T 0387/16 () of 9.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T038716.20190509
Datum der Entscheidung: 09 Mai 2019
Aktenzeichen: T 0387/16
Anmeldenummer: 08102558.7
IPC-Klasse: F16H 49/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wellgetriebe
Name des Anmelders: Robert Bosch Automotive Steering GmbH
Name des Einsprechenden: OVALO GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das europäische Patent Nr. 1972832 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hauptantrag, das heißt unter Berücksichtigung der von der Patent­inhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügt.

II. Der der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegende Anspruch 1 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung durch die Kammer hinzugefügt):

"M1: Wellgetriebe für einen Aktuator eines Lenksystems, insbesondere für eine Servolenkung eines Kraftfahrzeugs

M2: mit einem von einem Servomotor antreibbaren, exzentrischen Antriebskern (2),

M3: der eine radialflexible Abrollbuchse (3) elastisch in radialer Richtung verformt,

M4: wobei eine Verzahnung (4) an einer Außenmantelfläche (5) der radialflexiblen Abrollbuchse (3) partiell in fortlaufendem Wechsel mit einer starren Innenverzahnung (6) eines Stützringes (7) in Eingriff gelangt

M5: und wobei die Innenverzahnung (6) des Stützringes (7) ballig in Richtung auf die Verzahnung (4) an der Außenmantelfläche (5) der radialflexiblen Abrollbuchse (3) ist,

M6: dadurch gekennzeichnet, dass die Zahnkopfhöhe (h) der Innenverzahnung (6) um etwa 0,05 mm bis 0,3 mm über die Zahnbreite (b) ansteigt und wieder abfällt, wobei

M7: die größte Zahnkopfhöhe (hmax) außerhalb der halben Zahnbreite (b) der Innenverzahnung (6) des Stützringes (7) liegt."

III. In ihrer Entscheidung war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich vom nächstliegenden Stand der Technik

D3: JP 58 042452 U| |

durch die Merkmale M6 und M7 unterscheide. Eine erfinderische Tätigkeit sei zwar nicht auf der Grundlage des Merkmals M6, aber im Hinblick auf Merkmal M7 zu erkennen.

IV. Gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Zwischenentscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Hilfsweise beantragte sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

V. In der Beschwerdebegründung begründete die Beschwerde­führerin ihre Anträge damit, dass eine unzulässige Erweiterung vorliege, dass die Erfindung nicht ausreichend offenbart sei, und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zum letzten Punkt trug sie im Wesentlichen vor, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von D3 lediglich durch Merkmal M6 unterscheide. Da, wie schon von der Einspruchsabteilung festgestellt, Merkmal M6 naheliegend sei, beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) erwiderte nicht auf die Beschwerdebegründung. Mit Schreiben vom 13. November 2018 teilte sie lediglich mit, dass sie nicht beabsichtigte, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

Entscheidungsgründe

1. Wie schon von der Einspruchsabteilung festgestellt, offenbart D3 ein Wellgetriebe mit den Merkmalen M1 bis M5. D3 (es wird auf die der Einspruchsschrift beigefügte, beglaubigte, englische Übersetzung Bezug genommen) beschreibt nämlich ein Wellgetriebe für einen Aktuator eines Lenksystems, mit einem von einem Servomotor antreibbaren, exzentrischen Antriebskern (9), der eine radialflexible Abrollbuchse (11) elastisch in radialer Richtung verformt, wobei eine Verzahnung an einer Außenmantelfläche der radialflexiblen Abrollbuchse partiell in fortlaufendem Wechsel mit einer starren Innenverzahnung (12) eines Stützringes in Eingriff gelangt, und wobei die Innenverzahnung des Stützringes ballig in Richtung auf die Verzahnung an der Außenmantelfläche der radialflexiblen Abrollbuchse ist (siehe Seite 5, Zeilen 7-33 und Figur 3).

2. Darüber hinaus offenbart D3 auch das Merkmal M7.

Der Anspruch definiert weder in welcher Richtung sich die größte Zahnkopfhöhe "außerhalb" der halben Zahnbreite befindet, noch wie viel sie von der halben Zahnbreite entfernt ist. Eine Einschränkung diesbezüglich ist auch nicht aus der Beschreibung zu entnehmen. Absatz [0012] sagt dazu lediglich: "Bevorzugt ist der Zahnkopfhöhen­verlauf oder der Verlauf der Profilverschiebung über die Zahnbreite der Innenverzahnung nicht symmetrisch, sodass die maximale Zahnkopfhöhe oder Profil­verschiebung nicht bei der halben Zahnbreite der Innenverzahnung liegt. Es kann aber auch zweckmäßig sein annähernd symmetrische oder symmetrische Verläufe der betreffenden Größen über die Zahnbreite der Innen­verzahnung zu wählen."

Somit ist Merkmal M7 auch durch Profile erfüllt, bei denen sich die maximale Zahnkopfhöhe fast bei der halben Zahnbreite befindet.

In der Ausführungsform der Figur 4 der D3, welche hierunter gezeigt wird, wird das ballige Profil der Innenverzahnung durch die Befestigung des Bolzens 22 erreicht (Seite 5, Zeilen 21-33). Das Element 13 ist asymmetrisch ausgebildet. Das führt dazu, dass das Profil sich asymmetrisch verschiebt, so dass sich die maximale Zahnkopfhöhe nicht bei der halben Zahnbreite befindet. Deshalb ist auch Merkmal M7 in D3 offenbart.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

3. Folglich unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von D3 lediglich durch das Merkmal M6, wonach die Zahnkopfhöhe (h) der Innenverzahnung um etwa 0,05 mm bis 0,3 mm über die Zahnbreite ansteigt und wieder abfällt.

Dadurch, dass die Innenverzahnung des Stützrings ballig in radialer Richtung auf die Verzahnung an der Außenfläche der radialflexiblen Abrollbuchse geformt ist, sind Eingriffsstörungen der Verzahnungen, die Schabgeräusche hervorrufen können, minimiert. Die Balligkeit der Innenverzahnung des Stützrings lässt sich auf verschiedene Weise erzielen, z.B. indem die Zahnkopfhöhe der Innenverzahnung um etwa 0,05 mm bis 0,3 mm über die Zahnbreite an- und wieder abfällt (Absätze [0006] und [0008] der A-Schrift).

Die durch das Unterscheidungsmerkmal zu lösende Aufgabe kann darin gesehen werden, eine geeignete Balligkeit herzustellen, um das Betriebsgeräusch zu reduzieren (Absatz [0004] der A-schrift).

D3 lehrt auf Seite 5, zweiter Absatz, dass das Betriebs­geräusch dadurch reduziert werden kann ("the adjustement or the elimination of rattle and back­lash"), dass die Balligkeit eingestellt wird. Die dafür geeignete Zahnkopfhöhe kann der Fachmann ohne erfinderisches Zutun herausfinden, weil er weiß, was er erreichen muss, und welche Parameter er dafür einstellen soll.

Somit kann das Merkmal M6 keine erfinderische Tätigkeit begründen.

4. Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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