European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T064916.20180206 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 Februar 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0649/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11177390.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B05B 1/16 B05B 1/18 B05B 13/02 B05B 15/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Brause mit einem Gelenk | ||||||||
Name des Anmelders: | Hansgrohe SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen - zulässig (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung
Nr. 11 177 390.9 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung auf der Basis des im Prüfungsverfahren mit Schriftsatz vom 23. Juli 2015 gestellten Hauptantrags, hilfsweise eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 und 2 zurückzuverweisen.
III. Nach der angefochtenen Entscheidung genügt Anspruch 1 des Hauptantrags nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.
IV. Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags lautet wie folgt:
"Brause mit
- einem verstellbaren Brausegehäuse (1),
- einer Umstelleinrichtung zum Umstellen der Wasserströmung in dem Brausegehäuse (1) zwischen mindestens zwei verschiedenen Möglichkeiten, wobei die Umstelleinrichtung zum Umschalten zwischen zwei an verschiedenen Stellen des Brausegehäuses angeordneten Brausestrahlauslässen (6, 9) aus dem Brausegehäuse (1) ausgebildet ist,
- mindestens einem an/in dem Brausegehäuse (1) angeordneten, dem Brausegehäuse (1) gegenüber bewegbaren Betätigungselement (10, 11) für die Umstelleinrichtung, das eine Betätigungsrichtung aufweist, die mit einer Verstellrichtung des Brausegehäuses (1) zusammenfällt, und
- einem Gelenk (5), mithilfe dessen das Brausegehäuse (1) mit dem an/in ihm angeordneten Betätigungselement (10, 11) verstellbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
- sich die zwei verschiedenen Stellen des Brausegehäuses zum Einen an einer Unterseite des Brausegehäuses und zum Anderen an einer Stirnseite (8) des Brausegehäuses befinden und/oder
- mindestens ein Betätigungselement als eine Drucktaste (11) an einer eine Strahlscheibe (6) aufweisenden Unterseite des Brausegehäuses ausgebildet ist."
Im Lichte der unten angegebenen Gründen bezüglich des Hauptantrags ist es nicht notwendig, den Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen wiederzugeben.
V. Das wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Es sei für den Fachmann klar, dass die in Anspruch 1 aufgenommen Merkmale ("Unterseite" und "Stirnseite") keinen funktionellen oder strukturellen Zusammenhang mit entweder der quaderförmigen Form des Brausegehäuses oder einem örtlichen Bezug relativ zum Anschlussstutzen hätten. Insbesondere sei es dem Stand der Technik zu entnehmen, dass nicht quaderförmige Brausegehäuse auch eine Unterseite sowie eine Stirnseite aufweisen könnten.
Die einzige Stelle der ursprünglich eingereichten Anmeldung, wo die Form der Brausegehäuse als Quader offenbart ist (Seite 5 letzter Absatz), betreffe bloß ein Beispiel und der Fachmann erkenne, dass es für die Erfindung nicht beschränkend sei.
Der Fachmann entnehme unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens der ursprünglich eingereichten Anmeldung vielmehr unmittelbar und eindeutig, dass der Anschlussstutzen alternativ auch an anderen Orten des Brausegehäuses vorgesehen sein könne, unabhängig von der Stirnseite, d.h. von der Positionierung der Strahlaustrittsöffnung 9.
Die für die quaderförmige Form des Brausegehäuses angegebenen Gründe gölten auch für das in Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal, dass mindestens ein Betätigungselement als eine Drucktaste an einer eine Strahlscheibe aufweisenden Unterseite des Brausegehäuses ausgebildet ist.
Entscheidungsgründe
1. Rechtliches Gehör
Die vorliegende Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren, nachdem die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2017 ihren ursprünglich auf die Erteilung eines Patents gerichteten Hauptantrag geändert hat. Soweit die Beschwerdeführerin in der Hauptsache nunmehr nur noch die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auf der Basis des Hauptantrages begehrt und diesem Begehren im Folgenden stattgegeben wird, bedurfte es weder zur Herstellung der Entscheidungsreife noch zur Gewährung des rechtlichen Gehörs der Anberaumung einer hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung.
