European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T235815.20190712 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 Juli 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2358/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03767518.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02M 25/07 F02B 29/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VORRICHTUNG ZUR KÜHLUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | MAHLE Behr GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | MTU FRIEDRICHSHAFEN GMBH | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischen-entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 17. November 2015, das europäische Patent Nr. 1 570 168 in geändertem Umfang nach Artikel 101 (3) (a) und 106 (2) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ und Artikel 100 (c) EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das nach dem Hilfsantrag 3 geänderte Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
III. In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
E1: EP 1 091 113 A2
E2: JP 2002 188 526 A
E3: JP 11 200 955 A
Verweise auf den Text der E2 und der E3 beziehen sich auf die englischen Übersetzungen, die mit der Einspruchsschrift eingereicht wurden.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin am 21. Dezember 2015 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 29. März 2016 eingereicht.
V. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 29. Januar 2019 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zu den Sachfragen nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 12. Juli 2019 in Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt.
VI. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag), oder hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 oder 2, eingereicht mit Schreiben vom 29. März 2016, aufrechtzuerhalten.
VII. Die Beschwerdegegnerin-Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 der für diese Entscheidung relevanten Anträge hat folgenden Wortlaut:
Hauptantrag
"Vorrichtung (1) zur Kühlung von Ladeluft und Abgas insbesondere eines Kraftfahrzeuges mit Verbrennungskraftmaschine (2), mit einem rückgeführten Abgasstrom und einem Ladeluftstrom, wobei der Abgasstrom mittels eines ersten (6) und eines zweiten (7) Wärmeübertragers gekühlt wird, der Ladeluftstrom mittels eines dritten Wärmeübertragers (9) gekühlt wird, bevor der derart gekühlte Abgasstrom und Ladeluftstrom zusammengeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Abgas in dem ersten Wärmeübertrager (6) mittels Motorkühlwasser als Kühlmedium abgekühlt wird und der zweite Wärmeübertrager (7) ein Niedertemperaturkühlmittel-kühler ist oder Kältemittel oder Luft verwendet, um das Abgas weiter abzukühlen."
Hilfsantrag 1
Wie im Hauptantrag, wobei Anspruch 1 die folgende Änderung aufweist (von der Kammer mit Durchstreichung hervorgehoben):
"... ein Niedertemperaturkühlmittelkühler ist oder Kältemittel [deleted: oder Luft] verwendet, um das Abgas weiter abzukühlen."
Hilfsantrag 2
Wie im Hilfsantrag 1, wobei Anspruch 1 die folgende Änderung aufweist (von der Kammer mit Durchstreichung hervorgehoben):
"... ein Niedertemperaturkühlmittelkühler ist [deleted: oder Kältemittel verwendet], um das Abgas weiter abzukühlen."
IX. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 aller Anträge sei neu gegenüber E2 und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit im Lichte der E1 und E3.
X. Die Beschwerdegegnerin-Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei nicht neu gegenüber E2. Der Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 werde durch eine Kombination von E1 und E3 nahegelegt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Kühlung von Ladeluft und Abgas (z.B. eines Kraftfahrzeuges mit Verbrennungsmotor und Turbolader) mit einem rückgeführten Abgasstrom und einem Ladeluftstrom. Der rückgeführte Abgasstrom wird zuerst in einem ersten Wärmeübertrager mit Motorkühlwasser abgekühlt und anschließend in einem zweiten Wärmeübertrager mit einem Niedertemperaturkühlmittel, einem Kältemittel oder mit Luft weiter abgekühlt. Der Ladeluftstrom wird in einem dritten Wärmeübertrager abgekühlt, bevor er mit dem gekühlten Abgasstrom zusammengeführt wird. Auf diese Weise kann die Temperatur des Abgas-Ladeluftgemisches gegenüber bekannten Vorrichtungen reduziert werden (Patentschrift, Absatz 6).
3. Hauptantrag - Neuheit
Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin bestreitet den Befund der Entscheidung, wonach die Vorrichtung zur Kühlung von Ladeluft und Abgas nach Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber E2 sei.
