T 2359/15 () of 2.7.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T235915.20190702
Datum der Entscheidung: 02 Juli 2019
Aktenzeichen: T 2359/15
Anmeldenummer: 12008343.1
IPC-Klasse: D01G 15/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Überwachen von Kontakten eines sich drehenden Bauteils einer Textilmaschine
Name des Anmelders: MASCHINENFABRIK RIETER AG
Name des Einsprechenden: Trützschler GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 101(3)(b)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 1 (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge - Hilfsantrag 2 eindeutig gewährbar (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 743 385 zurückgewiesen wurde.

II. Das folgende Dokument ist für die hier zu treffende Entscheidung relevant:

D1 US 7874046 B2

III. Folgend auf eine Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer eine Mitteilung versandt, in der sie ihre vorläufige Meinung zum Ausdruck brachte, wonach der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 neu zu sein scheine.

IV. Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 reichte die Beschwerdegegnerin Hilfsanträge 1, 2 und 3 ein.

V. Am 2. Juli 2019 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin die bisherigen Hilfsanträge 1 bis 3 durch geänderte Hilfsanträge 1 und 2 ersetzte.

VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der in der mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2019 eingereichten Hilfsanträge 1 und 2 aufrecht zu erhalten.

VII. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet:

"1. Verfahren zum Überwachen von Kontakten eines sich drehenden Bauteiles einer Textilmaschine (1), insbesondere einer Garniturwalze einer Karde, zum Beispiel einer Kardentrommel (4), mit einem weiteren Bauteil (6,7,8,9,10) der Textilmaschine, wobei die beiden Bauteile (4;6,7,8,9,10) mit einer elektrischen Energiequelle (20) verbunden werden, aber in der Regel elektrisch voneinander isoliert sind und nur im Falle eines Kontaktes der beiden Bauteile (4;6,7,8,9,10) ein Kurzschluss erzeugt wird, der von einer Überwachungseinrichtung (21) erfasst wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Dauer (t1,t2,t3) einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) erfasst und zu einer Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) zusammengefasst wird."

In Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wurde am Ende des kennzeichnenden Teils noch folgendes Merkmal hinzugefügt:

"und dass der Abstand (S) zwischen dem sich drehenden (4) und dem weiteren Bauteil (6,7,8,9,10) vergrößert wird, wenn die Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) und/oder ein Quotient (Q), der aus der Gesamtdauer (t) der Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) und der Zeiteinheit (T) an sich gebildet wird, einen vorbestimmten Wert überschreitet."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass am Ende des kennzeichnenden Teils folgende Merkmale hinzugefügt wurden:

"und Wenn [sic] die Dauer der gesamten Kurzschlüsse einen bestimmten Wert in Relation zu der gesamten Zeiteinheit T überschreitet, wird die Maschine zur Vermeidung einer Beschädigung abgestellt, wobei Die [sic] Maßnahme mit einem vorgegebenen zeitlichen Versatz erfolgt."

Die Anspruchssätze aller Anträge enthalten jeweils noch einen unabhängigen Vorrichtungsanspruch, der für die hier zu treffende Entscheidung nicht relevant ist und daher nicht wiedergegeben werden muss.

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen vorgetragen:

Hauptantrag - Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu.

Das Ausführungsbeispiel der Figuren 1, 2, 3 und 4 der D1 offenbare nicht nur die Merkmale des Oberbegriffs sondern auch die Merkmale des kennzeichnenden Teils.

D1 offenbare in Spalte 6, Zeilen 19 bis 36, nämlich, dass neben der Anzahl der Kurzschlüsse auch ihre Dauer erfasst wird. Figur 4 sowie Spalte 6, Zeilen 40 bis 50, offenbarten weiterhin die Anzahl von nach ihrer Dauer klassifizierten Kurzschlüssen pro Sekunde, was implizit eine Erfassung der Dauer einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit erfordere.

Außerdem offenbare Anspruch 25 der D1 auch, dass die Dauer einzelner Kurzschlüsse zu einer Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) zusammengefasst werde, was sich weiterhin auch aus Spalte 3, Zeilen 59-63, sowie den Kurven für die in der Figur 4 dargestellten Abschaltgrenzen ergebe.

Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Merkmal "zu einer Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit zusammengefasst" definiere weder einen dimensionslosen Parameter, noch werde zwangsläufig eine Vereinfachung des Verfahrens erreicht. Das Merkmal ermögliche eine Art Qualitätsbeurteilung, hinsichtlich einer tatsächlichen Gefährdung einer Beschädigung der Textilmaschine durch übermäßige Kontakte.

