um diese an die Ausdehnung eines Trägerteils anzupassen. Damit werde ein thermischer Verzug vermieden.

Die D8 offenbare nicht, dass das Wickelverhältnis einen Einfluss auf den Wärmeausdehnungskoeffizienten des Reibbelags habe. Lediglich ein Einfluss auf die Wärmeleitfähigkeit werde darin beschrieben. Ferner sei in der D8 nicht offenbart, dass ein Reibteil an einem Trägerteil aus Blech angebracht sei.

Die D5 lehre lediglich, dass ein Reibteil und ein Verstärkungselement jeweils in Scatterwound-Verfahren hergestellt werden könnten. Ein Einfluss des Wickelverhältnisses auf den Wärmeausdehnungskoeffizienten des Reibteils werde nicht beschrieben.

Der Fachmann habe daher keinen Grund gehabt, die in diesen Dokumenten offenbarten Wickelverhältnisse bei dem Herstellungsverfahren der D3 oder D6 zu verwenden, um die gestellte Aufgabe zu lösen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Ausführbarkeit - Verspätetes Vorbringen

Die Beschwerdeführerin hat in dem schriftlichen Beschwerdeverfahren keine Einwände über mangelnde Ausführbarkeit erhoben. Die Merkmale M7 und M8 wurden erstmals in der mündlichen Verhandlung in diesem Hinblick beanstandet.

Die Merkmale M7 und M8 waren jedoch bereits im von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Anspruch 1 vorhanden. Es gibt daher keine objektive Rechtfertigung für diese verspätete Änderung des Vorbringens seitens der Beschwerdeführerin.

Bei einer Zulassung dieses Einwands wären sowohl die Kammer, als auch die Beschwerdegegnerin gezwungen, sich in der mündlichen Verhandlung zum ersten Mal mit diesem Einwand auseinanderzusetzen. Dies ist in diesem späten Stand des Verfahrens weder der Kammer, noch der Beschwerdegegnerin zumutbar. Das geänderte Vorbringen wurde daher im Verfahren nicht zugelassen (Artikel 13 (1) VOBK).

2. Artikel 123 (2) EPÜ

Gemäß den Merkmalen M7 und M8 wird der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibteils in Abhängigkeit des Wickelverhältnisses des Vorpresslings eingestellt und an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst. Die ursprünglich eingereichte Anmeldung offenbart jedoch auf Seite 3, dritter Absatz, dass der Wärmekoeffizient des Reibteils in Abhängigkeit des Wickelverhältnisses eingestellt wird.

Es stimmt, dass der Begriff "Wärmekoeffizient" - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - nicht zwangsläufig mit dem Begriff "Wärmeausdehnungskoeffizient" gleichzusetzen ist, sondern theoretisch auch ein Wärmeleitfähigkeitskoeffizient sein könnte.

Im Gegensatz zum Wärmeausdehnungskoeffizient, siehe Seite 3, drittletzter Zeile, ist jedoch in der ursprünglichen Anmeldung kein Wärmeleitfähigkeitskoeffizient offenbart. Der Wärmeleitfähigkeitskoeffizient spielt auch in dem Gesamtkontext der Anmeldung technisch keine Rolle. In der ursprünglich eingereichten Anmeldung ist auf Seite 2, zweiter Absatz erwähnt, dass insbesondere bei dünnen Reibbelägen unter Wärmeeinwirkung Verzüge auftreten können. Seite 4, vierter Absatz besagt, dass die erfindungsgemäßen Reibbeläge eine verminderte axiale Bauhöhe aufweisen. Sie sind also dünn. Ein thermischer Verzug hängt maßgeblich mit dem Wärmeausdehnungskoeffizient oder Unterschieden zwischen mehreren von diesen zusammen, und nicht mit einem Wärmeleitfähigkeitskoeffizient. Daher ist dem Fachmann klar, dass es sich bei dem Wärmekoeffizient nicht um einen Wärmeleitfähigkeitskoeffizienten handeln kann.

Seite 3, dritter Absatz der ursprünglichen Anmeldung besagt, dass der Wärmekoeffizient des Reibteils an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst wird.

Ferner wird in diesem Absatz erläutert, dass der Wärmeausdehnungskoeffizient durch die von dem Wickelverhältnis vorgegebene Ausrichtung der einzelnen Stränge des Reibmaterials beeinflusst wird. Der Wärmeausdehnungskoeffizient des Strangmaterials selbst ist eine Werkstoffeigenschaft, die von der Ausrichtung beim Wickeln nicht beeinflusst wird. Es ist daher für den Fachmann aus diesem Absatz eindeutig entnehmbar, dass der durch das Wickelverhältnis beeinflusste Wärmeausdehnungskoeffizient derjenige des gesamten Reibteils ist.

