T 0750/16 () of 17.1.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T075016.20200117
Datum der Entscheidung: 17 Januar 2020
Aktenzeichen: T 0750/16
Anmeldenummer: 11002284.5
IPC-Klasse: F16L5/10
E04G15/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Durchführung zum Einbau in ein Wand- oder Bodenelement
Name des Anmelders: Hauff-Technik GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Roxtec AB
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die am 15. Januar 2016 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung, in der das europäische Patent Nr. 2 511 580 den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge.

II. Der Einspruch war gegen das Streitpatent in vollem Umfang eingelegt worden und mit den Einspruchsgründen nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ (fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) begründet worden.

III. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 17. Januar 2020 statt.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche: 1 bis 14 gemäß dem mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2019 eingereichten Hilfsantrag;

- Beschreibung: Fassung wie als Anlage der angefochtenen Entscheidung beigefügt;

- Zeichnungen: Fig. 1-9 wie in der Patentschrift.

VI. Auf folgende Dokumente wird Bezug genommen:

D1: GB 2 171 139;

D4: DE 87 00 714 U;

D5: US 5 711 536;

D6: DE 24 11 521;

D7a: EP 1 865 584;

D15: US 2011/0030309;

D16: Wikipedia-Artikel "Shore durometer" (https://en.wikipedia.org/wiki/Shore_durometer, 6 Seiten, abgerufen am 10. Januar 2020);

P1: Datenblatt "DOWLEX 2517".

VII. Die Ansprüche 1, 10 und 14 des einzigen Antrags der Beschwerdegegnerin lauten wie folgt:

"1. Durchführung (1) zum Einbau in ein Wand- oder Bodenelement, mit einem Rohrelement (2), durch welches eine Leitung (41) hindurchführbar ist und an dem außenseitig ein sich von dem Rohrelement (2) weg erhebender Steg (3) vorgesehen ist, der einstückig mit dem Rohrelement (2) ausgebildet ist, wobei der Steg (3) ein doppelt als ein erstes (5a) und ein dazu komplementäres zweites Formschlusselement (5b) vorgesehenes Verbindungselement (5) aufweist, über das die Durchführung (1) mit einer zweiten Durchführung (1) verbindbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Steg (3) mit dem Verbindungselement (5) zu den Enden des Rohrelements (2) beabstandet ist, also die senkrechte Projektion des Stegs (3) und des Verbindungselements (5) auf das Rohrelement (2) zu dessen Enden jeweils beabstandet ist."

"10. Verwendung einer Durchführung (1) nach einem der vorstehenden Ansprüche zum Einbau in ein Wand- oder Bodenelement, wobei fließfähiges Material, vorzugsweise Beton oder Mörtel, welches dann erstarrt, den Steg als Ganzes (3) formschlüssig umschließt."

"14. Verfahren zur Herstellung eines als Fertigbauteil ausgelegten Wand- oder Bodenelements, wobei eine Durchführung (1) nach einem der Ansprüche 1 - 9, auch in Verbindung mit einer Verwendung nach einem der Ansprüche 11 bis 13, mit fließfähigem Material, vorzugsweise Beton oder Mörtel, welches dann erstarrt und die Stegdichtung (3) formschlüssig umschließt, in ein Wand- oder Bodenelement eingebaut wird."

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen das Folgende vorgetragen:

Änderungen

Das Merkmal, dass "die senkrechte Projektion des Stegs (3) und des Verbindungselements (5) auf das Rohrelement (2) zu dessen Enden jeweils beabstandet ist", gehe über die ursprüngliche Offenbarung in der eingereichten Fassung der Anmeldung hinaus. Insbesondere sei in den dortigen Figuren gezeigt, dass das Verbindungselement am Steg ausgerichtet sei und dass deren senkrechte Projektion mittig zwischen den Enden des Rohrelements positioniert sei. Unter den geänderten Anspruch fielen jedoch auch Ausführungen, bei denen das Verbindungselement nicht am Steg ausgerichtet sei und/oder bei denen die senkrechte Projektion nicht mittig zwischen den Enden des Rohrelements positioniert sei. Deshalb sei der geänderte Anspruchswortlaut als nicht ursprünglich offenbarte Zwischenverallgemeinerung zu werten, was gegen die Bestimmungen von Artikel 123 (2) EPÜ verstoße.