Ansprüche 8 und 25 sowie Spalte 3, Zeilen 59-64 der D1 geben dem Fachmann den Hinweis, eine solche Zusammenfassung zu einer Gesamtdauer pro Zeiteinheit zu verwenden. Der Fachmann würde somit die Erfassung der Anzahl der Kontakte durch die Ermittlung der Gesamtdauer der Kurzschlüsse pro Zeiteinheit in naheliegender Weise ersetzen.

Hilfsantrag 1 - Zulassung und erfinderische Tätigkeit

Hilfsantrag 1 solle nicht ins Verfahren zugelassen werden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgehend vom Ausführungsbeispiel eines Verfahrens, welches mit der Vorrichtung entsprechend den Figuren 1 bis 4 durchgeführt werde, sei die objektive Aufgabe darin zu sehen, eine Art Qualitätsbeurteilung hinsichtlich einer tatsächlichen Gefährdung einer Beschädigung der Textilmaschine durch übermäßige Kontakte zu ermöglichen.

D1, Spalte 4, Zeilen 1 bis 4 und 17 bis 19, geben dem Fachmann den Hinweis, den Abstand zwischen den Bauteilen der Karde zu verstellen anstatt die Maschine anzuhalten und neu einzustellen.

Hilfsantrag 2 - Zulassung

Hilfsantrag 2 solle nicht ins Verfahren zugelassen werden, da die Änderungen am Anspruch 1 zu neuen Einwände führten.

Der geänderte Wortlaut des Anspruchs definiere jetzt ein Verfahren, bei dem die Textilmaschine in Abhängigkeit von zwei verschiedenen Grenzwerten abgestellt und/oder neu eingestellt wird, was in der ursprünglichen Anmeldung in Spalte 10, Zeilen 13 bis 17 sowie 23 bis 25 nicht offenbart sei.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag - Neuheit

D1 offenbare die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 nicht.

D1 offenbare keine Erfassung der Dauer einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit, da eine Einrichtung für die Zeiterfassung einzelner Kurzschlüsse zuständig sei, während eine andere Einrichtung die Anzahl der Kontakte pro Zeiteinheit zähle. Somit sei die Dauer einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) nicht direkt erfasst sondern nur mit Hilfe einer zusätzlichen Einrichtung ermittelt.

Figur 4 in D1 offenbare auch keine Aufsummierung der Dauer einzelner Kurzschlüsse, sondern eine Aufsummierung der Anzahl von Kurzschlüssen. Anspruch 25 der D1 offenbare zwar einen kumulativen Wert für die Kontaktdauer zu ermitteln, aber nicht, wie ein solcher kumulativer Wert definiert sei. Es sei somit nicht eindeutig, dass dieser kumulative Wert der beanspruchten Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit entspreche. Ein kumulativer Wert könne zum Beispiel über die gesamte Laufzeit der Maschine ermittelt werden und somit einen Indikator für den Verschleiß der Garnituren darstellen.

Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Merkmal "zu einer Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit zusammengefasst" habe als technischen Effekt, eine einfache und besonders wirkungsvolle Überwachung von Kontakten zueinander angenäherter Bauteile einer Textilmaschine zu ermöglichen, um Rückschlüsse auf den weiteren Betrieb der Textilmaschine ziehen zu können. Eine bloße Zählung der Kontakte stelle wegen vieler falscher positiver Kontakte einen viel schlechteren Parameter dar. Demgegenüber sei die Erfassung des dimensionslosen Parameters "Gesamtdauer pro Zeiteinheit" zuverlässiger.

Der Fachmann würde nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, da in D1 eine Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit nicht offenbart sei. Er würde vielmehr den Walzenzylinder der Textilmaschine der D1 in mehrere Segmente aufteilen.

Hilfsantrag 1 - Zulassung und erfinderische Tätigkeit

Der Hilfsantrag sei ins Verfahren zuzulassen. Der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Es gebe in D1 keine eindeutige und unmittelbare Offenbarung für einen Zusammenhang zwischen der Abstandseinstellung und dem Addieren der Dauer einzelner Kurzschlüsse zu einer Gesamtdauer pro Zeiteinheit. Das hinzugefügte Merkmal sei in D1 nicht im Zusammenhang mit den anderen Merkmalen des Anspruchs offenbart.

