T 0834/16 () of 21.10.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T083416.20191021
Datum der Entscheidung: 21 October 2019
Aktenzeichen: T 0834/16
Anmeldenummer: 09155959.1
IPC-Klasse: F16D 23/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rastanordnung für eine Getriebe-Schaltkupplung
Name des Anmelders: GETRAG B.V. & Co. KG
Name des Einsprechenden: HOERBIGER Antriebstechnik Holding GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - unzulässige Erweiterung (ja)
Einspruchsgründe - Hauptantrag
Spät eingereichtes Dokument - Wechsel des Gegenstandes
Spät eingereichte Hilfsanträge - Rechtfertigung für späte Vorlage (ja)
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (ja)
Neuheit - (ja)
Neuheit - Hilfsantrag 1a
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 1a
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 29. Januar 2016 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1 das europäische Patent EP-B-2 131 055 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) frist- und formgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Am 21. Oktober 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde sowie hilfsweise, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1a, 2a und 3a, eingereicht mit Schreiben vom 7. Oktober 2019, aufrechtzuerhalten.

IV. Folgende Entgegenhaltungen waren für die vorliegende Entscheidung relevant:

E1: DE10 2005 053 555 (B3);

E2: JP2000-130463 (A);

E2': Maschinenübersetzung von E2;

E3: JP2005-201415 (A);

E3': Maschinenübersetzung von E3;

E4: DE199 32 300 (A1 );E6: Konstruktionszeichnung RD08012020-0;

E7: Detail Y zu E6.

E6 und E7 sind Konstruktionszeichnungen einer Vorbenutzung durch ein Tochterunternehmen der Beschwerdeführerin. Die Offenkundigkeit der Vorbenutzung wurde im Beschwerdeverfahren nicht bestritten.

V. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags (entsprechend Hilfsantrag 1 wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten) lauten wie folgt:

Anspruch 1:

"1. Rastanordnung (40) für eine Getriebe-Schaltkupplung (32),

2. mit einem ersten Glied (34) wie einer Führungsmuffe,

3. und einem zweiten Glied (36) wie einer Schaltmuffe,

4. die in einer ersten Richtung (37, x) gegeneinander bewegbar sind,

5. wobei an dem ersten Glied (34) ein Rastelement (42) wie eine Kugel gelagert ist, das elastisch mittels einer Feder (44) gegen das zweite Glied (36) angedrückt ist,

6. wobei an dem zweiten Glied (36) eine Rastkontur (46) ausgebildet ist, die eine Vertiefung (60) aufweist, in die das Rastelement (42) in einer Raststellung der zwei Glieder (34, 36) eingreift,

7. und wobei das zweite Glied (36) in der ersten Richtung (37, x) aus der Raststellung in eine zweite Stellung bewegbar ist, währenddessen das Rastelement (42) aus der Vertiefung (60) herausgedrückt wird, wobei [sic]

dadurch gekennzeichnet, dass

8. die Form der Rastkontur (46) und die Feder (44) für eine gegebene Relativgeschwindigkeit der zwei Glieder (34, 36) so ausgebildet sind, dass das Rastelement (42) bei der Relativbewegung nicht von der Rastkontur (46) abhebt, so dass ein Schaltklacken vermieden wird,

9. wobei die Rastkontur (46) eine Sitzkontur (50), eine Geradkontur (54) und eine zwischen der Sitzkontur (50) und der Geradkontur (54) angeordnete Übergangskontur (52) aufweist,

10. und wobei die Übergangskontur (52) eine erste Schrägkontur (56) aufweist, die benachbart zu der Sitzkontur (50) ist, und eine zweite Schrägkontur (58) aufweist, die benachbart zu der Geradkontur (54) ist,

11. wobei der spitze Winkel (alpha1), den die erste Schrägkontur (56) gegenüber der Geradkontur (54) einnimmt, größer ist als der spitze Winkel (alpha2), den die zweite Schrägkontur (58) gegenüber der Geradkontur (54) einnimmt,

12. wobei ein Übergang zwischen der Sitzkontur (50) und der Übergangskontur (52) einen Radius (rny) aufweist, der im Bereich von 0,3 mm bis 2 mm liegt."

Anspruch 10:

"1. Rastanordnung (40) für eine Getriebe-Schaltkupplung (32),

2. mit einem ersten Glied (34) wie einer Führungsmuffe,

3. und einem zweiten Glied (36) wie einer Schaltmuffe,

4. die in einer ersten Richtung (37, x) gegeneinander bewegbar sind,

5. wobei an dem ersten Glied (34) ein Rastelement (42) wie eine Kugel gelagert ist, das elastisch mittels einer Feder (44) gegen das zweite Glied (36) angedrückt ist,

6. wobei an dem zweiten Glied (36) eine Rastkontur (46) ausgebildet ist, die eine Vertiefung (60) aufweist, in die das Rastelement (42) in einer Raststellung der zwei Glieder (34, 36) eingreift,

7. und wobei das zweite Glied (36) in der ersten Richtung (37, x) aus der Raststellung in eine zweite Stellung bewegbar ist, währenddessen das Rastelement (42) aus der Vertiefung (60) herausgedrückt wird, wobei [sic]

dadurch gekennzeichnet, dass

8. die Form der Rastkontur (46) und die Feder (44) für eine gegebene Relativgeschwindigkeit der zwei Glieder (34, 36) so ausgebildet sind, dass das Rastelement (42) bei der Relativbewegung nicht von der Rastkontur (46) abhebt, so dass ein Schaltklacken vermieden wird,

