European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T037116.20200929 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 September 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0371/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10158367.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01H47/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sichere Schalteinrichtung und modulares fehlersicheres Steuerungssystem | ||||||||
Name des Anmelders: | Pilz GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SICK AG EUCHNER GmbH + Co. KG |
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Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 3. Dezember 2015, mit der das europäische Patent Nr. 2239752 aufgrund des Artikels 101 (3) (b) EPÜ widerrufen worden ist.
II. Die folgenden Dokumente des Standes der Technik waren für die vorliegende Entscheidung relevant:
E1-D1:|DE 102 96 915 T5|
E1-D2:|DE 198 04 442 C2|
D3: |DE 100 20 075 C2|
D4: |DE 35 05 818 A1 |
E2-D5:|EP 0 193 732 A1 |
E2-D5 und D4 sind Mitglieder derselben Patentfamilie.
III. Am 29. September 2020 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
Die Schlussanträge der Parteien waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent auf Basis der Ansprüche des Hauptantrages, hilfsweise des Hilfsantrages 1 oder 2, alle eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen I (Einsprechende I) und II (Einsprechende II) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Sichere dezentrale Schalteinrichtung, die mit einem modularen fehlersichern Steuerungssystem (10, 20) zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers (12) über einen Bus (60) verbindbar ausgebildet ist,
mit zumindest einem verschleißbehafteten Schaltelement (46), das ausgelegt ist, durch ein vom Steuerungssystem (10, 20) generiertes Steuersignal einen Schaltvorgang auszuführen, um den elektrischen Verbraucher (12) zu schalten, gekennzeichnet durch eine Vorrichtung zum Erfassen der Anzahl der getätigten Schaltvorgänge (44, 46), Erfassungsvorrichtung, mit einer Speichervorrichtung (48, 50, 52) zum dauerhaften fehlersicheren Speichern der erfassten Anzahl."
Anspruch 12 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Modulares fehlersicheres Steuerungssystem zum Ein- und sicheren Ausschalten eines elektrischen Verbrauchers, insbesondere einer elektrisch angetriebenen Maschine, über zumindest eine externe Schalteinrichtung (40) nach einem der Ansprüche 1 bis 11, mit einer Steuerungsvorrichtung (24, 26) zum Auswerten von Eingangssignalen und zur Erzeugung eines für die externe Schalteinrichtung (40) bestimmten Steuersignals abhängig von der Auswertung, gekennzeichnet durch eine fehlersicher ausgebildete Diagnoseparameter-Speichervorrichtung (28) zum Speichern vorgebbarer Schaltvorgangs-Schwellenwerte für die zumindest eine Schalteinrichtung (40), und eine Diagnosedaten-Analysevorrichtung (26), die ausgelegt ist, die aus einer Schalteinrichtung ausgelesene Anzahl von Schaltvorgängen mit den abgespeicherten Schwellenwerten zu vergleichen und abhängig davon eine Aktion zu veranlassen."
V. Die Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 15 waren abhängige Ansprüche. Der Wortlaut der Ansprüche der Hilfsanträge 1 und 2 ist für die vorliegende Entscheidung nicht relevant und wird daher nicht wiedergegeben.
VI. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin waren im Wesentlichen wie folgt:
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 gemäß Hauptantrag seien neu. Dokument E1-D1 offenbare nicht, die Anzahl der getätigten Schaltvorgänge in der dezentralen Vorrichtung fehlersicher zu speichern. Dokument E1-D2 offenbare weder eine Vorrichtung zum Erfassen der Anzahl der getätigten Schaltvorgänge, welche in der Schalteinrichtung angeordnet sei, wie von Anspruch 1 gefordert, noch eine Diagnoseparameter-Analysevorrichtung, die ausgelegt sei, die Anzahl der Schaltvorgänge aus der Schalteinrichtung auszulesen, wie von Anspruch 12 gefordert. Dokument E2-D5 offenbare keine fehlersichere Speichervorrichtung.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von E1-D2 gebe es keine Veranlassung für den Fachmann, die Erfassungsvorrichtung von der Auswerteeinheit in die Schalteinrichtung zu verlegen. Dies löse die Aufgabe, den Austausch einer Schalteinrichtung zu vereinfachen, da dann nicht in der zentralen Auswerteeinheit der Speicher für die Anzahl der Schaltvorgänge gelöscht werden müsse. Die Speicherung der Anzahl der Schaltvorgänge in der Schalteinrichtung sei in E1-D2 nur zusätzlich zu Nachweiszwecken vorgesehen. Daher habe es auch keine Veranlassung gegeben, die Speichervorrichtung in der Schalteinrichtung fehlersicher auszugestalten.
Auch gegenüber der Kombination von D3 und D4 beruhten die Gegenstände von Anspruch 1 und 12 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Fachmann würde die Kombination der beiden Dokumente nicht in Betracht ziehen. Ausgehend von D3 läge die zu lösende Aufgabe in einer Erhöhung der Fehlersicherheit, nicht der Verfügbarkeit. Hierzu liefere D4 aber keinen Hinweis. Weder D3 noch D4 offenbarten überdies eine fehlersichere Speichervorrichtung in der Schalteinrichtung.
