T 0662/16 () of 29.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T066216.20190529
Datum der Entscheidung: 29 Mai 2019
Aktenzeichen: T 0662/16
Anmeldenummer: 13165088.9
IPC-Klasse: B23Q 1/01
B23Q 17/12
G05B 19/404
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schwingungsdämpfungssystem
Name des Anmelders: HOMAG GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 27. Oktober 2015 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 13165088.9 zurückgewiesen.

Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag und des Hilfsantrags 1 ausgehend von

D1: US -A- 5,432,423

und im Hinblick auf

D5: EP -A- 0 974 882

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Andere Entgegenhaltungen wurden in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

III. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grund des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1-3 eingereicht mit Schreiben vom 26. Februar 2016 zu erteilen. Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.

In ihren Bescheid vom 21. Februar 2019 teilte die Kammer mit, dass sie beabsichtigte, die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur Fortsetzung des Verfahrens zurückzuverweisen.

Die Beschwerdeführerin erklärte mit Schreiben vom 19. März 2019, dass eine mündliche Verhandlung nur für den Fall beantragt werde, dass die Kammer eine Zurück­weisung der Anmeldung in Betracht ziehe.

IV. Anspruch 1 in der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Bearbeitungsmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken, mit:

einem Grundkörper (1), einem entlang des Grundkörpers (1) bewegbaren Führungselements (2, 3, 6), und einer am Führungselement (2, 3, 6) angebrachten Bearbeitungseinheit (9), wobei

das Führungselement (2) mit einem Antrieb (4), der an einer Lagerung des Führungselements (2, 3, 6) am Grundkörper (1) vorgesehen ist, relativ gegenüber dem Grundkörper (1) angetrieben wird, und ferner zumindest ein Sensor (10) am Führungselement (2, 3, 6) angebracht ist,

eine Steuereinrichtung auf Grundlage des Erfassungsergebnisses des Sensors eine Antriebsgröße des Antriebs (4) steuert,

und die Bearbeitungseinheit (9) zumindest abschnittsweise zwischen dem Sensor (10) und dem Antrieb (4) am Führungselement (2, 3, 6) angebracht ist,

wobei der Sensor ein Beschleunigungssensor ist."

V. Zusätzlich zu D1 und D5 werden in dieser Entscheidung folgende Entgegenhaltungen zitiert:

D7: DE -C1- 102 46 093;

D8: DE -C2- 196 20 439.

VI. Die Beschwerdeführerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt:

Dl offenbare weder einen Beschleunigungssensor noch eine Bearbeitungsmaschine, die zur Bearbeitung von Werkstücken geeignet sei, sondern eine Handhabungs- oder Greifvorrichtung für elektronische Komponenten. Es sei daher fraglich, ob die Dl überhaupt einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstelle. D5 offenbare ebenfalls keine Bearbeitungsmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken. Es bestehe für den Fachmann keine Veranlassung D1 und D5 zu kombinieren und diese Kombination führe auch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, welcher deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Entscheidungsgründe

1. Die Prüfungsabteilung war der Meinung, dass dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag eine erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik fehle.

D1 betrifft jedoch die Bestückung einer Leiterplatte mit elektrischen Komponenten. Da weder für die Leiterplatte noch für die elektrischen Komponenten die geometrischen oder die stofflichen Eigenschaften geändert werden, ist die Positionierungsmaschine der D1 nicht als "Bearbeitungs­maschine zur Bearbeitung von Werkstücken" im Sinne des Anspruchs 1 anzusehen, zumal die Greifvorrichtung der D1 (gripping device 17) auf keinen Fall als Bearbeitungseinheit angesehen werden kann. Folglich handelt es sich bei der Maschine der D1 um eine gattungsfremde Maschine, welche der Fachmann ohne Kenntnisse der beanspruchten Erfindung nicht in naheliegender Weise gemäß Anspruch 1 modifizieren würde.

Eine Veranlassung dazu findet er auch nicht in der D5, die ebenfalls keine Bearbeitungsmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken sondern eine Koordinaten-Messmaschine betrifft (Absatz [0001]).

2. Auch ausgehend von der im Absatz [0010] der Anmeldung zitierten und beschriebenen Bearbeitungsmaschine zur Bearbeitung von Werkstücken (D7), kann D1 nicht den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegen.

D7 betrifft ein Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen von Achsen von Werkzeugmaschinen. Dabei können verschiedene Sensoren verwendet werden, z.B. zur Messung des Lageistwertes (Absatz [0010]), der Ist­geschwindigkeit (Absatz [0012]) oder der Beschleunigung der Achse (Absatz [0013]). D7 offenbart jedoch nicht die Geometrie der Maschine und somit auch nicht, wo die Sensoren anzuordnen sind.

Selbst wenn der Fachmann zur Verbesserung der Dynamik und der Bearbeitungsgenauigkeit der Maschine die Lehre der D1 berücksichtigen würde, würde er nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen. Eine Anordnung eines Geschwindigkeitssensors (18) ist zwar an der Seite des Führungselements, wo kein Antrieb angeordnet ist, in D1 offenbart (Figur 1). Diese Entgegenhaltung beschreibt jedoch keine Vorteile dieser speziellen Anordnung. Außerdem besteht die Lehre der D1 in der Verwendung - neben einem Lagesensor - eines Geschwindigkeits­sensors. Der Fachmann würde daher gemäß dieser Lehre keinen Beschleunigungssensor sondern einen Geschwindigkeits­sensor verwenden.

Deshalb kann D1 nicht die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen.

3. Folglich ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Die Kammer hält es für angemessen, die Angelegenheit zur Fortsetzung des Verfahrens zurückzuverweisen, da keine weitere Dokumente, die dem beanspruchten Gegenstand näher als die D1 liegen (wie z. B. D8), in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt wurden, und die Beschreibung den Ansprüchen anzupassen ist (siehe z.B. Absatz [0029]).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur Fortsetzung des Verfahrens zurückverwiesen.

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