2. Hauptantrag
2.1 Die folgenden in Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale 1.6G wurden der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung (Seite 6, erster und zweiter Absatz) entnommen:
1.6G: "sich die zwei verschiedenen Stellen des Brausegehäuses zum Einen an einer Unterseite des Brausegehäuses und zum Anderen an einer Stirnseite des Brausegehäuses befinden".
Wie in der angefochtenen Entscheidung angegeben (Punkt 2.4.6 der Gründe), beschreibt die die Merkmale 1.6G stützende Passage (Seite 5, letzter Absatz, bis Seite 6, letzter Absatz) ein Beispiel, das in den Figuren dargestellt wird (siehe insbesondere Figur 1). Deshalb sind damit in der Tat weitere Merkmale in Kombination offenbart, insbesondere die folgenden:
a) die Brausegehäuse weist die Form eines Quaders auf; und
b) die Strahlaustrittsöffnung (9) befindet sich "an der vorderen von dem Anschlussstutzen weg ragenden Stirnseite".
Die Nichtaufnahme dieser beiden weiteren Merkmale in den Anspruch 1 des Hauptantrages bewertete die Prüfungsabteilung als nicht mit den Voraussetzungen von Artikel 123 (2) EPÜ vereinbar und führte zur angefochtenen Zurückweisung der Anmeldung.
Diese Beurteilung hält einer Überprüfung durch die Kammer nicht stand.
2.1.1 "Form eines Quaders" (Merkmal a))
Laut der angefochtenen Entscheidung stehen die Merkmale "Unterseite" und "Stirnseite" der Merkmale 1.6G im strukturellen und funktionellen Zusammenhang mit der quaderförmigen Form des Brausegehäuses, so dass deren Isolierung zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führt.
Einen solchen Zusammenhang vermag die Kammer indes nicht zu erkennen, dies ungeachtet dessen, dass die Quaderform die einzige in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart ist.
Wie von der Beschwerdeführerin zutreffend in ihrer Beschwerdebegründung ausgeführt, entnimmt der Fachmann unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens den ursprünglichen Anmeldeunterlagen unmittelbar und eindeutig, dass das Vorhandensein einer Unterseite und einer Stirnseite an dem Brausegehäuse im Wesentlichen unabhängig von der Gesamtform des Brausegehäuses ist, dies jedenfalls, solange er dort eine Unterseite und eine Stirnseite anerkennen kann. Es gibt mithin keinen strukturellen oder funktionellen Zusammenhang zwischen den in Anspruch 1 definierten Seiten und irgendeiner anderen Seiten des Brausegehäuses, wie z.B. der Oberseite oder der Längsseiten, die z.B. rundförmig, wellig oder kantig sein können, ohne gegenseitigen Einfluss auf die Unter- oder Stirnseite zu haben. Die allgemeine Form des Brausegehäuses von Anspruch 1 braucht somit nicht ein Quader zu sein.
Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, kann der Fachmann eine Unterseite und eine Stirnseite zweifellos auch für Brausegehäuse anerkennen, die nicht quaderförmig sind. Dies ist z.B. der D3(=US 5 690 282 A) zu entnehmen, wobei die allgemeine Form des Brausegehäuses ("casing", 10) kein Quader ist (siehe Figur 1) und trotzdem eindeutig eine Unterseite und eine Stirnseite aufweist.