VII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin I waren im Wesentlichen wie folgt:
Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sei nicht neu gegenüber E1-D1. Bezüglich einer fehlersicheren Speichervorrichtung offenbare E1-D1, dass das Speichermodul (213) im Schaltgerät aus einem Flash-Speicher (213a) und einem SRAM (2123b) bestehe. Auch der Gegenstand von Anspruch 12 sei nicht neu. Eine fehlersichere Diagnoseparameter-Speichervorrichtung gehe aus Absatz [0089] und [0090] von E1-D1 hervor.
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei auch nicht neu gegenüber E1-D2, welches eine Schalteinrichtung mit einer Erfassungsvorrichtung in Spalte 4, Zeilen 50 bis 54 offenbare. Dort werde beschrieben, dass der Sensor (12) die Schaltzahl erfasse.
Der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf D3 und D4. Dokument D3 offenbare nämlich ein modulares sicheres Steuersystem mit Schaltgeräten. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich durch die Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge. Dies löse die Aufgabe einer hohen Verfügbarkeit, da Ausfälle durch vorausschauende Wartung vermieden werden könnten. Der Fachmann würde D3 und D4 kombinieren, da D4 dazu anrege, die Anzahl der Schaltvorgänge für eine erhöhte Verfügbarkeit zu messen. D4 rege weiterhin dazu an, die Anzahl der Schaltvorgänge eines Relais in einem fehlersicheren Speicher zu speichern, denn aus Seite 8 unter Punkt 6 sei von "beiden Festwertspeichern" die Rede. Dies zeige, dass zwei Zustandsspeicher vorhanden seien und somit der Zustandsspeicher redundant sei.
VIII. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin II waren im Wesentlichen wie folgt:
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu gegenüber E1-D2. Insbesondere fordere Anspruch 1 nicht, dass die Erfassungsvorrichtung in der Schalteinrichtung angeordnet sei. E1-D2 offenbare aber auch ein Ausführungsbeispiel, bei dem dies der Fall ist. Anspruch 1 sei bezüglich der Anordnung der Erfassungsvorrichtung zumindest nicht deutlich, denn die Beschreibung des Streitpatents offenbare in Spalte 3, Zeilen 29 bis 33, dass die Erfassungsvorrichtung im Steuersystem angeordnet sei. Da Anspruch 1 nicht deutlich sei, müsse die Beschreibung zur Klärung herangezogen werden. Daher sei das Ausführungsbeispiel der E1-D2 gemäß Spalte 4, Zeilen 29 bis 33, bei dem die Anzahl der Schaltvorgänge in der Auswerteeinheit erfasst werde, neuheitsschädlich. Doch selbst, wenn man Anspruch 1 so auslegen müsse, dass die Erfassungsvorrichtung in der Schalteinrichtung angeordnet sei, sei das zweite Ausführungsbeispiel von E1-D2 gemäß Spalte 4, Zeilen 16 bis 21 und Spalte 5, Zeilen 21 bis 24, bei dem die Anzahl der Schaltvorgänge in der Schalteinrichtung gespeichert werde, neuheitsschädlich.
Auch der Gegenstand von Anspruch 12 sei gegenüber diesem Ausführungsbeispiel nicht neu. Da in der Auswerteeinheit, also dem Steuersystem, fortlaufend die Anzahl der Schaltvorgänge mit dem Schwellwert verglichen werde und die Anzahl der Schaltvorgänge in der Schalteinrichtung gespeichert sei, müsse sie auch fortlaufend aus der Schalteinrichtung für den Vergleich eingelesen werden. Daher sei eine Diagnoseparameter-Analysevorrichtung gemäß Anspruch 12, die also die Anzahl der Schaltvorgänge aus der Schalteinrichtung einliest, in E1-D2 offenbart.
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei auch gegenüber E2-D5 nicht neu. Insbesondere werde dort ein redundanter Speicher offenbart. Ein redundanter Speicher sei eine anspruchsgemäße fehlersichere Speichervorrichtung. Die Redundanz folge in E2-D5 aus Figur 2 und Seite 5, Zeilen 17 bis 24, in denen offenbart werde, dass der Verschleißzustand einer Schalteinrichtung über mehrere Sensoren erfasst werde, welche den Zustand in einen Speicher einspeicherten. Dies sei als eine redundante Erfassung und daher auch redundante Speicherung anzusehen.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 beruhten auch gegenüber E1-D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dieses Dokument offenbare in Spalte 4, Zeilen 13 bis 15, dass die maximale Anzahl der Schaltvorgänge eines Relais in der Schalteinrichtung erfasst werden könne. Daher habe es nahegelegen auch die Anzahl der bisher getätigten Schaltvorgänge in der Schalteinrichtung zu erfassen und für den Vergleich in die Auswerteeinheit einzulesen.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingereicht. Sie ist deshalb zulässig.
