T 0415/16 (Drahtlose Informationsverwaltung/VOLKSWAGEN) of 5.12.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T041516.20181205
Datum der Entscheidung: 05 Dezember 2018
Aktenzeichen: T 0415/16
Anmeldenummer: 02792919.9
IPC-Klasse: G06F 17/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur drahtlosen Informationsverwaltung
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - alle Anträge (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1627/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung 02792919.9 zurückzuweisen, die ursprünglich als internationale Anmeldung PCT/EP02/13859 eingereicht worden ist und keine Priorität beansprucht.

II. In der Entscheidung wurde auf die folgenden Druckschriften verwiesen:

D1: WO 01/20510 A1, veröffentlicht am 22. März 2001;

D2: WO 01/93096 A2, veröffentlicht am 6. Dezember 2001;

D3: WO 99/33293 A1, veröffentlicht am 1. Juli 1999.

III. Die Prüfungsabteilung entschied, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des einzigen Antrags im Hinblick auf Dokument D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ beruhe.

IV. In ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerde­führerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Antrags, über den die Prüfungsabteilung entschieden hatte und der einschließlich einer geänderten Beschreibung als Anlage zur Beschwerdebegründung nochmals eingereicht wurde.

V. In einem der Ladung zur mündlichen Verhandlung bei­ge­fügten Bescheid teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung mit. Insbesondere sei der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des einzigen Antrags im Hinblick auf Dokument D1 ­nicht erfinderisch.

VI. Mit ihrer Antwort vom 5. November 2018 reichte die Beschwerdeführerin zwei Hilfsanträge ein. Außerdem nahm sie zur vorläufigen Meinung der Kammer Stellung.

VII. Die mündliche Verhandlung fand wie vorgesehen statt.

Die Beschwerdeführerin reichte einen geänderten Hauptantrag ein.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage des neu eingereichten Hauptantrags, falls die Kammer diesen zulässt, sonst auf Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, hilfsweise auf Grundlage des mit Schreiben vom 5. November 2018 eingereichten ersten oder zweiten Hilfsantrags zu erteilen.

Nach Anhörung der Beschwerdeführerin verkündete der Vorsitzende am Ende der Verhandlung die Ent­schei­dung der Kammer.

VIII. Anspruch 1 des neu eingereichten Hauptantrags lautet wie folgt:

"Verfahren zur Aufbereitung und Präsentation von drahtlos übertragenen Informationen in einer Präsentationseinrichtung eines Kraftfahrzeugs (22), bei dem ein über einen Zugang (A) mit dem Internet (8) verbundener Zugangsrechner (10) die Informationen von zumindest einer Informationsquelle (2, 4, 6) über einen ersten Übertragungskanal (12, 18, 20) an einen von der Informationsquelle (1, 4, 6) räumlich entfernten, in dem Kraftfahrzeug (22) in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger drahtlos übermittelt werden [sic],

dadurch gekennzeichnet,

dass Steuerdaten zur Anpassung der vom Zugangsrechner (10) ermittelten Informationen an die Präsentationsmöglichkeiten der Präsentationseinrichtung im Kraftfahrzeug (22) in einem von der Informationsquelle (2, 4, 6) und dem Zugangsrechner (10) räumlich entfernten Steuerrechner (14) in Abhängigkeit von den Informationen der Informationsquelle (2, 4, 6) erstellt werden, wobei die Informationen über eine Verbindung (B) über das Internet (8) vom Zugangsrechner (10) an den Steuerrechner (14) übermittelt werden,

dass die Steuerdaten über einen zweiten Übertragungskanal (16, 18, 20) von dem Steuerrechner (14) an den in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger drahtlos übermittelt werden und

dass die Informationen in der Präsentationseinrichtung mit Hilfe der Steuerdaten aufbereitet und präsentiert werden."

Der Text des mit der Beschwerdebegründung eingereichten (früheren) Hauptantrags ist für die Entscheidung nicht von Bedeutung.

