T 0478/16 (BIOGASERZEUGUNG / ISF) of 28.6.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T047816.20210628
Datum der Entscheidung: 28 Juni 2021
Aktenzeichen: T 0478/16
Anmeldenummer: 08004314.4
IPC-Klasse: C12P 5/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Erzeugung von Biogas
Name des Anmelders: ISF GmbH
Name des Einsprechenden: Herz, Sabine
Uphoff GmbH
Agraferm Technologies AG
Heilein, Ernst-Peter
Fritz Köster Handelsgesellschaft AG
Kemira OYJ
MIAVIT GmbH
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020Art 013(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020Art 013(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Änderung des Beschwerdevorbringens - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1784/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1191/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (nachstehend "Beschwerdeführerin") richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 997 901 (nachstehend das "Streitpatent") zu widerrufen.

II. Folgende Dokumente wurden unter anderem im Einspruchsverfahren zitiert:

D1: EP 1 792 877 A1

D9: Seyfried, C.F. et al., "Anaerobe Verfahren zur Behandlung von Industrieabwässern", Arbeitsbericht des ATV-Fachausschusses 7.5, in KA 10/1990, Seiten 1247 bis 1251.

D16: Kayhanian, M. und Rich, D., "Pilot-Scale high Solids Thermophilic Anaerobic Digestion of Municipal Solid Waste with an Emphasis on Nutrient Requirements", Biomass and Bioenergy, 8 (6), 1995, Seiten 433 bis 444.

D36: EP 0 970 922 A2

D59: Ramhold, D., "Propionsäuregehalt in Praxisanlagen als Indikator für den Mindestbedarf an Kobalt, Eisen, Nickel und Molybdän", ISF Schaumann Forschung, 12.03.2013, Seiten 1 bis 7.

D64: Ortner, M., "Bioverfügbarkeit von Spurenelementen messen", Biogas Journal, 2-2012, Seiten 82 bis 86.

Bezüglich der damals anhängigen Anträge (Hauptantrag: das Streitpatent in erteilter Fassung; Hilfsanträge I bis III) kam die Einspruchsabteilung unter anderem zu den folgenden Schlüssen:

- Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1.

- Der Gegenstand der Hilfsanträge I bis III sei nicht erfinderisch ausgehend von D1 als dem nächstliegenden Stand der Technik.

Ferner hat die Einspruchsabteilung das Dokument D64 zum Verfahren zugelassen.

III. In ihrer Beschwerdebegründung machte die Beschwerdeführerin unter anderem geltend, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche neu gegenüber der Offenbarung der D1 sei. Er sei auch erfinderisch, ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik. Sie reichte ferner Ansprüche und Beschreibungsseiten gemäß Hilfsanträgen 1 bis 7 ein. Sie bestritt zudem die Zulassung der D64 durch die Einspruchsabteilung.

IV. In ihren Erwiderungen zur Beschwerdebegründung vertraten die Einsprechenden 2 bis 7 (nachstehend "Beschwerdegegnerinnen 2 bis 7") hingegen unter anderem die Auffassung, dass der beanspruchte Gegenstand nicht neu gegenüber der Offenbarung der D1 sei. Er sei auch nicht erfinderisch, ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik. Sie führten ferner aus, dass die erst im Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsanträge 1 bis 7 nicht zuzulassen seien.

V. Mit Mitteilung der Kammer vom 28. September 2020 wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung gemäß ihren Anträgen geladen.

VI. Nachfolgend erging eine Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 in Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung.

VII. Mit Schreiben vom 17. Mai 2021, 20. Mai 2021 und 4. Juni 2021 kündigten die Einsprechende 1, Beschwerdegegnerin 5 und Beschwerdegegnerin 4 an, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werden.

VIII. Mit Schreiben vom 21. Mai 2021 reichte die Beschwerdeführerin eine Erwiderung auf die Mitteilung der Kammer ein und legte neue Anspruchssätze sowie Beschreibungsseiten gemäß Hilfsanträgen 8 bis 13 vor. Sie reichte ferner folgende neue Beweismittel D66, D66a, D67 und D68 ein, die von der Kammer als A001 bis A004 umnummeriert wurden:

A001: J. Gustavsson, Cobalt and Nickel Bioavailability for Biogas Formation, Doctoral Thesis, Linköping University, Linköping 2012.

A002: Abstract and bibligraphic details of Doctoral Thesis A001.

A003: J. Gustavsson et al., Bioavailability of cobalt and nickel during anaerobic digestion of sulfur-rich stillage for biogas formation, Applied Energy, 112 (2013), 473 - 477.

A004: J. Gustavsson et al., Potential bioavailability and chemical forms of Co and Ni in the biogas process - An evaluation based on sequential and acid volatile sulfide extractions, Engineering in Life Sciences, 2013, 13, 572 - 579.

IX. Mit weiteren Schriftsätzen reagierten die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 auf die Mitteilung der Kammer sowie auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 21. Mai 2021.

X. Am 28. Juni 2021 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Im Einklang mit Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK wurde die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Einsprechenden 1 sowie der Beschwerdegegnerinnen 4 und 5 durchgeführt.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdeführerin ihre Hilfsanträge 1 bis 7 sowie den Antrag auf Nicht-Zulassung der Entgegenhaltung D64 zurück. Sie erklärte ferner, die Streichung von Kobalt im ersten Spiegelstrich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 12 sei fehlerhaft und solle zurückgenommen werden.

XI. Endanträge

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung (Hauptantrag). Hilfsweise beantragte sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage der Ansprüche und Beschreibungsseiten gemäß einem der mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereichten Hilfsanträge 8 bis 13.

Die Beschwerdegegnerinnen 2, 3, 6 und 7 beantragten die Zurückweisung der Beschwerde, ebenso im schriftlichen Verfahren die Beschwerdegegnerinnen 4 und 5.

Die Beschwerdegegnerin 2 beantragte, die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 21. Mai 2021 samt der darin neu eingereichten Dokumente A001 bis A004 und Hilfsanträge 8 bis 13 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Die Beschwerdegegnerinnen 6 und 7 beantragten, die mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereichten Hilfsanträge 8 bis 13 und Dokumente A001 bis A004 nicht zum Verfahren zuzulassen. Im Falle der Zulassung der Dokumente A001 bis A004 beantragten die Beschwerdegegnerinnen 6 und 7 eine Vertagung der mündlichen Verhandlung sowie die Anordnung, dass die Beschwerdeführerin die Kosten der mündlichen Verhandlung zu tragen habe.

