T 0414/16 () of 12.11.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T041416.20191112
Datum der Entscheidung: 12 November 2019
Aktenzeichen: T 0414/16
Anmeldenummer: 04710801.4
IPC-Klasse: A45D 27/46
B26B 19/38
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SYSTEM AUS EINEM ELEKTRISCHEN TROCKENRASIERAPPARAT UND EINEM DIESEM ZU GEORDNETEN ELEKTRISCHEN REINIGUNGSGERÄT
Name des Anmelders: Braun GmbH
Name des Einsprechenden: Panasonic Corporation
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde - (ja)
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja)
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 2561/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 613 188 (im Folgenden: Patent) betrifft einen elektrischen Trockenrasierapparat und ein zugehöriges elektrisches Reinigungs- und Ladegerät.

II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurde Einspruch eingelegt. Als Einspruchsgründe wurden mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ 1973) geltend gemacht.

III. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hat diese entschieden, dass der Gegenstand von Anspruch 1 in der geänderten Fassung gemäß Hauptantrag nicht neu sei, dass Anspruch 1 in der geänderten Fassung gemäß den damals geltenden Hilfsanträgen 1 bis 4 gegen die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ verstoße, und dass das Patent in geändertem Umfang gemäß Hilfsantrag 5 den Erfordernissen des EPÜ genüge.

IV. Die Patentinhaberin und die Einsprechende haben gegen diese Zwischenentscheidung jeweils Beschwerde eingelegt.

V. Nachdem beide Beteiligte somit Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin sind, werden sie der Einfachheit halber im Folgenden nur in ihrer Eigenschaft als Patentinhaberin und Einsprechende benannt.

VI. In der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) vom 27. November 2018 hat die Kammer ihre vorläufige Einschätzung der Beschwerden mitgeteilt.

VII. Eine mündliche Verhandlung hat am 12. November 2019 stattgefunden. Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung, insbesondere zur Stellung von Anträgen bzw. deren Rücknahme durch die Patentinhaberin wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass nach Rücknahme des zunächst im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 der neue Hauptantrag der mit der Beschwerdebegründung vom 29. April 2016 eingereichte Hilfsantrag 2 ist, der eine geänderte Fassung des vor der Einspruchsabteilung verfolgten Hilfsantrags 2 darstellt.

VIII. Schlussanträge

Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in eingeschränkter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem mit der Beschwerdebegründung vom 29. April 2016 eingereichten Hilfsantrag 2 (nunmehr Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 3 oder 4, aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende beantragte sinngemäß, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen, die Beschwerde der Patentinhaberin als unzulässig zu verwerfen und hilfsweise für den Fall, dass die Kammer die Beschwerde als zulässig ansieht, den mit der Beschwerdebegründung vom 29. April 2016 als Hilfsantrag 2 eingereichten Hauptantrag sowie die dort ebenfalls eingereichten Hilfsanträge 3 bis 4 nicht in das Verfahren zuzulassen.

IX. Soweit in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung angegeben ist, die Patentinhaberin habe zum Schluss lediglich beantragt, das Patent in eingeschränkter Fassung auf der Grundlage des ursprünglich mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag 2 eingereichten neuen Hauptantrags aufrechtzuerhalten, ist klarzustellen, dass Hilfsanträge 3 und 4 von der Patentinhaberin nicht zurückgenommen worden sind, sondern implizit nachrangig weiterverfolgt wurden.

X. Anspruchssatz gemäß Hauptantrag

Der unabhängige Sachanspruch 1 in der geänderten Fassung lautet folgendermaßen (die Nummerierung der Merkmale wurde durch die Einsprechende hinzufügt; Einfügungen gegenüber Anspruch 1 in der erteilten Fassung sind fett gedruckt, Auslassungen durchgestrichen):

1.1) System aus einem elektrischen

Trockenrasierapparat (1) mit einem Scherkopf (2)

und

1.2) einem diesem zugeordneten elektrischen

Reinigungs- und Ladegerät (4) mit einer

Aufnahmeeinrichtung (3) für den Scherkopf (2) zur

Reinigung mittels einer Reinigungsflüssigkeit und

zum Laden einer Energiequelle des elektrischen

Trockenrasierapparats (1),

1.3) wobei die beiden Geräte jeweils mit

korrespondierenden ersten elektrischen und/oder

elektromagnetischen Ankoppelmitteln (8, 9) zur

Übertragung von Energie [deleted: und/oder] und Information

versehen sind,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.4) der elektrische Trockenrasierapparat (1)

mindestens ein zusätzliches derartiges

Ankoppelmittel (13) aufweist, das als elektrische

Steckverbindung[deleted: , insbesondere eine] in Form einer

Gerätesteckdose zum Laden der Energiequelle des

Trockenrasierapparats (1) ausgebildet ist und

1.5) dass die ersten elektrischen und/oder

elektromagnetischen korrespondierenden

Ankoppelmittel (8, 9) der beiden Geräte zur

Übertragung von Energie zum Laden der

Energiequelle des Trockenrasierapparats (1)

vorgesehen sind.

