European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T027316.20190903 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 September 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0273/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08156113.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | A47L 15/42 A47L 15/24 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gewerbliche Geschirrspülmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | Premark FEG L.L.C. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | WINTERHALTER GASTRONOM GMBH | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung (ja) Zurückverweisung - wesentlicher Mangel im Verfahren vor der Einspruchsabteilung (ja) Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 22. Dezember 2015, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 997 420 nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ und Artikel 100 (c) EPÜ gestützt.
In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
D12 Produktbeschreibung Winterhalter Gastronom GS 1800, "Universalspülmaschine zum Waschen von Blechen, Töpfen und Grossgeräten"
D13 Stromwegeplan der Geschirrspülmschine GS 1800
D14 Schaltplan der Vorrichtung GS 1800
Die zum Beleg einer angeblich offenkundigen Vorbenutzung einer Geschirrspülmaschine "GS 1800" vorgelegten Dokumente D12 bis D14 wurden nicht als Stand der Technik zum Einspruchsverfahren zugelassen, und die angebotenen Zeugen wurden von der Einspruchsabteilung nicht geladen. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass keiner der angeführten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende als Beschwerdeführerin am 4. Februar 2016 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 20. April 2016 eingereicht.
IV. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer vom 16. Juli 2019 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit.
V. Die Beschwerdeführerin Einsprechende beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Sie beantragt außerdem, die Zeugen Herr Peter Hutschneider und Herr Hans Stier zur offenkundigen Vorbenutzung durch die Geschirrspülmaschine "GS 1800" zu vernehmen, und hilfsweise die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Vernehmung der angebotenen Zeugen zurückzuverweisen.
Mit Schreiben vom 1. August 2019 beantragt die Beschwerdeführerin Einsprechende hilfsweise eine mündliche Verhandlung nur für den Fall, dass die Kammer der Beschwerde nicht im schriftlichen Verfahren stattgibt, oder dass die Kammer nicht ausschließlich den in ihrer Mitteilung dargelegten wesentlichen Verfahrensmangel behandelt und dergestalt entscheidet, dass die Angelegenheit diesbezüglich an die erste Instanz zurückverwiesen wird.
VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und damit die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang.
Mit Schreiben vom 1. August 2019 beantragt die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin eine mündliche Verhandlung nur für den Fall, dass die Kammer die Beschwerde nicht als unbegründet zurückweist, oder dass die Kammer die Angelegenheit nicht an die erste Instanz mit der Auflage, die von der Einsprechenden genannten Zeugen zu hören, zurückverweist.
VII. Die Beschwerdeführerin Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Die offenkundige Vorbenutzung einer Geschirrspülmaschine "GS 1800" sei in der Einspruchsschrift hinreichend substantiiert worden. Die Zeugen Herr Hutschneider und Herr Stier seien in der Einspruchsschrift als Beweismittel genannt worden. Daher habe die Weigerung der Einspruchsabteilung, die angebotenen Zeugen zu laden, die Einsprechende daran gehindert, die von der Einspruchsabteilung geforderten Nachweise der offenkundigen Vorbenutzung mit frei gewählten Beweismitteln zu führen.
VIII. Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Die Ausführungen der Einsprechenden zu der angeblichen Vorbenutzungshandlung seien lückenhaft und unvollständig. Da die Einspruchsabteilung zu Recht erkannt habe, dass nicht von einer offenkundigen Vorbenutzung der Maschine vom Typ GS 1800 ausgegangen werden könne, sei eine Zeugenvernehmung nicht notwendig gewesen. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Frage der angeblich offenkundigen Vorbenutzung sei ohne Rechtsfehler.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Das Streitpatent betrifft eine gewerbliche Geschirrspülmaschine mit mindestens zwei Kreiselpumpen, die hydraulisch in Reihe hintereinander angeordnet sind. Durch den alternativen Betrieb von nur einer oder von mindestens zwei der Kreiselpumpen sind alternativ jeweils zwei verschiedene Flüssigkeitsdrücke erzeugbar, von denen jeder auf das zu reinigende, unterschiedliche Spülgut abgestimmt ist (Patentschrift, Absatz 8). Außerdem betrifft das Streitpatent ein Verfahren zum Betrieb einer solchen Geschirrspülmaschine.
3. Wesentlicher Verfahrensmangel,
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung,
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
3.1 Die Beschwerdekammer wird gemäß Artikel 111 (1) EPÜ entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück. Nach Artikel 11 VOBK verweist eine Kammer die Angelegenheit an die erste Instanz zurück, wenn das Verfahren vor der ersten Instanz wesentliche Mängel aufweist, es sei denn, dass besondere Gründe gegen die Zurückverweisung sprechen. Es steht somit im pflichtgemäßen Ermessen der Kammer, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls darüber zu befinden, ob eine Sache zurückzuverweisen oder sachlich zu entscheiden ist.