9. wobei die Rastkontur (46) eine Sitzkontur (50), eine Geradkontur (54) und eine zwischen der Sitzkontur (50) und der Geradkontur (54) angeordnete Übergangskontur (52) aufweist,

10. und wobei die Übergangskontur (52) eine erste Schrägkontur (56) aufweist, die benachbart zu der Sitzkontur (50) ist, und eine zweite Schrägkontur (58) aufweist, die benachbart zu der Geradkontur (54) ist,

11. wobei der spitze Winkel (alpha1), den die erste Schrägkontur (56) gegenüber der Geradkontur (54) einnimmt, größer ist als der spitze Winkel (alpha2), den die zweite Schrägkontur (58) gegenüber der Geradkontur (54) einnimmt,

12. wobei die erste und die zweite Schrägkontur (56, 58) in der ersten Richtung (37, x) etwa gleich lang sind."

Die Merkmalsbezeichnungen (Merkmal 1 bis 12) wurden von der Kammer eingefügt und entsprechen im Wesentlichen den von der Einspruchsabteilung bzw. den Parteien verwendeten Bezeichnungen.

VI. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 gemäß Hilfsantrag 1a unterscheiden sich von den unabhängigen Ansprüchen 1 und 10 des Hauptantrags jeweils dadurch, dass in Merkmal 11 der spitze Winkel (alpha1) auf einen Bereich von 20°-70° eingeschränkt ist.

VII. Die weiteren Hilfsanträge haben für diese Entscheidung keine Rolle gespielt.

VIII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag - ursprüngliche Offenbarung

Der in beiden unabhängigen Ansprüchen verwendete Begriff 'spitzer Winkel' habe keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung. Offenbart seien lediglich in den Paragrafen [0052] und [0053] bzw. in Anspruch 7 und 8 spezifischere Winkelbereiche von 20° bis 70° für den Winkel alpha1 und 8° bis 30° für den Winkel alpha2. Auch der Begriff der 'Schrägkontur' enthalte keine bezüglich des Winkels eindeutige Lehre, da 'schräg' ja nur 'irgendwie schräg' bedeute, und nicht spitzwinklig. Der im Anspruch verwendete Begriff 'spitzer Winkel' stelle somit eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung dar.

Zulassung der Hilfsanträge 1a bis 3a

Die neuen Hilfsanträge 1a bis 3a stellten den Versuch dar, einen Einwand zu beheben, der bereits mit der Beschwerdebegründung erhoben worden sei. Trotzdem habe die Beschwerdegegnerin weder in der Beschwerdeerwiderung, noch innerhalb der in der Mitteilung der Kammer gesetzten Frist entsprechende Anträge vorgelegt. Die Einreichung sei nunmehr so spät erfolgt, dass eine Zulassung in das Verfahren nicht mehr in Betracht komme.

Hilfsantrag 1a - ursprüngliche Offenbarung

In den unabhängigen Ansprüchen des Hilfsantrags 1a sei zwar die Zwischenverallgemeinerung bezüglich des Winkels alpha1, nicht aber die bezüglich des Winkels alpha2 behoben worden. Diesbezüglich sei zu beachten, dass Anspruch 9 wie eingereicht mit dem bestimmten Artikel auf "den" in Anspruch 8 wie eingereicht eingeführten Winkel alpha2 zurückverweise, der jedoch gemäß ursprünglicher Offenbarung einen Winkel gegenüber der Geradkontur im Bereich von 8°-30° aufweise. Dieser Winkelbereich für alpha2 fehle immer noch im beanspruchten Gegenstand. Zwar müsse der Winkel alpha2 anspruchsgemäß nun zumindest kleiner als 70° sein, eine Untergrenze, wie sie der Begriff "spitzer Winkel" ebenfalls impliziere, sei dadurch aber nicht gegeben. Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 1a gehe daher noch immer in nicht zulässiger Weise über die ursprüngliche Offenbarung hinaus.

Zulassung des Neuheitseinwands basierend auf E2

Die Entgegenhaltung E2 sei unzweifelhaft bereits im Verfahren und das Vorbringen zur mangelnden Neuheit des Gegenstands von Anspruch 9 stelle daher kein neues Vorbringen dar. Es solle daher zugelassen werden.

Hilfsantrag 1a, Anspruch 9 - Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 9 sei nicht neu über die Vorbenutzung, wie sich aus der Konstruktionszeichnung E7 ableiten lasse. Die Zeichnung zeige eine Geradkontur, eine in einem spitzen Winkel von 20° verlaufende zweite Schrägkontur, und eine daran anschließende, in einem Winkel von 45° verlaufende erste Schrägkontur. Diese gehe an der Stelle, an der die Rastkugel aufsitze, in eine Sitzkontur über, wobei der Kontaktpunkt der Kugel in dem Bereich zu finden sei, wo der Radius der Kugel ein Lot auf die Schrägkontur bilde. Da D7 eine technische Zeichnung darstelle, ließen sich diese Punkte geometrisch konstruieren und die entsprechenden Teilstrecken dann vermessen. Derart ergebe sich eine Länge der ersten Schrägkontur von 0,357 mm und eine Länge der zweiten Schrägkontur von 0,445 mm. Diese beiden Längen seien als "in etwa gleich lang" wie beansprucht anzusehen, insbesondere da der Unterschied im Bereich der in der Zeichnung E6 (aus der die E7 vergrößert wurde) angegebenen Fertigungstoleranzen von 0,05 mm liege. So fielen beide Messwerte unter eine Länge von 0,4 ± 0,05 mm.