Der unabhängige Sachanspruch 7 in der geänderten Fassung lautet folgendermaßen:

7.1) Elektrischer Trockenrasierapparat (1) mit einem

Scherkopf (2)

7.2) zur Verwendung mit einem zugeordneten

elektrischen Reinigungs- und Ladegerät (4) zum

Laden einer Energiequelle des elektrischen

Trockenrasierapparats (1) und mit einer

Aufnahmeeinrichtung (3) für den Scherkopf (2) zur

Reinigung mittels einer Reinigungsflüssigkeit,

7.3) wobei die beiden Geräte (1,4) jeweils mit

korrespondierenden ersten elektrischen und/oder

elektromagnetischen Ankoppelmitteln (8, 9) zur

Übertragung von Energie [deleted: und/oder] und Information

versehen sind,

dadurch gekennzeichnet dass

7.4) der elektrische Trockenrasierapparat (1)

mindestens ein zusätzliches derartiges

Ankoppelmittel (13) aufweist, das als elektrische

Steckverbindung[deleted: , insbesondere eine] in Form einer

Gerätesteckdose zum Laden der Energiequelle des

Trockenrasierapparats (1) ausgebildet ist, und

7.5) das erste elektrische und/oder elektromagnetische

Ankoppelmittel (9) des Trockenrasierapparats (1)

nahebei oder unmittelbar im Bereich des

Scherkopfes (2) und

7.6) das zusätzliche elektrische Ankoppelmittel (13)

an dem Scherkopf (2) gegenüberliegenden Ende des

Gehäuses des Trockenrasierapparats (1)

angeordnet ist und

7.7) dass die ersten elektrischen und/oder

elektromagnetischen korrespondierenden

Ankoppelmittel (8, 9) der beiden Geräte zur

Übertragung von Energie zum Laden der

Energiequelle des Trockenrasierapparats (1)

vorgesehen sind.

XI. Zum Stand der Technik haben die Beteiligten in den Beschwerdebegründungen bzw. -erwiderungen unter anderem auf folgende, bereits in der angefochtenen Entscheidung genannte Druckschriften Bezug genommen:

D1a: DE 44 02 236 A1;

D3: JP 2000-23386 A mit englischer Übersetzung (D3a);

D4: JP 57-145684 A mit englischer Übersetzung (D4a);

D5: US 5,530,334;

D7: US 6,233,535 B1;

D8: US 6,326,884 B1;

D9: US 3,172,416.

XII. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

a) Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin

Die Einsprechende macht geltend, dass die Beschwerdeschrift der Patentinhaberin das Erfordernis der Regel 99 (1) c) EPÜ nicht erfülle.

b) Hauptantrag - Zulassung in das Verfahren

Die Einsprechende rügt, dass der geänderte Hauptantrag nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen und berücksichtigt werden dürfe, weil er bereits im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden können und müssen (Artikel 12 (4) VOBK).

Die Patentinhaberin führt demgegenüber aus, der geänderte Anspruchssatz gemäß Hauptantrag sei in direkter Reaktion auf die Feststellung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung eingereicht worden, dass der Ausdruck "Ankoppelmittel zur Übertragung von Energie und/oder Information" in Anspruch 1 gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 2 drei alternative Ausführungsformen definiere, darunter auch eine Variante mit Ankoppelmitteln zur alleinigen Übertragung von Information. Der neue Antrag beschränke dementsprechend lediglich den beanspruchten Gegenstand auf die Variante mit Ankoppelmitteln zur Übertragung von Energie und Information und führe daher zu keiner neuen Sache.

c) Hauptantrag - Artikel 84 EPÜ 1973

Die Einsprechende macht geltend, dass Merkmal 1.4) bzw. 7.4) mehrdeutig und mithin unklar sei. Insbesondere könne es dahingehend interpretiert werden, dass das zusätzliche Ankoppelmittel in Form einer Gerätesteckdose ausgebildet sei, die als solche zwar "zum Laden der Energiequelle des Trockenrasierapparats" geeignet sei, jedoch nicht dazu verwendet werden könne. Der Anspruchswortlaut schreibe nicht zwingend vor, dass die Gerätesteckdose mit der Energiequelle des Rasierapparats elektrisch verbunden sei.

