T 0146/16 () of 29.1.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T014616.20190129
Datum der Entscheidung: 29 Januar 2019
Aktenzeichen: T 0146/16
Anmeldenummer: 09779474.7
IPC-Klasse: B21D 1/05
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: BETRIEBSVERFAHREN FÜR EINEN STRECKRICHTER MIT ÜBERLAGERTER ELONGATIONSREGELUNG UND UNTERLAGERTER ZUGREGELUNG
Name des Anmelders: Primetals Technologies Germany GmbH
Name des Einsprechenden: SMS group GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 69
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Änderungen
Klarheit
Erfinderische Tätigkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat Beschwerde gegen die am 20. November 2015 zur Post gegebene Entscheidung, mit der die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2328697 zurückwies, eingelegt.

II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, welche am 29. Januar stattfand, war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Zwischenentscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag die Aufrechterhaltung der Patents auf der Grundlage des während der Verhandlung eingereichten Anspruchssatzes.

III. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags lauten wie folgt:

"1. Betriebsverfahren für einen Streckrichter, der ein eingangsseitiges Förderelement (1), ein Biegeelement (2) und ein ausgangsseitiges Förderelement (3) umfasst,

- wobei dem Biegeelement (2) vom eingangsseitigen Förderelement (1) mit einer Eingangsgeschwindigkeit (v1) ein Band (6), insbesondere ein Metallband (6), zugeführt wird,

- wobei das Band (6) vom ausgangsseitigen Förderelement (3) mit einer Ausgangsgeschwindigkeit (v2) aus dem Biegeelement (2) abgeführt wird,

- wobei die Ausgangsgeschwindigkeit (v2) größer als die Eingangsgeschwindigkeit (v1) ist, so dass das Band (6) plastisch gestreckt wird,

- wobei das Band (6) im Biegeelement (2) mittels an das Band (6) angestellter Rollen (10) des Biegeelements (2) alternierend nach oben und unten ausgelenkt wird,

- wobei das eingangsseitige Förderelement (1) auf einen eingangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v1*) und das ausgangsseitige Förderelement (3) auf einen ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*) geregelt werden,

- wobei die Eingangsgeschwindigkeit (v1) und die Ausgangsgeschwindigkeit (v2) erfasst werden und aus ihnen ein Elongationsistwert (e) für das Band (6) ermittelt wird,

- wobei der Elongationsistwert (e) und ein Elongationssollwert (e*) einem Elongationsregler (15) zugeführt werden,

dadurch gekennzeichnet,

- dass der Elongationsregler (15) anhand der ihm zugeführten Werte (e, e*) einen Zugsollwert (Z*) ermittelt,

- dass der Zugsollwert (Z*) auf einen maximalen Zugsollwert (ZMAX*) begrenzt wird,

- dass ein Zugistwert (Z) erfasst wird,

- dass der Zugistwert (Z) und der auf den maximalen Zugsollwert (ZMAX*) begrenzte Zugsollwert (Z*) einem Zugregler (16) zugeführt werden, der anhand der ihm zugeführten Werte (Z, Z*) einen Geschwindigkeitszusatzsollwert (deltav*) ermittelt, und

- dass der Geschwindigkeitszusatzsollwert (deltav*) auf den ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*) aufgeschaltet wird."

"5. Computerprogramm für eine Steuereinrichtung (4) eines Streckrichters, wobei das Computerprogramm Maschinenbefehle (22) umfasst, die von der Steuereinrichtung (4) unmittelbar abarbeitbar sind, wobei die Abarbeitung der Maschinenbefehle (22) durch die Steuereinrichtung (4) bewirkt, dass die Steuereinrichtung (4) den Streckrichter gemäß einem Betriebsverfahren nach einem der obigen Ansprüche betreibt."

"8. Steuereinrichtung für einen Streckrichter, der ein eingangsseitiges Förderelement (1), ein Biegeelement (2) und ein ausgangsseitiges Förderelement (3) umfasst,

- wobei die Steuereinrichtung einen eingangsseitigen Geschwindigkeitsregler (7), einen ausgangsseitigen Geschwindigkeitsregler (9), einen Elongationsermittler (14), einen Elongationsregler (15), einen Zugregler (16), ein Begrenzungselement (17) und ein Aufschaltelement (18) aufweist,

- wobei die Steuereinrichtung mindestens einen Betriebsmode aufweist, in dem die genannten Elemente (7, 9, 14, 15, 16, 17, 18) der Steuereinrichtung wie folgt zusammenwirken:

- Dem eingangsseitigen Geschwindigkeitsregler (7) wird ein Eingangsgeschwindigkeitswert (v1) zugeführt, mit dem dem Biegeelement (2) von dem eingangsseitigen Förderelement (1) ein Band (6) , insbesondere ein Metallband (6) , zugeführt wird;

- der eingangsseitige Geschwindigkeitsregler (7) gibt an das eingangsseitige Förderelement (1) ein eingangsseitiges Stellsignal (S1) aus, mittels dessen das eingangsseitige Förderelement (1) auf einen eingangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v1*) geregelt wird;

- dem ausgangsseitigen Geschwindigkeitsregler (9) wird ein Ausgangsgeschwindigkeitswert (v2) zugeführt, mit dem das Band (6) von dem ausgangsseitigen Förderelement (3) aus dem Biegeelement (2) abgeführt wird,

- der ausgangsseitige Geschwindigkeitsregler (9) gibt an das ausgangsseitige Förderelement (3) ein ausgangsseitiges Stellsignal (S2) aus, mittels dessen das ausgangsseitige Förderelement (3) auf einen resultierenden ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) geregelt wird,

- dem Elongationsermittler (14) werden der Eingangsgeschwindigkeitswert (v1) und der Ausgangsgeschwindigkeitswert (v2) zugeführt;

- der Elongationsermittler (14) ermittelt aus den ihm zugeführten Werten (v1, v2) einen Elongationsistwert (e) für das Band (6);

- dem Elongationsregler (15) werden der Elongationsistwert (e) und ein Elongationssollwert (e*) zugeführt;

- der Elongationsregler (15) ermittelt anhand der ihm zugeführten Werte (e, e*) einen Zugsollwert (Z*);

- das Begrenzungselement (17) ist dem Elongationsregler (15) nachgeordnet und begrenzt den Zugsollwert (Z*) auf einen maximalen Zugsollwert (ZMAX*);

- dem Zugregler (16) werden ein erfasster Zugistwert (Z) und der auf den maximalen Zugsollwert (ZMAX*) begrenzte Zugsollwert (Z*) zugeführt;

- der Zugregler (16) ermittelt anhand der ihm zugeführten Werte (Z, Z*) einen Geschwindigkeitszusatzsollwert (deltav*);

- dem Aufschaltelement (18) werden der Geschwindigkeitszusatzsollwert (deltav*) und ein vorläufiger ausgangsseitiger Geschwindigkeitssollwert (v2*) zugeführt;

- das Aufschaltelement (18) schaltet den Geschwindigkeitszusatzsollwert (deltav*) auf den vorläufigen ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*) auf und führt den vorläufigen ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*) zuzüglich des aufgeschalteten Geschwindigkeitszusatzsollwerts (deltav*) dem ausgangsseitigen Geschwindigkeitsregler (9) als resultierenden ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) zu,

der resultierende ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) ist größer als der eingangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v1*), so dass durch das Regeln des eingangsseitigen Förderelements (1) auf den eingangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v1*) und das Regeln des ausgangsseitigen Förderelements (3) auf den resultierenden ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) das Band (6) zwischen den Förderelement (1, 3) plastisch gestreckt wird."

"12. Streckrichter für ein Band (6), insbesondere ein Metallband (6),

- wobei der Streckrichter ein eingangsseitiges Förderelement (1), ein Biegeelement (2) und ein ausgangsseitiges Förderelement (3) umfasst,

- wobei das Band (6) dem Biegeelement (2) vom eingangsseitigen Förderelement (1) zuführbar ist,

- wobei das Band (6) vom ausgangsseitigen Förderelement (3) aus dem Biegeelement (2) abführbar ist,

- wobei das Band (6) im Biegeelement (2) mittels an das Band (6) angestellter Rollen (10) des Biegeelements (2) alternierend nach oben und unten auslenkbar ist,

- wobei der Streckrichter eine Steuereinrichtung (4) nach einem der Ansprüche 8 bis 11 aufweist."

IV. Folgende Entgegenhaltungen haben für die Entscheidung eine Rolle gespielt:

E1: JP -A- 11-347630 (mit Übersetzung E1a und Zusammenfassung E1b);

E8: JP -A- 61-49730 (mit Übersetzung E8a und Zusammenfassung E8b);

E9: JP -A- 2004-255444 (mit Übersetzung E9b und Zusammenfassung E9a).

V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Zulassung des Antrags in das Verfahren

Der Hauptantrag entspreche im Wesentlichen dem mit Schreiben vom 27. September 2018 eingereichten Hauptantrag. Dieser sei spät eingereicht worden und führe einen neuen Sachverhalt in das Verfahren ein, weil die Begriffe "vorläufigen" und "resultierenden" ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert erstmalig eingeführt werden. Der Hauptantrag sei deshalb nicht in das Verfahren zuzulassen.