3.1 Das Konzept der E2 bezieht sich unbestritten auf eine Verringerung der Temperatur des rückgeführten Abgasstroms durch einen zweiten Wärmeübertrager, der nach dem ersten, von Motorkühlwasser durchströmten Wärmeübertrager angeordnet ist (Seite 2, Zeilen 15 und 16 i.V.m. Zeilen 38 bis 41: erster und zweiter Wärmeübertrager "water-cooling-type EGR cooler" und "air-cooled EGR cooler" für den Abgasstrom).
Es ist ebenfalls nicht streitig, dass E2 mittels Turbolader aufgeladene Motoren betrifft, und in diesem Zusammenhang eine Vorrichtung zur Kühlung von Ladeluft und Abgas eines Kraftfahrzeuges mit Verbrennungskraft-maschine mit einem rückgeführten Abgasstrom und einem Ladeluftstrom offenbart, wobei der Abgasstrom mittels eines ersten und eines zweiten Wärmeübertragers gekühlt wird, der Ladeluftstrom mittels eines dritten Wärmeübertragers gekühlt wird, wobei das Abgas in dem ersten Wärmeübertrager mittels Motorkühlwasser als Kühlmedium abgekühlt wird und der zweite Wärmeübertrager Luft verwendet, um das Abgas weiter abzukühlen (Seite 3, Zeile 35: dritter Wärmeübertrager "intercooler 6" für den Ladeluftstrom bei Verwendung des in Figur 1 dargestellten Motors mit Turbolader 2 und erstem Wärmeübertrager 17 sowie zweitem Wärmeübertrager 18 für den rückgeführten Abgasstrom).
Im Hinblick auf die Abgasrückführung stimmen die Parteien darin überein, dass die Beschreibung der E2 zwei Alternativen offenbart: Den in Figur 1 mit durchgezogenen Linien dargestellten Niederdruckkreis mit einer Abgasrückführung nach der Turbine 2b des Turboladers und über Kühler 18 zurück in den Ladeluftzweig 5 vor dem Lader 2a, und den in Figur 1 mit gestrichelten Linien angedeuteten Hochdruckkreis mit Abgasrückführung aus dem Abgaskrümmer 9 und wiederum über Kühler 18 in den Ladeluftverteiler 7. Siehe Seite 5, Zeilen 4 bis 10.
3.2 Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin bestreitet jedoch, dass beim Hochdruckkreis der gekühlte Abgasstrom erst dann mit dem Ladeluftstrom zusammengeführt wird, nachdem der Ladeluftstrom bereits durch den als dritten Wärmeübertrager anzusehenden Zwischenkühler 6 gekühlt wurde. Stattdessen würden beide Ströme schon vor dem Verdichter 2a des Turboladers zusammengeführt und dann gemeinsam im Zwischenkühler 6 abgekühlt, da laut Figur 1 auch im Falle eines Hochdruckkreises weiterhin die Leitungen des Niederdruckkreises vorhanden seien.
3.3 Daher muss die Kammer prüfen, wie genau ein Fachmann die in der Beschreibung der E2 im Zusammenhang mit Figur 1 offenbarte Abgasrückführung im Hochdruckkreis verstehen wird.
In der Beschreibung ist der von den Parteien genannte Absatz auf Seite 5, Zeilen 4 bis 10, entscheidend. Dort werden der Niederdruckkreis und der Hochdruckkreis als "low pressure loop system" bzw. "high pressure loop system" bezeichnet (Zeilen 4 und 8). Die Kammer versteht die in diesem Zusammenhang genannte Formulierung "select a preferable system" (Zeile 10) wegen des erneut verwendeten Begriffs "system" in dem Sinne, dass bei dem in Figur 1 dargestellten Motor mit Turbolader nur ein einziges der beiden Systeme für die Abgasrückführung auszuwählen ist, also entweder ein Niederdruckkreis oder ein Hochdruckkreis. Bei diesem Verständnis der E2 stellen der Nieder- und der Hochdruckkreis einander ausschließende Alternativen dar, so dass bei Wahl des Hochdruckkreises kein zusätzlicher Niederdruckkreis bzw. keine Leitungen eines Niederdruckkreises vorhanden sind. Diese Sichtweise entspricht auch dem normalen Verständnis der beiden im Fachgebiet der Turbolader gängigen Begriffe "Hochdruck-" und "Niederdrucklader": beim Hochdrucklader werden Abgase unter Hochdruck (vor der Turbine) abgezweigt und hochdruckseitig des Laders (danach) mit der Ladeluft zusammengeführt; beim Niederdrucklader werden sie unter Niederdruck (nach der Turbine) abgezweigt und niederdruckseitig des Laders (davor) mit der Ladeluft zusammengeführt. In diesem Verständnis bezeichnen die beiden Begriffe Varianten, die alternativ zueinander sind.