Die Patentinhaberin argumentiert dagegen, es sei im Zusammenhang von Anspruch 1 bzw. 7 klar, dass die Gerätesteckdose dazu ausgebildet sei, die Energiequelle des Rasierapparats unabhängig von dem Reinigungs- und Ladegerät aufladen zu können, insbesondere mittels eines Netzkabels.

d) Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

Die Einsprechende führt aus, der Gegenstand von Anspruch 1 bzw. 7 beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf:

a) D1a in Kombination mit D3 oder D8;

b) D3 in Kombination mit D1a oder D9, sowie mit D5 oder D7;

c) D4 in Kombination mit D1a oder D9, sowie mit D3, sowie mit D5 oder D7.

Die Patentinhaberin argumentiert dagegen, dass ausgehend von D1a als nächstliegendem Stand der Technik der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, weil er nicht nahegelegt sei, und dass D3 und D4 jeweils keinen realistischen Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstellen würden.

Entscheidungsgründe

1. Anwendbares Recht

1.1 Die Anmeldung, auf deren Grundlage das Patent erteilt wurde, ist am 13. Februar 2004 eingereicht worden, d. h. vor dem Inkrafttreten des revidierten Übereinkommens (EPÜ 2000) am 13. Dezember 2007.

1.2 Deshalb sind im vorliegenden Fall in Anwendung des Artikels 1 (1) des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001 über die Übergangsbestimmungen nach Artikel 7 der Akte zur Revision des Europäischen Patentübereinkommens vom 29. November 2000 (ABl. EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 4, 139) unter anderem Artikel 56, 84 und 100 EPÜ 1973 sowie Artikel 52, 108 und 123 EPÜ (2000) anzuwenden.

2. Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin

2.1 Nach Regel 99 (1) c) EPÜ muss die Beschwerdeschrift einen Antrag erhalten, in dem der Beschwerdegegenstand festgelegt wird.

2.2 Nach Auffassung der Kammer ist dieses Erfordernis erfüllt, denn dort ist die Formulierung "Gegen die Zwischenentscheidung im Einspruchsverfahren vom 23. Januar 2015 wird hiermit Beschwerde nach Art. 106(1) in Verbindung mit Art. 108 EPÜ eingelegt" als Antrag zu verstehen, die angefochtene Zwischenentscheidung über die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang aufzuheben (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, 2019, Kapitel V.A.2.5.2-c), Seite 1320, Absatz 6, dort T 2561/11 vom 4. Juli 2016, Gründe Nr. 2.5). Der Umfang des Änderungsbegehrens, d. h. in welcher Fassung die Patentinhaberin die Aufrechterhaltung des Patents beantragt, muss gemäß Regel 99 (2) EPÜ dann spätestens in der Beschwerdebegründung angegeben werden, und dies geschah auch. Die Beschwerde ist also zulässig.

3. Hauptantrag - Nichtzulassung in das Verfahren

3.1 Der Hauptantrag entspricht dem Hilfsantrag 2, den die Beschwerdeführerin in seiner jetzigen Fassung erstmals mit ihrer Beschwerdebegründung eingereicht hat.

3.2 Dieser Antrag unterscheidet sich von dem in das Einspruchsverfahren zugelassenen und in der angefochtenen Entscheidung behandelten Hilfsantrag 2 darin, dass in Merkmal 1.3) von Anspruch 1 bzw. Merkmal 7.3) von Anspruch 7 der Ausdruck "Energie und/oder Information" durch "Energie und[deleted: /oder] Information" ersetzt worden ist.

3.3 Die Kammer teilt zunächst zwar die Auffassung der Einsprechenden, dass dieser Antrag theoretisch schon im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden können. So bestand bereits in der mündlichen Verhandlung nach der negativen Feststellung der Einspruchsabteilung im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ betreffend den Ausdruck "Energie und/oder Information" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 Veranlassung, diesen Ausdruck zu ändern.

3.4 Die Kammer kann in der Stellung des neuen Hilfsantrags 2 mit der Beschwerdebegründung jedoch keinen Verfahrensmissbrauch seitens der Patentinhaberin erkennen. Insbesondere kann die Kammer nicht erkennen, dass die Patentinhaberin sich wohlüberlegt und bewusst dafür entschieden hat, diese beschränkte Fassung erst mit der Beschwerdebegründung einzureichen und sie zuvor etwa in der Absicht zurückzuhalten, eine negative Entscheidung der Einspruchsabteilung darüber zu verhindern.