Die Merkmale M7 und M8 gehen daher nicht über den Inhalt der Anmeldung in seiner ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

3. Klarheit

Die im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren hinzugefügten Merkmale M8 und M9 zusammen definieren nicht nur, dass der Wärmeausdehnungskoeffizient an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst wird, sondern auch wie dies erreicht wird, nämlich indem das Wickelverhältnis zwischen 1:2 und 1:6 ist.

Der Anspruch 1 ist somit für den Fachmann klar.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Ausgehend von D6

D6 offenbart in den Absätzen [0022] bis [0024] ein Verfahren zur Herstellung eines Reibbelags, wobei das Reibmaterial durch ein Press- und Aushärtevorgang dauerhaft mit dem Trägerblech verbunden wird. Aus den Absätzen [0008] und [0013] geht hervor, dass dieses Verfahren mit den aus dem Stand der Technik bekannten Reibbelägen durchgeführt wird. Diese sind laut Absatz [0004] z.B. mit Scatterwound-Verfahren hergestellt, und haben somit ein Wickelverhältnis welches den Wärmeausdehnungskoeffizienten des Reibbelags einstellt. Das Argument der Beschwerdegegnerin, dass Vorpresslinge gemäß Absatz [0004] nicht in dem Verfahren der D6 verwendet werden, weil der Trägerteil laut Absatz [0013] mit Reibmaterial "umgeben bzw. umhüllt ist", kann nicht überzeugen. Die Figuren 4 und 5 zeigen nämlich die mit dem Verfahren der D6 hergestellten Reibbeläge, und in diesen ist das Trägerteil nicht vollständig mit Reibmaterial umwickelt, sondern nur dessen Seitenflächen sind von dem Reibmaterial abgedeckt. Somit wird in der D6 ein Verfahren mit den Merkmalen M1 bis M7 offenbart.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich davon durch die Merkmale M8 und M9, wonach der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibteils an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst wird, wobei das Wickelverhältnis zwischen 1:2 und 1:6 ist.

Die von der Beschwerdeführerin angeführte Aufgabe, die thermischen Eigenschaften des Reibbelags zu optimieren, lässt sich aus der ursprünglichen Anmeldung nicht herleiten. Vielmehr geht aus der Anmeldung hervor, dass durch das Wickelverhältnis zwischen 1:2 und 1:6 der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibteils an die Ausdehnung des Trägerteils angepasst wird. Somit wird ein thermischer Verzug vermieden, siehe Anmeldung, Seite 2, zweiter Absatz und Seite 3, letzter Absatz.

Die objektive zu lösende technische Aufgabe liegt daher darin, der Wärmeausdehnungskoeffizient des Reibteils an die Ausdehnung des Trägerteils anzupassen, um thermische Verzüge zu vermeiden.

Weder D8 noch D5 offenbaren einen Einfluss des Wickelverhältnisses auf den Wärmeausdehnungskoeffizienten des Reibteils. Der Fachmann findet also in diesen Dokumenten keine Lehre, die ihn dazu veranlassen würde, das beanspruchte Wickelverhältnis bei der Herstellung des Reibteils der D6 zu verwenden.

Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von dem in der D6 offenbarten Verfahren für den Fachmann nicht naheliegend.

4.2 Ausgehend von der D3

D3, Figuren 1 bis 3 und Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 18 und Spalte 2, Zeilen 32 bis 39 offenbart ebenfalls ein Verfahren zur Herstellung eines Reibbelags, welches die Merkmale M8 und M9 nicht aufweist.

Von der D3 ausgehend stellt sich daher die gleiche zu lösende Aufgabe.

Bereits aus den oben genannten Gründen wäre es für den Fachmann nicht naheliegend, die in der D5 oder D8 gezeigten Wickelverhältnisse bei der Herstellung des Reibteils der D3 zu verwenden.

Darüber hinaus werden die Träger der D3 mit Strangmaterial umwickelt, siehe Anspruch 1. Dies wäre mit einem im Scatterwound-Verfahren hergestellten Reibteil gemäß D5 oder D8 nicht zu verwirklichen. Auch deswegen würde der Fachmann die Lehre der D5 und D8 bei der Herstellung der Reibbeläge der D3 nicht verwenden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher für den Fachmann ausgehend von dem in der D3 offenbarten Verfahren ebenfalls nicht naheliegend.

4.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht aus den oben genannten Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 und 2 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2019,

- Beschreibung: Spalten 1-4 der Patentschrift,

- Zeichnung der Patentschrift.

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