Der mit den unterscheidenden Merkmalen erreichte technische Effekt sei eine einfache und besonders wirkungsvolle Überwachung von Kontakten zueinander angenäherter Bauteile einer Textilmaschine, um Rückschlüsse für den weiteren Betrieb der Textilmaschine ziehen zu können.

Es sei eindeutig für den Fachmann, der den Anspruch als Ganzes liest, dass durch die Konjunktionen "und/oder" nur eine der im Anspruch angegebenen Bedingungen erfüllt sein müsse, um den Abstand zu vergrößern. Allerdings sei keine der beiden Bedingungen, d.h. dass die Gesamtdauer aller Kurzschlüsse pro Zeiteinheit oder der Quotient daraus einen jeweils vorbestimmten Wert überschreiten, in D1 offenbart. Auch ein Hinweis auf eine Vergrößerung des Abstands zwischen den Bauteilen der Textilmaschine im laufenden Betrieb im Zusammenhang mit diesen Bedingungen sei in D1 nicht zu finden.

Es gebe keine eindeutige und unmittelbare Offenbarung in D1 der zwei unterscheidenden Merkmalen im selben Kontext und keinen Hinweis, diese Merkmale zu kombinieren. Der Fachmann müsse mehrere Schritte durchführen, um zum beanspruchten Verfahren zu gelangen.

Hilfsantrag 2 - Zulassung

Hilfsantrag 2 biete keinen Anlass für neue Einwände und solle daher in das Verfahren zugelassen werden.

Nach dem Wortlaut des Anspruchs beziehen sich der Ausdruck "einen vorbestimmten Wert" im Merkmal "Abstandsvergrößerung", welches dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hinzugefügt wurde, und der Ausdruck "einen bestimmten Wert" im nun hinzugefügten Merkmal eindeutig nicht auf denselben Wert.

Der Anspruch definiere klar zwei unterschiedliche Werte, die entweder zur Abstandsvergrößerung oder zur Abschaltung führten. Die Grundlage dafür seien die zwei "oder"-Möglichkeiten in der Spalte 10, Zeilen 13 bis 17 sowie 23 bis 25 der dem Streitpatent zugrundeliegenden ursprünglich eingereichten Anmeldung in ihrer veröffentlichten Fassung.

Im Hinblick auf den Wortlaut des Anspruchs sei klar, dass sich die "Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse" und die "Dauer der gesamten Kurzschlüsse" auf denselben Dauerwert beziehen.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Neuheit

1.1 Es ist unstreitig zwischen den Parteien, dass D1 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 offenbart.

1.2 Die Beschwerdeführerin behauptet darüber hinaus, dass D1 auch die beiden Merkmale im Kennzeichen des Anspruchs 1 offenbare, was von der Beschwerdegegnerin bestritten wird.

1.3 Die Beschreibung des speziellen Ausführungsbeispiels offenbart im Zusammenhang mit den Figuren 1 bis 4 der D1, eine Vorrichtung und ein mit dieser im Betrieb notwendigerweise durchgeführtes Verfahren zur Überwachung von Kontakten eines sich drehenden Bauteils (Kardentrommel 4) einer Textilmaschine (Karde) mit einem weiteren Bauteil (Kardendeckel 20',20''), bei dem nicht nur die Anzahl der Kontakte anhand der Anzahl elektrischer Kurzschlüsse durch die Zähleinrichtung (counting device 26) gezählt wird (siehe Spalte 6, Zeilen 32 bis 34), sondern zusätzlich mittels einer weiteren Einrichtung die Dauer der Kurzschlüsse erfasst werden kann (device for determining the duration of the contacts). Im Betrieb der Textilmaschine erfasst diese zusätzliche Einrichtung notwendigerweise die Dauer der Kurzschlüsse.