2. Hauptantrag - Neuheit (Artikel 54 (1) EPÜ)
2.1 Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 gemäß Hauptantrag sind neu im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ.
2.2 Dokument E1-D1 - Anspruch 1
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag fordert, dass die Speichervorrichtung der Schalteinrichtung fehlersicher ist.
Die Beschwerdeführerin bestritt, dass in E1-D1 eine fehlersichere Speichervorrichtung offenbart werde.
In der Tat enthält der Vortrag der Beschwerdegegnerin I keine ausdrückliche Erklärung, wo in E1-D1 eine fehlersichere Speichervorrichtung in der Schalteinrichtung, also den Netzwerk-Slaves, offenbart sei. Sie trug zwar vor, dass das Speichermodul (213) gemäß E1-D1 aus einem Flash-Speicher (213a) und einem SRAM (2123b) bestehe. Aus der Nennung dieser Speichertypen geht aber keine fehlersicher ausgestaltete Speichervorrichtung hervor. Ein Flash-Speicher ist zwar ein nicht-flüchtiger Speicher, d.h. er benötigt keine Versorgungsspannung. Das Merkmal "fehlersicher" bedeutet allerdings, dass der Speicher so ausgebildet sein muss, dass man erkennt, wenn ein Fehler vorliegt. Diese allgemein anerkannte Bedeutung des Begriffes ist auch konsistent mit der im Streitpatent in Spalte 2, Zeilen 49 bis 53 angegebenen spezifischen Definition. Ein Flash-Speicher ist daher nullspannungssicher, aber nicht zwingend fehlersicher. Ein SRAM gehört ohnehin zu den flüchtigen Speichertypen und ist nicht einmal nullspannungssicher.
Die Beschwerdegegnerin II machte keine Ausführungen zur Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 gegenüber E1-D1.
Daher ist der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu gegenüber E1-D1.
2.3 Dokument E1-D1 - Anspruch 12
Die Beschwerdeführerin bestritt, dass E1-D1 einen fehlersicheren Diagnoseparameter-Speicher offenbare.
In den von der Beschwerdegegnerin I genannten Absätzen [0089] und [0090] der E1-D1 wird lediglich offenbart, dass Wartungsparameter mit Schwellwerten verglichen werden, um zu entscheiden, ob eine Wartung ansteht. Hieraus geht in der Tat kein Diagnoseparameter-Speicher hervor, welcher wie anspruchsgemäß gefordert fehlersicher ist.
Die Beschwerdegegnerin II machte keine Ausführungen zur Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 gegenüber E1-D1.
Daher ist der Gegenstand von Anspruch 12 gemäß Hauptantrag neu gegenüber E1-D1.
2.4 Dokument E1-D2 - Anspruch 1
Die Beschwerdeführerin trug vor, dass E1-D2 nicht offenbare, dass die Schalteinrichtung eine Erfassungsvorrichtung enthalte. Diese sei in E1-D2 vielmehr im Steuersystem enthalten.
Der diesbezügliche Vortrag der Beschwerdeführerin ist zutreffend. Anspruch 1 ist auf eine Schalteinrichtung gerichtet, die unter anderem mit Bezug auf ein Steuersystem und eine Busverbindung definiert wird. Diese weiteren Gegenstände sind nicht Teil des Anspruchsgegenstandes, wie aus der Formulierung "verbindbar" deutlich hervorgeht. Die weiteren Merkmale des Anspruchs "Schaltelement", "Erfassungsvorrichtung" und "Speichervorrichtung" sind hingegen eindeutig Merkmale der Schalteinrichtung und nicht des Steuersystems.
Darüber hinaus fordert Anspruch 1, dass die Schalteinrichtung eine Erfassungsvorrichtung für die Anzahl der Schaltvorgänge aufweist, und nicht lediglich eine Erfassungsvorrichtung für Schaltvorgänge. Das bedeutet, dass zumindest das Aufsummieren von erkannten Schaltvorgänge in der Erfassungsvorrichtung der Schalteinrichtung stattfinden muss.
Dokument E1-D2 offenbart mindestens eine Schalteinrichtung (Relaisbaugruppe 10) und ein Steuersystem (Auswerteeinheit 8). Gemäß E1-D2, Spalte 4, Zeilen 29 bis 33 werden während des Betriebs in der Auswerteeinheit (8), also dem anspruchsgemäßen Steuersystem, fortlaufend die Schaltvorgänge des Relais registriert. Laut Spalte 5, Zeilen 21 bis 24 können die aktuell aufgetretenen Schaltvorgänge des Relais (10) von der Auswerteeinheit (8) in das Speicherelement (9) eingelesen werden. Gemäß Spalte 4, Zeilen 16 bis 21 kann das Speicherelement (9) Teil der Schalteinrichtung (10) oder aber Teil des Steuersystems sein.