Artikel 123(2) EPÜ

Die Begriffe "vorläufiger" und "resultierender" ausgangsseitiger Geschwindigkeitssollwert seien in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht nicht offenbart. Nach der Beschreibung werde sowohl dem Aufschaltelement 18 als auch dem Geschwindigkeitsregler 9 ein nicht näher definierter ausgangsseitiger Geschwindigkeits­sollwert v2* zugeführt. Eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Geschwindigkeitssollwerten sei auch den Zeichnungen nicht zu entnehmen. Folglich verletze die Einführung der Begriffe "vorläufige" und "resultierende" ausgangs­seitige Geschwindigkeits­sollwert in Anspruch 8 Artikel 123(2) EPÜ.

Ferner offenbare die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht auch nicht, dass der resultierende ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) größer als der eingangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v1*) ist. Stattdessen offenbare die Beschreibung, dass im Elongationsregelmode der ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert v2* größer als der eingangsseitige Geschwindigkeitssollwert v1* ist. Auch deswegen verletze Anspruch 8 Artikel 123(2) EPÜ.

Im schriftlichen Verfahren ist darüber hinaus beanstandet worden, dass die ursprünglich eingereichte Anmeldung zusätzlich offenbare, dass die beanspruchte Vorrichtung

- ein Biegeelement und deren Rollen, sowie

- einen Multiplizierer 19

umfasse. Diese Merkmale fehlten im Anspruch 8, so dass der Anspruch auch deshalb Artikel 123(2) EPÜ verletze.

Artikel 123(3) EPÜ

Im erteilten Anspruch 8 würden "vorläufige" und "resultierende" ausgangsseitige Geschwindigkeits­sollwerte nicht erwähnt. Nach dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 8 werde sowohl dem Aufschaltelement 18 als auch dem ausgangsseitigen Geschwindigkeitsregler 9 derselbe ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert zugeführt. Die Beschreibung und die Zeichnungen ermöglichten auch nicht, diesen Punkt klarzustellen. Folglich verletze Anspruch 8 auch Artikel 123(3) EPÜ.

Artikel 84 EPÜ

Während in Anspruch 8 zwischen dem "vorläufigen" und dem "resultierenden" ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert unterschieden werde, sei im Anspruch 1 nur von ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwerten die Rede, welche auslegungsbedürftig seien. Durch den abweichenden Wortlaut der Ansprüche 1 und 8 entstehe eine Unklarheit des Anspruchs 8.

Ferner sei auch das Merkmal, wonach das Band zwischen den Förderelementen durch das Regeln des ausgangsseitigen Förderelements auf den resultierenden ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert (v2*+deltav*) plastisch gestreckt werde, unklar. Die plastische Deformation des Bandes werde nämlich von den Ist-Geschwindigkeiten und nicht wie im Anspruch verlangt von v1* und v2*+deltav* verursacht, wobei deltav* auch negativ sein könne.

Folglich sei Anspruch 8 nicht klar.

Einheitlichkeit

Im schriftlichen Verfahren ist die fehlende Einheitlichkeit von den unabhängigen Ansprüchen geltend gemacht worden.

Erfinderische Tätigkeit

E1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik für Anspruch 1 dar. Diese Entgegenhaltung offenbare alle Merkmale des Oberbegriffes sowie das Merkmal, wonach der Geschwindigkeitszusatzsollwert auf den ausgangs­seitigen Geschwindigkeitssollwert aufgeschaltet werde.

Die ausgehend von E1 vom Verfahren des Anspruchs 1 zu lösende Aufgabe könne darin gesehen werden, Möglichkeiten zu schaffen, mittels derer auf einfache Weise Schwingungen im aktuellen Bandzug und im Elongationssollwert abgefangen werden können und nach Möglichkeit auch die Abweichungen in der Istelongation während Beschleunigungs und Verzögerungsvorgängen reduziert werden können.

Im Hinblick auf E8 sei es naheliegend diese Aufgabe gemäß Anspruch 1 zu lösen. E8 befasse sich mit der Genauigkeit der Steuerung und offenbare alle Unterscheidungsmerkmale des Anspruchs 1. Obwohl Figur 1 eine Korrektur der Eingangsgeschwindigkeit zeige, könne die Anordnung auch für eine Korrektur der Ausgangs­geschwindigkeit verwendet werden. Ein Zugist­wert werde vom Detektor 18 erfasst und Element 23 zugeführt. Auf der Grundlage dieses Zugistwerts, eines Zugzusatz­sollwerts und eines Geschwindigkeits­zusatzsollwerts ermittle das Element 23 einen Geschwindigkeits­­zusatzsollwert. Somit entspreche das Element 23 dem Elongationsregler und dem Zugregler des Anspruchs und ihren Funktionen.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf E1 und E8.