Erfinderische Tätigkeit

Das Dokument D4 könne als Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit dienen. Von dieser Entgegenhaltung unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 nur dadurch, dass der Steg mit dem Verbindungselement zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist. Dieses Unterscheidungsmerkmal habe jedoch keine technische Wirkung. Werde nämlich die Durchführung aus dem Dokument D4 gemäß der Figur 5 des Streitpatents eingesetzt, befinde sich auch das Verbindungselement der Durchführung innerhalb des Wandelements. Nach einem alternativen Ansatz, bei dem die technische Wirkung des Unterscheidungsmerkmals und damit die objektive technische Aufgabe darin gesehen werde, dass das Verbindungselement nach dem Einbau in ein Wandelement von außen nicht sichtbar sein solle, werde diese Aufgabe durch die beanspruchte Erfindung nicht gelöst. Wenn das Verbindungselement nur ein wenig weiter innen positioniert werde, sei es immer noch von außen sichtbar. Die Lösung, dass das Verbindungselement von außen dann nicht mehr sichtbar sei, wenn es von den Rohrenden beabstandet sei, liege für einen Fachmann auf der Hand. Zu den Argumenten der Beschwerdegegnerin sei anzumerken, dass nach der Figur 10 des Dokuments D4 der Beton am inneren Rohr (25) anliege. Zudem trete der behauptete Ausgleich der durch das Vergießen des Wand­elements entstehenden Kräfte bei vielen unter den streitgegenständlichen Anspruch fallenden Ausführungen gar nicht auf. Die Tatsache, dass im Dokument D4 der Flansch mit dem Verbindungselement (22) auch zur Befestigung der Durchführung an der Schalung diene, würde den Fachmann nicht davon abhalten, das Verbindungselement von den Rohrenden weg nach innen zu verlagern, weil die Positionierung des Wandelements an der Schalung auch anders bewerkstelligt werden könne. Aus all diesen Gründen beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 im Hinblick auf das Dokument D4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Gehe man vom Dokument D5 aus, unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 von diesem Stand der Technik nur darin, dass er ein Verbindungselement aufweise. Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, die Montage mehrerer Durchführungen zu vereinfachen. Derartige Verbindungs­elemente seien aber aus dem Dokument D6 (sowie aus D1, D4 oder D7a) bekannt. Zur einer Kombination der Dokumente D5 und D6 sei festzuhalten, dass die Durchführungen beider Entgegenhaltungen in Betonwänden eingesetzt werden könnten, weshalb der Fachmann diese Dokumente auch kombinieren würde. Anders als von der Einspruchsabteilung dargestellt, die das Material der Durchführung nach dem Dokument D6 als stabil und jenes nach dem Dokument D5 als flexibel ansehen habe, enthalte das Dokument D6 keinen expliziten Hinweis auf ein stabiles Material. Gemäß dem Dokument D5 könne die Durchführung aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt sein, die unterschiedliche Merkmale und Funktionen hätten (vgl. D5, Spalte 10, Zeile 54 bis Spalte 11, Zeile 3). Teile der Durchführung aus einem stabileren Material bereitzustellen könne ein solches Merkmal bzw. eine solche Funktion sein. Tatsächlich sei der Anspruch 1 des Dokuments D5 nicht auf ein bestimmtes Material beschränkt; das LLDPE werde in der Spalte 7, Zeilen 7 bis 9 nur als bevorzugte Möglichkeit genannt. Damit sei der Fachmann frei, abhängig von dem Material des Wandelements ein geeignetes Material für die Durchführung zu wählen. Anzumerken sei auch, dass die Shore-D Härte (im Gegensatz zur Shore-A Härte) üblicherweise für die Charakterisierung eines harten Materials verwendet werde (vgl. Auszug aus Wikipedia D16). Aus diesen Gründen sei die Annahme, dass die Wanddurchführung nach dem Dokument D5 aus einem weichen Material hergestellt sei, nicht richtig. Weil die Durchführung nach dem Dokument D5 bereits einen relativ dicken und daher steifen Steg (26) aufweise, sei es für den Fachmann naheliegend, auf diesem Steg die Verbindungselemente vorzusehen. Daher lege eine Kombination der Dokumente D5 mit D6 oder D4 die beanspruchte Erfindung nahe.

Das Dokument D6 stelle einen weiteren möglichen Ausgangspunkt dar. Von dieser Entgegenhaltung (vgl. Figur 1) unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 nur dadurch, dass der Steg mit dem Verbindungselement zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist. Die objektive technische Aufgabe sei darin zu sehen, dass das Verbindungselement nach dem Einbau in ein Wandelement von außen nicht sichtbar sein solle. Die Lösung, dass der Flansch mit dem Verbindungselement von außen dann nicht mehr sichtbar sei, wenn er von den Rohrenden beabstandet sei, sei angesichts des Dokuments D15 naheliegend. Da nach dem Dokument D6 die Befestigung der Durchführung an der Schalung nicht zwingend mittels des Flansches erfolge (vgl. Seite 3, sechste Zeile von unten: "falls erforderlich"), würde dieser Aspekt den Fachmann nicht davon abhalten, ohne erfinderisches Zutun ausgehend vom Dokument D6 zur beanspruchten Lösung zu gelangen.

Aus diesen Gründen sei dem Gegenstand von Anspruch 1 keine erfinderische Tätigkeit zuzusprechen.

IX. Der Vortrag der Beschwerdegegnerin war im Wesentlichen wie folgt:

Änderungen

Das Merkmal, dass "die senkrechte Projektion des Stegs (3) und des Verbindungselements (5) auf das Rohrelement (2) zu dessen Enden jeweils beabstandet ist", sei in der ursprünglichen Fassung der Anmeldung nicht nur in den Figuren offenbart, sondern auch in der Passage auf Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, dritter Absatz. Daraus gehe hervor, dass der Steg und das Verbindungselement von den Enden des Rohrelements beabstandet seien und dass sich der Begriff der senkrechten Projektion auch auf das Verbindungselement beziehe. Eine Positionierung des Steges und des Verbindungselements (genau) mittig zwischen den Rohrenden sei nach dieser Offenbarungsstelle hingegen nicht zwingend.

Erfinderische Tätigkeit

Ausgehend vom Dokument D4 könne die objektive technische Aufgabe darin gesehen werden, dass durch das im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 genannte Unterscheidungsmerkmal eine zentrale Aufhängung der Durchführung ermöglicht werde. Diese bewirke einen Ausgleich jener Kräfte, die durch das Auftreffen von Material beim Vergießen des Wandelements entstünden, was eine gewisse Stabilität der Durchführung gewährleiste (vgl. Absatz [0013] des Streitpatents). Außerdem sei dadurch die Durchführung vollständig von erstarrtem Material umschlossen (vgl. Absatz [0046] des Streitpatents). Insofern sei das Dokument D4 für die Frage der erfinderischen Tätigkeit wenig relevant; das innere Rohr (25) komme nach der dortigen Figur 2 gar nicht mit dem Beton in Kontakt. Alternativ könnte auch die in der Mitteilung der Beschwerdekammer nach Artikel 15 (1) VOBK genannte Formulierung der Aufgabenstellung herangezogen werden. In jedem Fall könne das Dokument D4 die beanspruchte Lösung, dass der Steg mit dem Verbindungselement zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist, nicht nahelegen.

Hinsichtlich des Dokuments D5, das als alternativer Ausgangspunkt herangezogen worden sei, sei festzustellen, dass die dort offenbarte Durchführung kein Verbindungselement aufweise. Sie sei aus einem relativ weichen Material hergestellt (vgl. D5, Spalte 7, Zeilen 7 bis 12: "DOWLEX 2517"), das eine Shore-D Härte von 45 aufweise (vgl. Datenblatt P1). Dies sei für die Ausbildung der Lippe (24) mit einem Filmscharnier (vgl. D5, Spalte 9, Zeilen 51 bis 54) und des Blindverschlusses (30) nötig (vgl. D5, Spalte 8, Zeilen 31 bis 44) nötig. Beim Umgießen mit Beton werde die Durchführung von einem Stützdorn (48) verschlossen und gehalten (vgl. D5, Spalte 7, Zeilen 22 bis 24), der an der Schalung festgeschraubt sei (vgl. D5, Spalte 7, Zeilen 29 bis 32) und so der Positionierung der Durchführung diene. Zur Lösung der technischen Aufgabe, die Ausrichtung der Durchführungen bei der Montage mehrerer Durchführungen zu vereinfachen, würde der Fachmann nicht die Stege (26) der Durchführungen mit Verbindungselementen versehen, sondern die Stützdorne, da diese die Position der Durchführungen bestimmten. Damit könne die Kombination des Dokuments D5 mit den Dokumenten D6 oder D4 die Erfindung nicht nahelegen.

Auch eine Kombination der Dokumente D6 und D15 könne die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 nicht in Frage stellen. Der Flansch nach dem Dokument D6 sei so ausgebildet, dass er zur Befestigung der Durchführung an der Schalung mittels Schrauben oder Nägeln dienen könne (vgl. D6, Seite 3, letzter Absatz). Daher gäbe es für den Fachmann keine Veranlassung, den Flansch mit den Verbindungs­elementen beabstandet von den Rohrenden vorzusehen, weil er dann diese Möglichkeit aufgeben würde.

Aus diesen Gründen sei dem Gegenstand von Anspruch 1 eine erfinderische Tätigkeit zuzusprechen.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

1.1 Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das geänderte Merkmal im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1, dass "die senkrechte Projektion des Stegs (3) und des Verbindungselements (5) auf das Rohrelement (2) zu dessen Enden jeweils beabstandet ist" eine Verallgemeinerung des in der ursprünglichen Fassung der Anmeldung offenbarten Inhalts darstellt, insbesondere in Bezug auf die dort in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiele, aber auch hinsichtlich weiterer denkbarer Ausführungen, die unter den geänderten Anspruch 1 fallen würden.

1.2 Dazu wird zunächst angemerkt, dass die Frage, ob unter einen geänderten Anspruch denkbare, aber nicht ursprünglich offenbarte Ausführungsformen fallen, in der Regel kein geeigneter Maßstab für die Prüfung der Änderungen auf die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ ist. So dürften die vorliegend angeführten fiktiven Beispiele, bei denen das Verbindungselement nicht am Steg ausgerichtet ist, auch unter den ursprünglichen Anspruch 1 fallen. Tatsächlich stellt der Wortlaut von Artikel 123 (2) EPÜ nicht auf den Schutzbereich des Anspruchs ab, sondern darauf, ob der Gegenstand des (geänderten) Patents über den Inhalt der (gesamten) Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

1.3 Die Beschwerdegegnerin verweist bezüglich der ursprünglichen Offenbarung des streitigen Merkmals unter anderem auf den zweiten Absatz auf Seite 2 der eingereichten Anmeldung. Dort ist ausdrücklich beschrieben, dass der Steg mit dem Verbindungselement erfindungsgemäß zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist, also nach dem Einbau innerhalb des Wand- oder Bodenelements angeordnet ist.

