T 2285/15 (Handover-Verfahren/IPCOM) of 12.2.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T228515.20210212
Datum der Entscheidung: 12 Februar 2021
Aktenzeichen: T 2285/15
Anmeldenummer: 10168615.2
IPC-Klasse: H04W 36/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Handover, Mobilstation für ein Handover und Basisstation für ein Handover
Name des Anmelders: IPCom GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Rach, Werner
Espatent Oy
Telefonaktiebolaget L M Ericsson (publ)
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 76(1)
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
RPBA2020 Art 011
RPBA2020 Art 025(2)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung (nein, nach Änderungen)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Zurückverweisung - (ja): Neuheit und erfinderische Tätigkeit noch nicht geprüft
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 2119/13
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das vorliegende Patent mit der Begründung zu widerrufen, dass der Gegenstand der vorliegenden Anträge gegen die Erfordernisse nach Artikel 76 (1) und 123 (2) EPÜ verstößt.

II. In der angefochtenen Entscheidung werden ausschließlich die Einspruchsgründe nach Artikel 100 b) und c) EPÜ bzw. die Erfordernisse nach Artikel 76 (1), 83 und 123 (2) EPÜ behandelt. Neuheit oder erfinderische Tätigkeit wurden weder in der Entscheidung erörtert noch laut der Niederschrift über die erstinstanzliche mündliche Verhandlung während derselben diskutiert.

III. Auf eine Ladung der Kammer zu einer mündlichen Verhandlung teilte der Beschwerdegegner 1 mit, dass er nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde.

IV. In einer der Ladung folgenden Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 nahm die Kammer zum Sachverhalt Stellung und kündigte an, die vorliegenden Anträge nicht auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu prüfen und gegebenenfalls hierfür die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

V. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 12. Februar 2021 in Form einer Videokonferenz statt.

- Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche eines Hauptantrags, der mit der Beschwerdebegründung als "Hilfsantrag 2c" eingereicht wurde, oder hilfsweise auf der Grundlage der als Hilfsanträge 2d bis 2e, 3a bis 3e, 4a bis 4e oder 5a bis 5d mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüche aufrechtzuerhalten.

- Beschwerdegegnerin 2 und Beschwerdegegnerin 3 beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.

- Beschwerdegegnerin 3 beantragte zudem hilfsweise, die Sache an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung für den Fall zurückzuverweisen, dass im Beschwerdeverfahren Einspruchsgründe relevant würden oder Anspruchssätze zugelassen würden, die im Einspruchsverfahren nicht behandelt wurden.

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Verfahren beim Handover einer Verbindung einer Mobilstation (3) zu einem Netzwerk von einer ersten Basisstation (1) zu einer zweiten Basisstation (2) des Netzwerks, dadurch gekennzeichnet,

dass die Mobilstation (3) beim Handover eine Anfrage an die zweite Basisstation (2) schickt, ob das Netzwerk den Handover dadurch unterstützt, dass es die für die Verbindung erforderlichen Informationen von der ersten Basisstation (1) zur zweiten Basisstation (2) überträgt und

dass die Mobilstation (3) die für die Verbindung erforderlichen Informationen selbst zur Verfügung stellt, wenn sie durch eine von der zweiten Basisstation (2) empfangene Nachricht feststellt, dass das Netzwerk den Handover nicht unterstützt."

VII. Anspruch 3 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Mobilstation (3), geeignet für einen Handover in einem Netzwerk von einer ersten Basisstation (1) zu einer zweiten Basisstation (2) des Netzwerks,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Mobilstation (3) derart ausgestaltet ist, dass sie beim Handover eine Anfrage an die zweite Basisstation (2) schickt, ob das Netzwerk den Handover dadurch unterstützt, dass es die für die Verbindung erforderlichen Informationen von der ersten Basisstation (1) zur zweiten Basisstation (2) überträgt und dass die Mobilstation (3) derart ausgestaltet ist, die für die Verbindung erforderlichen Informationen selbst zur Verfügung zu stellen, wenn sie durch eine von der zweiten Basisstation (2) empfangene Nachricht feststellt, dass das Netzwerk den Handover nicht unterstützt."

Entscheidungsgründe

1. Technischer Hintergrund des Patents

Das vorliegende Patent betrifft einen Handover der Verbindung einer Mobilstation von einer ersten Basisstation zu einer zweiten Basisstation innerhalb eines Netzwerks. Die für die Verbindung zur zweiten Basisstation erforderlichen Informationen werden von der Mobilstation selbst zur Verfügung gestellt, wenn sie feststellt, dass diese Informationen nicht durch das Netzwerk von der ersten zur zweiten Basisstation übertragen werden, um den Handover zu unterstützen.