Die Einsprechende 1, notwendige Verfahrensbeteiligte gemäß Artikel 107, zweiter Satz, EPÜ, stellte keine Anträge und äußerte sich auch nicht im Beschwerdeverfahren.

XII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin werden nachfolgend zusammengefasst.

- Die Beweismittel A001 bis A004 stellten eine Reaktion auf die vorläufige Meinung der Kammer dar. Insbesondere habe die vorläufige Meinung der Kammer umfangreiche Diskussionen mit Wissenschaftlern provoziert, die zur Auffindung der A001 bis A004 geführt hätten.

- Diese Beweismittel stellten neue Erkenntnisse dar, die das allgemeine Fachwissen korrigierten und seien somit hochrelevant. Zudem seien sie lediglich eine Unterstützung der schon in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumentation.

- A001 bis A004 seien somit zum Verfahren zuzulassen.

- Das Dokument D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.

- Im Lichte der D1 liege die technische Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens zur Biogaserzeugung, das eine verbesserte Versorgung der Mikroorganismen mit Spurenelementen aufweise.

- Die in Anspruch 1 angegebenen Richtwerte seien das Resultat von zahlreichen Proben aus verschiedenen mit unterschiedlichen Fütterungsmassen betriebenen Bioreaktoren. Dies sei unter anderem in der D59 zusammengefasst. Ein Hinweis auf die beanspruchte Lösung der technischen Aufgabe sei weder der D1 noch den anderen Dokumenten des verfügbaren Standes der Technik zu entnehmen.

- Der Gegenstand des Hauptantrags beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

- Hilfsanträge 8, 9 und 13 entsprächen den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsanträgen I bis III. Sie seien mit der Beschwerdebegründung erneut eingereicht und substanziiert worden. Sie seien somit zum Verfahren zuzulassen.

- Hilfsanträge 10 bis 12 würden nur Streitpunkte bereinigen und die zu beurteilende Sachlage nicht ändern. Sie seien somit auch zum Verfahren zuzulassen.

XIII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerinnen werden nachfolgend zusammengefasst.

- Die Beweismittel A001 bis A004 seien von der Beschwerdeführerin spät vorgebracht worden. Sie seien nach dem Prioritätsdatum des Streitpatents veröffentlicht worden und stellten kein allgemeines Fachwissen dar. Außerdem würden sie komplexe Fragen aufwerfen. Sie seien somit unter Berücksichtigung des Artikels 13 VOBK 2020 nicht zum Verfahren zuzulassen.

- Das Dokument D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.

- Das Streitpatent zeige im Vergleich zu D1 keine Verbesserung der Versorgung der Mikroorganismen mit Spurenelementen. Insbesondere werde auch in den Beispielen des Streitpatents ähnlich wie in der D1 die Konzentration der organischen Säure als Indikator der Qualität der Biogaserzeugung, und somit des Spurenelementbedarfs der Mikroorganismen, benutzt. Dies werde auch durch D59 bestätigt.

- Die anspruchsgemäße Orientierung an Richtwerten, die auf die Trockensubstanz im Bioreaktor bezogen sind, führe zu Ungenauigkeiten. Eine solche Orientierung unterscheide nämlich nicht zwischen bioverfügbaren und als Metallsulfide ausgefällten und somit nicht bioverfügbaren Spurenelementen. Außerdem werde die im Gärsubstrat sehr variable Menge an Inertmasse nicht berücksichtigt, was zu zusätzlichen Ungenauigkeiten in der Berechnung des Spurenelementbedarfs führe.

- Die objektive technische Aufgabe liege daher lediglich in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Biogaserzeugung.

- D1 selbst offenbare die Möglichkeit, die Konzentration von Kobalt und Eisen im Gärschlamm zu messen. Die beanspruchte Lösung beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

- Alle Hilfsanträge 8 bis 13 seien verspätet vorgebracht worden. Ihre Zulassung würde komplexe Fragen aufwerfen, insbesondere hinsichtlich deren Erfüllung der Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) und 84 EPÜ.

- Die Hilfsanträge seien somit unter Berücksichtigung des Artikels 13 VOBK 2020 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag - das Streitpatent in erteilter Fassung - Einspruchsgrund nach Artikel 100 (a) EPÜ - Neuheit gemäß Artikel 54 EPÜ

1. Anspruch 1 in erteilter Fassung definiert (Gliederung nach der Merkmalanalyse der Beschwerdeführerin) ein

a) Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

b) mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, Kobalt, Molybdän, Eisen in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

c) in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

d) die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

e) im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

f) die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS und/oder für Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS und/oder für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS und/oder für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS betragen.

1.1 Alle Beschwerdegegnerinnen haben im Einklang mit der angefochtenen Entscheidung (Seiten 7 bis 9) unter anderem das Dokument D1 als neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 angesehen.

1.2 Die Kammer ist allerdings in der mündlichen Verhandlung zum Schluss gekommen, dass D1 kein Verfahren offenbart, bei dem ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines Spurenelements bereitgestellt wird (Merkmale (b) und (f) des Anspruchs 1), wobei im Fall einer Unterschreitung dieses Wertes eine Zugabe des Spurenelements erfolgt (Merkmal (e) des Anspruchs 1). Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber D1 (Artikel 54 EPÜ).

1.3 Da die Entscheidung der Kammer zugunsten der Beschwerdegegnerinnen ergeht (siehe unten), erübrigt sich eine Begründung dieser Neuheitsentscheidung der Kammer.

1.4 Die Beschwerdegegnerinnen haben zudem weitere Beweismittel als neuheitsschädlich für den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 angesehen. Aus dem vorstehend genannten Grund hat sich eine Neuheitsentscheidung der Kammer diesbezüglich erübrigt.