Im schriftlichen Verfahren wurde auch fehlende erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf E1 und E9 vorgebracht. Aus E9 sei nämlich ersichtlich, dass es dem Fachmann geläufig sei, bei einem Streckrichter sowohl eine Elongationsregelung als auch eine Zug­regelung vorzusehen.

VI. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:

Zulassung des Antrags in das Verfahren

Der Hauptantrag entspreche dem mit Schreiben vom 27. September 2018 eingereichten Hauptantrag. Die Änderungen im Vergleich zum erteilten Patent seien eine Reaktion auf die Mitteilung der Kammer und seien zeitnah nach dem Eingangs des Bescheids eingereicht worden. Der Hauptantrag sei daher in das Verfahren zuzulassen.

Artikel 123(2) EPÜ

Anspruch 8 gehe nicht über die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hinaus.

Selbst wenn die Begriffe "vorläufige" und "resultierende" ausgangsseitige Geschwindigkeits­sollwert dort nicht explizit vorkämen, sei es klar aus der Figur 1 zu entnehmen, dass der Geschwindigkeits­zusatzsollwert deltav* und ein ausgangsseitiger Geschwindigkeits­sollwert v2* in dem Aufschaltelement 18 summiert werden, wodurch ein Signal v2*+deltav* entstehe, welches dem Geschwindigkeits­regler 9 zugeführt werde.

Die ursprünglich eingereichte Anmeldung offenbare auch, dass der resultierende ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) größer als der eingangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v1*) ist, so dass durch das Regeln des eingangsseitigen Förderelements (1) auf den eingangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v1*) und das Regeln des ausgangsseitigen Förderelements (3) auf den resultierenden ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert (v2*+deltav*) das Band (6) zwischen den Förderelement (1, 3) plastisch gestreckt wird. Seite 8, Zeilen 31-33 beschrieben nämlich, dass die Ausgangs­geschwindigkeit v2 größer als die Eingangs­geschwindigkeit v1 sei, so dass das Band zwischen den Förderelementen plastisch gestreckt werde. Folglich sei der resultierende Geschwindigkeitssollwert v2*+deltav* größer als der eingangsseitige Geschwindigkeitssollwert v1*.

In schriftlichen Verfahren ist auch vorgetragen worden, dass das Biegeelement nicht Teil der Steuerungs­einrichtung sei und dass der Multiplizierer 19 optional sei.

Folglich erfülle Anspruch 8 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Artikel 123(3) EPÜ

Im Hinblick auf die Zeichnungen sei es für den Fachmann bereits für den erteilten Anspruch 8 klar gewesen, dass dem Aufschaltelement 18 der Geschwindigkeits­zusatz­sollwert deltav* und ein ausgangsseitiger Geschwindigkeits­sollwert v2* zugeführt werden, und dass dem Geschwindigkeitsregler 9 ein Signal v2*+deltav* zugeführt werde. Folglich seien auch die Erfordernisse des Artikel 123(3) EPÜ erfüllt.

Artikel 84 EPÜ

Anspruch 8 könne nicht dadurch unklar werden, dass in Anspruch 1 statt dem "vorläufigen" und dem "resultierenden" ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert auslegungsbedürftige Begriffe verwendet werden.

Das Merkmal, wonach das Band zwischen den Förder­elementen durch das Regeln des ausgangs­seitigen Förderelements auf den resultierenden ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) plastisch gestreckt werde, sei auch klar, da die Ist-Geschwindigkeiten von den den Reglern zugeführten Geschwindigkeitssollwerten v1* und v2*+deltav* bestimmt werden.

Einheitlichkeit

Die Meinung der Kammer, dass Einheitlichkeit nicht zu prüfen sei, werde geteilt.

Erfinderische Tätigkeit

Die Kombination der E1 und E8 könne der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahelegen. Der beanspruchte Gegenstand unterscheide sich von E1 dadurch,

- dass der Elongationsregler anhand der ihm zugeführten Werte einen Zugsollwert ermittle,

- dass der Zugsollwert auf einen maximalen Zugsollwert begrenzt werde,

- dass ein Zugistwert erfasst werde

- und dass der Zugistwert und der auf den maximalen Zugsollwert begrenzte Zugsollwert einem Zugregler zugeführt werden, der anhand der ihm zugeführten Werte einen Geschwindigkeitszusatzsollwert ermittle.