3.5 Auch ein wirksamer Verzicht auf eine Anspruchsänderung vor der Einspruchsabteilung könnte der Berücksichtigung des neuen Hauptantrags im Beschwerdeverfahren entgegenstehen. Die Einsprechende behauptet insoweit zwar, dass die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich gefragt worden sei, ob sie den damals geltenden Hilfsantrag 2 ändern möchte, und dass sie bewusst darauf verzichtet habe. Dieser Vortrag erscheint der Kammer aber nicht nachvollziehbar. Unter Punkt 19 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung ist lediglich Folgendes angegeben: "Der Patentinhaber kündigte an, dass die Hilfsanträge 2-4 den selben Ausdruck "Energie und/oder Information" beinhalten und daher wollte er direkt Hilfsantrag 5 behandeln. Die Einspruchsabteilung war einverstanden". Die Einsprechende hat keinen Antrag auf Berichtigung oder Ergänzung der Niederschrift gestellt. Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Niederschrift den (wesentlichen) Verlauf der mündlichen Verhandlung korrekt wiedergibt. Danach hat ein ausdrücklicher Verzicht auf eine Anspruchsänderung aber nicht stattgefunden. Nach Auffassung der Kammer setzt ein Verzicht auf Anspruchsänderungen eine ausdrückliche eindeutige Verzichtserklärung voraus, die dem Akteninhalt nicht entnommen werden kann. Abgesehen davon hat die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch noch vorgetragen, dass die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung klar und deutlich zu verstehen gegeben habe, dass sie abgesehen von den damals vorliegenden Hilfsanträgen 2 bis 5 keine neuen weiteren Anspruchsänderungen zulassen würde. Diesem Vortrag wurde von der Einsprechenden nicht widersprochen.

3.6 Die Stellung des neuen Hilfsantrags 2 mit der Beschwerdebegründung ist somit bei der nächstmöglichen Gelegenheit erfolgt und ist auch inhaltlich als sachdienliche Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung zu werten, dass Anspruch 1 des damals geltenden Hilfsantrags 2 gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstößt. Hierdurch entstand auch kein sachlich bzw. patentrechtlich gänzlich neuer Streitgegenstand, wie die Einsprechende selbst eingeräumt hat.

3.7 Die Kammer kam daher unter Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 12 (4) VOBK zu dem Schluss, dass keine Veranlassung besteht, den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrag 2 (nunmehr Hauptantrag) unberücksichtigt zu lassen.

4. Hauptantrag - Änderungen

4.1 Anspruch 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 in der erteilten Fassung darin, dass

- in Merkmal 1.2) die Formulierung "Reinigungsgerät" durch "Reinigungs- und Ladegerät" ersetzt worden ist und das zusätzliche Merkmal hinzugefügt worden ist, wonach die Aufnahmeeinrichtung "zum Laden einer Energiequelle des elektrischen Trockenrasierapparats" dient;

- in Merkmal 1.3) die Formulierung "Energie und/oder Information" durch "Energie und Information" ersetzt worden ist;

- in Merkmal 1.4) die Formulierung "insbesondere eine Gerätesteckdose" durch "in Form einer Gerätesteckdose zum Laden der Energiequelle des Trockenrasierapparats" ersetzt worden ist; und

- Merkmal 1.5) hinzugefügt worden ist, wonach "die ersten elektrischen und/oder elektromagnetischen korrespondierenden Ankoppelmittel der beiden Geräte zur Übertragung von Energie zum Laden der Energiequelle des Trockenrasierapparats vorgesehen sind".

4.2 Anspruch 7 ist dementsprechend geändert worden (siehe Merkmale 7.2), 7.3), 7.4) und 7.7)).

4.3 Diese Änderungen sind unstreitig durch die Lehre in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunteralgen gestützt und verstoßen mithin nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ (siehe insbesondere Seite 5, Absatz 1 in WO 2004/089152 A1).

4.4 Der Schutzbereich von Anspruch 1 bzw. 7 ist durch diese Änderungen beschränkt worden (Artikel 123 (3) EPÜ).

4.5 Diesbezüglich hat die Einsprechende auch keine Einwände erhoben.

5. Hauptantrag - Artikel 84 EPÜ 1973

5.1 Merkmal 1.4) von Anspruch 1 und Merkmal 7.4) von Anspruch 7 verlangen jeweils, dass das am Rasierapparat vorgesehene zusätzliche Ankoppelmittel "als elektrische Steckverbindung in Form einer Gerätesteckdose zum Laden der Energiequelle des Trockenrasierapparats ausgebildet ist".

5.2 Entgegen der Auffassung der Einsprechenden bewirkt dieses Merkmal keinen Mangel an Klarheit, denn es vermittelt eine klare und eindeutige Lehre: Das zusätzliche Ankoppelmittel ist als Gerätesteckdose ausgebildet, um den Rasierapparat unabhängig von den ersten Ankoppelmitteln laden zu können. Im Übrigen wird dieses Verständnis durch die Lehre in Absätzen 8, 9 und 24 der Patentschrift bestätigt. Würde man dem Argument der Einsprechenden folgen, dass die Zweckangabe "zum Laden der Energiequelle des Trockenrasierapparats" kein funktionelles Merkmal der Gerätesteckdose als Teil des Rasierapparats definiere, dann wäre diese Beschränkung sinnentleert.

6. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1a

6.1 Die Kammer teilt die Auffassung der Beteiligten, dass D1a einen realistischen Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstellt.

6.2 Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass das in D1a offenbarte System aus einem elektrischen Trockenrasierapparat und einem diesem zugeordneten elektrischen Reinigungs- und Ladegerät die in Anspruch 1 aufgeführten Merkmale 1.1), 1.2) und 1.4) ihrem Wortlaut nach verwirklicht und dass Merkmal 1.5) dem Dokument D1a nicht entnommen werden kann. Insbesondere sehen die Beteiligten Merkmal 1.4) in Figur 1 von D1a verwirklicht, weil dort der Rasierapparat 1 an seinem dem Scherkopf 3 gegenüberliegenden Ende mit einer Gerätesteckdose versehen ist, die mit den zwei Kontaktelementen 12 eines Galgensteckers 9 zusammenwirkt, um die Energiequelle des Rasierapparats zu laden (Spalte 13, Zeilen 19 bis 25 von D1a).

6.3 Es ist zwischen den Beteiligten hingegen streitig, ob in D1a Merkmal 1.3) offenbart ist. Diesbezüglich schließt sich die Kammer der Auffassung der Einsprechenden an. In D1a weist das Reinigungs- und Ladegerät eine Magnetspule auf (Figur 13), die dazu dient, einen magnetisch betätigten Reedschalter (95) des Rasierapparats und mithin den Scherkopf des Rasierapparats während des Reinigungsvorgangs automatisch ein- und auszuschalten (Spalte 8, Zeilen 7 bis 15). Die Magnetspule und der Reedschalter stellen also korrespondierende induktive Mittel zur elektrischen Ankoppelung zwischen dem Rasierapparat und dem Reinigungs- und Ladegerät dar, um Energie (Schaltenergie) bzw. Information (Steuersignal) vom Reinigungs- und Ladegerät auf den Rasierapparat zu übertragen. Die Magnetspule und der Reedschalter stellen somit erste Ankoppelmittel im Sinne von Merkmal 1.3) von Anspruch 1 und Merkmal 7.3) von Anspruch 7 dar. Im Übrigen wird dieses technische Verständnis durch die Lehre in Absatz 25 der Patentschrift bestätigt: Die in Anspruch 1 geforderte elektrische Ankoppelung zwischen dem Rasierapparat und dem Reinigungs- und Ladegerät kann über galvanische oder induktive Mittel erfolgen.

6.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich daher von D1a durch Merkmal 1.5), wonach die ersten elektrischen und/oder elektromagnetischen korrespondierenden Ankoppelmittel der beiden Geräte zur Übertragung von Energie zum Laden der Energiequelle des Trockenrasierapparats vorgesehen sind.

6.5 Dieses Unterscheidungsmerkmal ist im Gesamtzusammenhang von Anspruch 1 zu lesen, insbesondere in Kombination mit Merkmal 1.3) im Oberbegriff des Anspruchs. Es bedeutet, dass die am Rasierapparat und am Reinigungs- und Ladegerät vorgesehenen ersten elektrischen bzw. elektromagnetischen Ankoppelmittel dazu ausgebildet sind, miteinander zu kooperieren, um sowohl Energie zum Laden der Energiequelle des Rasierapparats als auch Information zu übertragen.

6.6 Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass das Vorsehen mehrerer galvanischer bzw. induktiver Mittel zur Übertragung von Ladeenergie und Information, die am Rasierapparat bzw. am Reinigungs- und Ladegerät nicht benachbart zueinander angeordnet wären, sondern örtlich getrennt voneinander, diesem Erfordernis von Anspruch 1 nicht entspräche.

6.7 Es ist zwischen den Beteiligten hingegen streitig, welche sinnvolle objektive technische Aufgabe sich der Fachmann ohne Kenntnis der Erfindung ausgehend von D1a stellen würde.

6.8 Für die Einsprechende soll diese Aufgabe darin liegen, eine zusätzliche redundante Lademöglichkeit für den Rasierapparat im Reinigungs- und Ladegerät bereitzustellen. Diese Formulierung führt jedoch zu einer rückschauenden Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit, weil sie Lösungsansätze enthält und im Hinblick auf die Lehre von D1a keinen technischen Sinn ergibt.

6.9 Für die Patentinhaberin liegt die objektiv zu lösende Aufgabe darin, eine einfachere und gleichzeitig komfortablere Benutzung zu erlauben (Absatz 8 in der Patentschrift). Auch diese Formulierung ist bei Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes jedoch inkorrekt, weil sie sich auf eine technische Wirkung stützt, die durch Merkmal 1.5) nicht zwangsläufig erzielt wird. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin geht aus dem Wortlaut von Anspruch 1 nämlich nicht zwingend hervor, dass der Rasierapparat auch unabhängig vom Reinigungs- und Ladegerät geladen werden könnte, so dass letzteres beispielweise auf Reisen nicht mitgenommen werden müsste.