Hauptantrag - das Streitpatent in erteilter Fassung - Einspruchsgrund nach Artikel 100(a) EPÜ - erfinderische Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ

Zulassung der Beweismittel A001 bis A004 zum Beschwerdeverfahren

2. Als Stütze ihrer Argumentation bezüglich der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21. Mai 2021 (Punkt VIII oben) die neuen Beweismittel A001 bis A004 eingereicht.

Die Beschwerdegegnerinnen haben beantragt, diese Beweismittel als verspätet nicht zum Verfahren zuzulassen.

2.1 Die Beschwerdeführerin führte aus, sie habe A001 bis A004 in Reaktion auf die vorläufige Meinung der Kammer eingereicht. Insbesondere würden diese Beweismittel die auf der Grundlage der D9, D16 und D36 getroffene Feststellung der Kammer, dass nur gelöste Spurenelemente für Mikroorganismen bioverfügbar seien, widerlegen. Die Kammer habe diese Feststellung allein aufgrund hinsichtlich dieser Frage nicht eindeutiger Quellen getroffen. Die von der Kammer zitierten Dokumente D9, D16 und D36 enthielten nämlich bezüglich der Bioverfügbarkeit der Spurenelemente nur zurückhaltend geäußerte und nicht wissenschaftlich bewiesene Vorstellungen. Die von der Beschwerdeführerin ausführlich dargelegten und nachgewiesenen Erkenntnisse über die Bioverfügbarkeit der im Gärsubstrat, in Mikroorganismen und in ausgefällten Sulfiden enthaltenen Spurenelemente für die Biogaserzeugung seien von der Kammer nicht berücksichtigt worden. Die vorläufige Meinung der Kammer habe somit umfangreiche Diskussionen der Beschwerdeführerin mit Wissenschaftlern provoziert, die zur Auffindung der A001 bis A004 geführt hätten. Diese Beweismittel seien repräsentativ für neue Erkenntnisse, die das allgemeine Fachwissen korrigierten und seien somit hochrelevant. Zudem habe die Beschwerdeführerin diese neuen Erkenntnisse schon mit der Beschwerdebegründung geltend gemacht, siehe Seiten 6 und 7. Die Beweismittel A001 bis A004 seien somit lediglich eine Unterstützung der sich schon im Beschwerdeverfahren befindenden Argumentation. Es würden daher außergewöhnliche Umstände vorliegen, die das späte Einreichen von A001 bis A004 rechtfertigten.

2.2 Die Kammer ist von den Argumenten der Beschwerdeführerin aus den folgenden Gründen nicht überzeugt.

2.2.1 Gemäß Artikel 12 (2) VOBK 2007 muss die Beschwerdebegründung den vollständigen Sachvortrag der Beschwerdeführerin enthalten und soll ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel anführen, auf die die Beschwerdeführerin ihren Sachvortrag stützt. A001 bis A004 wurden jedoch nicht mit der Beschwerdebegründung, sondern erst am 21. Mai 2021, d.h. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, eingereicht. Wiewohl die in Frage stehenden Beweismittel A001 bis A004 zur Unterstützung einer in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumentation dienten, stellten sie eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin nach dem in Artikel 12 (2) VOBK 2007 maßgeblichen Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerdebegründung dar. Wie die Beschwerdeführerin selbst darlegte, sollten diese Beweismittel das in den Dokumenten D9, D16 und D36 dargelegte Fachwissen zur Bioverfügbarkeit der Spurenelemente richtig stellen und die Glaubwürdigkeit dieser Entgegenhaltungen erschüttern.

2.2.2 Gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020 steht die Zulassung einer solchen Änderung im Ermessen der Kammer. Bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt die Kammer unter anderem die Komplexität des neuen Vorbringens, und ob das neue Vorbringen der Verfahrensökonomie abträglich ist.

2.2.3 Die Zulassung der A001 bis A004 hätte zu einem sehr späten Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens komplexe Fragen aufgeworfen. Abgesehen von der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Dissertation und den beiden Fachartikeln wäre etwa zu diskutieren gewesen, inwieweit diese Beweismittel der im Absatz [0026] des Streitpatents enthaltenen Lehre widersprochen hätten, dass die Bioverfügbarkeit der Spurenelemente durch hohe Sulfid-Konzentration herabgesetzt wird, weil schwer lösliche und nicht biologisch verfügbare Metallsulfide ausfallen. Außerdem hätte erörtert werden müssen, ob A001 bis A004 tatsächlich eine Korrektur des allgemeinen Fachwissens veranlasst hätten, und inwieweit dies vorliegend zu berücksichtigen wäre, weil A001 bis A004 erst nach dem Prioritätsdatum des Streitpatents veröffentlicht wurden. Die Zulassung der erst einen Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereichten A001 bis A004 hätte somit den Fall neu aufgerollt und eine Vertagung der mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht, um den Beschwerdegegnerinnen genügend Zeit zu gewähren, zu diesen neuen Beweismitteln Stellung zu nehmen. Dies wäre mit dem Grundsatz der Verfahrenskonzentration unvereinbar gewesen.

2.2.4 Gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleiben zudem Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gab die vorläufige Meinung der Kammer keinen Anlass, neue Dokumente hinsichtlich der Bioverfügbarkeit von als Metallsulfide ausgefallenen Spurenelementen einzureichen. In der zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung (Ziffer 6.2.4) hat die Kammer diesbezüglich lediglich Ausführungen der Beschwerdegegnerinnen aufgegriffen (siehe namentlich die Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin 5 vom 30. September 2016, Seite 2 f., Punkt II.1, sowie S. 11 f., Punkt VI.1.1) sowie auf die im Absatz [0026] des Streitpatents enthaltene Lehre verwiesen. Die in der vorläufigen Meinung zitierten Dokumente D9, D16 und D36 sind schon lange im Verfahren und wurden in der angefochtenen Entscheidung und von den Parteien im Beschwerdeverfahren eingehend erörtert. Die in der vorläufigen Meinung der Kammer enthaltenen Feststellungen beinhalteten somit keinerlei neuen Aspekte, die die Einreichung der A001 bis A004 rechtfertigten.