Da E1-D2 offenbart, dass die aufgetretenen Schaltvorgänge vom Steuersystem in die Speichereinrichtung eingeschrieben wird, folgt, dass das Aufsummieren der erkannten Schaltvorgänge vor dem Einschreiben in den Speicher und somit im Steuersystem stattfinden muss. E1-D2 offenbart somit, dass die Vorrichtung zum Erfassen der Anzahl der getätigten Schaltvorgänge Teil des Steuersystems (der Auswerteeinheit 8), nicht jedoch wie vom Anspruch 1 gefordert Teil der Schalteinrichtung (Relaisbaugruppe 10) ist.
Die Beschwerdegegnerin II argumentierte, dass Anspruch 1 weder fordere, dass die Erfassungsvorrichtung noch, dass die Speichervorrichtung in die Schalteinrichtung integriert sei. Zumindest sei der Wortlaut des Anspruchs nicht deutlich, so dass die Beschreibung herangezogen werden müsse, um ihn auszulegen. Im Streitpatent werde aber in Spalte 3, Zeilen 29 bis 33 offenbart, dass die Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge im Steuersystem erfolgen könne.
Dies überzeugt die Kammer nicht. Die Beschwerdegegnerin II verwies auf ein angebliche Diskrepanz zur Beschreibung, legte aber nicht dar, wieso der Anspruchswortlaut für sich genommen undeutlich sei. Wie oben dargelegt, ist er es auch nicht. Aus einem eventuellen Widerspruch mit einem Ausführungsbeispiel, wie es die Beschwerdegegnerin II geltend macht, folgt nicht, dass der Anspruchswortlaut undeutlich sei, sondern allenfalls, dass die Beschreibung nicht korrekt an die Ansprüche angepasst ist. Nach ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammern ist bei einer Diskrepanz zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung der eindeutige Anspruchswortlaut so auszulegen, wie ihn der Fachmann ohne Zuhilfenahme der Beschreibung verstehen würde (siehe "Rechtssprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", 9. Auflage, 2019, II.A.6.3.1). Daher besteht im vorliegendem Fall keine Veranlassung, Anspruch 1 durch Rückgriff auf die Beschreibung anders auszulegen. Darüber hinaus scheint die von der Beschwerdegegnerin II angeführte angeblich widersprüchliche Passage auszusagen, dass individuelle Schaltvorgänge zwar im zentralen Steuersystem erkannt werden ("Zählersignale werden vom zentralen Steuersystem generiert"), das Aufsummieren, und somit die Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge, hingegen aber auch in dieser Passage eindeutig in der Erfassungsvorrichtung in der Schalteinrichtung stattzufinden scheinen. ("Zählersignale werden der dezentralen sicheren Schalteinrichtung zugeführt, so dass dort der Zähler entsprechend inkrementiert werden kann.")
Die Beschwerdegegnerin I verwies auf die Passage der E1-D2, Spalte 4, Zeilen 50 bis 54. In dieser Passage wird beschrieben, dass zur Bestimmung von Nmax, also der maximalen Schaltspielzahl, dem Relais ein elektromagnetischer Sensor (12) zugeordnet ist, dessen Ausgang auf die Auswerteeinheit (8) geführt wird. Aus dieser Passage geht nicht hervor, dass die Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge in der Schalteinrichtung stattfindet. Aus der vorangehenden Passage der E1-D2, Spalte 4, Zeilen 42 bis 46 geht hervor, dass die Lebensdauer von den Betriebsgrößen Schaltstrom, anliegende Spannung und Phasenverschiebung abhängt. Die Detektion eines Schaltvorgangs oder deren Aufsummierung wird hingegen nicht als Betriebsgröße genannt. Aus der Passage Spalte 4, Zeilen 55 bis 60 geht hervor, dass durch den Sensor (12) die Betriebsgrößen detektiert werden und an die Auswerteeinheit geleitet werden, in der dann die maximale Schaltspielzahl Nmax aus den Betriebsgrößen bestimmt wird. Daher beschäftigt sich die herangezogene Passage mit der Bestimmung der maximalen Schaltspielzahl und nicht mit der Erfassung der Anzahl der bereits getätigten Schaltvorgänge.
Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher neu gegenüber der Schalteinrichtung gemäß E1-D2.
2.5 Dokument E1-D2 - Anspruch 12
Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, dass das Steuersystem gemäß E1-D2 zwar eine Diagnosedaten-Analysevorrichtung aufweise, diese aber nicht ausgelegt sei, die aus einer Schalteinrichtung ausgelesene Anzahl von Schaltvorgängen mit den abgespeicherten Schwellenwerten zu vergleichen.
Der Sichtweise der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen. Gemäß Anspruch 12 enthält das Steuersystem einerseits eine Diagnoseparameter-Speichervorrichtung für die Schaltvorgang-Schwellenwerte und andererseits eine Diagnosedaten-Analysevorrichtung, die die Anzahl der Schaltvorgänge aus der Schalteinrichtung ausliest.