3.4 Das weitere Argument der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin, wonach der E2 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen sei, wie genau der Hochdruckkreis ausgestaltet werden müsse und daher nicht ausführbar sei, überzeugt die Kammer nicht.
Das Dokument beruht auf dem Konzept einer zweifachen Abkühlung des rückgeführten Abgasstroms mit einem zweiten Wärmeübertrager, der nach dem von Motorkühl-wasser durchströmten ersten Wärmeübertrager angeordnet ist (siehe Absatz 3.1 der Entscheidung). Um dieses Konzept bei einem Motor mit Turbolader und Abgasrückführung im Hochdruckkreis umzusetzen, muss der Fachmann den Abgasstrom zuerst mit einer ersten Leitung den beiden Wärmeübertragern zuführen und den abgekühlten Abgasstrom anschließend mit einer zweiten Leitung wieder in den Motor zurückführen. Zusätzlich muss er noch die Stelle festlegen, an der der gekühlte Abgasstrom mit dem Ladeluftstrom zusammengeführt wird.
Aus den folgenden Gründen liegt diese Umsetzung im Rahmen des von einem Fachmann zu erwartenden fachüblichen Handelns:
3.4.1 Im Hinblick auf die Leitung vom Motor zum ersten Wärmeübertrager ist unbestritten, dass bei einem Hochdruckkreis das Abgas vor der Turbine des Turboladers und somit unter Hochdruck abgezweigt werden muss. Genau das wird auch in Figur 1 durch die gestrichelte Leitung zwischen dem Abgaskrümmer 9 und dem Strömungskanal 11 gezeigt. Diese Anordnung der Leitung ist mit einem Turbolader vereinbar, da der Hauptstrom des Abgases weiterhin den Turbolader antreiben kann. Deswegen ersetzt die am Abgaskrümmer 9 beginnende Leitung nicht etwa die ganze in Figur 1 gezeigte Leitung vom Abgaskrümmer zur Turbine 2b des Turboladers, sondern nur die aus der Abgasleitung 10 abzweigende Leitung zum ersten Wärmeübertrager. Eine andere Sichtweise ist für den Fachmann nicht technisch sinnvoll, da sonst der Turbolader keinen Antrieb hätte.
3.4.2 Im Hinblick auf die Leitung vom zweiten Wärmeübertrager zum Motor und die Zusammenführung des Abgasstroms mit dem Luftstrom wäre eine vor dem Verdichter des Turboladers erfolgende Zusammenführung ebenfalls für den Fachmann technisch unsinnig. Bei der Hochdruckrückführung befindet sich nämlich das Abgas bereits auf einem höheren Druckniveau als die angesaugte Frischluft, die noch nicht vom Turbolader verdichtet worden ist. Daher wird ein Fachmann den gekühlten Abgasstrom erst nach dem Verdichter des Turboladers - wie kennzeichnend für die Hochdruckabgasrückführung ist - mit dem verdichteten und auf Hochdruck gebrachten Ladeluftstrom zusammenführen. In diesem Zusammenhang wäre es technisch sinnlos, den unter Hochdruck abgezweigten Abgasstrom mit Niederdruckladeluft im Lufteinlass zusammenzuführen, bevor die Verdichtung und somit Druckerhöhung stattfindet: die zurückgeführten Abgase würden dann wohl aus den Einlass abströmen. Der Fachmann wird deswegen die Zusammenführung erst an einer Stelle anordnen, wo die Druckunterschiede minimal sind. Genau das wird in Figur 1 durch die gestrichelte Linie zwischen dem zweiten Wärmeübertrager 18 und dem Ansaugkrümmer 7 des Motors gezeigt, welche die vom zweiten Wärmeübertrager 18 zum Verdichter 2a des Turboladers führende Leitung ersetzt, genau wie auch rechts oben in der Figur die gestrichelte Abgasabzweigung die durchgezogene ersetzen soll. Hierdurch werden die beide Ströme erst im Ansaugkrümmer des Motors zusammengeführt.