A001 bis A004 wurden in den Jahren 2012 und 2013 veröffentlicht, d.h. vier bzw. drei Jahre vor der am 17. Mai 2016 eingereichten Beschwerdebegründung. Die Beschwerdeführerin hatte somit jede Möglichkeit, diese Beweismittel als Unterstützung ihrer auf den Seiten 6 und 7 der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumentation im Einklang mit Artikel 12 (2) VOBK 2007 mit der Beschwerdebegründung einzureichen, was sie jedoch nicht getan hat. Auch aus diesem Grund liegen somit keine außergewöhnliche Umstände vor, die das späte Einreichen von A001 bis A004 erst einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer rechtfertigen.

2.3 In Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) und (2) VOBK 2020 hat die Kammer daher entschieden, die mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereichten Beweismittel A001 bis A004 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Erfinderische Tätigkeit

3. Der nächstliegende Stand der Technik

3.1 Alle Parteien haben das Dokument D1 als den nächstliegenden Stand der Technik angesehen. Im Lichte des in D1 offenbarten Verfahrens sieht die Kammer keinen Grund, einen anderen Standpunkt einzunehmen.

3.2 In der Tat offenbart D1 (Absätze [0007] und [0008]) ein in einem Biogasreaktor stattfindendes Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse unter Zugabe von Kobalt, Eisen und Salzsäure in bestimmten Verhältnisse zueinander. Gemäß D1 (Absätze [0014], [0027] und [0047]) wird die Zugabe von Kobalt, Eisen und Salzsäure in Abhängigkeit der im Gärschlamm gemessenen Konzentration zumindest einer organischen Fettsäure mit mehr als 10 Kohlenstoffatomen gesteuert. Die Kobaltzugabe soll laut D1 (Absatz [0027], Anspruch 4) insbesondere so gesteuert werden, dass die Konzentration von Palmitinsäure im Gärschlamm weniger als 1500 mg/l, bevorzugt weniger als 1000 mg/l, beträgt.

Im Beispiel 1 der D1 (Absätze [0059] bis [0065], Figur 4) wird die Wirkung der Kobaltzugabe auf die Konzentration der Palmitinsäure und Stearinsäure im Gärschlamm analysiert. In diesem Zusammenhang wird auch die Kobaltkonzentration im Gärschlamm bestimmt (Werte von 0.1, 0.3 und 0.5 mg/l Kobalt sind offenbart) und gezeigt, dass die Konzentration der besagten Säuren als Indikator der benötigten Kobaltkonzentration geeignet ist (Absatz [0065]).

Laut D1 (Absatz [0052]) kann zudem in einer alternativen Ausführungsform die Eisenkonzentration im Gärschlamm auch separat gemessen werden und abhängig davon eine bestimmte Menge Eisen zuggegeben werden.

3.3 Die Zugabe von Kobalt und Eisen wird in D1 durch die Messung der Konzentration wenigstens einer Fettsäure mit mehr als 10 Kohlenstoffatomen und dem Vergleich dieser Konzentration mit einem entsprechenden Richtwert geregelt. Gemäß D1 (Absatz [0052]) wird die Konzentration der besagten Fettsäure (zum Beispiel Palmitinsäure oder Stearinsäure) einer Steuereinheit mitgeteilt. Auf Basis der so mitgeteilten Konzentration sendet die Steuereinheit ein Signal an eine Zugabevorrichtung, die eine geeignete Menge ("a suitable amount", Seite 9, erste Zeile) einer Kobaltlösung dem Bioreaktor zugibt. Geeignete Kobaltmengen werden in den Absätzen [0027] und [0054] bis [0058] der D1 offenbart und hängen von der Zusammensetzung des Gärsubstrats ab. Laut D1 wird somit die Zugabe der Spurenelemente an die Konzentration wenigstens einer Fettsäure mit mehr als 10 Kohlenstoffatomen, insbesondere Palmitinsäure, gebunden. Ist diese Konzentration höher als 1500 mg/l, bevorzugt höher als 1000 mg/l, werden dem Bioreaktor Spurenelemente zugegeben.

3.4 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von dem aus D1 bekannten Verfahren durch die unter Ziffer 1 oben genannten Merkmale b), e) und f). Gemäß diesen Unterscheidungsmerkmalen wird nämlich in Anspruch 1 die Zugabe der Spurenelemente an die Unterschreitung eines Richtwertes für die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Trockensubstanz im Bioreaktor gebunden. Dies stellt einen Unterschied zu D1 dar, da - wie oben ausgeführt - in dem dort beschriebenen Verfahren die Zugabe der Spurenelemente in Abhängigkeit von der Fettsäurekonzentration erfolgt.

4. Die technische Aufgabe

4.1 Die Beschwerdegegnerinnen führten aus, dass keine technische Wirkung aus den oben genannten Unterscheidungsmerkmalen ableitbar sei. Die objektive technische Aufgabe liege somit in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Biogaserzeugung.

4.2 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin (Beschwerdebegründung, Ziffer 6.2.6, Seite 22) besteht die technische Aufgabe hingegen darin, ein Verfahren zur Biogaserzeugung zur Verfügung zu stellen, das eine verbesserte Versorgung der Mikroorganismen mit Spurenelementen aufweist.

Die Beschwerdeführerin stützt diese Formulierung der technischen Aufgabe auf das Argument, dass der Trockensubstanzanteil des Gärschlamms nach D1 zwischen 4 und 30 % betrage. Außerdem hänge die Menge der zugegebenen Kobaltlösung nach D1 von der Art der Fütterungsmasse ab, insbesondere davon, ob es sich bei dem in dem Reaktor eingespeisten Substrat um grüne Substanz oder um Substanz tierischen Ursprungs handele. Die Menge und Zusammensetzung der Kobaltlösung sei in D1 folglich unabhängig vom Trockensubstanzanteil der Biomasse, sodass es bei geringen Trockensubstanzanteilen zu einer Überdosierung und bei hohen Trockensubstanzanteilen zu einer Unterdosierung von Kobalt komme. Außerdem enthalte die zugegebene Kobaltlösung der D1 auch Salzsäure, was unvorhersehbare Auswirkungen auf den pH-Wert und somit auf die Biogaserzeugung haben könne.