Ferner betrifft die einzige Stelle der ursprünglich eingereichten Anmeldung, wo die Form des Brausegehäuses als Quader offenbart ist (Seite 5 letzter Absatz), bloß ein Beispiel: "...im dargestelltem Beispiel...". Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, erkennte der Fachmann sofort, dass die Erfindung auch andere Brausegehäuseformen umfasst. Wie schon erwähnt, ist es dem Fachmann unmittelbar ersichtlich, dass auch solche anderen Gehäuseformen eine mit einem oder mehreren Brausestrahlauslässen versehene Unterseite und eine mit einem oder mehreren Brausestrahlauslässen versehene Stirnseite aufweisen können.
2.1.2 "An der vorderen von dem Anschlussstutzen weg ragenden Stirnseite" (Merkmal b))
Laut der angefochtenen Entscheidung steht in der ursprünglich eingereichten Anmeldung das Merkmal "Stirnseite" des Anspruchs 1, welches den Ort der Strahlaustrittsöffnung 9 definiert, in strukturellem und funktionellem Zusammenhang mit seiner relativ Positionierung im Bezug auf den "Anschlussstutzen 3", so dass dessen Isolierung zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führt.
Auch einen solchen Zusammenhang vermag die Kammer nicht zu erkennen.
Wie von der Beschwerdeführerin zu recht vorgetragen, entnimmt der Fachmann unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens der ursprünglichen Anmeldung unmittelbar und eindeutig, dass der Anschlussstutzen alternativ auch an anderen Orten des Brausegehäuses vorgesehen sein kann, wie z. B. an der Oberseite.
Die Positionierung des Anschlussstutzens ist in der Tat unabhängig von der Stirnseite, d.h. von der Positionierung der Strahlaustrittsöffnung 9.
Das konkrete Ausführungsbeispiel (siehe Seite 6, zweiter Absatz und Figuren der ursprünglich eingereichten Anmeldung) lehrt dem Fachmann nicht, dass der dort angegebene Ort der Stirnseite 8 einen explizit oder implizit strukturellen oder funktionellen Zusammenhang mit der Positionierung des Anschlussstutzens 3 aufweist. Es ist ihm vielmehr klar ersichtlich, dass sie zusammen keine Funktion entwickeln und dass die Struktur durchaus anders sein könnte, ohne irgendeinen Einfluss auf die offenbarte Brause zu haben. Die Lage des Anschlussstutzens 3 ist mit der Anordnung der Brausestrahlauslassstellen an der Unterseite sowie auch an der Stirnseite des Brausegehäuses nicht verbunden.
2.1.3 Aus dem Vorstehenden folgt, dass das Merkmal 1.6G zu keiner unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führt.
2.2 Die folgenden in Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale 1.7G wurden aus der Beschreibung (Seite 6, erster und letzter Absätze und Anspruch 9) sowie Figur 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung ausgenommen (siehe angefochtene Entscheidung, Punkt 2.4.7 der Gründe):
"mindestens ein Betätigungselement als eine Drucktaste an einer eine Strahlscheibe aufweisenden Unterseite des Brausegehäuses ausgebildet ist".
Die in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Gründen entsprechen denen, die unter Punkt 2.1.1 oben für das Merkmal 1.6G bezüglich der Unterseite und der Vorderseite des Brausegehäuses schon diskutiert sind.
Deshalb führt die Isolierung des Merkmals "Unterseite" aus den gleichen Gründen zu keiner unzulässigen Zwischenverallgemeinerung.
2.3 Damit greifen die in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwände gegen den Hauptantrag nicht durch.
2.4 Da der Hauptantrag bisher von der Prüfungsabteilung im Hinblick auf andere Patentierbarkeitsvoraussetzungen, insbesondere zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1, nicht geprüft wurde, verweist die Kammer die Angelegenheit nach Artikel 111 (1) EPÜ zur weiteren Prüfung und Entscheidung zurück.
3. Hilfsanträge
Daher erübrigt es sich, die Hilfsanträge in der vorliegenden Entscheidung zu diskutieren.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung auf der Basis des mit Schriftsatz vom 23. Juli 2015 eingereichten Antrags zurückverwiesen.