E8 offenbare nicht alle diese Unterscheidungsmerkmale. Insbesondere werde gemäß E8 der korrigierte Geschwindigkeitssollwert anhand des Zugistwerts, der Abweichung zwischen Ist- und Solldehnung und des Geschwindigkeitssollwerts im Element 23 berechnet . Somit sei die beanspruchte Kombination von Zugregler und Elongationsregler nicht offenbart.

Die Kombination der E1 und E9 könne auch nicht die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen, weil in E9 entweder eine Elongationsregelung oder eine Zugregelung erfolge.

Deshalb beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1, sowie der Gegenstand der jeweiligen anderen unabhängigen Ansprüche, auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung des Antrags in das Verfahren

Der Hauptantrag entspricht im Wesentlichen dem mit Schreiben vom 27. September 2018 eingereichten Hauptantrag (die zwei Anträge unterscheiden sich lediglich durch ein Bezugszeichen).

Der Hauptantrag fügt Änderungen im Vergleich zum erteilten Patent hinzu, darunter die Einführung eines "vorläufigen" und "resultierenden" ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwerts, die darauf zielen, den in ihrer Mitteilung vom 21. August 2018 von der Kammer erhobenen Einwänden Rechnung zu tragen. Deshalb ist der Hauptantrag als Reaktion zur Mitteilung der Kammer zu werten.

Da die Änderungen schon in Rahmen des Hauptantrags vom 27. September 2018, d.h. etwa ein Monat nach der Mitteilung der Kammer und vier Monate vor der mündliche Verhandlung, erfolgten, hatte die Beschwerdeführerin mehr als genug Zeit, darauf zu reagieren.

Unter diesen Umständen übt die Kammer das ihr nach Artikel 13(1) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend aus, dass der Hauptantrag in das Verfahren zugelassen wird.

2. Artikel 123(2) EPÜ

2.1 Unter Artikel 123(2) EPÜ wird der Anspruch 8 beanstandet. Der Anspruch 8 basiert in erster Linie auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 8.

2.2 Allerdings besagt der vorliegende Anspruch 8, dass das Aufschaltelement (18) den Geschwindigkeits­zusatz­sollwert (deltav*) auf den vorläufigen ausgangs­seitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*) aufschaltet, und den vorläufigen ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert (v2*) zuzüglich des aufgeschalteten Geschwindigkeits­zusatz­sollwerts (deltav*) dem ausgangs­seitigen Geschwindigkeits­­regler (9) als resultierenden ausgangs­seitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) zuführt.

Die Begriffe "vorläufiger" und "resultierender" ausgangsseitiger Geschwindigkeitssollwert wurden in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht nicht benutzt (weder in den Ansprüchen noch in der Beschreibung). Die Beschreibung offenbart auf Seite 10, Zeilen 15-20 nämlich, dass der Geschwindigkeitszusatzsollwert deltav* und der ausgangs­­seitige Geschwindigkeitssollwert v2* einem Aufschalt­element 18 zugeführt werden, und dass das Aufschalt­element 18 den Geschwindigkeits­zusatz­sollwert deltav* auf den ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert v2* aufschaltet. Ferner wird auf Seite 7, Zeilen 30-35 beschrieben, dass dem Geschwindigkeits­regler 9 die Ausgangsgeschwindigkeit v2 und ein ausgangsseitiger Geschwindigkeitssollwert v2* zugeführt werden. Es ist daher von der Beschreibung allein nicht klar, ob der ausgangs­seitige Geschwindigkeitssollwert, welcher dem Geschwindigkeitsregler 9 zugeführt wird, derselbe wie der ausgangsseitige Geschwindigkeits­sollwert ist, welcher dem Aufschaltelement 18 zugeführt wird.

Die Offenbarung der Anmeldung umfasst jedoch auch die Zeichnungen, insbesondere die Figur 1, die nachstehend dargestellt wird.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Dieser Figur ist für den Fachmann eindeutig zu entnehmen, dass der Geschwindigkeitszusatzsollwert deltav* und ein ausgangsseitiger Geschwindigkeitssollwert v2* dem Aufschaltelement 18 zugeführt werden, dass sie in dem Aufschaltelement 18 addiert werden, wodurch ein Signal v2*+deltav* entsteht, welches dem Geschwindigkeits­regler 9 zugeführt wird.

Die Nutzung des Ausdrucks "vorläufiger" ausgangs­seitiger Geschwindigkeitssollwert für das dem Aufschaltelement 18 zugeführte Signal und des Ausdrucks "resultierender" ausgangsseitiger Geschwindigkeitssollwert für das dem Geschwindigkeits­regler 9 zugeführte Signal ist lediglich eine Beschreibung der in Figur 1 gezeigten Anordnung und fügt keine zusätzliche Information hinzu.