Zudem könne die in D1 als Indikator verwendete erhöhte Konzentration der organischen Säuren auf einer Vielzahl unterschiedlicher Einflüsse beruhen, beispielsweise auf einer Überfütterung des Bioreaktors mit Substrat, der Anwesenheit von Schwefelwasserstoff, Ammoniak oder anderen Hemmstoffen, dem Fehlen von Makronährstoffen und nicht zwingend dem Fehlen von Spurenelementen. Aufgrund dieser multifaktoriellen Abhängigkeit sei daher die in D1 offenbarte Orientierung an der Palmitinsäurekonzentration grundsätzlich nicht für die Steuerung der Zugabe von Spurenelementen geeignet.

Gemäß Anspruch 1 werde hingegen die gesamte Menge von Spurenelementen ermittelt, die in der Trockensubstanz im Reaktor vorhanden und zum größten Teil bioverfügbar sei. Dies werde durch D64 bestätigt. Figur 1 der D64 zeige nämlich, dass nur die als ungelöst mineralisch gebunden vorkommenden Spurenelemente nicht den Mikroorganismen zur Verfügung stünden. Da alle anderen Spurenelemente bioverfügbar seien, führe eine Orientierung an der Menge der Spurenelemente in der Trockensubstanz zu einer Verbesserung der Versorgung der Mikroorganismen mit Spurenelementen.

4.3 Die Kammer hält allerdings die Argumente der Beschwerdeführerin aus den folgenden Gründen für nicht überzeugend.

4.3.1 D1 offenbart nicht, immer die gleiche Menge an Kobalt dem Bioreaktor zuzugeben, was tatsächlich zu Über- bzw. Unterdosierungen führen könnte, sondern eine geeignete Menge, die von der Messung der Konzentration wenigstens einer Fettsäure mit mehr als 10 Kohlenstoffatomen abhängt (Ziffer 3.3 oben). Zudem ist die Menge der zuzugebenden Spurenelemente auch im erteilten Anspruch 1 nicht definiert. Gemäß Merkmal e) (Ziffer 1 oben) werden nämlich im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben. Wie viel zugegeben wird, bleibt allerdings unbestimmt, so dass Über- bzw. Unterdosierungen der Spurenelemente nicht ausgeschlossen sind. Auch die aus D1 bekannte Zugabe von Salzsäure ist von dem beanspruchten Verfahren nicht ausgeschlossen. Es wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht gezeigt, dass eine solche Zugabe negative Auswirkungen auf die Biogaserzeugung hat.

4.3.2 Im Streitpatent wird keine Wirkung beschrieben, die mit der anspruchsgemäßen von D1 unterschiedlichen Steuerungsprozedur verbunden ist. Im Gegenteil wird auch gemäß den Beispielen 1 und 2 des Streitpatents (Absätze [0085] bis [0093]) die Konzentration der organischen Säuren im Bioreaktor als Indikator der Qualität der Biogaserzeugung benutzt. Stark erhöhte Säurewerte sind laut Streitpatent mit einer Prozesshemmung verbunden. Nach Zugabe der Spurenelemente erfolgte ein Anstieg der Gasqualität und der gebildeten Gasmenge "aufgrund eines Abbaus der zuvor aufgrund der Prozesshemmung angereicherten Säuren" (Absatz [0085]). Auch laut Beispiel 2 (Absatz [0093], Zeilen 44 bis 46) resultierte die erhöhte Gasmenge nach einer Zugabe von Spurenelementen "aus einem Abbau der organischen Säuren, welche aufgrund der nun nicht mehr gehemmten Biologie zu den Endprodukten Methan und Kohlendioxid abgebaut werden konnten". Tabelle 1 des Streitpatents zeigt die Reduzierung der Konzentration der Säuren (bzw. deren Anionen) Acetat, Propionat und Butyrat nach der Zugabe der Spurenelemente. Mit anderen Worten wird auch im Streitpatent die Reduzierung der Säurekonzentration mit einer verbesserten Versorgung der Mikroorganismen mit Spurenelementen in Zusammenhang gesetzt. Weder dem Streitpatent noch anderen Dokumenten des verfügbaren Standes der Technik ist ein Hinweis zu entnehmen, dass, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, eine erhöhte Säurekonzentration auf anderen Einflüssen als einem Mangel an Spurenelementen beruht. Insbesondere wurde von der Beschwerdeführerin keinerlei Beleg dafür vorgelegt, dass eine erhöhte Säurekonzentration, mit daraus folgender Prozesshemmung, auch in Abwesenheit eines Mangels an Spurenelementen vorkommen kann.

4.3.3 Darüber hinaus spiegelt der in Anspruch 1 definierte Richtwert den Spurenelementbedarf nicht unbedingt korrekt wieder. Die in Anspruch 1 angegebenen Richtwerte für die Konzentration der Spurenelemente sind nämlich auf die Trockensubstanz (TS) im Bioreaktor bezogen, und unterscheiden somit nicht zwischen verfügbaren und nicht verfügbaren Spurenelementen. Je nach Schwefelinhalt des Gärsubstrats im Bioreaktor können zum Beispiel die Spurenelemente als Metallsulfid ausfallen und den Mikroorganismen für die Biogaserzeugung nicht zur Verfügung stehen, siehe D9, Seite 1248, rechte Spalte, Zeilen 4 bis 8 und Seite 1249, linke Spalte, vorletzter Absatz; D16, Absatz 2.2, Seiten 435 bis 436 und D36, Absatz [0055].

Die Beschwerdeführerin (Beschwerdebegründung, Seiten 6 und 7) vertritt diesbezüglich die Ansicht, dass auch die in den ausgefällten Stoffen enthaltenen Spurenelemente den Mikroorganismen zur Verfügung stünden, und somit für die Biogaserzeugung genutzt werden könnten. Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch nicht nur zu den oben genannten Passagen der D9, D16 und D36, sondern auch zur Lehre des Streitpatents selbst, das im Absatz [0026] die nicht vorhandene Bioverfügbarkeit der als Metallsulfide ausgefällten Spurenelemente bestätigt.

Die Figur 1 der von der Beschwerdeführerin herangezogenen D64 bestätigt, dass ein Anteil der sich in der Trockensubstanz im Bioreaktor befindenden Spurenelemente ungelöst mineralisch gebunden vorkommt und somit den Mikroorganismen nicht zur Verfügung steht.

4.3.4 Zudem ist das in Anspruch 1 definierte Verfahren nicht auf bestimmte Substrate eingeschränkt. Gemäß Absatz [0008] des Streitpatents kommen ganz verschiedene Gärsubstrate aus ganz verschieden Quellen zum Einsatz. Die Kammer folgt hier dem Argument der Beschwerdegegnerinnen, dass solche Substrate ganz unterschiedlichen Mengen an Inertmasse enthalten, d.h. an Substanzen, die zwar nicht an der Biogaserzeugung teilnehmen, jedoch Teil der Trockensubstanz im Bioreaktor sind. Dies führt daher zu großen Schwankungen, was den tatsächlichen Spurenelementbedarf, bezogen auf die Trockensubstanz (TS) im Bioreaktor, anbelangt und wird bei den in Anspruch 1 erwähnten Richtwerten nicht berücksichtigt.

4.4 Aus den oben genannten Gründen ist keine über den gesamten Umfang des Anspruchs 1 vorhandene Wirkung der Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem Verfahren der D1 erkennbar, und beinhaltet der Anspruch sogar Ausführungsformen, bei denen der anspruchsgemäße Bezug der Konzentration der Spurenelemente auf die Trockensubstanz nachteilig ist. Daher liegt die objektive technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Biogaserzeugung.

5. Naheliegen der Lösung

5.1 Als Lösung der oben genannten technischen Aufgabe schlägt das Streitpatent vor, die Zugabe mindestens eines Spurenelementes an die Unterschreitung eines Richtwertes für die Konzentration dieses mindestens einen Spurenelementes in der Biomasse im Bioreaktor zu binden, wobei die Richtwerte der Konzentration für die Spurenelemente Nickel, Kobalt, Molybdän und Eisen, bezogen auf die Trockensubstanz (TS), in den in Anspruch 1 genannten Bereichen liegen müssen.

5.2 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass die in Anspruch 1 angegebenen Richtwerte das Resultat von zahlreichen Proben seien, die aus verschiedenen mit unterschiedlichen Fütterungsmassen betriebenen Bioreaktoren entnommen worden seien. Dies sei unter anderem in der D59 zusammengefasst. Die Grafiken 1 bis 3 der D59 zeigten, wie man zu den Untergrenzen der in Anspruch 1 genannten Bereiche der Richtwerte gekommen sei. Diese Untergrenzen entsprächen nämlich einem Propionsäuregehalt unter 500 ppm, was sich für die Biogaserzeugung als günstig erwiesen habe. Als Obergrenze dieser Bereiche sei ein passender Wert ausgewählt worden, der ein Übermaß an Spurenelemente vermeide. Dazu sei unter anderem die Toxizität der Spurenelemente berücksichtigt worden. Die beanspruchte Lösung der technischen Aufgabe sei weder der Entgegenhaltung/Patentschrift D1 noch den anderen Dokumenten des verfügbaren Standes der Technik zu entnehmen. Im Gegenteil lehre die D1 in Absatz [0027], dass die Kobaltkonzentration in der Biomasse nicht das beste Maß des Kobaltbedarfs für eine effiziente Biogaserzeugung sei. Somit beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5.3 Diese Argumente der Beschwerdeführerin sind allerdings für die Kammer aus den folgenden Gründen nicht überzeugend.

5.3.1 Die Kammer erkennt an, dass laut D1 (Absatz [0027]) die Bestimmung der Kobaltkonzentration im Gärschlamm nicht der beste Indikator des für eine effektive Biogaserzeugung notwendigen Spurenelementbedarfs ist. Allerdings kann aus der Tatsache, dass ein Stand der Technik einen Gegenstand als nachteilig beschreibt, nicht geschlossen werden, dass dieser Gegenstand gegenüber diesem Stand der Technik erfinderisch ist. Das Gegenteil ist der Fall, denn dem diese Nachteile in Kauf nehmenden Fachmann wird der Gegenstand durch den Stand der Technik ja gerade nahegelegt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist, dass der Anspruchsgegenstand die in D1 beschriebenen Nachteile überwindet. Im Gegenteil beinhaltet, wie oben ausgeführt, Anspruch 1 Ausführungsformen, bei denen der anspruchsgemäße Bezug der Konzentration der Spurenelemente auf die Trockensubstanz nachteilig ist.

5.3.2 Außerdem ist in D1 auch die Ermittlung der Konzentration der Spurenelemente im Gärschlamm beschrieben, siehe z.B. Absatz [0032], der die Bestimmung der Mengen an Eisen und Kobalt im Gärschlamm offenbart. Defizite können durch automatisierte oder manuelle Kontrollen ausgeglichen werden (Absatz [0032], Zeilen 45 und 46). Zudem offenbart Beispiel 1 der D1 die Bestimmung der Kobaltkonzentration im Gärschlamm (Absatz [0065]). Die anspruchsgemäße Ermittlung der Konzentration der Spurenelemente im Bioreaktor und der daraus folgende Vergleich mit Richtwerten einer solchen Konzentration zur Steuerung der Zugabe von Spurenelementen wird somit auch aus diesem Grund dem Fachmann durch D1 selbst nahegelegt.

5.3.3 Die in Anspruch 1 erwähnten Bereiche der Richtwerte der genannten Spurenelemente sind mit keinem technischen Effekt gegenüber D1 verbunden. Wie oben schon erwähnt, entspricht die Untergrenze dieser Bereiche einer maximalen Konzentration von Propionsäure, was äquivalent zu der aus D1 bekannten maximalen Konzentration der Säure mit mehr als 10 Kohlenstoffatomen ist. Laut Beschwerdeführerin (Ziffer 5.2 oben) wurde für die Obergrenze ein passender Wert ausgewählt, um ein Übermaß an Spurenelementen und damit verbunden eine Toxizität zu vermeiden. Die Beschwerdeführerin konnte allerdings nicht erklären, wie man genau zu den konkreten in Anspruch 1 genannten Obergrenzen gelangt. Die in Anspruch 1 genannten Bereiche der Richtwerte der Spurenelemente stellen daher lediglich eine willkürliche Auswahl aus äquivalenten Möglichkeiten dar, die der mit der oben genannten technischen Aufgabe befasste Fachmann ohne erfinderisches Zutun und den Umständen entsprechend unter Berücksichtigung der unter Ziffer 4.3.3 und 4.3.4 oben erwähnten Nachteile treffen würde. Außerdem ist es trivial, die Menge an Spurenelementen so zu steuern, dass das Erreichen einer toxischen Konzentration vermieden wird.

5.4 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).

5.5 Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist somit nicht gewährbar.

Hilfsanträge 8 bis 13 - Zulassung zum Verfahren

6. Die Beschwerdegegnerinnen haben beantragt, die Hilfsanträge 8 bis 13 unter Berücksichtigung des Artikels 13 (1) und (2) VOBK 2020 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Hilfsanträge 8, 9 und 13

6.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsanträgen 8, 9 und 13 lautet wie folgt, wobei die Änderungen zum erteilten Anspruch 1 (Ziffer 1 oben) jeweils von der Kammer hervorgehoben wurden.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8:

"Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

- mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, [deleted: Kobalt,] Molybdän, Eisen in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

- in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

- die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

- im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

- die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS [deleted: und/oder für Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS ]und/oder für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS und/oder für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS betragen."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 9:

"Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

- mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, [deleted: Kobalt,] Molybdän[deleted: , Eisen] in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

- in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

- die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

- im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

- die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS [deleted: und/oder für Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS ]und/oder für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS [deleted: und/oder für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS ]betragen."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 13:

"Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

- mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, [deleted: Kobalt,] Molybdän[deleted: , Eisen] in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

- in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

- die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

- im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

- die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS [deleted: und/oder für Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS ]und/oder für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS [deleted: und/oder für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS ]betragen, wobei

- anfänglich nur ein Teil der zuzugebenden Menge Spurenelemente zugegeben und später Mengen entsprechend dem Bedarf an zuzugebenden Spurenelementen zugegeben werden."

6.2 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass Hilfsanträge 8, 9 und 13 den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsanträgen I bis III entsprächen. Diese Anträge seien zudem mit der Beschwerdebegründung (siehe Ziffer 7.8) angekündigt worden und seien somit als mit der Beschwerdebegründung eingereicht anzusehen. Die technische Bedeutung der in Anspruch 1 dieser Hilfsanträge ausgeführten Änderungen sei offensichtlich. Kobalt sei nämlich gestrichen worden, damit sich das beanspruchte Verfahren noch weiter von D1 unterscheide. Ziffer 6.2 der Beschwerdebegründung befasse sich mit der Entscheidung der Einspruchsabteilung über die erfinderische Tätigkeit des damals anhängigen Hilfsantrags I und erkläre, warum die erteilten Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden. Es sei offensichtlich, dass diese Argumentation hinsichtlich des Hauptantrags ebenfalls für sämtliche nachrangige Hilfsanträge zutreffe. Hilfsanträge 8, 9 und 13 seien somit in der Beschwerdebegründung auch substanziiert worden.

6.3 Die Argumente der Beschwerdeführerin sind aus den folgenden Gründen nicht überzeugend.

6.3.1 Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin keine Kopien der vorliegenden Hilfsanträge 8, 9 und 13 eingereicht. Selbst unter der Annahme, dass die unter Ziffer 7.8 der Beschwerdebegründung enthaltene Ankündigung dieser Anträge äquivalent zu deren Einreichung in Schriftform ist, wurden diese Hilfsanträge in der Beschwerdebegründung nicht substanziiert. In der Tat enthält die angefochtene Entscheidung detaillierte Gründe gegen die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß den damals anhängigen Hilfsanträgen I bis III, die den vorliegenden Hilfsanträgen 8, 9 und 13 entsprechen. Die Streichung von Kobalt bzw. von Kobalt und Eisen aus der in Anspruch 1 definierten Liste der Spurenelemente wurde als nicht erfinderisch gegenüber D1 in Kombination mit D16 angesehen. Die von der Beschwerdeführerin genannte Ziffer 6.2 der Beschwerdebegründung setzt sich lediglich mit der erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags auseinander. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung bezüglich der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Hilfsanträge I bis III werden nicht bestritten, geschweige denn argumentiert, weshalb die Entscheidung der Einspruchsabteilung zu diesen Hilfsanträgen aufzuheben ist. Das Argument der Beschwerdeführerin, eine Argumentation hinsichtlich des Hauptantrags gelte mutatis mutandis für alle Hilfsanträge, ist nicht überzeugend. Wenn dem so wäre, wäre nämlich das Einreichen der Hilfsanträge, die einen gegenüber dem Hauptantrag eingeschränkten Schutzumfang definieren, sinnlos gewesen. Die Begründung zum Hauptantrag setzt sich nämlich in keiner Weise damit auseinander, weshalb die Streichung bestimmter Merkmale (hier die Spurenelemente Kobalt und Eisen) zur erfinderischen Tätigkeit beiträgt. Die Argumentation kann auch nicht die fehlende Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung ersetzen. Schließlich ist es nicht die Aufgabe der übrigen Verfahrensbeteiligten und der Kammer, sich eine solche Argumentation selbst zurechtzulegen. Im Ergebnis fehlt mithin eine Substanziierung dieser Anträge in der Beschwerdebegründung.

6.3.2 Kopien der Hilfsanträge 8, 9 und 13 wurden mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereicht, womit sie gut einen Monat vor der mündlichen Verhandlung in Schriftform vorlagen. Auch dieses Schreiben (Ziffer 11) enthält keine Substanziierung dieser Hilfsanträge hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit. Die Eingabe ist daher als unvollständig anzusehen.

6.3.3 Da eine Substanziierung der Hilfsanträge mündlich während der Verhandlung vor der Kammer erfolgen sollte, können die Hilfsanträge bestenfalls als während der mündlichen Verhandlung eingereicht angesehen werden (siehe T 1784/14, Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Die Zulassung dieser Hilfsanträge steht somit im Ermessen der Kammer (Artikel 13 (1) und (2) VOBK 2020).