6.10 Die Kammer kommt mithin zu dem Schluss, dass sich ausgehend von D1a keine vernünftige objektive Aufgabe bestimmen lässt. Dies reicht allein für die Schlussfolgerung aus, dass die beanspruchte Erfindung ausgehend von D1a nicht naheliegend ist.

6.11 Falls der Fachmann entsprechend dem Vortrag der Einsprechenden - aus welchem Grund auch immer - eine zusätzliche redundante Lademöglichkeit für den Rasierapparat im Reinigungs- und Ladegerät bereitstellen möchte, gelangt er auch unter Berücksichtigung des entgegengehaltenen Stands der Technik und seiner allgemeinen Fachkenntnisse nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung:

6.11.1 Es ist nicht ersichtlich, warum die allgemeinen Fachkenntnisse des Fachmanns ihn dazu anregen würden, ausgerechnet die in D1a offenbarten induktiven Mittel in Form der Magnetspule und des Reedschalters in Richtung der beanspruchten Lösung weiterzuentwickeln bzw. zu ergänzen, um neben dem Steuersignal zum Ein- und Ausschalten des Scherkopfs auch die Energie zum Laden des Rasierapparats zu übertragen.

6.11.2 Sollte der Fachmann die Lehre in Absatz 58 von D3 heranziehen, könnte sie ihn allenfalls dazu anregen, eine zusätzliche Gerätesteckdose nahebei oder unmittelbar im Bereich der in D1a offenbarten Gerätesteckdose an dem dem Scherkopf gegenüberliegenden Ende des Rasierapparats anzuordnen, um den Rasierapparat unabhängig vom Reinigungs- und Ladegerät mit einem Netzkabel laden zu können (siehe D3, Figuren 7a und 7b, Kontaktelemente 18 und zusätzliche Gerätesteckdose 11a für Netzkabel 41). Damit erhielte er nicht die Kombination der Merkmale 1.3) und 1.5) gemäß der beanspruchten Lösung.

6.11.3 D8 befasst sich mit der Datenübertragung zwischen einem Elektrokleingerät und einem mit diesem verbindbaren elektrischen Zusatzgerät. D8 lehrt, dass bei einem Elektrokleingerät mit einer aufladbaren Batterie die Datenübertragung durch Modulation des Ladestroms bzw. der Ladespannung erfolgen kann, d. h. während des Aufladens. In den Figuren 1 und 2 von D8 ist gezeigt, wie zwischen Elektrokleingerät und Zusatzgerät die Energie- und/oder Datenübertragung über induktive oder galvanische Mittel erfolgen kann. D8 befasst sich also nicht mit der zu lösenden Aufgabe. Selbst wenn D1a in D8 ausdrücklich erwähnt ist (Spalte 2, Zeilen 37 bis 51), ist dort nicht offenbart, dass die in D1a offenbarten induktiven Mittel in Form der Magnetspule und des Reedschalters der Lehre von D8 entsprechend durch induktive bzw. galvanische Ankoppelmittel ausgetauscht werden können, um sowohl Energie zum Laden des Rasierapparates als auch Information zu übertragen.

In D1a dient der Galgenstecker 9 dazu, den Rasierapparat im Reinigungs- und Ladegerät sowohl mechanisch als auch elektrisch zu verriegeln, so dass der Benutzer den Rasierapparat erst wieder entnehmen kann, wenn der Reinigungs- und der anschließende Trockenvorgang vollständig abgeschlossen sind und die Verriegelung gelöst wurde (Spalte 6, Zeilen 33 bis 45). Sollte der Fachmann die Lehre von D1a mit derjenigen von D8 kombinieren wollen, würde er den erforderlichen Galgenstecker 9 und die korrespondierende Ankoppelmittel des Rasierapparats dahingehend ändern, dass sie neben der Ladeenergie noch das Steuersignal zum Ein- und Ausschalten des Scherkopfes übertragen. Damit bräuchte der Fachmann die induktiven Mittel in Form der Magnetspule und des Reedschalters nicht mehr, um den Scherkopf ein- und auszuschalten, und er würde daher diese redundanten Mittel weglassen. Auf diese Weise würde der Fachmann allerdings entgegen der Ansicht der Einsprechenden keine redundanten Ankoppelmittel am Reinigungs- und Ladegerät vorsehen, um den Rasierapparat zu laden.

6.11.4 Die bloße Tatsache, dass der Anspruchswortlaut über die genaue Lage und Ausbildung der ersten Ankoppelmittel am Reinigungs- und Ladegerät bzw. am Rasierapparat nichts aussagt, spielt keine Rolle im Zusammenhang mit der Frage, ob es für den Fachmann naheliegend wäre, die Lehre von D1a mit derjenigen von D3 oder D8 zu kombinieren, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen.

6.12 Zusammenfassend kann die Kammer also nicht feststellen, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D1a als nächstliegendem Stand der Technik entgegen Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973 in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt.

7. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D3 bzw. D4

7.1 Die Kammer teilt die Meinung der Patentinhaberin, dass die alternativen Angriffslinien ausgehend von D3 bzw. D4 als nächstliegendem Stand der Technik jeweils weniger erfolgversprechend als die Angriffslinie ausgehend von D1a sind.

7.2 Insbesondere ist die Wahl von D3 bzw. D4 als Ausgangspunkt für eine Entwicklung, die zur beanspruchten Erfindung führt, wenig realistisch. Dort sind entgegen der beanspruchten Erfindung keine elektrischen Reinigungs- und Ladevorrichtungen für einen elektrischen Trockenrasierapparat offenbart, sondern lediglich Ladegeräte ohne jegliche Reinigungsfunktion. Somit betreffen diese Dokumente nicht die gleiche Zielsetzung wie das System gemäß Anspruch 1. Ferner ist nicht ersichtlich, dass der in D3 bzw. D4 offenbarte elektrische Trockenrasierapparat derart wassergeschützt ist, dass der Scherkopf mittels einer Reinigungsflüssigkeit gereinigt werden könnte. Daher ist es nicht erkennbar, dass der in D3 bzw. D4 beschriebene Rasierapparat für die beabsichtigte Verwendung in einem Reinigungs- und Ladegerät geeignet ist. Demnach hat der Fachmann keinerlei Veranlassung, D3 bzw. D4 für die Entwicklung eines derartigen Rasierapparats in Erwägung zu ziehen.

7.3 Selbst wenn man dies anders sehen wollte, fehlte es ausgehend von D3 bzw. D4 nicht an der erfinderischen Tätigkeit.

7.4 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D3

7.4.1 D3 offenbart, in den Worten von Anspruch 1, ein System aus einem elektrischen Trockenrasierapparat mit Scherkopf und einem diesem zugeordneten elektrischen Ladegerät, wobei die beiden Geräte jeweils mit korrespondierenden ersten elektrischen Ankoppelmitteln (18, 19) zur Übertragung von Energie zum Laden der Energiequelle des Rasierapparats versehen sind, und wobei der Rasierapparat ein zusätzliches Ankoppelmittel in Form einer Gerätesteckdose (11a) zum Laden der Energiequelle des Rasierapparats aufweist (siehe Figur 7b von D3).

7.4.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich davon dadurch,

a) dass das Ladegerät zusätzlich eine Reinigungsfunktion hat und eine Aufnahmeeinrichtung für den Scherkopf zur Reinigung mittels einer Reinigungsflüssigkeit und zum Laden einer Energiequelle des elektrischen Trockenrasierapparats aufweist (Merkmal 1.2)); und

b) dass die ersten Ankoppelmittel nicht nur zur Übertragung von Energie zum Laden des Rasierapparats, sondern auch zur Übertragung von Information dienen (Merkmale 1.3) und 1.5)).

7.4.3 Die Einsprechende macht geltend, die objektiv gelöste technische Aufgabe könne als Aneinanderreihung zweier "Teilaufgaben" gesehen werden, nämlich dem Ladegerät neben der Ladefunktion noch eine Zusatzfunktion bzw. eine Reinigungsfunktion zuzuweisen (Merkmale a)) bzw. eine Übertragung von Information jeglicher Art zu ermöglichen (Merkmal b)).

7.4.4 Diese Formulierung führt jedoch zu einer rückschauenden Betrachtungsweise der erfinderischen Tätigkeit, weil sie Lösungsansätze enthält und zudem die technische Wirkung des Merkmals b) außer Acht lässt. Im Gesamtzusammenhang des Anspruchs ist für den Fachmann zumindest implizit, dass die Übertragung von Information zum Steuern des Reinigungs- bzw. Ladevorgangs dient, wie die Patentinhaberin dargelegt hat.

7.4.5 Sollte der Fachmann dem Vortrag der Einsprechenden entsprechend - aus welchem Grund auch immer - die Lehre von D3 mit derjenigen von D1a kombinieren wollen, würde er in naheliegender Weise einerseits am Fuß des Rasierapparats galvanische Mittel zur Übertragung der Ladeenergie anordnen (D1a, D3) und andererseits davon örtlich getrennte induktive Mittel in Form einer Magnetspule und eines Reedschalters zur Übertragung des Steuersignals, um den Scherkopf während des Reinigungsvorgangs ein- und auszuschalten (D1a). Damit erhielte der Fachmann nicht die beanspruchte Lösung mit den Merkmalen 1.3) und 1.5).