Dieses Merkmal geht daher nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

2.3 Der vorliegende Anspruch 8 erfordert auch, dass der resultierende ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) größer als der eingangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v1*) ist, so dass das Band (6) durch das Regeln des eingangs­seitigen Förder­elements (1) auf den eingangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert (v1*) und das Regeln des ausgangsseitigen Förderelements (3) auf den resultierenden ausgangs­seitigen Geschwindigkeits­sollwert (v2*+deltav*) zwischen den Förderelement (1, 3) plastisch gestreckt wird.

Dieses Merkmal stützt sich auf Seite 8, Zeilen 29-36 der ursprünglich eingereichten Beschreibung, wonach im Elongationsregelmode der ausgangsseitige Geschwindigkeits­­­­sollwert größer als der eingangs­seitige Geschwindigkeitssollwert ist. Hiermit korrespondierend ist auch die Ausgangsgeschwindigkeit v2 größer als die Eingangsgeschwindigkeit v1. Der Geschwindigkeits­unterschied zwischen der Ausgangs­geschwindigkeit v2 und der Eingangsgeschwindigkeit v1 ist hierbei derart, dass das Band zwischen den Förderelementen plastisch gestreckt wird.

Es ist zwar richtig, dass in der genannten Textpassage der "ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert v2*" und nicht der resultierende ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) erwähnt wird. Da der Absatz aber auch besagt, dass die Ausgangs­geschwindigkeit v2 größer als die Eingangs­geschwindigkeit v1 ist, ist es offensichtlich, dass diejenige Geschwindigkeits­sollwerte gemeint sind, die den Reglern zugeführt werden, d.h. im Fall des Reglers 9 der resultierende ausgangsseitige Geschwindigkeits­sollwert v2*+deltav*.

Dieses Merkmal geht daher ebenfalls nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

2.4 In schriftlichen Verfahren beanstandete die Beschwerde­führerin auch, dass der vorliegende Anspruch 8 weder ein Biegeelement noch deren Rollen erwähne.

Es stimmt, dass der ursprüngliche Anspruch 1 ein Betriebsverfahren für einen Streckrichter betrifft, der u.a. ein Biegeelement umfasst, in welchem das Band mittels an das Band angestellter Rollen alternierend nach oben und unten ausgelenkt wird.

Die Anmeldung offenbart jedoch auch, dass das Biege­element nur gegebenenfalls von der Steuer­einrichtung gesteuert wird (Seite 6, Zeilen 23-25 und Figur 1). Es ist daher klar, dass das Biege­element kein Teil der Steuereinrichtung ist. Somit verletzt das Weglassen des Biegelements im vorliegenden Anspruch 8, der eine Steuereinrichtung betrifft, nicht Artikel 123(2) EPÜ.

2.5 Die Beschwerdeführerin trug schriftlich auch vor, dass Anspruch 8 Artikel 123(2) EPÜ verletze, weil die beanspruchte Vorrichtung keinen Multiplizierer umfasse.

In der Tat ist in Figur 1 - im Gegensatz zum Anspruch 8 - auch ein Multiplizierer 19 vorhanden, der durch Multiplizieren des eingangsseitigen Geschwindigkeits­sollwerts v1* mit dem Elongationssollwert e* den ausgangs­seitigen Geschwindigkeitssollwert v2* ermittelt.

Der ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert v2* kann jedoch auf beliebige Weise ermittelt werden (siehe Seite 10, Zeilen 22-27, wo auch andere Ermittlungs­methoden offenbart sind). Somit werden auch Ausführungsformen ohne den Multiplizierer offenbart. Das Weglassen dieses Merkmal verstößt daher nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

3. Artikel 123(3) EPÜ

Im erteilten Anspruch 8 werden keine "vorläufige" und "resultierende" ausgangsseitige Geschwindigkeits­sollwerte erwähnt. Der erteilte Anspruch 8 legt dagegen fest, dass vom ausgangsseitigen Geschwindigkeitsregler 9 das ausgangsseitige Förderelement 3 "auf einen ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*)" geregelt wird, und dass der Geschwindigkeits­zusatzsollwert deltav* und "der ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert (v2*)" dem Aufschaltelement 18 zugeführt werden, welches den Geschwindigkeits­zusatzsollwert deltav* auf den ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert v2* aufschaltet.