Die genannte Zielsetzung, dass der Steg mit dem Verbindungselement nach dem Einbau innerhalb des Wand- oder Bodenelements angeordnet sein soll, ist nur so zu erfüllen, dass beide, also der Steg und das Verbindungselement bzw. ihre senkrechte Projektion auf das Rohrelement, zu den Rohrenden jeweils beabstandet sind. Somit bildet diese Offenbarung nach Auffassung der Kammer eine unmittelbare und eindeutige Grundlage für die in den Anspruch aufgenommene Formulierung, dass die senkrechte Projektion des Stegs und des Verbindungselements auf das Rohrelement zu dessen Enden jeweils beabstandet ist. Darüber hinaus ist es der genannten Offenbarungsstelle im zweiten Absatz auf Seite 2 der ursprünglichen Anmeldung zufolge nicht zwingend, dass die Projektion des Steges und des Verbindungs­elements mittig zwischen den Rohrenden liegt.

1.4 Aus diesen Gründen geht der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ sind folglich erfüllt.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Ausgehend vom Dokument D4

2.1.1 Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darin, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Offenbarung des Dokuments D4 im Wesentlichen darin unterscheidet, dass der Steg mit dem Verbindungselement zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist.

2.1.2 Die Kammer teilt nicht die von der Beschwerdeführerin zunächst geäußerten Zweifel, ob dieses Unterscheidungsmerkmal mit einer technischen Wirkung verbunden ist. Vielmehr geht aus dem Streitpatent selbst unmittelbar hervor (vgl. beispielsweise Absätze [0011] oder [0046]), dass durch die Beabstandung des Steges mit dem Verbindungselement von den Enden des Rohrelements der Steg vollständig innerhalb des Wand- oder Bodenelements angeordnet werden kann. Tatsächlich bildet diese technische Wirkung die Grundlage einer alternativen Argumentationslinie der Beschwerdeführerin ausgehend vom Dokument D4. Demzufolge ist die von der vorgeschlagenen Erfindung gelöste objektive technische Aufgabe darin zu sehen, dass das Verbindungselement am Wand- oder Bodenelement nicht sichtbar sein soll. Vor diesem Hintergrund legt die Kammer diese von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Formulierung der technischen Aufgabenstellung der Prüfung des Einwands der mangelnden erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf das Dokument D4 zugrunde.

2.1.3 Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob es für einen Fachmann naheliegend ist, in der Durchführung nach dem Dokument D4 die Anordnung des Steges mit dem Verbindungselement so zu verändern, dass dieser zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist. In dieser Hinsicht verweist die Kammer darauf, dass der Außenflansch (22) nach dem Dokument D4 nicht nur das Verbindungselement trägt, sondern auch dazu dient, das Annageln der Wanddurchführung an die Schalung für die Betonwand zu ermöglichen (vgl. D4, Seite 4, letzter Absatz). Da aus dem Dokument D4 keine andere Möglichkeit ersichtlich ist, die Positionierung der Durchführung während des Vergießens des Betons sicherzustellen, als den außen liegenden Flansch direkt an der Schalung zu befestigen, würde der Fachmann ohne Kenntnis der Erfindung nicht ins Auge fassen, diesen Außenflansch mit dem Verbindungselement von der Schalung weg nach innen zu verlagern und zwar so, dass er zu den Enden des Rohrelements beabstandet ist. Folglich ist das auf der Offenbarung des Dokuments D4 beruhende Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, den Gegenstand von Anspruch 1 ohne rückschauende Betrachtung nahezulegen. Darüber hinaus hat die Kammer keine Zweifel, dass es die beanspruchte, vom Rohrende beabstandete Anordnung des Steges mit dem Verbindungselement ermöglicht, dass diese im eingebauten Zustand am Wand- oder Bodenelement nicht sichtbar sind und die objektive technische Aufgabe so tatsächlich gelöst werden kann.

2.2 Ausgehend vom Dokument D5

2.2.1 Das Dokument D5 zeigt eine Durchführung, die beim Umgießen mit Beton von einem Stützdorn (48) verschlossen und gehalten wird (vgl. D5, Spalte 7, Zeilen 22 bis 24). Dieser ist an der Schalung festgeschraubt (vgl. D5, Spalte 7, Zeilen 29 bis 32) und dient so der Positionierung der Durchführung. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Offenbarung des Dokuments D5 darin unterscheidet, dass der Steg der Durchführung mit einen Verbindungselement ausgestattet ist.

2.2.2 Die Beschwerdeführerin sieht aufgrund dieses Unterscheidungsmerkmals die zu lösende objektive technische Aufgabe darin, die Montage mehrerer Durchführungen zu vereinfachen.

2.2.3 Hinsichtlich der beanspruchten Lösung sind Durch-führungen mit Verbindungselementen aus dem Stand der Technik, beispielsweise aus den Dokumenten D1, D4, D6 oder D7a, im Prinzip bekannt. Jedoch vertreten die Parteien unterschiedliche Auffassungen unter anderem darüber, wo der Fachmann diese Verbindungselemente an einer Vorrichtung nach dem Dokument D5 anbringen würde. Während die Beschwerdeführerin davon ausgeht, dass sie am Steg (26) der Durchführung vorzusehen seien, verweist die Beschwerdegegnerin darauf, dass die an der Schalung befestigten Stützdorne (48) der Positionierung der Durchführungen dienten, weshalb der Fachmann die Verbindungselemente an den Stützdornen vorsehen würde. Die Kammer teilt diesbezüglich die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass nach dem Dokument D5 die Position der Durchführungen durch die jeweiligen Stützdorne festgelegt wird, die die Durchführungen auch jeweils verschließen. Daher kommt es für eine korrekte und einfache Positionierung mehrerer benachbarter Durchführungen darauf an, dass die jeweiligen Stützdorne auf einfache Weise richtig zueinander ausgerichtet werden können. Um dies zu erreichen, könnte der Fachmann die dazu dienenden, aus den Dokumenten D1, D4, D6 oder D7a bekannten Verbindungselemente in Betracht ziehen und diese an den Stützdornen vorsehen. Damit würde der Fachmann bei einer möglichen Kombination des Dokuments D5 mit einem der Dokumente D1, D4, D6 oder D7a schon aus diesem Grund, also unabhängig von der Frage der Steifigkeit des Materials der Durchführungen, nicht zur beanspruchten Erfindung gelangen, nach der das Verbindungselement am Steg der Durchführung selbst vorgesehen ist.

2.3 Ausgehend vom Dokument D6

Ähnlich wie im Dokument D4 ist auch im Dokument D6 der das Verbindungselement tragende Flansch jeweils außen auf der Höhe des Rohrendes ausgebildet, sodass dieser, falls erforderlich, zur Befestigung der Durchführung an der Schalung mittels Schrauben oder Nägeln dienen kann (vgl. D6, Seite 3, letzter Absatz). Folglich treffen die oben unter Punkt 2.1.3 für das Dokument D4 dargelegten Erwägungen auch zu, wenn man das Dokument D6 als Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit wählt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Außenflansch nach dem Dokument D6 nicht nur die Verbindungsmittel trägt, sondern auch für die Befestigung der Durchführung an der Schalungswand genutzt werden kann, gäbe es für den Fachmann also keine Veranlassung, den Flansch mit den Verbindungs­elementen wie im Dokument D15 beabstandet von den Rohrenden vorzusehen, weil er dann diese Möglichkeit der Befestigung aufgeben würde.

Somit kann auch eine Zusammenschau der Dokumente D6 und D15 den Gegenstand von Anspruch 1 nicht nahelegen.

2.4 Mithin ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet zu belegen, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht. Da die Durchführung nach Anspruch 1 auch Gegenstand des Verwendungsanspruchs 10 und des Verfahrensanspruchs 14 ist, gilt diese Schlussfolgerung auch für diese Ansprüche.

3. Schlussfolgerung

Aus diesen Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass das Streitpatent in geänderter Fassung den Erfordernissen des EPÜ genügt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche: 1 bis 14 gemäß dem mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2019 eingereichten Hilfsantrag;

- Beschreibung: Fassung wie als Anlage der angefochtenen Entscheidung beigefügt;

- Zeichnungen: Fig. 1-9 wie in der Patentschrift.

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