6.3.4 Die Zulassung der Hilfsanträge 8, 9 und 13 hätte indessen komplexe Fragen zu einem äußerst späten Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens aufgeworfen. Bei der Zulassung dieser Hilfsanträge hätte die Kammer zum ersten Mal im Beschwerdeverfahren die erfinderische Tätigkeit des in diesen Hilfsanträgen durch die durchgeführten Änderungen entstandenen Gegenstands beurteilen müssen. So hätte unter anderem die bei der Analyse des Hauptantrages keine Rolle spielende Frage behandelt werden müssen, ob die Offenbarung der D1 hinsichtlich der Spurenelemente Kobalt und Eisen gegebenenfalls unter Hinzuziehung weiteren Standes der Technik die Zudosierung der in den Hilfsanträgen 8, 9 und 13 verbleibenden Spurenelemente nahelegt. Die Zulassung dieser Hilfsanträge hätte somit den Fall neu aufgerollt, was der Verfahrensökonomie abträglich gewesen wäre.

6.3.5 Gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleiben zudem Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen. Die Beschwerdeführerin konnte keine solchen stichhaltigen Gründe nennen und die Kammer sieht auch keine außergewöhnliche Umstände, die eine Substanziierung der Hilfsanträge 8, 9 und 13 erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer rechtfertigen würden.

6.4 Bei der Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) und (2) VOBK 2020 hat die Kammer daher entschieden, die mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereichten Hilfsanträge 8, 9 und 13 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Hilfsanträge 10 bis 12

6.5 Ähnliche Überlegungen treffen auch für die Hilfsanträge 10 bis 12 zu.

Anspruch 1 gemäß Hilfsanträgen 10 bis 12 lautet wie folgt, wobei die Änderungen zum erteilten Anspruch 1 (Ziffer 1 oben) jeweils von der Kammer hervorgehoben wurden.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 10:

"Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

- mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, Kobalt, Molybdän, Eisen in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

- in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

- die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

- im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

- die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS und[deleted: /oder] für Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS [deleted: und/oder für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS und/oder für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS] betragen."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 11:

"Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

- mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, [deleted: Kobalt,] Molybdän, Eisen in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

- in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

- die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

- im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

- die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS und[deleted: /oder] für Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS [deleted: und/oder für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS] und[deleted: /oder] für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS betragen."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 12:

"Verfahren zur Biogaserzeugung aus Biomasse in einem Biogasreaktor, bei dem

- mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der Spurenelemente Nickel, [deleted: Kobalt,] Molybdän, Eisen in einem Biogasreaktor für eine effektive Biogaserzeugung bereitgestellt wird,

- in dem Biogasreaktor aus Biomasse Biogas erzeugt wird,

- die Konzentration mindestens eines Spurenelementes in der Biomasse im Biogasreaktor ermittelt wird;

- im Falle einer Unterschreitung des Richtwertes durch die ermittelte Spurenelementkonzentration fehlende Spurenelemente dem Biogasreaktor zugegeben werden,

- die Richtwerte für Nickel 4 bis 30 mg/kg TS und[deleted: /oder für] Kobalt 0,4 bis 5 mg/kg TS und[deleted: /oder] für Molybdän 1,0 bis 10,0 mg/kg TS und[deleted: /oder] für Eisen 1500 bis 3500 mg/kg TS betragen."

Hinsichtlich des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 12 erklärte die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung, dass die Streichung von Kobalt im ersten Spiegelstrich fehlerhaft sei, und zurückgenommen werden solle.

6.6 Diese Hilfsanträge wurden erst mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereicht, d.h. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Die Zulassung dieser Hilfsanträge steht somit im Ermessen der Kammer (Artikel 13 (1) und (2) VOBK 2020). Die Beschwerdeführerin führte aus (Schreiben vom 21. Mai 2021, Ziffer 12), durch die in Anspruch 1 dieser Hilfsanträge vorgenommenen Streichungen seien nur Streitpunkte bereinigt und die zu beurteilende Sachlage nicht geändert worden.

6.7 Die Beschwerdegegnerinnen erhoben Einwände gemäß Artikel 123 (2) und (3) und Artikel 84 EPÜ gegen den Gegenstand der Hilfsanträge 10 bis 12.

6.8 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin merkt die Kammer an, dass, selbst unter Berücksichtigung der oben genannten durchzuführenden Korrektur in Anspruch 1 des Hilfsantrags 12, die Zulassung der Hilfsanträge 10 bis 12 komplexe Fragen zu einem extrem späten Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens aufgeworfen hätte. Bei der Zulassung dieser Hilfsanträge hätte die Kammer zum Beispiel prüfen müssen, inwieweit die vorgenommenen Änderungen gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ verstoßen, insbesondere weil gemäß Anspruch 1 der Hilfsanträge 10 und 11 ein Richtwert für Spurenelemente (Molybdän und Eisen in Hilfsantrag 10, Molybdän in Hilfsantrag 11) zwar bereitgestellt, aber im Gegensatz zum erteilten Anspruch 1 kein Bereich eines solchen Richtwertes mehr definiert wird. Die Kammer hätte ferner die Klarheit der vorgenommenen Änderungen unter Artikel 84 EPÜ prüfen müssen, zum Beispiel im Lichte der Tatsache, dass in Anspruch 1 gemäß allen Hilfsanträgen 10 bis 12 mindestens ein Richtwert für die Konzentration mindestens eines der aufgelisteten Spurenelemente bereitgestellt wird, aber gleichzeitig Richtwerte für mehrere Spurenelemente angegeben werden. Die Kammer hätte zudem zum ersten Mal im Beschwerdeverfahren die erfinderische Tätigkeit des in diesen Hilfsanträgen nach den durchgeführten Änderungen verbleibenden Gegenstands beurteilen müssen. Die Zulassung der Hilfsanträge 10 bis 12 hätte somit den Fall komplett neu aufgerollt, was der Verfahrensökonomie abträglich gewesen wäre.

Außerdem konnte die Beschwerdeführerin keine stichhaltigen Gründe nennen, und die Kammer sieht auch keine außergewöhnliche Umstände, die das Einreichen der Hilfsanträge 10 bis 12 erst ein Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Kammer rechtfertigen würden.

6.9 Bei der Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) und (2) VOBK 2020 hat die Kammer daher entschieden, die mit Schreiben vom 21. Mai 2021 eingereichten Hilfsanträge 10 bis 12 nicht zum Verfahren zuzulassen.

Schlussfolgerung

7. Keiner der Anträge der Beschwerdeführerin ist zulässig und gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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