Aus einer rein semantischen Interpretation des erteilten Anspruchs 8 ergibt sich deshalb, dass - im Gegensatz zu dem vorliegenden Anspruch 8 - der gleiche Geschwindigkeitssollwert dem Aufschaltelement 18 und dem Geschwindigkeits­regler 9 zugeführt wird. Diese Interpretation ist jedoch technisch nicht sinnvoll, weil der Sollwert, der dem Regler 9 zugeführt wird, auch den Geschwindigkeitszusatzsollwert deltav* in irgendeiner Weise berücksichtigen muss.

Der Fachmann würde deshalb - wie von Artikel 69 EPÜ vorgeschrieben - die Beschreibung und die Zeichnungen zur Hilfe ziehen, um den Anspruch auszulegen und den Schutzbereich zu bestimmen. Wie oben erklärt ergibt sich - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - aus den Beschreibung und den Zeichnungen eindeutig dass der Geschwindigkeits­zusatzsollwert deltav* und ein ausgangsseitige Geschwindigkeitssollwert v2* dem Aufschaltelement 18 zugeführt werden, und das Signal v2*+deltav* dem Geschwindigkeitsregler 9 zugeführt wird. Der Fachmann würde daher den Schutzbereich des erteilten Anspruchs 8 in diesem Sinn, welcher der im vorliegenden Anspruch 8 beanspruchten Anordnung entspricht, auslegen.

Anspruch 8 verstoßt deshalb nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ.

4. Artikel 84 EPÜ

4.1 Die Beschwerdeführerin trug vor, dass, während in Anspruch 8 zwischen dem "vorläufigen" und dem "resultierenden" ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwert unterschieden werde, im Anspruch 1 nur die Rede von ausgangsseitigen Geschwindigkeits­sollwerten sei, welche jedes mal auslegungsbedürftig seien. Durch den unterschiedlichen Wortlaut der Ansprüche 1 und 8 entstehe eine Unklarheit in Anspruch 8.

Die Prüfung der Klarheit kann sich nicht auf Anspruch 1 erstrecken, da dieser dem erteilten Anspruch 1 entspricht, sondern muss sich auf das im Einspruchsbeschwerde­verfahren geänderte Anspruch 8 beschränken. Die Verwendung der Begriffe "vorläufiger" und "resultierender" ausgangsseitiger Geschwindigkeits­­­sollwert in Anspruch 8 verursacht als solche keine Unklarheit. Die Tatsache, dass in Anspruch 1 ein anderer Wortlaut verwendet wird, kann daran nichts ändern. Folglich wird Anspruch 8 nicht dadurch unklar.

4.2 Auch aus dem Merkmal, wonach das Regeln des ausgangs­seitigen Förderelements auf den resultierenden ausgangs­seitigen Geschwindigkeitssollwert (v2*+deltav*) das Band zwischen den Förderelement plastisch gestreckt wird, ergibt keine Unklarheit.

Es ist zwar richtig, dass die plastische Deformation des Bandes durch die Ist-Geschwindigkeiten v1 und v2 verursacht ist, wobei v2 größer als v1 ist (siehe Absatz [0034]). Die Ist-Geschwindigkeiten werden aber von den den Reglern zugeführten Geschwindigkeits­sollwerten v1* und v2*+deltav* bestimmt, welche im Gegensatz zu den Ist-Geschwindigkeiten Merkmale der Steuereinrichtung sind. Somit ist es korrekt, dass durch das Regeln des ausgangs­seitigen Förderelements auf den resultierenden ausgangs­seitigen Geschwindigkeits­sollwert (v2*+deltav*) und die im Anspruch definierte Bedingung (v2*+deltav*) größer als (v1*) eine plastische Deformation des Bandes erfolgt.

5. Einheitlichkeit

Im schriftlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin auch die fehlende Einheitlichkeit geltend gemacht.

Allerdings gehört gemäß G 1/91, Entscheidungsformel, die Einheitlichkeit der Erfindung (Artikel 82 EPÜ) nicht zu den Erfordernissen, denen ein europäisches Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, bei Aufrechterhaltung in geändertem Umfang nach Artikel 102 Absatz 3 EPÜ zu genügen hat. Dementsprechend ist es im Einspruchsverfahren unbeachtlich, wenn das europäische Patent in der erteilten Fassung oder nach Änderung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht entspricht. Dieser Einwand ist folglich nicht zu prüfen.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 E1 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik für Anspruch 1 dar.