Gemäß Spalte 4, Zeilen 13 bis 15 der E1-D2 wird ein Zahlenwert Nmax, der die maximale Anzahl der Schaltvorgänge des Relais angibt, in das Speicherelement (9) gespeichert. Gemäß Spalte 5, Zeilen 18 bis 24 können zusätzlich zu Nmax die Zahl N der bisher aufgetretenen Schaltvorgänge eingespeichert werden. Damit offenbart E1-D2, dass das Speicherelement (9) gleichzeitig die Speichervorrichtung gemäß Anspruch 1 sowie auch die Diagnoseparameter-Speichervorrichtung (28) zum Speichern vorgebbarer Schaltvorgangs-Schwellenwerte für die zumindest eine Schalteinrichtung gemäß Anspruch 12 darstellt.
Gemäß Spalte 4, Zeilen 16 bis 21 ist das Speicherelement (9) entweder Teil der Schalteinrichtung oder Teil des Steuersystems. Daraus folgt, dass E1-D2 ein erstes Ausführungsbeispiel offenbart (Speicherelement 9 ist Teil der Relais-Baugruppe 10), bei dem die Diagnoseparameter-Speichervorrichtung nicht wie von Anspruch 12 gefordert Teil des Steuersystems ist. E1-D2 offenbart weiterhin ein zweites Ausführungsbeispiel (Speicherelement 9 ist Teil der Auswerteeinheit 8), bei dem die Diagnosedaten-Analysevorrichtung, welche Teil des Steuersystems gemäß Anspruch 12 ist, nicht ausgelegt ist, die aus einer Schalteinrichtung ausgelesene Anzahl von Schaltvorgängen mit den abgespeicherten Schwellenwerten zu vergleichen.
Die Beschwerdegegnerin II verwies auf die Spalte 4, Zeilen 29 bis 33 der E1-D2, nach der in der Auswerteeinheit (8) fortlaufend im Betrieb die Schaltvorgänge des Relais registriert werden und die Zahl N der insgesamt vom Relais durchgeführten Schaltvorgänge mit einem Schwellwert verglichen werden. Sie verwies weiter auf Spalte 4, Zeilen 19 bis 21, wonach das Speicherelement (9) eine Baueinheit mit dem Relais, also der anspruchsgemäßen Schalteinrichtung, bildet und weiterhin auf Spalte 5, Zeilen 21 bis 24, wonach die aufgetretenen Schaltvorgänge N fortlaufend von der Auswerteeinheit (8) in das Speicherelement eingelesen werden können. Hieraus folgert sie, dass die Auswerteeinheit (8) die Anzahl N der Schaltvorgänge aus der Speichereinheit, also aus dem Schaltgerät, fortlaufend auslesen müsse, um sie fortlaufend mit dem Schwellwert vergleichen zu können.
Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt. Die Passage Spalte 4, Zeilen 29 bis 33 offenbart in der Tat, dass in der Auswerteeinheit fortlaufend die Schaltvorgänge registriert werden und die Anzahl N der insgesamt vom Relais durchgeführten Schaltvorgänge fortlaufend mit dem Schwellwerte Nmax verglichen wird. In Spalte 5, Zeilen 13 bis 24 ist das direkte Auslesen des Speicherelements mittels eines Diagnosegerätes oder Rechners, aber nicht durch die Auswerteeinheit thematisiert. Insbesondere wird in E1-D2, Spalte 5, Zeilen 21 bis 24 offenbart, dass die Anzahl der aufgetretenen Schaltvorgänge lediglich optional im Speicherelement gespeichert wird ("können eingelesen werden"). Dies muss auch nicht fortlaufend geschehen ("oder innerhalb vorgegebener Zyklen"). Müsste die Auswerteeinheit für den fortlaufenden Vergleich der Schaltzahl N mit dem Schwellwert Nmax auf die im Speicherelement 9 abgelegten Daten zurückgreifen, so müsste das Zurückschreiben der Anzahl der Schaltvorgänge in den Speicher zwangsweise fortlaufend geschehen. Dies wird aber gerade nicht in Spalte 5, Zeilen 21 bis 24 offenbart. Zutreffender scheint der Vortrag der Beschwerdeführerin, dass die Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge in der Auswerteeinheit (8) selbst stattfindet und die Speicherung der Anzahl der Schaltvorgänge in das Speicherelement (9) zu Nachweiszwecken bei direktem Auslesen aus der Relaisbaugruppe, nicht hingegen für den laufenden Überwachungsbetrieb, erfolgt.
Daher ist auch der Gegenstand von Anspruch 12 neu gegenüber E1-D2.
2.6 Dokument E2-D5 - Anspruch 1
Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, Dokument E2-D5 offenbare keine fehlersichere Speichervorrichtung der Schalteinrichtung.