IX. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags wie folgt:

- der Text "Informationen in einer Präsentationseinrichtung eines Kraftfahrzeugs (22)" ist durch den Text "Informationen in einem Kraftfahrzeug (22)" ersetzt;

- der Text "in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger" ist durch den Text "in einer Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger" ersetzt;

- der folgende Text ist am Ende des Anspruchs eingefügt:

"dass die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert werden, wobei Filterinformationen aufweisende Kundenprofile gespeichert werden, mit Hilfe der Kundenprofile die Steuerdaten erstellt werden, und die Steuerdaten entsprechend der Kundenprofile die Informationen filtern."

X. Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags dadurch, dass der folgende Text nach "dadurch gekennzeichnet," eingefügt ist:

"dass in einer ersten Aggregationsstufe Informationen von zumindest zwei Informationsquellen (32 - 38) gesammelt werden und dass die gesammelten Informationen in einer ersten Aggregationsstufe syntaktisch gegliedert werden,".

Außerdem wurde der Text "dass die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert werden, wobei" durch den Text "wobei die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert werden," ersetzt.

XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin werden - soweit relevant - in den nachfolgenden Entscheidungsgründen wiedergegeben.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde genügt den in Regel 101 EPÜ genannten Bestimmungen und ist somit zulässig.

2. Die Erfindung

Laut Beschreibung der Anmeldung (Seite 1, Absatz 2) ist es bekannt, dass in Kraftfahrzeugen Inhalte aus dem World Wide Web auf geeigneten Displays angezeigt werden. Dazu sind in den Kraftfahrzeugen Empfangseinrichtungen installiert, die drahtlos eine Verbindung mit dem World Wide Web aufbauen können. Über diese drahtlosen Verbindungen werden einzelne Seiten, die beispielsweise mit Hilfe verschiedener Mark-Up-Sprachen (HTML, XML) formatiert sind, abgerufen. Die abgerufenen Seiten werden dann in ihrer ursprünglich vom Programmierer vorgesehenen Form auf den Displays angezeigt.

Als Nachteil solcher bekannter Verfahren gibt die Anmeldung an, dass die angezeigten Informationen nicht auf die örtlichen Bedürfnisse, beispielsweise in einem Kraftfahrzeug, angepasst seien. Auch habe der Automobilhersteller oder der Anbieter einer solchen Präsentationsvorrichtung keinen Einfluss darauf, wie die Informationen angezeigt werden (Beschreibung, Seite 1, Absatz 2).

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung und Präsentation von drahtlos übertragenen Informationen in einem Kraftfahrzeug, bei dem die Informationen einer Informationsquelle von einem mit dem Internet verbundenen Zugangsrechner über einen ersten Übertragungskanal an einen in dem Kraftfahrzeug in einer Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger drahtlos übermittelt werden (siehe internationale Veröffentlichung, Beschreibung, Seite 1, Absatz 1, sowie Anspruch 1). Steuerdaten werden in einem von der Informationsquelle und dem Zugangsrechner räumlich entfernten Steuerrechner in Abhängigkeit von den Informationen erstellt, wobei die Steuerdaten über einen zweiten Übertragungskanal von dem Steuerrechner an den Empfänger drahtlos übermittelt werden und wobei die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten aufbereitet und dem Empfänger präsentiert werden (Beschreibung, Seite 2, Absatz 3, sowie Anspruch 1).

Ein Ziel der Erfindung ist es, gerätespezifisch eine Vielzahl von Informationen darstellen zu können, ohne die Formatierung der Informationen an sich beeinflussen zu müssen (Beschreibung, Seite 8, Absatz 1). Darüber hinaus habe beispielsweise der Autohersteller mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens Einfluss darauf, wie die übertragenen Informationen in Kraftfahrzeugen dargestellt werden (Beschreibung, Seite 2, Absatz 4).

Hauptantrag

3. Zulassung des Antrags

Die Beschwerdekammer lässt den in der mündlichen Verhandlung eingereichten neuen Antrag als Ersatz für den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrag zu, da die geringfügigen Änderungen lediglich eine Klarstellung der Anordnung von Kraftfahrzeug und Präsentationseinrichtung auf der Grundlage der Beschreibung (Seite 1, Absätze 1 und 2) zum Ziel haben.

4. Merkmalsanalyse des Anspruchs 1

Anspruch 1 des Hauptantrags lässt sich in die folgenden Merkmale A1 bis A7 untergliedern (vgl. die mit der Beschwerdebegründung eingereichte Merkmalsanalyse):

A1 ein Verfahren zur Aufbereitung und Präsentation von drahtlos übertragenen Informationen in einer Präsentationseinrichtung eines Kraftfahrzeugs,

A2 bei dem ein über einen Zugang mit dem Internet verbundener Zugangsrechner

A3 die Informationen von zumindest einer Informationsquelle über einen ersten Übertragungskanal an einen von der Informationsquelle räumlich entfernten, in dem Kraftfahrzeug in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger drahtlos übermittelt, wobei

A4 Steuerdaten zur Anpassung der vom Zugangsrechner ermittelten Informationen an die Präsentationsmöglichkeiten der Präsentationseinrichtung im Kraftfahrzeug in einem von der Informationsquelle und dem Zugangsrechner räumlich entfernten Steuerrechner in Abhängigkeit von den Informationen der Informationsquelle erstellt werden,

A5 die Informationen über eine Verbindung über das Internet vom Zugangsrechner an den Steuerrechner übermittelt werden,

A6 die Steuerdaten über einen zweiten Übertragungskanal von dem Steuerrechner an den in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger drahtlos übermittelt werden und

A7 die Informationen in der Präsentationseinrichtung mit Hilfe der Steuerdaten aufbereitet und präsentiert werden.

5. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

5.1 Wie im erstinstanzlichen Verfahren bildet auch im Beschwerdeverfahren die Druckschrift D1 den Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Gemäß ihrer Zusammenfassung und Figur 1 offenbart diese Druckschrift ein System für das Auffinden und Verbreiten von Informationen aus verschiedenen Quellen im Internet an verschiedene Arten von Endgeräten (z.B. PC, Notebook, Mobiltelefon, Pager). Den Internetquellen und den Endgeräten ist ein Serversystem zwischengeschaltet, welches aus einem Internet Service Provider und einem Datenzentrum besteht. Das System sammelt Daten, die für eine Anwendung auf einem Endgerät relevant sind, von einer Quelle im Internet im dort vorhandenen Format. Falls die Anwendung die Daten nicht darstellen kann, beispielsweise weil auf dem Endgerät kein Internetbrowser vorhanden ist, werden die Daten zunächst in ein für das Endgerät angepasstes Format umgewandelt.

5.2 Es ist unstrittig, dass die Druckschrift D1 die oben genannten Merkmale A1 (abgesehen von dem Teilmerkmal, dass es sich um eine Präsentationseinrichtung "eines Kraftfahrzeugs" handelt) und A2 offenbart (siehe Beschwerdebegründung, Seite 8, erster und zweiter Absatz). D1 lehrt, dass Informationen von Informationsquellen im Internet (Figur 1: Bezugszeichen 21, 23, 25) von einem Internet Service Provider (Figur 1: 15, 33) als Zugangsrechner zum Internet drahtlos über das Netzwerk 13 der Figur 1 an diverse mobile Endgeräte mit Präsentationseinrichtungen wie Pager, Notebook oder Mobiltelefon (Figur 1, Bezugszeichen 39, 41 und 43) zur Darstellung übermittelt werden (Beschreibung: Seite 5, Zeilen 1 bis 6; Seite 8, Zeile 27, bis Seite 9, Zeile 2; Seite 9, Zeilen 9 bis 27; Seite 12, Zeilen 12 bis 21). Folglich offenbart D1 die einleitenden Merkmale A1 bis A3, abgesehen von dem Teilmerkmal, dass es sich bei der Präsentationseinrichtung um eine Einrichtung "eines Kraftfahrzeugs" handelt.

5.2.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte in ihrer Beschwerdebegründung, dass das Merkmal A3 nicht in der Druckschrift D1 offenbart sei, weil die Informationen in D1 bereits konvertiert an die Anwendungen gesendet würden, während gemäß dem Merkmal A3 die Daten unverändert an den im Kraftfahrzeug angeordneten Empfänger gesendet werden.