Auch die Offenbarung der E4 nehme den Gegenstand des Anspruchs 9 neuheitsschädlich vorweg. Gemäß Absatz [0062], erster Satz, des Streitpatents könne die Rastkontur mit ihrer ersten und zweiten Schrägkontur nämlich auch als vollständig abgerundete Funktion ausgebildet sein. Nichts anderes zeige die Abbildung 2 der E4. Diese abgerundete Kontur könne man, insoweit der Lehre des Streitpatents folgend, gedanklich in eine Sitzkontur und eine erste und zweite Schrägkontur gleicher Länge aufteilen, wie beansprucht.

Auch die E3, Abbildung 2, zeige eine Rastkontur, wobei in der Ausführungsform gemäß Paragraf [0022] die Flächen 6A und 6B weich ineinander übergehend ausgeführt seien. Auch diese Kontur lasse sich, wie für die Entgegenhaltung E4 diskutiert, gedanklich in eine Sitzkontur und eine erste und zweite Schrägkontur gleicher Länge aufteilen.

Der Gegenstand des Anspruchs 9 sei daher nicht neu über die Lehre der Entgegenhaltungen E7, E3 und E4.

Hilfsantrag 1a - erfinderischer Tätigkeit

Anspruch 9

Anspruch 9 beruhe ausgehend von E1 und E3 jeweils als nächstliegender Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

E1 zeige in Abbildung 5 eine Sitzkontur bei Position A, eine erste Schrägkontur bei Rillenabschnitt 42, eine zweite Schrägkontur bei Rillenabschnitt 43 und eine an die Position B links anschließende Geradkontur. Zwar sei der Winkel alpha1 nicht im beanspruchten Bereich und die Schrägkonturen seien nicht in etwa gleich lang. Dies entsprechend des Anspruchs zu verändern sei jedoch naheliegend, um eine kostengünstige und schnell ansprechende Kupplung zu erreichen.

E3 weise gemäß Abbildung 2 eine Rastkontur mit zwei Schrägkonturen 6a und 6b auf. Einziger Unterschied sei, dass diese nicht gleich lang seien. Eine steilere Ausbildung der 6b verhindere das Auftreten von Differenzdrehzahlen und ermögliche eine Verwendung der Vorrichtung zur Schaltung schnelldrehender Getriebe, und führe so in naheliegender Weise zu in erster Richtung etwa gleich langen Schrägkonturen.

Anspruch 1

E2 offenbare in Abbildung 4 und Paragraph [0015] eine Rastkontur mit 3 Teilflächen A, B und C, jede der Flächen jeweils unter einem Winkel a, b oder c zur Flächennormalen. Offenbart seien also unstreitig zwei Schrägkonturen und eine Sitzkontur. Zwar sei gemäß Paragraph [0015] die Relation zwischen den Winkeln b<a<c, d.h. die zwischen den Flächen A und B liegende Schrägkontur C, entsprechend der ersten Schrägkontur gemäß den Bezeichnungen der Patentschrift, flacher ausgebildet als die zweite Schrägkontur (Fläche B gemäß E2), so dass in der Diktion des Patents alpha1<alpha2 sei. Jedoch offenbare E2 explizit in Paragraph [0015], letzter Satz, dass die Relation der Winkel a und b nicht b<a sein müsse, sondern entsprechend angepasst werden könne. Die einzige andere Alternative sei eben b>a und damit alpha2<alpha1, so dass auch diese Alternative als unmittelbar und eindeutig offenbart angesehen werden müsse. Das verbleibende Unterscheidungsmerkmal eines zwischen den Flächen vorgesehenen Radius' sei dabei fachüblich oder zumindest in Hinblick auf die Offenbarung der E3 oder der E4 naheliegend.

Auch ausgehend von der E3 sei der Gegenstand des Anspruchs 1 naheliegend. E3 offenbare bereits eine erste und zweite Schrägkontur. Der Fachmann würde den Übergang zwischen diesen beiden Konturen mit einem Radius versehen, um ein sanftes Schalten zu ermöglichen. Weiche Übergänge der Rastkontur seien dabei fachüblich bzw. auch aus der Lehre der E4 bekannt.

IX. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag - ursprüngliche Offenbarung

Es sei zwar richtig, dass der Begriff 'spitzer Winkel' in den Anmeldeunterlagen nicht explizit verwendet werde. Jedoch folge aus dem Begriff der 'Schrägkontur' ein schräger und damit spitzwinkliger Verlauf der Kontur. Eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung liege daher nicht vor.

Zulassung der Hilfsanträge 1a bis 3a

Die zugegebenermaßen verspätete Einreichung der Hilfsanträge 1a bis 3a sei dadurch begründet, dass die Beschwerdegegnerin in den Hilfsanträgen 1 bis 3 versehentlich die im unabhängigen Anspruch 1 vorgenommene Änderung nicht auch im zweiten unabhängigen Anspruch durchgeführt habe, wie eigentlich beabsichtigt. Dies sei nunmehr korrigiert worden, wobei die durchgeführte Änderung exakt der im Anspruch 1 der entsprechenden, mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge entspreche. Die Änderung sei somit wenig komplex und bewege sich im Rahmen dessen, womit sich Kammer und Beschwerdeführerin bereits auseinandergesetzt hätten, so dass die neuen Hilfsanträge in das Verfahren zugelassen werden sollten.