Darüber hinaus offenbart Figur 4, welche ein Diagramm zeigt, in dem die Anzahl der Kontakte (d.h. Kurzschlüsse) pro Sekunde gegenüber dem mittleren Abstand der Trommelgarnitur und der Kardendeckelgarnitur aufgetragen ist, drei Kurven, die als Abschaltgrenzen ("shut down limit") im Betrieb der Textilmaschine Anwendung finden (Spalte 6, Zeilen 40-50). Demnach legt jede Kurve die maximale Anzahl der Kurzschlüsse pro Sekunde mit einer bestimmten Kontaktdauer (0,1 ms, 1 ms bzw. 2 ms) als Funktion des Abstands zwischen den Bauteilen fest, bei deren Überschreitung die Maschine abgeschaltet wird ("shutdown"). Um feststellen zu können, ob die Textilmaschine entsprechend dieser Kurven in einem unerlaubten Bereich arbeitet, muss dabei die Kontaktdauer zur Einordnung eines Kontaktes in eine dieser mit den drei Kurven festgelegten Klassen erfasst werden. Unabhängig davon, ob die angegebenen Kontaktdauern 0,1 ms, 1 ms, und 2 ms, eine Bereichsobergrenze für Kontaktdauern oder einen Mittelwert eines für ein Kontaktdauerintervall von z.B. 0,5-1,5 ms, respektive 1,5-2,5 ms usw. darstellen, geht für den Fachmann damit aus Figur 4 unmittelbar und eindeutig hervor, dass die Dauer einzelner Kurzschlüsse erfasst wird (andernfalls wäre die Klassifizierung nicht möglich), und dass diese in Bezug auf ein bestimmtes Zeitintervall erfolgen muss, nämlich "pro Sekunde" entsprechend der Einheit der Ordinate.

1.4 Dem weiteren Argument der Beschwerdegegnerin, dass D1 lediglich eine Erfassung der Anzahl der Kurzschlüsse und nicht der Dauer einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit offenbare, da beide Parameter in getrennten Einrichtungen erfasst würden, kann die Kammer nicht folgen.

Der Wortlaut des Verfahrens-Anspruchs 1 ist zur Durchführung des Zählschritts und der Kontaktdauererfassung nicht auf eine einzelne Einrichtung eingeschränkt.

Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass das erste Teilmerkmal im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1, "Dauer einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit erfasst", in dem speziellen Ausführungsbeispiel der D1 offenbart ist.

1.5 Das andere Teilmerkmal im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1, "zu einer Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) zusammengefasst wird", ist hingegen nicht in D1 offenbart.

Weder in Spalte 3, Zeilen 55 bis 63 noch in den Ansprüchen 24 und 25 findet sich eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung. In der zitierten Passage der Spalte 3 ist im Gegensatz zu Anspruch 25 noch nicht einmal ein Hinweis auf eine kumulative Erfassung der Kontaktdauern gegeben. Anspruch 24 der D1 betrifft ein Verfahren zur Kontaktüberwachung zweier mit Garnituren bestückter Bauteile einer Textilmaschine mittels der Erfassung elektrischer Kurzschlüsse zwischen den Bauteilen, wobei daraus das Ausmaß der Berührung der beiden Garnituren quantitativ bestimmt wird. Anspruch 25, der von Anspruch 24 abhängig ist, offenbart die Zusammenfassung der Kontaktdauern. Eine unmittelbare und eindeutige Ermittlung der Gesamtdauer pro Zeiteinheit ist jedoch damit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht offenbart. Ein kumulativer Wert der Kontaktdauern kann beispielsweise auch über die gesamte Betriebszeit der Textilmaschine als Indikator für den Verschleiß der Garnituren verwendet werden.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, offenbart auch Figur 4 keine Aufsummierung der Dauern sämtlicher Kurzschlüsse (vgl. hierzu auch 1.4 oben).

1.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber D1 (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ).

2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

2.1 Wie im Punkt 1 diskutiert, offenbart D1 durch das Ausführungsbeispiel der Figuren 1 bis 4 alle Merkmale des Anspruchs 1 bis auf das Merkmal

- die Dauer (t1,t2,t3) einzelner Kurzschlüsse pro Zeiteinheit wird zu einer Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) zusammengefasst.

2.2 Dieses Merkmal erzielt im Vergleich zu dem aus D1 bekannten Verfahren keinen weiteren technischen Effekt. Dem Argument der Beschwerdegegnerin, dass die Zusammenfassung zu einer Gesamtdauer pro Zeiteinheit eine einfache und besonders wirkungsvolle Überwachung von Kontakten zueinander angenäherter Bauteile einer Textilmaschine ermögliche, um entsprechende Rückschlüsse auf den weiteren Betrieb der Textilmaschine treffen zu können, kann nicht gefolgt werden. Zwar richtet sich der Anspruch auf ein Verfahren zum Überwachen von Kontakten, jedoch wird allein mit der Ermittlung der Gesamtdauer pro Zeiteinheit kein spezifischer Verfahrenschritt beansprucht, der den weiteren Betrieb der Textilmaschine notwendigerweise beeinflusst. Die Kammer kann folglich keinen der von der Beschwerdegegnerin erwähnten Vorteile (einfach, reduziert Informationsaufwand, zuverlässig) in dem Verfahren des Anspruchs 1 erkennen.