E1 offenbart ein Betriebsverfahren für einen Streck­richter, der ein eingangsseitiges Förderelement, ein Biegeelement und ein ausgangsseitiges Förderelement umfasst (Figur 2), wobei dem Biegeelement vom eingangsseitigen Förderelement mit einer Eingangs­geschwindigkeit ein Band, insbesondere ein Metallband, zugeführt wird. Das Band wird vom ausgangsseitigen Förderelement mit einer Ausgangsgeschwindigkeit aus dem Biegeelement abgeführt, wobei die Ausgangs­geschwindigkeit größer als die Eingangsgeschwindigkeit ist, so dass das Band plastisch gestreckt wird (siehe Ansprüche 1 und 2, "prozentuale Dehnung"). Das Band wird im Biegeelement mittels an das Band angestellter Rollen des Biegeelements alternierend nach oben und unten ausgelenkt, wobei das eingangsseitige Förderelement auf einen eingangsseitigen Geschwindigkeitssollwert und das ausgangsseitige Förderelement auf einen ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert geregelt werden (Absatz [0012]). Die Eingangsgeschwindigkeit und die Ausgangsgeschwindigkeit werden erfasst und aus ihnen wird ein Elongationsistwert für das Band ermittelt, wobei der Elongationsistwert und ein Elongations­sollwert einem Elongationsregler zugeführt werden.

Ferner wird in den Einrichtungen 19 und 20 der Geschwindigkeitszusatzsollwert auf den ausgangsseitigen Geschwindigkeitssollwert aufgeschaltet (letzte drei Sätze des Absatzes [0012]).

6.2 Es ist unstreitig, dass D1 nicht offenbart,

- dass der Elongationsregler anhand der ihm zugeführten Werte einen Zugsollwert ermittelt,

- dass der Zugsollwert auf einen maximalen Zugsollwert begrenzt wird,

- dass ein Zugistwert erfasst wird, und

- dass der Zugistwert und der auf den maximalen Zugsollwert begrenzte Zugsollwert einem Zugregler zugeführt werden, der anhand der ihm zugeführten Werte einen Geschwindigkeitszusatzsollwert ermittelt.

Die dadurch vom Verfahren des Anspruchs 1 zu lösende Aufgabe kann darin gesehen werden, Möglichkeiten zu schaffen, mittels derer auf einfache Weise Schwingungen im aktuellen Bandzug und im Elongationssollwert abgefangen werden können und nach Möglichkeit auch die Abweichungen in der Istelongation während Beschleunigungs und Verzögerungsvorgängen reduziert werden können (Absatz [0013] des Streitpatents).

6.3 Um die erfinderische Tätigkeit zu verneinen, bezieht sich die Beschwerdeführerin auf E8 und (im schriftlichen Verfahren) E9. Allerdings offenbart keine dieser Entgegenhaltungen die o.g. Unterscheidungs­merkmale, so dass die Kombinationen der E1 mit E8 oder E9 den beanspruchten Gegenstand nicht naheliegen können.

6.3.1 E8 offenbart, dass ein Zugistwert erfasst wird (Seite 7, erster Satz). In Element 23 gehen, wie aus der nachfolgend dargestellten Figur 1 ersichtlich, als Eingangssignale der Zugistwert (Outputsignal des Spannungsdetektors 18), die Abweichung zwischen Ist- und Solldehnung und der Geschwindigkeitssollwert (Eingangs- oder Ausgangs , siehe Seite 9) ein; Ausgangssignal ist der korrigierte Geschwindigkeits­sollwert (siehe Seite 7). Wie der Geschwindigkeits­sollwert im Element 23 berechnet wird, ist nicht beschrieben.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Dagegen wird gemäß Anspruch 1 der Geschwindigkeits­zusatzsollwert in zwei Schritten ermittelt: erst ermittelt der Elongationsregler anhand der ihm zugeführten Werte einen Zugsollwert, welcher auf einen maximalen Zugsollwert begrenzt wird, und dann wird der begrenzten Zugsollwert zusammen mit dem erfassten Zug­istwert dem Zugregler zugeführt, der anhand der ihm zugeführten Werte einen Geschwindigkeitszusatzsollwert ermittelt. Folglich offenbart E8 nicht die Unterscheidungs­merkmale.

6.3.2 E9 ist noch weniger relevant, da in dieser Entgegen­haltung mit dem Schalter 30 zwischen Zugregelung und Spannungsregelung umgeschaltet wird. Eine Verwertung des erfassten Zuges im Elongantions­regelmethode wie im Anspruch 1 ist in E9 nicht offenbart.

6.4 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6.5 Aus denselben Gründen beruht auch der Gegenstand der jeweiligen anderen unabhängigen Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einzuspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in der folgenden Fassung aufrecht zu erhalten:

- Ansprüche 1 bis 12 des Hauptantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,

- Beschreibung: Spalten, 1, 2 und 5 bis 8 wie erteilt und Spalten 3 und 4 wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,

- Zeichnungen: Figuren 1 und 2 wie erteilt.

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