5.2.2 Die Beschwerdekammer stimmt der Beschwerdeführerin insoweit zu, als die Informationen in D1 bereits konvertiert an die Anwendungen auf den mobilen Endgeräten gesendet werden; jedoch lässt der Wortlaut des Merkmals A3 in Anspruch 1 offen, ob die Informationen in irgendeiner Weise konvertiert wurden oder nicht. Auch eine mehrfache Konvertierung der Informationen ist nach dem Wortlaut des Anspruchs keineswegs ausgeschlossen. Er erfasst vielmehr auch Fälle, in denen beispielsweise erst eine benutzerspezifische Zusammenfassung verschiedener Informationen in eine einzige Seite, danach eine Auswahl bestimmter Inhalte mit Hilfe eines Filters, sodann eine sprachliche Anpassung und anschließend eine gerätebezogene Anpassung der Darstellung auf dem Bildschirm wie zum Beispiel der Farbe oder Schriftgröße erfolgen. Daher ist die Argumentation der Beschwerdeführerin im Ergebnis nicht überzeugend.

5.3 Hinsichtlich des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1, der die Merkmale A4 bis A7 beinhaltet, lehrt die Druckschrift D1, dass der Server (Figur 1: Bezugszeichen 33) des Internet Service Providers mit einem Datenzentrum (Figur 1: 37) vernetzt ist, welches eine Internet-Schnittstelle für das drahtlose Netzwerk (Figur 1: 13) bereitstellt. Auf diesem Weg werden somit im Server des Internet Service Providers aufbereitete Informationen drahtlos an die Endgeräte (Figur 1: 39, 41 und 43) zur Präsentation gesendet (Seite 9, Zeilen 9 bis 27). Der Server des Internet Service Providers kann zur Aufbereitung der Informationen Benutzerprofile speichern und diese zum Filtern der gesammelten Daten sowie zur Aggregation dieser Daten nutzen (Seite 5, Zeilen 12 bis 16; Seite 6, Zeilen 10 bis 12; Seite 10, Zeilen 5 bis 22; Seite 13, Zeilen 17 bis 20).

Das Datenzentrum hat unter anderem die Aufgabe, die vom Zugangsrechner ermittelten Informationen an die gerätespezifischen Präsentationsmöglichkeiten der Präsentationseinrichtung in Abhängigkeit von den Informationen der Informationsquelle anzupassen. Insbesondere ist eine gerätespezifische Aufbereitung vorzunehmen, wenn ein Endgerät nicht internetfähig ist oder keinen Browser aufweist (Seite 17, Zeilen 4 bis 17). Eine vom Datenzentrum der D1 bereitgestellte Schnittstelle kann beispielsweise ein interaktives Sprachantwortsystem sein, das es erlaubt, Spracheingaben oder Tastatureingaben von einem Mobiltelefon zu akzeptieren (Seite 11, Zeilen 17 bis 31). Es ist implizit, dass dann im Datenzentrum auch die Antworten an das Endgerät an dessen gerätespezifische Präsentationsmöglichkeiten angepasst werden müssen, für den Fall eines Mobiltelefons beispielsweise als Sprachausgabe für ein interaktives Sprachantwortsystem.

5.3.1 Die Beschwerdeführerin bestritt, dass D1 offenbare, Steuerdaten im Sinne des Anspruchs 1 zu erstellen. Das Datenzentrum (Figur 1: 37) entspreche funktional lediglich der in Figur 1 der Anmeldung mit dem Bezugszeichen 12 gekennzeichneten Schnittstelle zwischen dem Internet Service Provider und dem drahtlosen Netzwerk. Dort würden aber keine Steuerdaten im Sinne des Anspruchs erstellt, sondern es werde lediglich eine Umwandlung der Daten zur drahtlosen Übertragung vorgenommen.

5.3.2 Der allgemeine Begriff "Steuerdaten" ist im Lichte der Anmeldung breit auszulegen. Laut der abhängigen Ansprüche 2 und 3, deren Gegenstand von Anspruch 1 umfasst ist, werden die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert, wobei die Steuerdaten anhand der Filterinformationen in Kundenprofilen erstellt werden. Als "Steuerdaten" lassen sich daher verschiedene der in D1 explizit oder implizit offenbarten Daten ansehen, die dazu dienen, die gesammelten Informationen kunden- oder gerätespezifisch aufzubereiten (z.B. zu filtern und zu aggregieren) und zu präsentieren.

5.3.3 Jedoch offenbart D1 nicht die Teilmerkmale von Merkmal A4, dass die Steuerdaten in einem von der Informationsquelle und dem Zugangsrechner räumlich entfernten Steuerrechner erstellt werden und dass es sich bei der Präsentationseinrichtung um eine Einrichtung "eines Kraftfahrzeugs" handelt. Auch die Merkmale A5 bis A7 des Anspruchs 1 werden nicht offenbart.

5.4 Insgesamt ergeben sich somit folgende Unterschiede zwischen dem Verfahren nach Anspruch 1 und der Lehre der Druckschrift D1:

a) die Präsentationseinrichtung ist eine Präsentationseinrichtung eines Kraftfahrzeugs;

b) die Steuerdaten werden in einem von der Informationsquelle und dem Zugangsrechner räumlich entfernten Steuerrechner erstellt;

c) die Informationen werden über eine Verbindung über das Internet vom Zugangsrechner an den Steuerrechner übermittelt;

d) die Steuerdaten werden über einen zweiten Übertragungskanal von dem Steuerrechner an den in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger drahtlos übermittelt;

e) die Informationen werden in der Präsentationseinrichtung mit Hilfe der Steuerdaten aufbereitet.

5.5 Eine Synergie des Unterschieds a) mit den weiteren Unterschieden lässt sich weder aus dem Anspruch noch aus der Beschreibung der Erfindung ableiten. Insbesondere ist allein durch die Präsentation der Informationen im Kraftfahrzeug noch keine technische Wechselwirkung mit der weiteren Fahrzeugtechnik gegeben. Es ist auch nicht aus dem Anspruch oder der Beschreibung ableitbar, dass die Präsentation der Informationen den Fahrer in irgendeiner Weise beim Führen des Kraftfahrzeugs unterstützt.

Insofern wird durch das Merkmal a) das Problem gelöst, die Mobilität der Anwender des in D1 offenbarten Verfahrens durch Teilnahme am Straßenverkehr zu erhöhen. Das Verwenden eines Geräts mit Präsentationseinrichtung in einem Kraftfahrzeug ist eine offensichtliche Lösung dieses Problems, die keine weitere Modifikation erfordert, da bereits gemäß der Lehre der D1 eine drahtlose Übertragung an Endgeräte erfolgt. D1 offenbart auf Seite 20, Zeilen 30 und 31, explizit, dass jedes mobile Gerät ("any other mobile device") verwendet werden kann, was auch in Kraftfahrzeugen fest installierte Geräte einschließt. Zudem war es laut der Anmeldung (vgl. Seite 1, Absatz 2) bereits bekannt, in Kraftfahrzeugen Inhalte aus dem World Wide Web auf geeigneten Displays anzuzeigen. Daher kann das Merkmal a) keine erfinderische Tätigkeit begründen.

5.6 Hinsichtlich der Unterschiede b) bis e) führte die Beschwerdeführerin - auf Seite 7 ihrer Beschwerdebegründung - Folgendes aus (Hervorhebung durch die Beschwerdekammer):

"Der Gegenstand der Erfindung nach Anspruch 1 liegt vielmehr in der erfindungsgemäßen Verteilung der verschiedenen Aufgaben wie Beschaffung der Information, Ermittlung der Transformationsvorschrift, Übermittlung der Daten an das Endgerät und Transformation der Daten in das gerätespezifische Format auf unterschiedliche Rechner und Übertragungskanäle in dem Netzwerk, was offensichtlich ein technischer Vorgang in der Nachrichtentechnik darstellt [sic]."

5.6.1 Laut der Beschwerdeführerin ermögliche das Kommunikationsschema zwischen Internet Service Provider, Steuerrechner und Kraftfahrzeug, dass ersterer im Rahmen des Internetprotokolls die Antwort auf eine Datenanforderung durch das Kraftfahrzeug direkt an dieses zurücksende. Folglich ergebe sich der Vorteil, dass eine Modifikation der Serversoftware des Internet Service Providers vermieden werde.

5.6.2 Indes ist auch im Rahmen des beanspruchten Kommunikationsschemas eine Modifikation der Serversoftware des Internet Service Providers notwendig, um überhaupt eine Kommunikation mit dem eingeführten Steuerrechner zu ermöglichen. Daher kann die Argumentation der Beschwerdeführerin, die einen entsprechenden technischen Vorteil geltend macht, nicht überzeugen.

5.6.3 In der Beschwerdebegründung argumentierte die Beschwerdeführerin ferner (s. Seite 10, letzter Absatz), dass die Erfindung den Vorteil habe, dass nur im Steuerrechner die Steuerdaten zur Konvertierung der Informationen gehalten werden müssten und somit bei neuen Geräten im Kraftfahrzeug keine Aktualisierung der Programme auf den verschiedenen Zugangsrechnern notwendig sei. Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es der Wortlaut des Anspruchs völlig offen lässt, ob, wann und wie eine Aktualisierung von Programmen erfolgen soll.

5.6.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte außerdem, ein Vorteil des beanspruchten Verfahrens liege darin, die im Kraftfahrzeug ohnehin vorhandenen Rechenkapazitäten besser zu nutzen.

Die Ausnutzung der im Fahrzeug vorhandenen Rechenkapazitäten ist in der Anmeldung nicht als Vorteil der Erfindung offenbart. Das beanspruchte Verfahren verlagert Funktionalität vom Internet Service Provider und Datenzentrum auf den neu eingeführten Steuerrechner. Dies führt aber gegenüber der Lehre des Dokuments D1 zu keiner besseren Ausnutzung der (im Anspruch nicht näher bestimmten) Rechenkapazität im Fahrzeug, sondern eben nur zu einer Verlagerung bestimmter Aufgaben auf einen anderen Server.

5.6.5 Gemäß der Beschreibung, Seite 2, Absatz 4, soll beispielsweise der Autohersteller mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens Einfluss darauf haben, wie die übertragenen Informationen in Kraftfahrzeugen dargestellt werden. Es geht also offenbar darum, ob der den Zugangsrechner kontrollierende Internet Service Provider oder aber der Autohersteller, der die Kontrolle über den Steuerrechner ausübt, die Darstellung beeinflussen kann.

In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin insbesondere vorgetragen, der Steuerrechner kenne die Identifikation des Kraftfahrzeugs, das beim Server des Herstellers automatisch angemeldet werde. Daher sei der Steuerrechner in der Lage, die Präsentation an die aktuelle Konfiguration der Präsentationseinrichtung des Kraftfahrzeugs anzupassen. Demgegenüber habe der Autohersteller keinen unmittelbaren Einfluss auf den Internet Service Provider, und das Aufspielen neuer Daten beim Internet Service Provider verursache Kosten.

5.6.6 Die Frage der organisatorischen Kontrolle über die Steuerdatenerstellung ist jedoch nicht-technischer Natur, da sie nicht die technische Funktionsfähigkeit des beanspruchten Verfahrens berührt. Nicht-technische Randbedingungen berücksichtigt der Fachmann bei der Lösung der Aufgabe (siehe hierzu auch die Entscheidung T 1627/11 vom 1. Februar 2017, Punkt 5.6 der Entscheidungsgründe). Im Übrigen ergeben sich aus dem Anspruch keine Einschränkungen hinsichtlich der Person, die die Kontrolle über den separaten Steuerrechner ausübt. Insbesondere definiert der Anspruch weder, dass sich das Fahrzeug bei einem Server des Autoherstellers anmeldet, noch, dass der Steuerrechner die aktuelle Konfiguration der Präsentationseinrichtung kennt.

5.7 Es ist somit kein technischer Vorteil erkennbar, der sich aufgrund der Unterschiede b) bis e) gegenüber dem Stand der Technik ergibt. Das durch diese Unterschiede gelöste Problem liegt daher lediglich in der Bereitstellung einer alternativen Implementierung der aus D1 bekannten Funktionalität.

5.7.1 D1 offenbart bereits die Implementierung eines Teils der Funktionalität zur Aufbereitung der vom Internet Service Provider gesammelten Informationen auf einem weiteren Server (Figur 1: Datenzentrum 37). Des weiteren wird das Sammeln und Aufbereiten der Informationen auf dem Server des Internet Service Providers nur als eine Implementierungsoption dargestellt (Seite 6, Zeilen 8 bis 12, Seite 9, Zeilen 3 bis 5). Es war daher für den Fachmann naheliegend, die Beschaffung der Informationen aus dem Internet und die Bereitstellung der Steuerinformationen für eine kunden- bzw. gerätespezifische Aufbereitung auf verschiedenen Servern zu realisieren.

5.7.2 Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin überein, dass in D1 die Konvertierung der Informationen vor der Übertragung an das Endgerät erfolgt. Dem Fachmann ist jedoch bewusst gewesen, dass die konvertierten Daten erst auf dem Endgerät benötigt werden. Es stellte daher eine offensichtliche Maßnahme dar, Konvertierungsfunktionaliät auf das Endgerät zu verlagern und dort die Steuerdaten zur Aufbereitung der Informationen zu nutzen. Auch sie kann folglich die erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

5.7.3 Die separate Übermittlung der Informationen und Steuerdaten ist eine Implementierung des Datentransports zwischen den Komponenten, für die keine Vorteile feststellbar sind und die daher von der Kammer als eine für den Fachmann offensichtliche Alternative beurteilt wird, die sich aus der Aufspaltung der Funktionalität in Zugangsrechner und Steuerrechner ergibt. Auch aus ihr lässt sich keine erfinderische Tätigkeit ableiten.

5.8 Insgesamt ergibt sich die Schlussfolgerung, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 ausgehend von der Druckschrift D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).

Erster Hilfsantrag

6. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

6.1 Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die folgenden Änderungen:

- der Text "Informationen in einer Präsentationseinrichtung eines Kraftfahrzeugs (22)" ist durch den Text "Informationen in einem Kraftfahrzeug (22)" ersetzt;

- der Text "in der Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger" ist durch den Text "in einer Präsentationseinrichtung angeordneten Empfänger" ersetzt;

- der folgende Text ist am Ende des Anspruchs eingefügt:

"dass die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert werden, wobei Filterinformationen aufweisende Kundenprofile gespeichert werden, mit Hilfe der Kundenprofile die Steuerdaten erstellt werden, und die Steuerdaten entsprechend der Kundenprofile die Informationen filtern."

6.2 Die zwei zuerst genannten Änderungen stellen lediglich sprachliche Anpassungen dar bzw. verbreitern den Anspruch. Daher können sie nichts zur erfinderischen Tätigkeit beitragen.

6.3 Die letztgenannte Änderung fügt Anspruch 1 die Merkmale der abhängigen Ansprüche 2 und 3 des Hauptantrags zu. Wie bereits oben in Punkt 5.3 dargestellt, offenbart D1 bereits die Verwendung von Kundenprofilen zum Filtern der Daten. Daher können auch die hinzugefügten Merkmale die erfinderische Tätigkeit des Anspruchsgegenstands nicht begründen.

6.4 Insgesamt ergibt sich, dass es dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags an einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Druckschrift D1 mangelt (Artikel 56 EPÜ).

Zweiter Hilfsantrag

7. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags dadurch, dass der folgende Text nach "dadurch gekennzeichnet," eingefügt ist:

"dass in einer ersten Aggregationsstufe Informationen von zumindest zwei Informationsquellen (32 - 38) gesammelt werden und dass die gesammelten Informationen in einer ersten Aggregationsstufe syntaktisch gegliedert werden,".

Außerdem ist der Text "dass die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert werden, wobei" durch den Text "wobei die Informationen mit Hilfe der Steuerdaten gefiltert werden," ersetzt.

7.1 Abgesehen von denjenigen Merkmalen, die die Aggregation der Informationen betreffen, sind die Änderungen Umformulierungen, die für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant sind. Wie bereits oben bei der Erörterung des Hauptantrags in Punkt 5.3 dargelegt, ist eine Aggregation von Daten verschiedener Quellen jedoch schon aus D1 bekannt. Die syntaktische Gliederung von Informationen ist für sich genommen ein nicht-technisches Merkmal, das auch in Verbindung mit den übrigen Merkmalen nichts zu einem technischen Effekt beiträgt.

7.2 Hieraus folgt, dass es dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags an einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Druckschrift D1 mangelt (Artikel 56 EPÜ).

Schlussfolgerung

8. Da kein Antrag der Beschwerdeführerin gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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