Die objektive Aufgabe besteht somit darin, ein alternatives Verfahren zum Überwachen von Kontakten eines sich drehenden Bauteiles einer Textilmaschine zu schaffen.

2.3 Zwar ist in D1 die Zusammenfassung sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit zu einer Gesamtdauer (t) nicht unmittelbar offenbart, jedoch enthält sie für den Fachmann genügend Hinweise, um die in D1 verwendeten Parameter zur Überwachung der Funktion der Textilmaschine anhand der Anzahl der Kontakte pro Zeiteinheit in naheliegender Weise durch eine Ermittlung der Gesamtdauer der Kontakte pro Zeiteinheit zu ersetzen oder zu ergänzen. Anspruch 8 und Spalte 3, Zeilen 55-63 offenbaren, die Quantität der Kontakte pro Zeiteinheit zu erfassen, wobei mit Quantität auch die Dauer einzelner Kontakte gemeint ist. Für das Ausführungsbeispiel der Figuren 1 bis 4 sind bereits mehrere Möglichkeiten beschrieben, die Quantität des Kontakts der beiden sich gegeneinander bewegenden Kardenbauteile zu erfassen, umfassend z.B. die Zahl der Kontakte pro Zeiteinheit und die Dauer der Kontakte, siehe Spalte 6, Zeilen 19-21, 32-34. Anspruch 25 der D1, der auf Anspruch 24 rückbezogen ist, welcher ebenfalls die quantitative Bestimmung der Kontakte zweier Bauteile einer Textilmaschine betrifft, offenbart die Zusammenfassung der Dauer der Kontakte (siehe auch oben Punkt 1.5, 2. Absatz). Die Ermittlung kumulativer Werte pro Zeiteinheit, die den Kontakt zwischen den Bauteilen quantifizieren, ist damit für den Fachmann naheliegend. Ebenso, aufgrund der zuvor zitierten Passagen der D1, dass auch kumulierte Zeitdauern einzelner Kontakte, was eine Gesamtdauer darstellt, pro Zeiteinheit ermittelt werden. Besondere Effekte dieses Parameters sind auch im Hinblick auf seine mögliche Verwendung, die allerdings nicht Teil des hier beanspruchten Verfahrens ist, nicht erkennbar.

Die Kammer kann nicht erkennen, dass eine bloße Zählung der Kontakte aufgrund vieler falscher positiver Kontakte einen schlechteren Parameter darstelle als die Zusammenfassung der Kontaktdauern zu einer Gesamtdauer pro Zeiteinheit. Der Einfluss falscher positiver Kontakte bei der Ermittlung der Gesamtdauer pro Zeiteinheit wird im Vergleich zu einer Zählung pro Zeiteinheit nicht notwendigerweise reduziert.

Entgegen dem Argument der Beschwerdegegnerin, würde der Fachmann ausgehend von D1 und in Kombination mit dem allgemeinen Wissen des Fachmanns die Maschine nicht in Segmente aufteilen. D1 weist nirgends auf eine Teilung der Kardenwalze oder Garniturdeckel in Segmente hin. Selbst wenn der Fachmann eine solche Lösung in Betracht gezogen hätte, wofür die Kammer jedoch keinen Anhalt findet, würde dies zudem nicht bedeuten, dass die Wahl des Parameters gemäß Anspruch 1 nicht naheliegend wäre.

2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruht somit ausgehend von dem aus Dokument D1 bekannten Verfahren als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

3. Hilfsantrag 1 - Zulassung und erfinderische Tätigkeit

3.1 Der Hilfsantrag 1 wurde in der mündlichen Verhandlung eingereicht. Seine Zulassung in das Verfahren liegt damit gemäß Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) im Ermessen der Kammer. Unter Berücksichtigung der in dem Artikel genannten Kriterien, hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, den Antrag in das Verfahren zuzulassen. Da die Kammer zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht (siehe unten), kann auf eine Begründung des Ergebnisses der Ermessensentscheidung über die Zulassung dieses Hilfsantrags verzichtet werden, da dem Antrag auf Zulassung der Patentinhaberin entsprochen wurde und andererseits in der Sache zugunsten des Antrags der Einsprechenden entschieden wurde.

3.2 Dem Gegenstand des Anspruchs 1 wurden die Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 3 und 6 hinzugefügt. Die hinzugefügten Merkmale lauten:

- der Abstand (S) zwischen dem sich drehenden (4) und dem weiteren Bauteil (6,7,8,9,10) vergrößert wird, wenn die Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) und/oder ein Quotient (Q), der aus der Gesamtdauer (t) der Kurzschlüsse pro Zeiteinheit (T) und der Zeiteinheit (T) an sich gebildet wird, einen vorbestimmten Wert überschreitet.

3.3 Die Kammer interpretiert das hinzugefügte Merkmal derart, dass nur der vorbestimmte Wert von einem der beiden Parameter (Gesamtdauer (t) sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit oder der Quotient) überschritten werden muss, um den Abstand zwischen den Bauteilen zu vergrößern. Damit das Verfahren nach Anspruch 1 als naheliegend angesehen werden kann, reicht es also aus, wenn eine der drei Bedingungen naheliegend ist.

3.4 D1 offenbart zwar in Spalte 4, Zeilen 16 bis 19, in einem unspezifischen "bevorzugten Ausführungsbeispiel", dass die zur Durchführung des Verfahrens dienende Karde eine Vorrichtung (adjusting device) aufweist, die den Abstand zwischen dem sich drehenden und dem weiteren Bauteil anpassen kann. Diese Textstelle bildet aber keine eindeutige und zusammenhängende Offenbarung mit dem Ausführungsbeispiel der Figuren 1 bis 4, das als nächstliegender Stand der Technik angesehen worden ist und in dem nur das Abschalten der Karde vorgesehen ist (siehe Spalte 6, Zeilen 31-32).

3.5 Im Gegensatz zum Anspruch 1 des Hauptantrags, definiert der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nun eine mögliche Vergrößerung des Abstandes zwischen dem sich drehenden und dem weiteren Bauteil durch Konditionen, die im wesentlichen von der Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse pro Zeiteinheit abhängig sind. Somit definiert der Anspruch eine technische Wirkung auf Grundlage der ermittelten Gesamtdauer pro Zeiteinheit (bzw. des Quotienten daraus), die den weiteren Betrieb der Textilmaschine beeinflusst, d.h. ein technischer Effekt ist vorhanden. Mittels der Änderung des Abstands der sich gegeneinander bewegenden Bauteile der Textilmaschine bei Überschreiten eines Grenzwerts für einen der im Anspruch definierten Parameter, kann die Beschädigung der Bauteile im Betrieb vermieden werden.

Ausgehend von dem Ausführungsbeispiel der Figuren 1 bis 4 in D1, welches den nächstliegenden Stand der Technik für das Verfahren nach Anspruch 1 bildet, und den beiden in diesem Ausführungsbeispiel nicht unmittelbar und eindeutig offenbarten Merkmalen (siehe Punkte 2.1 und 3.2) kann eine objektive Aufgabe darin gesehen werden, ein Verfahren zum Überwachen des Kontakts sich relativ zueinander bewegender Bauteile einer Textilmaschine dahingehend weiterzubilden, dass die Sicherheit des laufenden Betriebes gewährleistet wird.

Die Kammer findet, dass die im Patent formulierte Aufgabe, nämlich eine Art Qualitätsbeurteilung hinsichtlich einer tatsächlichen Gefährdung einer Beschädigung durch übermäßige Kontakte zu ermöglichen (siehe Patentschrift Spalte 2, Zeilen 40-43), nicht objektiv ist. Diese Aufgabe berücksichtigt einerseits die aufgenommenen Merkmale (Abstandsänderung) nicht. Die Kammer kann darüber hinaus nicht erkennen, dass das beanspruchte Überwachungsverfahren allein auf Grundlage der Bestimmung einer Gesamtdauer pro (unbestimmter) Zeiteinheit eine Art Qualitätsbeurteilung für die tatsächliche Gefährdung einer Beschädigung durch übermäßige Kontakte ermöglicht, bzw. im Vergleich zu dem aus D1 bekannten Verfahren sogar verbessert. Auch in D1 ist mit den dort verwendeten Parametern eine Qualitätsbeurteilung möglich und eine mit dem beanspruchten Verfahren notwendigerweise erzielte Verbesserung ist nicht nachvollziehbar.

Entgegen dem Argument der Beschwerdegegnerin ist die Kammer auch nicht überzeugt, dass eine Aufsummierung der Dauern sämtlicher Kurzschlüsse zu einer Gesamtdauer pro Zeiteinheit eine einfachere Überwachung ermöglicht als mittels der aus D1 bekannten Klassifizierung. Beide Möglichkeiten benötigen die Erfassung der Dauer einzelner Kurzschlüsse und unterscheiden sich nur durch die folgende elektronische Datenverarbeitung, die auch in dem Verfahren nach D1 nicht notwendigerweise von erkennbar höherer Komplexität sein muss. Die konkrete Implementierung der entsprechenden Verfahren ist weder in D1 noch im Patent beschrieben.

3.6 Ausgehend vom Ausführungsbeispiel der Figuren 1-4 der D1 und mit der zuvor formulierten objektiven Aufgabe befasst, würde der Fachmann nicht nur die Anzahl der Kontakte durch die Gesamtdauer der Kontakte pro Zeiteinheit in naheliegender Weise ersetzen oder ergänzen (siehe oben Punkt 2.3), sondern in ebenfalls naheliegender Weise auch den Abstand zwischen dem sich drehenden und dem weiteren Bauteil in Abhängigkeit von dieser Gesamtdauer vergrößern. Anspruch 13 sowie Spalte 4, Zeilen 16 bis 19, offenbaren, den überwachten Abstand zwischen den Bauteilen in Abhängigkeit von den quantitativ erfassten Kontakten zwischen ihnen anzupassen. Der Fachmann würde erkennen, dass von den in D1 offenbarten Möglichkeiten (siehe z. B. Ansprüche 12 und 13 sowie Spalte 4, Zeilen 14 bis 19 - Signalvorrichtung, Alarmvorrichtung, Abstellungsvorrichtung oder Vorrichtung zum Einstellen des Abstandes) insbesondere eine Abstandsänderung die Sicherheit des laufenden Betriebes ermöglicht und würde diese im Verfahren, das mit einer entsprechend ausgebildeten Vorrichtung des Ausführungsbeispiels der Figuren 1-4 durchgeführt wird, einsetzen. Die Festlegung eines Grenzwerts und die Durchführung eines Vergleichs mit einem solchen Grenzwert wird dabei notwendigerweise bereits in dem Verfahren nach den Figuren 1 bis 4 ausgeführt (vgl. Spalte 6, Zeile 31-33).

3.7 Wie die Beschwerdegegnerin argumentiert hat, gibt es in der D1 keine eindeutige und unmittelbare Offenbarung der beiden unterscheidenden Merkmale (der Ermittlung der Gesamtdauer pro Zeiteinheit, bzw. der Quotienten und der Vergrößerung des Abstands) im selben Kontext.

Jedoch ergibt sich aus der Gesamtheit der D1 für den Fachmann eindeutig, dass die Überwachung der Vorrichtung mittels des quantitativ zu bestimmenden Kontakts der Bauteile, d.h. der Menge oder Intensität, Dauer bzw. Anzahl elektrischer Kontakte ("quantitavely determined contacts", Spalte 3, Zeilen 55-63, Anspruch 24, 25; ebenso im Ausführungsbeispiel der Figuren 1-4, Spalte 6, Zeilen 19-35) dazu dient, die Beschädigung der sich gegeneinander drehenden Bauteile der Karde zu vermeiden. Zur Überwachung des Bauteilabstands sind dem Fachmann in D1 unterschiedliche Möglichkeiten offenbart, die auch die naheliegende Bestimmung der Gesamtdauer pro Zeiteinheit umfassen (siehe Punkt 2.3). Der Fachmann muss notwendigerweise beim Überschreiten eines Grenzwerts entsprechende Maßnahmen einleiten, bzw. die Vorrichtung entsprechend hierzu anpassen. Entsprechende Maßnahmen sind wie oben bereits ausgeführt als Alternativen an verschiedenen Stellen der D1 offenbart (z.B. Ansprüche 12 und 13 oder Spalte 4, Zeilen 1-4, 12-19). Genauso wie in D1 ist dabei auch im Patent die Einstellung des Abstands nur als eine Möglichkeit dargestellt (Absatz 35 im Patent, Ansprüche 5 und 6). Die dann vorzunehmende Handlung (Abschalten und Garnituren schleifen oder Abstandsvergrößerung) ist dabei aber nach Auffassung der Kammer vollkommen unabhängig von der Art des überwachten Parameters, der als Maß für den Kontakt zwischen den beiden Bauteilen herangezogen wird. Zumindest hat die Patentinhaberin auf keinen im Patent beschriebenen besonderen technischen Effekt hingewiesen, der insbesondere aus der Kombination dieser beiden Merkmale (Ermittlung der Gesamtdauer pro Zeiteinheit und/oder ihres Quotienten und davon abhängige Abstandsänderung) beruht.