3.4.3 Im Hinblick auf den Einwand einer vermeintlich nicht nacharbeitbaren Lehre in E2 enthält zwar die in Figur 1 gestrichelt dargestellte Leitung kein Abgasrückführventil. Ein solches muss nach Meinung der Kammer nicht zwingend bei einer Abgasrückführung vorhanden sein. Das Fehlen eines Abgasrückführventils kann daher keinen Einfluss auf die Nacharbeitbarkeit haben.
Dessen ungeachtet betont das Dokument E2 jedoch mehrfach die Einstellbarkeit der Abgasrückführrate (Seite 4, Zeile 24; Seite 5, Zeile 37; Seite 6, Zeile 2), so dass der Fachmann bei der Ausführung der gestrichelten Hochdruckvariante ein Abgasrückführventil analog zu Figur 2 in der Leitung vom zweiten Wärmeübertrager 18 zum Einlasskrümmer 7 anordnen würde. Aus diesen Gründen enthält E2 eine nacharbeitbare Lehre für den Hochdruckkreis, und kann zur Prüfung der Neuheit von Anspruch 1 des Hauptantrags verwendet werden.
3.5 Die Kammer gelangt daher zum Schluss, dass der Fachmann E2 so verstehen wird, dass bei der offenbarten Abgasrückführung im Hochdruckkreis der Ladeluftstrom zuerst durch den dritten Wärmeübertrager 6 gekühlt wird, bevor er mit dem durch die ersten und zweiten Wärmeübertrager 17 und 18 gekühlten Abgasstrom im Einlasskrümmer 7 des Motors zusammengeführt wird. Ein solcher Hochdruckkreis offenbart alle Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags, so dass sein Gegenstand nicht neu gegenüber E2 ist, Artikel 100 (a) und 54 EPÜ.
4. Hilfsanträge 1 und 2 - erfinderische Tätigkeit
In ihrer Mitteilung hatte die Kammer festgestellt, dass, falls die Neuheit des Hauptantrags bejaht würde, sie geneigt wäre, nicht zurückzuverweisen sondern die erfinderische Tätigkeit zu prüfen. Im Einspruch war die erfinderische Tätigkeit im Lichte der E1 und E3 angegriffen worden. Die angegriffene Entscheidung bejahte dann die erfinderische Tätigkeit des Hilfsantrags 3 gegenüber einer Kombination der Dokumente E1 und E3 (Punkt 16.3 der Entscheidungsbegründung).
Die Kammer gelangte in ihrer Mitteilung zur vorläufigen Auffassung, dass es für den Hauptantrag gegenüber E1 und E3 an erfinderischer Tätigkeit mangelte. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer griff die Beschwerdegegnerin diese Sichtweise auf, da diese logischerweise auch für die beiden Hilfsanträgen 1 und 2 gelten würde.
4.1 Im Hinblick auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 offenbart das Dokument E1 im Ausführungsbeispiel nach Figur 2, siehe Absätze 0015 bis 0019, unbestritten eine Vorrichtung zur Kühlung von Ladeluft und Abgas eines Kraftfahrzeuges mit Verbrennungskraftmaschine, mit einem rückgeführten Abgasstrom und einem Ladeluftstrom, wobei der Abgasstrom mittels eines ersten und eines zweiten Wärmeübertragers gekühlt wird, der Ladeluftstrom mittels eines dritten Wärmeübertragers gekühlt wird, bevor der derart gekühlte Abgasstrom und Ladeluftstrom zusammengeführt werden, wobei das Abgas in dem zweiten Wärmeübertrager mittels Motorkühlwasser als Kühlmedium abgekühlt wird (zweiter Wärmeübertrager "primary exhaust gas cooler 38"; "primary cooling loop" 42; dritter Wärmeübertrager "charge air cooler 20").
4.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von der Offenbarung der E1 darin, dass nach dem mit Motorkühlwasser kühlenden Wärmeübertrager 38 ein weiterer Wärmeübertrager angeordnet ist um das Abgas weiter abzukühlen, und dass dieser Wärmeübertrager ein Niedertemperaturkühlmittel-kühler ist oder Kältemittel verwendet.