7.4.6 Sollte der Fachmann alternativ die Lehre von D3 mit derjenigen von D9 kombinieren wollen, hätte er keine Veranlassung, die in D3 offenbarten Ankoppelmittel in Form der galvanischen Kontaktelemente 18 und 19 weiterzuentwickeln, um neben der Ladeenergie auch Information zum Steuern des Reinigungs- bzw. Ladevorgangs zu übertragen.

7.4.7 Soweit die Einsprechende argumentiert, das Vorsehen von Merkmal b) sei aufgrund der Lehre von D5 oder D7 naheliegend, überzeugt dies nicht. Entgegen der Auffassung der Einsprechenden ist dieses Merkmal dort nicht offenbart. D5 betrifft einen elektrischen Trockenrasierapparat mit aufladbaren Speicherzellen (4) und einem Gerätestecker (10) zur Koppelung mit einem Netzkabel (106), um die Speicherzellen zu laden bzw. den Rasierapparat direkt zu betreiben. D7 offenbart einen elektrischen Rasierapparat und eine diesem zugeordnete elektrische Reinigungsvorrichtung, die jeweils einen Mikrocontroller aufweisen, mittels dem Informationen über den Betrieb des Rasierapparats, der Reinigungsvorrichtung bzw. ihrer Bauteile, wie z. B. eine notwendige Reinigung oder den Ladezustand, ermittelt und ausgegeben, insbesondere angezeigt werden.

7.5 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D4

7.5.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem in D4 offenbarten System aus Rasierapparat und Ladegerät darin:

a) dass das Ladegerät zusätzlich eine Reinigungsfunktion hat und die Aufnahmeeinrichtung für den Scherkopf zur Reinigung mittels einer Reinigungsflüssigkeit dient (Merkmal 1.2));

b) dass die ersten Ankoppelmittel nicht nur zur Übertragung von Energie zum Laden des Rasierapparats, sondern auch zur Übertragung von Information dienen (Merkmale 1.3) und 1.5)); und

c) dass der Rasierapparat ein zusätzliches Ankoppelmittel in Form einer Gerätesteckdose aufweist, um den Rasierapparat unabhängig von den ersten Ankoppelmitteln laden zu können (Merkmal 1.4)).

7.5.2 Dementsprechend unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 7 von dem in D4 offenbarten Rasierapparat durch Merkmale 7.2), 7.3), 7.4) und 7.6).

7.5.3 Die Einsprechende macht geltend, die objektiv gelöste technische Aufgabe könne als Aneinanderreihung von "Teilaufgaben" gesehen werden, nämlich dem Ladegerät neben der Ladefunktion noch eine Zusatzfunktion bzw. eine Reinigungsfunktion zuzuweisen (Merkmal 1.2) bzw. 7.2)), ein Laden des Rasierapparats unabhängig von dem Ladegerät, insbesondere auf Reisen, zu ermöglichen (Merkmal 1.4 bzw. 7.4) und 7.6)) bzw. Information jeglicher Art übertragen zu können (Merkmal 1.3) bzw. 7.3)).

7.5.4 Diese Formulierung ist bei Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes jedoch aus den bereits unter Punkt 7.4.4 genannten Gründen inkorrekt.

7.5.5 Abgesehen davon ist die Kammer nicht vom Vortrag der Einsprechenden überzeugt, dass der Fachmann durch Kombination der Lehren von D4, D3, D1a/D9 und D5/D7 in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand gelangen könnte, insbesondere zu Merkmalen 1.3) und 1.5) bzw. Merkmalen 7.3) und 7.7). Diese besondere Maßnahme wird in D3 (siehe Punkte 6.11.2 und 7.4.2 vorstehend), D1a (Punkte 6.4 und 7.4.5), D9 (Punkt 7.4.6) und D5 bzw. D7 (Punkt 7.4.7) weder offenbart noch angeregt.

7.6 Zusammenfassend ist die Kammer vom Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D3 bzw. D4 als nächstliegendem Stand der Technik nicht überzeugt.

8. Die Beschreibung wurde in der mündlichen Verhandlung an die neuen Ansprüche angepasst. Die Einsprechende hatte keine Einwände zur Anpassung der Beschreibung.

9. Die Kammer kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass weder Artikel 84 EPÜ 1973 noch der von der Einsprechenden geltend gemachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags der Patentinhaberin entgegenstehen.

10. Auf Hilfsanträge 3 und 4 der Pateninhaberin braucht deswegen nicht mehr eingegangen zu werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 7 des ursprünglich mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag 2 eingereichten Hauptantrags sowie Beschreibungsspalten 1 bis 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, sowie Figur 1 wie erteilt, aufrechtzuerhalten.

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