Diese Sichtweise ist zutreffend. Die Beschwerdegegnerin II verwies auf Seite 5, Zeilen 17 bis 24, wonach mittels Sensoren 1 bis 13 der Verschleißzustand des Relais erfasst wird. Die so gewonnenen Informationen werden in verarbeiteter Form in einem Zustandsspeicher 15, welcher ein veränderbarer, abfragefähiger Festwertspeicher ist, abgespeichert. Sie trug weiter vor, dass die Messung des Verschleißzustandes mit mehreren Sensoren als redundant anzusehen sei. Daraus folge, dass auch der Zustandsspeicher redundant sei. Dies wiederum nehme die anspruchsgemäße fehlersichere Speichervorrichtung vorweg.
Dieser Vortrag ist nicht zutreffend. Die herangezogene Passage bezieht sich nicht auf eine redundante Messung des Verschleißzustandes, sondern wie aus Figur 2 und Seite 5, Zeilen 26 bis 35 hervorgeht auf die Messung einer Vielzahl unterschiedlicher Aspekte, wie Schaltspiele, Betriebszeit, Temperaturen der Strombahn oder der Umgebung usw. Unter redundant versteht man hingegen die mehrfache Messung derselben Größe, nicht die Messung verschiedener Größen. Damit ist keine redundante Messung offenbart. Auch im Zustandsspeicher 15 werden nicht dieselben Werte mehrfach gespeichert, sondern verschiedene Werte. Damit ist die Schlussfolgerung der Beschwerdegegnerin II, es handele sich beim Zustandsspeicher um ein redundantes Speicherelement, nicht gerechtfertigt. Die Kammer hat bereits im Zusammenhang mit Dokument E1-D1 dargelegt, warum ein nichtflüchtiger Speicher kein fehlersicherer Speicher ist. Dies trifft auch auf den vorliegend offenbarten Festwertspeicher zu.
Die Beschwerdegegnerin I machte keine weiteren Ausführungen zur vorliegenden Frage.
Zumindest aus diesem Grund ist daher der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag neu.
2.7 Gegen die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 12 gegenüber Dokument E2-D5 wurde kein Einwand vorgebracht.
3. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
3.1 Dokument E1-D2
Ausgangspunkt
Es war zwischen den Parteien nicht strittig, dass E1-D2 einen geeigneten Ausgangspunkt für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 darstellt.
Unterscheidungsmerkmale
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 unterscheiden sich, wie in der Neuheitsdiskussion dargelegt, um eine Erfassungsvorrichtung in der Schalteinrichtung beziehungsweise eine Diagnoseparameter Analysevorrichtung, die die Anzahl der Schaltvorgänge aus der Schalteinrichtung ausliest.
Technische Wirkung und Aufgabe
Bezüglich der technische Wirkung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, die Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge in der dezentralen Schalteinrichtung bewirke, dass ein eventueller Austausch leichter falle, da dann im zentralen Steuersystem kein Speicher für die Anzahl der Schaltvorgänge der ausgetauschten Schaltvorrichtung zurückgesetzt werden müsse. Dies löse die technische Aufgabe, die Sicherheit und die Flexibilität des Systems der E1-D2 zu verbessern.
Die Beschwerdegegnerin II entgegnete, dass die zentrale Erfassung der Anzahl der Schaltvorgänge vorteilhaft sei, und mithin ein Nachteil in Kauf genommen würde.
Die Kammer ist zwar der Auffassung, dass eine dezentrale Speicherung der Anzahl der Schaltvorgänge einen erhöhten Datenverkehr auf dem Bus mit sich bringt, da diese in das Steuersystem eingelesen werden müssen. Sie kann aber auch die vorteilhafte Wirkung, welche die Beschwerdeführerin vortrug, nachvollziehen. Zumindest wird durch das oben genannte Unterscheidungsmerkmal also als technische Aufgabe eine Alternative angeboten.
Bewertung der Lösung
Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, in E1-D2 werde nicht nahegelegt, in der dezentralen Schalteinrichtung eine Erfassungsvorrichtung mit einem Speicherelement zur fehlersichern Speicherung der Anzahl der Schaltvorgänge vorzusehen.
Diese Ansicht ist zutreffend. Die Beschwerdegegnerin II trug zwar vor, dass wenn die maximale Schaltzahl Nmax in der Schalteinrichtung bestimmt werden könne, es auch naheläge, die Anzahl der Schaltvorgänge N am Sensor und damit in der Schalteinrichtung zu bestimmen.
Diese Auffassung vermag allerdings nicht, die Kammer zu überzeugen. Wie schon in der Diskussion der Neuheit dargelegt, offenbart E1-D2 in Spalte 4, Zeilen 42 bis 60, dass die maximale Schaltzahl Nmax für ein Relais individuell bestimmt werden sollte und vom Schaltstrom, der beim Schalten anliegenden Spannung und der Phasenverschiebung zwischen Schaltstrom und Spannung abhängt. Der Bestimmung von Nmax ist also eine mathematische Modellierung aufgrund der oben genannten Größen und hat mit der Erkennung eines Schaltvorgang eines Relais und der Aufsummierung zur Anzahl der getätigten Schaltvorgänge nichts Erkennbares gemein. Darüber hinaus ist die Paraphrasierung der Beschwerdegegnerin II der Offenbarung von E1-D2 nicht zutreffend, denn der Sensor 12 erfasst zwar die Betriebsgrößen am Relais, die maximale Schaltzahl wird aber ausweisliche der Spalte 4, Zeilen 55 bis 60 in der Auswerteeinheit bestimmt.
Da zwischen der Bestimmung der maximalen Schaltzahl und der Erfassung der Anzahl der bisher aufgetretenen Schaltvorgänge keine Analogie besteht und da die Lehre der E1-D2 klar vorsieht, die maximale Schaltzahl im zentralen Steuersystem zu erfassen, ergibt sich keine Veranlassung für den Fachmann, die Offenbarung von E1-D2 derart zu verändern, dass die Erfassungsvorrichtung für die Anzahl der Schaltvorgänge in die Schalteinrichtungen verlegt werden sollte.
Allein aus diesem Grund ergab sich der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht in naheliegender Weise ausgehend von Dokument E1-D2 allein.
Weitere Argumente bezüglich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 12 im Hinblick auf E1-D2 wurden von den Beschwerdegegnerinnen I und II nicht vorgetragen. Da es ausgehend von E1-D2 nicht nahelag, die Erfassungsvorrichtung in der dezentralen Schalteinrichtung vorzusehen, folgt, dass es auch nicht nahelag, die Auswerteeinheit, also die Diagnosedaten-Analysevorrichtung des Steuersystems in der Terminologie von Anspruch 12, derart zu modifizieren, dass sie die Anzahl der Schaltvorgänge aus der Schalteinrichtung ausliest.
3.2 Dokumente D3 und D4
Ausgangspunkt
Es war zwischen den Parteien nicht strittig, dass D3 einen geeigneten Ausgangspunkt für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1 und 12 darstellt.
Unterscheidungsmerkmale
Es war zwischen den Parteien nicht strittig, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Schalteinrichtung gemäß Dokument D3 zumindest durch eine Erfassungsvorrichtung zum Erfassen der Anzahl der getätigten Schaltvorgänge sowie ein Speichervorrichtung zum dauerhaften fehlersicheren Speichern der erfassten Anzahl unterscheidet.
Technische Wirkung und Aufgabe
Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, dass die Unterscheidungsmerkmale die Aufgabe einer erhöhten Fehlersicherheit lösten.
Die Beschwerdegegnerin I hingegen war der Ansicht, dass durch die Unterscheidungsmerkmale eine erhöhte Verfügbarkeit erreicht werden solle.
Die Ansicht der Beschwerdeführerin ist zutreffend. Da die Lebensdauer eines Relais von der Anzahl der getätigten Schaltvorgänge abhängt, sorgt die Erfassung und Speicherung der getätigten Schaltvorgänge dafür, dass eine anstehende Wartung oder das Ende der Lebensdauer eines Relais vorzeitig erkannt werden kann. Wird es dann rechtzeitig gewartet oder getauscht, wird die Verfügbarkeit zwar erhöht. Der Anspruch 1 enthält aber keine Merkmale, die eine Reaktion auf die erfasste Anzahl der Schaltvorgänge ausdrückt. Eine erhöhte Verfügbarkeit wird daher durch den Gegenstand des Anspruch 1 nicht erreicht, sondern nur die Voraussetzungen hierfür geschaffen. Zutreffend ist allerdings, dass eine fehlersichere Speicherung der erfassten Anzahl der Schaltvorgänge die Fehlersicherheit der Schalteinrichtung erhöht, denn ein falsch gespeichertes Datum wird dadurch erkannt.
Die technische Aufgabe liegt daher darin, die Fehlersicherheit des Systems gemäß D3 zu erhöhen.
Bewertung der Lösung
Die Beschwerdeführerin vertrat die Ansicht, der Fachmann würde D4 nicht konsultieren, da es in diesem Dokument gar nicht um eine Erhöhung der Fehlersicherheit ginge. Die Beschwerdegegnerin I vertrat hingegen die Ansicht, D4 würde vom Fachmann in Betracht gezogen werden.
Die Sichtweise der Beschwerdegegnerin I ist zutreffend. Der Fachmann hätte erkannt, dass in D4 ein möglicher Ausfall des Relais durch die Erfassung und Speicherung der Anzahl der Schaltvorgänge vorzeitig erkennbar ist, siehe zum Beispiel Seite 2, zweiter und dritter Absatz und Seite 10, sowie Figur 2, Box "Schaltspiele (Anzahl)". Allein dies ist für ihn Anlass genug, in D4 nach einer möglichen Lösung zu suchen.