Hilfsantrag 1a - ursprüngliche Offenbarung

Der nunmehr im Anspruch definierte Winkelbereich für den Winkel alpha1 stelle eine Obergrenze für den Winkel alpha2 dar. Zudem sei durch den Begriff der Schrägkontur ein Winkel von 0 ausgeschlossen, so dass der Winkel alpha2 zwingend ein spitzer Winkel sein müsse. Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche sei somit ursprünglich offenbart.

Zulassung des Neuheitseinwands basierend auf E2

Der Einwand der fehlenden Neuheit des Gegenstands des unabhängigen Anspruchs 9 gegenüber der Ausführungsform gemäß Abbildung 3 der E2 sei erstmals mit Schreiben vom 23. September 2019 und damit verspätet vorgebracht worden. E2 sei bislang nur gegen den unabhängigen Anspruch 1 im Zusammenhang mit einer angeblich fehlenden erfinderischen Tätigkeit verwendet worden. Im Übrigen ließen sich aus den von der Beschwerdeführerin irgendwie eingezeichneten und zudem selbst nicht gleich breiten grauen Rechtecken keine angeblich gleichen axialen Längen der Rastkontur ableiten, so dass es dem Dokument bereits an einer prima facie Relevanz mangele. Der auf E2 basierende Neuheitseinwand gegen den Anspruch 9 solle daher nicht in das Verfahren zugelassen werden.

Hilfsantrag 1a, Anspruch 9 - Neuheit

Die Vorbenutzung, wie in der technischen Zeichnung E7 dargestellt, nehme den Gegenstand des Anspruchs 9 nicht neuheitsschädlich vorweg. Zunächst zeige die Zeichnung keine zwei Schrägkonturen, sondern lediglich eine. Selbst wenn man die im Randbereich unter 45° geneigte eigentliche Sitzkontur künstlich in einen ersten Sitzbereich und einen zweiten schrägen Bereich unterteilen wollte, so sei unklar, wo genau diese Unterteilung vorzunehmen sei. Auch wenn man zu Gunsten der Beschwerdeführerin davon ausgehe, dass sich die genannten Werte aus der Zeichnung ablesen ließen, so bestehe immer noch ein Unterschied zwischen den Längen von etwa 25%, so dass diese nicht als in der ersten Richtung (d.h. in Richtung der Abszisse) "etwa gleich lang" angesehen werden könnten. Hierbei sei auch zu beachten, dass die in der Zeichnung angegebene Toleranz in der ersten Richtung (Abszisse) 0,03 mm betrage und nicht 0,05 mm wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht.

Im Gegensatz zur E7, die zumindest eine Schrägkontur aufweise, weise die Rastkontur in E4 gar keine Schrägkontur, sondern eine völlig übergangslose gekrümmte Kontur auf. Eine Aufteilung dieser übergangslos gekrümmten Kontur in einen zur Sitzkontur gehörenden Bereich und je eine erste und zweite gekrümmte, in erster Richtung gleich lange Schrägkontur sei völlig willkürlich und entspreche nicht dem fachmännischen Verständnis der im Anspruch verwendeten Begriffe.

Eine analoge Argumentation gelte für die Offenbarung in E3, Abbildung 2. Diese zeige eine Sitzkontur und nur eine Schrägkontur. Selbst wenn man die Teilflächen 6a und 6b als Schrägkonturen ansehen wollte, so seien diese offensichtlich nicht gleich lang. Daran ändere sich auch durch einen angeblich in Paragraf [0022] offenbarten weichen Übergang zwischen den Teilbereichen 6a und 6b nichts. Dabei entspreche eine völlig willkürliche Teilung einer solchen Kontur in eine Sitzkontur und zwei gleich lange, nicht-lineare Schrägkonturen wiederum nicht dem fachmännischen Verständnis der Begriffe.

Der Gegenstand des Anspruchs 9 sei daher neu.

Hilfsantrag 1a - erfinderischer Tätigkeit

Anspruch 9

Der Gegenstand des Anspruchs 9 sei ausgehend von E1 schon deshalb erfinderisch, da E1 keine Geradkontur als Teil der Rastkontur offenbare. Die Rastkugel bewege sich zwischen den Positionen A und B, ohne dass der Bereich links von B in Figur 5 überhaupt erreicht werde. Die dort eingezeichnete gerade Linie gehöre zur Oberfläche der Scheibe, in der die Rastkontur eingearbeitet sei, könne aber selbst nicht als Teil der Rastkontur angesehen werden.