4.3 Laut dem Streitpatent liegt diesem Merkmal die technische Wirkung zugrunde, dass der Abgasstrom weiter abgekühlt wird (Absatz 6). Deswegen kann nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz die objektive technische Aufgabe darin gesehen werden, den Abgasstrom weiter abzukühlen.
4.4 Zur Lösung dieser Aufgabe wird der Fachmann das Dokument E3 berücksichtigen, da es genau wie E1 einen Dieselmotor betrifft (E3: Seite 3, Zeile 6; E1: Spalte 3, Zeile 29). E3 offenbart einen mit Motorkühlwasser betriebenen ersten Wärmeübertrager 12, der folglich mit dem Wärmeübertrager 38 der E1 vergleichbar ist. Diesem ersten Wärmeübertrager ist in E3 ein zweiter Wärmeübertrager 16 nachgeschaltet, um den rückgeführten Abgasstrom weiter abzukühlen. Ausgehend von E1 würde der Fachmann zwecks weiterer Abkühlung des rückgeführten Abgasstroms auf die E3 zurückgreifen, um einen weiteren Wärmeübertrager nach dem Wärmeübertrager 38 vorzusehen. Diese Anordnung ist auch mit dem übergeordneten Ziel der E1 vereinbar, wonach die Gesamtfläche der Luftkühlers nicht vergrößert werden kann (E1, Absatz 5). Der in E3 offenbarte Wärmeübertrager 16 besitzt nämlich keinen dem Fahrtwind ausgesetzten Luftkühler. Stattdessen wird als Kühlmittel Wasser verwendet, das im Verdampfer einer Fahrzeugklimaanlage gekühlt wird (E3, Seite 3, Zeilen 15 und 48).
4.5 Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin bestreitet, dass der Wärmeübertrager 16 als Niedertemperaturkühlmittel-kühler anzusehen ist. Sie vertritt die Ansicht, dass es sich nach fachmännischem Verständnis bei einem Niedertemperaturkühlmittel zwingend um Motorkühlwasser handelt, das durch einen weiteren Kühler auf eine tiefere Temperatur gekühlt worden ist.
Die Kammer sieht das anders:
4.5.1 Für die behauptete Bedeutung des Begriffes "Niedertemperaturkühlmittel" hat die Beschwerdeführerin keinen Beleg erbracht. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist jeder Verfahrensbeteiligte für die von ihm behaupteten Tatsachen beweispflichtig (RdBK, 8. Auflage 2016, III.G.5.1.1). Da die unbelegte Behauptung der Beschwerdeführerin sich auch nicht im Wege der Amtsermittlung belegen lässt, kann sich die Kammer ihr nicht anschließen.
4.5.2 Im Dokument E3 wird mit dem Wärmeübertrager 16 die Temperatur des Abgasstroms gegenüber dem mit Motorkühlwasser betriebenen ersten Wärmeübertrager 12 noch weiter reduziert. Das ist nur dann möglich, wenn die Temperatur des aus der Klimaanlage stammenden Kühlwassers für den Wärmeübertrager 16 niedriger ist als die des Motorkühlwassers für den Wärmeübertrager 12. Daher erfüllt das Kühlwasser für den Wärmeübertrager 16 die Bedingung, wonach ein Niedertemperaturkühlmittel ein Kühlmittel ist, dessen Temperatur "niedriger ist als [die] des Motorkühlwassers bei der Anwendung im ersten Wärmeübertrager" (Patentschrift, Absatz 14). Der Wärmeübertrager 16 bildet somit einen Niedertemperatur-kühlmittelkühler.
4.6 Ausgehend von E1 legt das Dokument E3 den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nahe, Artikel 56 EPÜ. Diese Ausführungen gelten mutatis mutandis für das Merkmal "Niedertemperaturkühlmittelkühler" in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2.
5. Die Kammer schließt aus diesen Gründen, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu gegenüber E2 ist, Artikel 100 (a) und 54 EPÜ, und dass der Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Artikel 56 EPÜ.
Daher bestätigt die Kammer die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent unter Berücksichtigung der in Hilfsantrag 3 gemachten Änderungen nach Artikel 101(3) (a) EPÜ aufrecht zu erhalten.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen