T 0748/16 () of 22.6.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T074816.20170622
Datum der Entscheidung: 22 Juni 2017
Aktenzeichen: T 0748/16
Anmeldenummer: 08005668.2
IPC-Klasse: B60J 7/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Windabweiser für ein Fahrzeugdach
Name des Anmelders: Webasto SE
Name des Einsprechenden: BOS GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein), 1. Hilfsantrag (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1977923 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 15. Januar 2016.

II. Die Einspruchsabteilung hat u.a. entschieden, dass der jeweilige Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 und des Anspruchs 2 des Hilfsantrags 1 im Hinblick auf das Dokument

EP 1342600 A2 (D1)

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

III. Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:

Windabweiser für ein Fahrzeugdach mit einer innerhalb einer festen Dachaußenhaut eines Fahrzeugs angeordneten Dachöffnung und einem Deckel zum wahlweisen Verschließen und mindestens teilweisen Öffnen der Dachöffnung, mit einem Windabweiserkörper (10), der im wesentlichen entlang einer Vorderkante der Dachöffnung anordenbar und so ausgebildet ist, dass er am Fahrzeugdach zwischen einer versenkten Ruhestellung und einer ausgestellten Betriebsstellung verschwenkbar ist, wobei der Windabweiserkörper mindestens ein steifes Verstärkungsprofil (12) aufweist, welches entlang eines wesentlichen Bereichs seiner Längsausdehnung von einem weicheren Formkörper (14) umschlossen ist, der die Außenfläche des Windabweiserkörpers ausbildet,

dadurch gekennzeichnet, dass

der Windabweiser weiterhin ein Netz (24) aufweist, welches am Windabweiserkörper (10) befestigt ist, in dem es teilweise in den Formkörper (14) eingeschäumt oder eingespritzt ist, und entlang der Vorderkante der Dachöffnung so befestigbar ist, dass es beim Verschwenken des Windabweisers in die Betriebsstellung gespannt wird.

IV. Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 lautet wie folgt:

Windabweiser für ein Fahrzeugdach mit einer innerhalb einer festen Dachaußenhaut eines Fahrzeugs angeordneten Dachöffnung und einem Deckel zum wahlweisen Verschließen und mindestens teilweisen Öffnen der Dachöffnung, mit einem Windabweiserkörper (10), der im wesentlichen entlang einer Vorderkante der Dachöffnung anordenbar und so ausgebildet ist, dass er am Fahrzeugdach zwischen einer versenkten Ruhestellung und einer ausgestellten Betriebsstellung verschwenkbar ist, wobei der Windabweiserkörper mindestens ein steifes Verstärkungsprofil (12) aufweist, welches entlang eines wesentlichen Bereichs seiner Längsausdehnung von einem weicheren Formkörper (14) umschlossen ist, der die Außenfläche des Windabweiserkörpers ausbildet, wobei der Windabweiser weiterhin ein Netz (24) aufweist, welches am Windabweiserkörper (10) befestigt ist, indem es teilweise in den Formkörper (14) eingeschäumt oder eingespritzt ist, und entlang der Vorderkante der Dachöffnung so befestigbar ist, dass es beim Verschwenken des Windabweisers in die Betriebsstellung gespannt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

das Verstärkungsprofil (12) vollständig von dem Formkörper (14) umschlossen ist.

V. Am 22. Juni 2017 wurde mündlich verhandelt. Die Beschwerde­führerin beantragte die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, hilfsweise auf der Grundlage des Hilfsantrags 1, vorgelegt im Einspruchsverfahren.

Die Beschwerde­gegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Die Argumente der Beschwerde­führerin lauteten wie folgt:

Die Entscheidung der Einspruchsabteilung sei nicht korrekt.

In Bezug auf den Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt berücksichtige die Entscheidung nicht, dass das weiche Kunststoffmaterial den zusätzlichen Vorteil aufweise, dass der Windabweiser in eine platzsparende Ruhe­position verbracht werden könne, da der Kunststoff verformbar sei.

Des Weiteren sei in der Entscheidung nicht klar ausgeführt, warum der Fachmann in der Vorrichtung gemäß D1 einen weichen Kunststoff wählen würde. Es sei zwar dem Fachmann bekannt, dass weiche Kunststoffe geräuschdämmend wirkten, es gäbe aber keinen Hinweis darauf, für die Vorrichtung gemäß D1 auch solche einzusetzen.

Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 2 von Hilfsantrag 1, nämlich dass der Formkörper das Verstärkungsprofil vollständig umschließe, könne eine erfinderische Tätigkeit begründen. Zum einen sei es schon aus fertigungstechnischer Sicht nicht naheliegend, eine vollständige Umschließung vorzunehmen, zum anderen löse auch das vollständige Umschließen die Aufgabe der Geräuschminderung.

VII. Die Beschwerdegegnerin/Einsprechende begegnete diesen Argumenten wie folgt:

Die Entscheidung der Einspruchsabteilung sei völlig korrekt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, aus den Gründen, die in der Entscheidung ausgeführt seien.

Dasselbe treffe auch auf den Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 1 zu.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

Die Kammer folgt hierbei der in der Entscheidung der Einspruchsabteilung dargestellten Auffassung.

Im Einzelnen:

2.1 Es ist unstrittig, dass das Dokument D1 den nächsten Stand der Technik darstellt, und dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 vom Windabweiser gemäß D1 dadurch unterscheidet, dass der Formkörper weicher als das Verstärkungsprofil (in D1 aus Metall) ausgeführt ist.

Weiterhin wird nicht bestritten, dass die mit dem unterscheidenden Merkmal zu lösende Aufgabe in der Geräuschminderung besteht.

2.2 Dabei ist dem Fachmann allgemein bekannt, dass weiche Materialien Schallwellen absorbieren und damit Geräusche dämpfen können. Dies wird von der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin aus explizit zugestanden.

Allerdings folgt die Kammer nicht dem Vortrag der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin, dass es in D1 keinen Hinweis darauf gäbe, weiche Kunststoffe zur Geräuschdämmung zu verwenden und dass daher die Anwendung des fachmännischen Wissens auf die Vorrichtung gemäß D1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen müsse.

Das Dokument D1 setzt sich intensiv mit der Dämmung von Windgeräuschen auseinander, siehe dazu Paragraph [0003]. Daher würde es der Fachmann durchaus in Betracht ziehen, zur weiteren Geräuschoptimierung die Auswahl des Kunststoffs zu optimieren.

2.3 Auch der Einwand der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin dahingehend, dass der weiche Kunststoff noch den Vorteil habe, dass die Verformbarkeit des Kunststoff­materials eine platzsparende Ruheposition ermögliche, kann die Kammer nicht überzeugen.

Es wird von der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin nicht in Frage gestellt, dass auch dieser zusätzliche Nutzen dem Fachmann allgemein bekannt ist. Somit ergibt die Verwendung von weichem Kunststoffmaterial für den Formkörper keinen überraschenden Effekt hinsichtlich der platzsparenden Ruheposition, der eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

Der Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 wie erteilt lediglich dadurch, dass das Verstärkungsprofil vollständig vom Formkörper umschlossen ist.

Auch hier stützt sich die Kammer auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung.

3.1 Dabei ist insbesondere zu betonen, dass die vollständige Umschließung des Verstärkungsprofils keine zusätzlichen besonderen Eigenschaften aufweist. Der Fachmann würde die Fertigung des Windabweisers gemäß gesetzter Spezifikationen hinsichtlich Preis, Gewicht, Aussehen vornehmen und in Abhängigkeit davon - ohne erfinderisch tätig werden zu müssen - das Verstärkungsprofil vollständig oder teilweise umschließen.

3.2 Selbst wenn die Kammer dem Argument der Beschwerdeführerin/Patentinhaberin folgte, dass auch die vollständige Umschließen Umschließung? durch den Formkörper einen Einfluss auf die Geräuschdämmung habe, kann dieses Merkmal keinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit leisten: die vollständige Umschließung kann die Geräuschdämmung lediglich quantitativ beeinflussen und würde keine besonderen (zusätzlichen) oder überraschenden Effekte bedingen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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