Auch ausgehend von E3 beruhe der Gegenstand des Anspruchs 9 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum einen weise auch die Rastkontur gemäß E3, Abbildung 2, nur eine Sitzkontur 6a und eine Schrägkontur 6b auf, nicht jedoch zwei Schrägkonturen wie beansprucht. Selbst wenn man der Beschwerdeführerin soweit folge, dass ein Teil der Kontur 6a eine erste Schrägkontur und 6b die zweite Schrägkontur darstelle, so seien diese nicht in erster Richtung gleich lang. Absatz [0022] weise sogar explizit darauf hin, dass die Kontur 6b möglichst lang sein solle, also gerade nicht so lang wie die Kontur 6a. Der Fachmann habe keinerlei Veranlassung, dies zu ändern. Die von der Beschwerdeführerin gestellte Aufgabe sei aus der Patentschrift nicht ersichtlich und rückschauend gewählt. Gemäß Absatz [0033] und [0034] der Patentschrift bewirkten die gleich langen Schrägkonturen nämliche relativ hohe Relativ­geschwindigkeiten der zwei Glieder, ohne dass ein Schaltklacken auftrete. Das Problem der Reduzierung oder Vermeidung störender Schaltnebengeräusche spreche weder eines der vorgelegten Dokumente an, noch sei die erfinderische Lösung aus dem Fachwissen bekannt. Im Übrigen führe eine steilere Ausbildung der zweiten Schrägkontur zwar zu deren kürzerer Länge, nicht unbedingt jedoch dazu, dass die Länge der der ersten Schrägkontur entspreche.

Der Gegenstand des Anspruchs 9 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Anspruch 1

E2 als nächstliegender Stand der Technik offenbare bestimmte Winkel der Flächen A, B und C zur Flächennormalen, wobei die Winkel b und c gerade nicht zu der beanspruchten Relation alpha2<alpha1 führten. Auch die angeblich in Paragraph [0015] angeregte Änderung zu einer anderen Relation der Winkel a und b als b<a führe nicht eindeutig zum Anspruchsmerkmal. So könnten die Winkel a und b durchaus gleich sein, a = b. Auch aus b>a folge nicht zwingend alpha1>alpha2 wie beansprucht. Schon aus diesem Grund könne der Angriff ausgehend von E2 nicht zu einem unter den Gegenstand des Anspruchs 1 fallenden Gegenstand führen.

Ausgehend von E3 seien gar keine zwei Schrägkonturen offenbart. Kontur 6a gehöre zur Sitzkontur, Kontur 6b sei die einzige Schrägkontur. Es sei völlig unklar, wie der Fachmann ausgehend von der Ausführungsform in Abbildung 2 zu dem beanspruchten Gegenstand mit einer Sitzkontur und zwei Schrägkonturen gelangen sollte.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - ursprüngliche Offenbarung

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 10 basieren im Wesentlichen auf einer Kombination der Ansprüche 1, 2, 9 und 5 bzw. 1, 2, 9 und 10 wie ursprünglich eingereicht. Nicht explizit ursprünglich offenbart ist der Begriff "spitzer Winkel" bezogen auf die Winkel alpha1 und alpha2 in Merkmal 11. Offenbart sind lediglich in den Ansprüchen 7 und 8, bzw. in den Absätzen [0052] und [0053] der A2-Schrift Winkelbereiche von jeweils 20°-70° (alpha1) und 8° bis 30° (alpha2).

Ein spitzer Winkel ist definitionsgemäß ein Winkel zwischen 0° und 90° (]0°,90°[). Beansprucht ist in den unabhängigen Ansprüchen des Hauptantrags somit ein Winkelbereich für die Winkel alpha1 und alpha2, der breiter ist als der Winkelbereich gemäß Anspruch 7 und 8, bzw. gemäß den Absätzen [0052] und [0053] der Beschreibung (jeweils wie ursprünglich eingereicht).

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin impliziert die Definition der Übergangskontur als erste und zweite Schrägkontur das Vorhandensein eines spitzen Winkels, da die Konturen sonst nicht schräg ausgebildet seien. Der Begriff Schrägkontur bedeutet jedoch nur, dass der Winkel weder 0° noch 180° betragen kann. Eine Basis für eine Einschränkung auf ein Intervall von ]0°,90°[ stellt der Begriff nicht dar.

Die Einspruchsabteilung hat als Basis für die oben genannte Zwischenverallgemeinerung auf die Gesamtoffenbarung des Streitpatents und insbesondere auf Figur 2 verwiesen. Figur 2 zeigt jedoch bestimmte spitze Winkel alpha1 und alpha2, die in den in Anspruch 7 bzw. 8 wie ursprünglich eingereicht definierten Bereich fallen. Eine allgemeine Stütze für den Begriff "spitzer Winkel" lässt sich aus dieser Abbildung nicht ableiten.

Da der beanspruchte Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, kann das Patent nicht auf Basis des Hauptantrags aufrechterhalten werden.

2. Zulassung der Hilfsanträge 1a bis 3a

Die Hilfsanträge 1a bis 3a wurden mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 und damit verspätet eingereicht. Ihre Zulassung unterliegt dem Ermessen der Kammer gemäß Artikel 13(1) und (3) VOBK.

Die in den Hilfsanträgen 1a bis 3a vorgenommene Änderung schränkt in beiden unabhängigen Ansprüchen den Winkel alpha1 auf den Bereich von 20° bis 70° ein. In den mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 3 war diese Einschränkung lediglich im jeweils unabhängigen Anspruch 1 vorgenommen worden.

Nachdem sich sowohl die Kammer als auch die Beschwerdeführerin bereits in Zusammenhang mit dem unabhängigen Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 mit genau dieser Änderung auseinanderzusetzen hatten, entsteht durch die Hilfsanträge 1a bis 3a keine neue argumentative Situation, so dass eine Auseinandersetzung mit den verspäteten Hilfsanträgen in der mündlichen Verhandlung sowohl für die Kammer als auch für die Beschwerdeführerin problemlos möglich ist.

Die Kammer hat daher entschieden, die Hilfsanträge 1a bis 3a in das Verfahren zuzulassen.

3. Hilfsantrag 1a - ursprüngliche Offenbarung

Die Beschwerdeführerin sah im Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 1a weiter eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung. Zwar sei der Winkel alpha1 nun auf einen ursprünglich offenbarten Bereich eingeschränkt, nicht aber der Winkel alpha2.

Beide unabhängigen Ansprüche enthalten jedoch zusätzlich zur Definition des Winkels alpha1 die Definition, dass der Winkel alpha1 größer ist als der Winkel alpha2 (Merkmal 11, s. Anspruch 9 wie eingereicht). Da der Begriff Schrägkontur einen Wert von 0° ausschließt (s.o.), muss der Winkel alpha2 dieser ursprünglich offenbarten Relation folgend im Bereich

]0°,70°[ liegen. Er ist damit definitionsgemäß ein spitzer Winkel, auch wenn der Begriff "spitzer Winkel" selbst nicht explizit offenbart wurde.

Eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung liegt daher nicht vor.

4. Hilfsantrag 1a, Anspruch 9 - Neuheit

4.1 Zulassung des Neuheitseinwands basierend auf E2

Mit Schreiben vom 23. September 2019 hat die Beschwerdeführerin erstmals vorgetragen, dass der Gegenstand des Anspruchs 10 des Hauptantrags, der Anspruch 9 des Hilfsantrags 1a im Wesentlichen entspricht, nicht neu über die Offenbarung des Dokuments E2 sei. E2 war bislang nur als nächstliegender Stand der Technik zum Beleg einer fehlenden erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 verwendet worden. Dieser Einwand ist somit neu und verspätet, und seine Zulassung unterliegt dem Ermessen der Kammer gemäß Artikel 13(1) VOBK.

Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen ist der annotierten Abbildung 3 der E2 (vgl. Seite 4 des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 23. September 2019) nicht zu entnehmen, dass die erste und die zweite Schrägkontur in der ersten Richtung etwa gleich lang wären. Zum einen ist der rechte graue Bereich entgegen der zugehörigen Erläuterung nicht von Punkt X bis zum Punkt Fb eingezeichnet. Die Breite des rechten grauen Bereichs, welche der Länge der zweiten Schrägkontur entsprechen soll, ist somit zu gering. Zum anderen ist selbst bei den von der Beschwerdeführerin eingezeichneten Bereichen der graue Bereich rechts offensichtlich breiter als der graue Bereich links, was bereits in der Leseart der Beschwerdeführerin eine größere Länge der ersten Schrägkontur im Vergleich zur zweiten Schrägkontur bedeuten würde.

Der Neuheitseinwand ausgehend von E2 gegen den zweiten unabhängigen Anspruch kann somit prima facie die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 9 des Hilfsantrags 1a nicht in Frage stellen. Das entsprechende Vorbringen wird daher nicht in das Verfahren zugelassen.

4.2 Neuheit über E7

Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass aus E7 als bemaßter technischer Zeichnung Längen durch Konstruktion und Messung entnommen werden könnten. Dabei ergebe sich für die Länge der ersten Schrägkontur, d.h. vom Kontaktpunkt der Kugel bis zum Übergang in die unter einem Winkel von 20° verlaufende zweite Schrägkontur, eine Länge von 0,357 mm. Für die Länge der zweiten Schrägkontur ergebe sich eine Länge von 0,445 mm. In Anbetracht der üblichen Fertigungstoleranzen von 0,05 mm, wie sie u.a. auch in der Zeichnung E6, aus der die E7 herausvergrößert wurde, angegeben seien, müssten diese Längen als gleich lang angesehen werden, da sie beispielsweise beide einer Länge von 0,4 ± 0,05 mm entsprächen.

Die Kammer interpretiert das Merkmal "in etwa gleich lang" dahingehend, dass die Längen im Rahmen der Fertigungstoleranzen gleich lang sein müssen. Die Toleranzen sind in E7 explizit angegeben, wobei zwar die Toleranz für Konturen längs zur Ordinate 0,05 mm beträgt, die für Konturen längs zur Abszisse jedoch 0,03 mm. Nachdem das Merkmal 11 auf die Länge der Schrägkontur in der ersten Richtung, d.h. längs zur Abszisse, abzielt, ist hier eine Fertigungstoleranz von 0,03 mm anzulegen. Der maximale durch die Fertigungstoleranzen bedingte Unterschied ist somit 0,06 mm und damit kleiner als der Unterschied der von der Beschwerdeführerin ermittelten Messwerte von 0,088 mm. Somit sind die von der Beschwerdeführerin ermittelten Längen - selbst wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass diese korrekt ermittelt wurden - auch unter Berücksichtigung der Fertigungstoleranzen nicht "in etwa gleich lang".

Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist daher neu über E7.

4.3 Neuheit über E4

Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass sich die gekrümmte Kontur der Ausnehmung 14 (vgl. E4, Abbildung 2) gedanklich in eine Sitzkontur, eine erste und eine zweite Schrägkontur zerlegen ließe, wobei diese Zerlegung so gewählt werden könne, dass die erste und zweite Schrägkontur in der ersten Richtung (d.h. in Richtung der Abszisse) etwa gleich lang seien.

Anders als für den Begriff der "Sitzkontur", der sich auf die Funktion der Bereitstellung eines Sitzes für die Kugel zurückführen lässt, gibt es für eine Aufteilung der verbleibenden Kontur in unter die Begriffe erste und zweite Schrägkontur fallende Teilkonturen keinen funktionell oder strukturell begründeten Anlass. Eine Zergliederung der verbleibenden, durchgehend gekrümmten Kontur in zwei überdies in erster (Abszissen-) Richtung gleich lange "Schrägkonturen" ist eine völlig willkürliche, durch nichts aus der Lehre der E4 heraus gerechtfertigte Herangehensweise.

Dokument E4 offenbart somit nicht einmal eine erste und zweite Schrägkontur, geschweige denn zwei Schrägkonturen, die in der ersten Richtung etwa gleich lang sind. Anspruch 9 ist daher neu über die Lehre des Dokuments E4.

4.4 Neuheit gegenüber E3

Die Argumentation der Beschwerdeführerin zu E3 ist ähnlich der zu E4.

Abbildung 2 der E3 zeigt (von außen nach innen) eine Kontur bestehend aus einer Geradkontur, einer äußeren schrägen (6b), einer inneren schrägen (6a), und einer weiteren inneren, mittigen Geradkontur. Gemäß Paragraph [0022] können die Konturen 6a und 6b weich ineinander übergehend ausgestaltet werden.

Die Beschwerdeführerin argumentiert nun, dass sich so wie in der E4 eine durchgehende Kontur ergebe, die wiederum gedanklich in eine Sitzkontur und eine erste und zweite gleich lange Schrägkontur untergliedert werden könne.

Diese Herangehensweise ist in gleicher Weise wie unter Punkt 4.3 diskutiert willkürlich.

Auch E3 zeigt daher das Merkmal 12 nicht.

4.5 Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist somit neu gegenüber E3, E4 und E7.

5. Hilfsantrag 1a - erfinderische Tätigkeit

5.1 Anspruch 9

5.1.1 E1 als nächstliegender Stand der Technik

Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 9 nur in der Ausbildung der ersten und zweiten Schrägkontur bezüglich ihrer Länge (nicht gleich lang) und bezüglich des relativ zur Geradkontur eingenommenen Winkels alpha1 von der Lehre der E1 unterscheide. Diese beiden Unterschiede ergäben sich aber für den Fachmann in naheliegender Weise. Die Beschwerdegegnerin war dagegen der Ansicht, dass die Rastkontur gemäß E1 gar keine Geradkontur aufweise.

In der Tat weist die Rastkontur gemäß E1 keine Geradkontur auf. Betrachtet man die Abbildungen 3-5, so zeigt sich, dass das als Kugel ausgebildete Rastelement sich bei Verdrehen der beiden Scheiben 25 und 26 gegeneinander zwischen den Endstellungen A und B bewegt. Der Rand 41 (siehe Figur 5) stellt einen Auslauf dar, der so steil ausgebildet ist, dass die Endlage beim Überschwingen abgefedert wird (s. Paragraph [0032], Seite 5, siebtletzte Zeile - Ende des Abschnitts). Der in Abbildung 5 eingezeichnete horizontale Abschnitt (ganz links in der Figur) stellt dagegen die plane Oberfläche der Scheiben dar und wird von der Kugel nicht erreicht. Damit offenbart E1 zwar eine Rastkontur mit einer Sitzkontur und einer daran anschließenden Übergangskontur (mit erster und zweiter Schrägkontur), nicht aber eine sich daran anschließende Geradkontur als Teil der Rastkontur.

Anders gesagt findet sich in Abbildung 5 anschließend an die Übergangskontur und an einen weiteren steilen Auslauf zwar eine horizontale Linie. Diese ist jedoch nicht Teil der Rastkontur, da sie an der Führung und der Verrastung der Kugel keinen Anteil hat.

Die Beschwerdeführerin hat weder vorgebracht noch ist es für die Kammer ersichtlich, warum ausgehend von E1 das Vorsehen einer Geradkontur im Anschluss an die zwei Schrägkonturen umfassende Übergangskontur, die bereits mit dem steilen Auslauf 41 abgeschlossen ist, naheliegend sein sollte.

Der Gegenstand des Anspruchs 9 ergibt sich daher nicht in naheliegender Weise ausgehend von E1.

5.1.2 E3 als nächstliegender Stand der Technik

E3, Abbildung 2, zeigt eine Rastkontur, die zwei schräge Abschnitte mit Winkeln alpha1 und alpha2 aufweist, welche im beanspruchten Bereich zu liegen scheinen. Eine Sitzkontur ist zunächst nicht ersichtlich. Nimmt man zu Gunsten der Beschwerdeführerin an, dass das Rastelement zunächst aus einer Sitzposition und damit aus einer Sitzkontur herausbewegt werden muss, um dann auf der ersten Schrägkontur (die somit einen Teil von 6a darstellt) zu gleiten, so ist die erste Schrägkontur auf jeden Fall kürzer als die zweite (6b), da bereits die gesamte Kontur 6a kürzer ist als Kontur 6b.

Der Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 9 besteht also zumindest darin, dass die erste und zweite Schrägkontur in der ersten Richtung nicht etwa gleich lang sind.

Gemäß Patent Paragraph [0033] und [0034] ermöglicht die gleiche Länge der Schrägkonturen eine hohe Relativgeschwindigkeit der zwei Glieder, ohne dass ein Schaltklacken auftritt. Dies soll die Aufgabe lösen, zu verhindern, dass der Fahrer durch dieses hörbare Schaltklacken gestört wird.