Die Beschwerdeführerin vertrat weiter die Ansicht, dass D4 nicht mit D3 kombinierbar sei, und dem Fachmann nicht nahelegen würde, die Speichervorrichtung für die Anzahl der Schaltvorgänge fehlersicher auszugestalten. Dem hielt die Beschwerdegegnerin I entgegen, ein Relais gemäß D4 könnte ein Eingangsmodul (18) gemäß D3 ersetzen. In D4 werde überdies auf Seite 8 unter Punkt 7 offenbart, die Anzahl der Schaltvorgänge in einem redundanten Festwertspeicher zu speichern, da dort von einer "Zusammenfassung der beiden Festwertspeicher in einem gemeinsamen Bauteil" die Rede sei.
Für die Kammer verbleiben zumindest Zweifel, ob ein Fachmann die Kombination der Dokumente D3 und D4 in naheliegender Weise in Betracht gezogen hätte. Zumindest in Bezug auf den Gegenstand von Anspruch 12 würde die Kombination nicht zum Anspruchsgegenstand führen, denn D4 offenbart auf Seite 5, Absätze 1 bis 5 und in Figur 2, autarke Schaltgeräte, die sowohl wartungsrelevante Daten erheben als auch diese auswerten. Dazu ist im Schaltgerät, und nicht wie von Anspruch 12 gefordert im Steuersystem, eine Diagnosedaten-Analysevorrichtung vorgesehen, welche in D4 durch den Mikroprozessor (4) gebildet ist. Die Beschwerdegegnerin I hat auch nicht vorgetragen, dass es aus der Kombination der Dokumente D3 und D4 naheliegend hervorging, die Diagnosedaten-Analysevorrichtung aus dem Schaltgerät in ein etwaiges übergeordnetes Steuersystem zu verlegen.
Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 12 auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den Dokumenten D3 und D4.
Des Weiteren vermag der Vortrag der Beschwerdegegnerin I bezüglich einer Offenbarung eines fehlersicheren Speicherelements in D4 nicht zu überzeugen. Die von der Beschwerdegegnerin I benannte Passage auf Seite 8, letzter Absatz, ist auf die vorangehenden Absätze bezogen. Dort wird unter Punkt 5 offenbart, dass das Schaltgerät einen Festwertspeicher, in dem das Programm für den Mikroprozessor und das Referenzkennfeld fest gespeichert sind, enthält. In Punkt 6 wird ein veränderbarer Festwertspeicher, dessen Dateninhalt verändert werden kann, der aber bei Spannungsausfall nicht verlorengeht, und in dem der aktuelle Zustand des Schaltgerätes abgespeichert wird, genannt. Diese beiden unterschiedlichen Festwertspeicher können im Schaltgerät in einem einzigen Speicherelement zusammengefasst werden. Daraus folgt erkennbar nicht, dass zwei Versionen des Zustandsspeichers mit dem selben Inhalt vorhanden sind, also nicht, dass der Zustandsspeicher redundant ausgeführt wird.
Die Beschwerdegegnerin I verwies auch auf den einzigen Absatz von Seite 7 der D4. Auch dieses Argument überzeugt nicht, denn dort wird lediglich auf eine Schaltgerätekombination gemäß VDE oder IEC hingewiesen. Aus der Definition des Begriffes Schaltgerätekombination gemäß IEC lässt sich kein fehlersicherer Speicher ableiten.
Es wurde zwar in diesem Zusammenhang nicht vorgetragen, aber der Vollständigkeit halber erinnert die Kammer, dass auch das Argument der Beschwerdegegnerin II bezüglich einer angeblichen redundanten Speicherausführung in E2-D5 nicht greift. Dies gilt auch für das im Wesentlichen inhaltsgleiche Patentfamilienmitglied D4. Die Kammer erinnert auch daran, dass ein nichtflüchtiger Speicher, der zweifellos in D4 offenbart wird, nicht als fehlersichere Speichervorrichtung gelten kann, wie weiter oben dargelegt. Weitere Argumente wurden von den Beschwerdegegnerinnen I und II zur Kombination D3 und D4 nicht vorgetragen.
Daher ging auch der Gegenstand von Anspruch 1 nicht in naheliegender Weise aus der Kombination der Dokumente D3 und D4 hervor.
4. Schlussfolgerungen
Aus dem Vorangegangen ergibt sich, dass die Kammer zur Auffassung gelangt ist, dass unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) im Einspruch-Beschwerde-Verfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent auf Basis der Ansprüche des Hauptantrages und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genügen.
Die Kammer gibt daher dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin statt. Die Anträge der Beschwerdegegnerinnen I und II bleiben erfolglos.
Die Parteien erklärten sich mit der Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung mit der Weisung das Streitpatent in der Fassung des Hauptantrags gemäß Artikel 101 (3) (a) EPÜ aufrechtzuerhalten, wobei die Beschreibung noch an die geänderten Ansprüche anzupassen ist, einverstanden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Weisung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung auf Basis der Ansprüche 1 bis 15 gemäß Hauptantrag mit einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.