3.2 Im vorliegenden Fall wurde bereits in der Einspruchsschrift die Neuheit (und die erfinderische Tätigkeit) von Anspruch 1 gegenüber einer Vorbenutzung durch den Verkauf von Geschirrspülmaschinen "GS 1800" angegriffen. Die "GS 1800" scheint zwei hydraulisch in Reihe geschaltete Kreiselpumpen aufzuweisen (D12, Bild auf Seite 2). Zudem scheint sie zwei Zeitrelais zu umfassen, mittels der die beiden Pumpen mit 2,5 Sekunden Verzögerung zueinander gestartet werden (D13, Seite 3, Positionen d3 und d4; D14, Seite 2). Somit scheint die "GS 1800" besonders relevant zu sein.
3.3 Zum Beleg dieser Vorbenutzung wurden die Zeugen Herr Hutschneider und Herr Stier angeboten. Die Einspruchsabteilung hat die beiden Zeugen nicht gehört und die Vorbenutzung als nicht belegt angesehen (siehe insbesondere Punkt 15.5 der angegriffenen Entscheidung).
3.4 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss die zuständige Abteilung des EPA dem Antrag eines Einsprechenden, einen Zeugen zu einer angeblichen öffentlichen Vorbenutzung anzuhören, in der Regel stattgeben, bevor sie entscheidet, dass die angebliche öffentliche Vorbenutzung nicht nachgewiesen ist. Siehe dazu RdBK, 8. Auflage 2016, III.B.2.6.4 und III.G.3.1 sowie die darin behandelten Entscheidungen T 716/06 und T 1100/07.
Die Vorbenutzung wurde in der Einspruchsschrift ausreichend substantiiert (siehe insbesondere die Seiten 6 und 9 der Einspruchsschrift). Zudem hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende während des Einspruchsverfahrens mehrfach die Vernehmung der beiden Zeugen gefordert (Einspruchsschrift; Schreiben vom 27. Juni 2013; Schreiben vom 19. Oktober 2015; Punkt 6 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung). Trotzdem entschied die Einspruchsabteilung, die Zeugen nicht zu laden, obwohl sie zur Verfügung standen.
Für die Entscheidung der Einspruchsabteilung scheint dabei maßgeblich gewesen zu sein, dass die Fertigung bzw. der Verkauf einer Geschirrspülmaschine GS 1800 nicht belegt worden sei (Punkt 15.5.1 der angegriffenen Entscheidung). Die beiden Zeugen sind von der Einsprechenden genau zu dieser Frage angeboten worden (Einspruchsschrift, Seite 6: "bietet die Einsprechende, sowohl zur Bestätigung, dass die ... GS 1800 ... vertrieben worden ist ... die folgenden Zeugen an"), und nicht etwa "über das, was sie generell wissen", wie in der Entscheidung (Seite 6, 2. Absatz) unrichtig behauptet wurde. Daher war die Entscheidung, die Zeugen nicht zu vernehmen, falsch und hat den Ausgang des Verfahrens unter Umständen beeinflusst.
3.5 Die Beschwerdeführerin wurde durch das Verhalten der Einspruchsabteilung daran gehindert, ein aus ihrer Sicht für die Neuheit entscheidendes Beweismittel zu verwenden. Mithin hat die Einspruchsabteilung den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt, siehe dazu RdBK, III.B.2.6.4. Das stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, was eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung rechtfertigt. Auch kann die Kammer keine besonderen Gründe erkennen, die gegen eine Zurückverweisung sprechen, Artikel 11 VOBK i.V.m. Art 111(1) EPÜ.
3.6 Da der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht, ist die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, Regel 103 (1) a) EPÜ.
4. Beide Parteien haben nur für den Fall eine mündliche Verhandlung beantragt, dass die Kammer die Angelegenheit nicht an die erste Instanz zur weiteren Prüfung, insbesondere zur Anhörung der beiden Zeugen, zurückverweist. Die Beschwerdeführerin Einsprechende regt aber an, zuerst die weiteren Einwände zu prüfen und falls festgestellt wird, dass diese der Aufrechterhaltung entgegenstehen, zurückzuverweisen. Da sich die offenkundige Vorbenutzung, falls bewiesen, nach vorläufiger Einschätzung der Kammer einzig und alleine als entscheidungsserheblich erweisen könnte, erscheint es der Kammer zur Zeit zweckdienlicher, jetzt zurückzuverweisen, anstatt die weiteren Einwände zu prüfen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.