3.8 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 lässt sich aus der Gesamtoffenbarung der D1 und fachübliches Handeln ableiten und beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4. Hilfsantrag 2 - Zulassung

4.1 Der Hilfsantrag 2 wurde ebenfalls in der mündlichen Verhandlung eingereicht, d.h. nach Ablauf der Frist für die Beschwerdebegründung und stellt somit nach Artikel 13 (1) VOBK eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin dar.

Seine Zulassung in das Verfahren liegt im Ermessen der Kammer. Bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer neben dem Verfahrensstand und der Komplexität des neuen Vorbringens auch die gebotene Verfahrensökonomie. Im Hinblick auf Letztere ist es für die Zulassung geänderter Ansprüche in das Verfahren erforderlich, dass diese prima facie gewährbar sind, in dem Sinne, dass sie bestehende Einwände eindeutig beheben ohne dabei neue einzuführen.

4.2 Dem Gegenstand des Anspruchs 1 wurden, verglichen mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, folgende Merkmale hinzugefügt:

- und wenn die Dauer der gesamten Kurzschlüsse einen bestimmten Wert in Relation zu der gesamten Zeiteinheit T überschreitet, wird die Maschine zur Vermeidung einer Beschädigung abgestellt, wobei die Maßnahme mit einem vorgegebenen zeitlichen Versatz erfolgt.

4.3 Entgegen dem Argument der Beschwerdegegnerin ist die Kammer der Auffassung, dass aus dem Wortlaut des Anspruchs nicht eindeutig hervorgeht, ob der Ausdruck "einen vorbestimmten Wert" im Merkmal "Abstandsvergrößerung", welches Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 zugefügt wurde, bzw. der Ausdruck "einen bestimmten Wert" im nun hinzugefügten Merkmal sich eindeutig auf denselben Wert beziehen oder nicht. Es ist auch unklar aus dem Wortlaut des Anspruchs, ob die "Gesamtdauer sämtlicher Kurzschlüsse" und die "Dauer der gesamten Kurzschlüsse" sich auf denselben Dauerwert beziehen oder nicht. Somit verstößt der geänderte Anspruch 1 zumindest prima facie insoweit gegen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ als sie die geforderte Deutlichkeit betreffen.

Die Beschwerdegegnerin hat dazu vorgetragen, dass der Anspruch klar zwei unterschiedliche Werte definiere, die entweder zur Abstandsvergrößerung oder zur Abschaltung führten. Als Grundlage für diese weiteren Änderungen und die vorgetragene Auslegung des Anspruchswortlaut hat die Beschwerdegegnerin Spalte 10, Zeilen 13 bis 17 sowie 23 bis 25 der dem Streitpatent zugrundeliegende ursprünglich eingereichten Anmeldung in ihrer veröffentlichten Fassung genannt. Spalte 10, Zeilen 13 bis 17, offenbart jedoch lediglich, dass die Maschine entweder abgestellt oder neu eingestellt wird, wenn die Dauer der gesamten Kurzschlüsse einen bestimmten Wert in Relation zu der gesamten Zeit überschreitet. Die Kammer kann in dieser Passage jedoch keine eindeutige und unmittelbare Grundlage für zwei unterschiedliche Grenzwerte sehen, die zur Durchführung der im Anspruch angegebenen beiden unterschiedlichen Maßnahmen angewendet werden sollten. Folglich verstößt der geänderte Anspruch 1 zumindest prima facie auch gegen das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.

4.4 Der geänderte Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist daher nicht prima facie in obigem Sinne gewährbar, sodass die Kammer ihr Ermessen nach Artikel 13 (1) VOBK dahingehend ausgeübt hat, den geänderten Hilfsantrag 2 nicht ins Verfahren zuzulassen.

4.5 Im Ergebnis kann das Patent mit keinem der im Beschwerdeverfahren verteidigten Anspruchssätze der Beschwerdegegnerin aufrechterhalten werden, sodass die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Patent widerrufen wird (Artikel 101 (3)b) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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