Es ist nicht ersichtlich, noch wurde es vorgebracht, dass die beanspruchte gleiche Länge der ersten und zweiten Schrägkontur dem Fachmann als Lösung zur im Patent gestellten Aufgabe bekannt gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin sah die technische Aufgabe ausgehend von E3 stattdessen darin, das Auftreten von Differenzdrehzahlen zu verhindern. Dies erfordere eine gewisse Steilheit der zweiten Schrägkontur. Der Fachmann würde die Fläche 6b daher steiler und damit auch kürzer ausbilden und so in naheliegender Weise zu einer in etwa gleichen Länge der ersten und zweiten Schrägkontur in der ersten Richtung gelangen.

Selbst bei Annahme dieser Aufgabe führt ein steilerer Winkel zwar zu einer Verkürzung der Länge von 6b, jedoch nicht notwendig dazu, dass diese gleich der Länge von 6a wäre. Weiterhin ändert sich durch diese Änderung der Schaltweg und damit die Relativbewegungen der Komponenten der Synchron-Schaltkupplung, was weitere über das Maß von routinemäßig durchgeführten Anpassungen hinausgehende Änderungen nach sich ziehen würde.

Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist daher auch ausgehend von E3 als nächstliegendem Stand der Technik nicht naheliegend.

5.2 Anspruch 1

5.2.1 E2 als nächstliegender Stand der Technik

E2 offenbart in Abbildung 4 eine Rastkontur mit 3 Teilflächen A, B und C. Die entsprechenden zwischen den Teilflächen und der Senkrechten auf die äußere Geradkontur ausgebildeten Winkel a, b und c erfüllen gemäß Absatz [0015] der E2 die Relation b<a<c (vgl. auch die Darstellung in der Beschwerdebegründung, Seite 21). Die äußerste Schrägkontur B ist dabei am steilsten ausgebildet (Winkel b gegenüber der Senkrechten), die zwischen A und B liegende Schrägkontur C am flachsten (Winkel c) und die innerste Schrägkontur A mit einer zwischen diesen beiden Extremen liegenden Steilheit (Winkel a). Winkel c würde somit in der Nomenklatur von Anspruch 1 dem Winkel 90°-alpha1 entsprechen, b dem Winkel 90°-alpha2. Da c>b ist, ist die beanspruchte Relation alpha1>alpha2 nicht erfüllt.

E2 offenbart zusätzlich, dass die Relation der Winkel a und b nicht unbedingt b<a sein muss, sondern passend gewählt werden könne (Paragraph [0015], letzter Satz). Gemäß der Beschwerdeführerin folgt daraus als einzig mögliche und damit eindeutig offenbarte Alternative, die Fläche B flacher auszubilden als C und A, i.e. b>c>a, was der beanspruchten Relation der Winkel alpha1 und alpha2 entsprechen würde.

Jedoch folgt aus b>a nicht notwendig b>c, da B gleichzeitig flacher als A (b>a), jedoch steiler als C (c>b) sein kann, also c>b>a. Diese ebenfalls entsprechend der Lehre in E2, Paragraph [0015], letzter Satz geänderte Ausführungsform fällt nicht unter Anspruch 1.

Eine Relation der Winkel alpha1 und alpha2 wie beansprucht ist daher in E2 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Die Beschwerdeführerin hat nicht vorgebracht, noch ist es für die Kammer ersichtlich, warum der Fachmann die Lehre der E2 gerade hin zu der unter den Anspruchswortlaut fallenden Alternative verändert hätte (could but not would).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich somit ausgehend von der Lehre der E2 nicht in naheliegender Weise.

5.2.2 E3 als nächstliegender Stand der Technik

E3, Abbildung 2 zeigt, wie bereits diskutiert (Punkt 4.4), eine Rastkontur bestehend aus einer äußeren Geradkontur, einer daran (von außen nach innen) anschließenden äußeren (6b) und inneren (6a) Schrägkontur, und einer inneren, mittigen Geradkontur. Da Merkmal 12 des Anspruchs 1 einen einen Radius aufweisenden Übergang zwischen Sitzkontur und Übergangskontur definiert, ist es nicht mehr möglich - wie von der Beschwerdeführerin bei der Argumentation zu Anspruch 9 durchgeführt - , die gerade innere Schrägkontur 6a gedanklich in einen (funktionell) zur Sitzkontur gehörenden Teil und einen daran anschließenden zur ersten Schrägkontur gehörenden Anteil zu zerlegen. Damit kann die innere Schrägkontur 6a nur zur Sitzkontur gemäß Anspruch 1 gehören, d.h. E3 offenbart nicht eine erste und zweite Schrägkontur (wie beansprucht), sondern nur eine einzige Schrägkontur, nämlich Kontur 6b.

Warum der Fachmann nun zusätzlich eine zweite Schrägkontur mit den entsprechenden Winkeln vorsehen würde, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht argumentiert.

5.3 Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5.4 Hilfsantrag 1a - Beschreibung

Die Beschwerdeführerin hat keine Einwände gegen die angepasste Beschreibung vorgebracht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1-9 des Hilfsantrags 1a, eingereicht mit Schreiben vom 7. Oktober 2019;

- Seiten 2-6 der Beschreibung nebst Beiblatt, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer;

- Figuren 1 und 2 der Patentschrift.

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