2. Vorbemerkung zur Patentfamilie

Die dem Streitpatent zugrunde liegende Anmeldung ist die dritte Teilanmeldung einer Kette von Teilanmeldungen, die auf eine Stammanmeldung mit der Anmeldenummer 99123562.3 (Veröffentlichungsnummer EP 1 018 849 A2) zurückgeht. Die zweite Teilanmeldung (Veröffentlichungsnummer EP 1 863 315 A1) war Gegenstand des Beschwerdeverfahrens T 2119/13.

3. Hauptantrag - Zulassung in das Beschwerdeverfahren

3.1 Der Anspruchssatz des Hauptantrags wurde erstmalig mit der Beschwerdebegründung als "Hilfsantrag 2c" eingereicht (vgl. Punkt V oben) und steht somit unter dem Vorbehalt der Zulassung durch die Kammer (Artikel 12 (4) VOBK 2007 i.V.m. Artikel 25 (2) VOBK 2020).

3.2 Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten, dass der im Beschwerdeverfahren neu eingereichte Hauptantrag den Einwand der unzulässigen Erweiterung ausräumen sollte, der bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erhoben wurde. Dieser Einwand wurde auch bereits mit den Einsprüchen erhoben, so dass der Hauptantrag bereits im Einspruchsverfahren hätte vorgebracht werden können und sollen. Zudem sei die Einreichung nur geringfügig geänderter Anträge im Einspruchsverfahren missbräuchlich gewesen, so dass die Einspruchsabteilung gegen Ende der mündlichen Verhandlung die Zulassung weiterer Anträge zu Recht verweigert hätte.

3.3 Ansprüche 1 und 2 sind identisch zu den entsprechenden Ansprüchen des zuletzt vorliegenden Hilfsantrags 2 des Einspruchsverfahrens. Der auf eine Mobilstation gerichtete Anspruch 3 unterscheidet sich von Anspruch 4 des vorgenannten Hilfsantrags 2 nur dadurch, dass die Mobilstation die Handover-Anfrage nicht schickt, sondern stattdessen zum Schicken der Handover-Anfrage eingerichtet ist. Dieser Unterschied ändert jedoch den eigentlichen Anspruchsgegenstand nicht, d.h. beide Ansprüche sind substanziell identisch. Anspruch 4 findet sich gleichlautend als Anspruch 5 im vorgenannten Hilfsantrag 2.

3.4 Die Ansprüche des Hauptantrags waren somit bereits Gegenstand des Einspruchsverfahrens und bieten keinen Anlass, den Hauptantrag nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Zu der gerügten Änderungstaktik der Beschwerdeführerin sei angemerkt, dass es den Beteiligten grundsätzlich freisteht, ihr Anliegen innerhalb des durch die Vorschriften des EPÜ vorgegebenen Rahmens zu verteidigen.

3.5 Die Kammer hat daher den Hauptantrag in das Verfahren zugelassen.

4. Hauptantrag - unzulässige Erweiterung

(Artikel 76 (1) und 123 (2) EPÜ)

4.1 Ansprüche 1 und 3 enthalten das Merkmal, dass die Mobilstation eine Handover-Anfrage an eine Basisstation schickt, ob das Netzwerk den Handover unterstützt. Dieses Merkmal war in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung nicht enthalten und erfordert somit einen Rückgriff auf das mit Bezug auf die Abbildungen Fig. 2 und Fig. 3 beschriebene Ausführungsbeispiel. Darin stellt die Mobilstation das Fehlen einer

Handover-Unterstützung durch das Netzwerk anhand einer von der zweiten Basisstation erhaltenen Nachricht fest.

4.2 Einwände der Beschwerdegegnerinnen

4.2.1 In Fig. 2 und Fig. 3 und der zugehörigen Beschreibung seien zwei Alternativen beschrieben, die nicht miteinander kombiniert werden könnten, wie dies in Anspruch 1 geschehen sei. Diese Sichtweise würde auch von der Entscheidung des früheren Beschwerdeverfahrens T 2119/13 (Punkt 1.2) bestätigt.

Nach Ansicht der Kammer zeigen die Abbildungen Fig. 2 und Fig. 3 die zwei Fälle, die bei der Durchführung eines Verfahrens auftreten können, nämlich einmal ohne Handover-Unterstützung in Fig. 2 und einmal mit Handover-Unterstützung in Fig. 3. Die Beschreibung selbst ordnet beide Figuren einem einzigen Verfahren zu (vgl. Seite 9, Zeile 34 bis Seite 10, Zeile 2; Unterstreichung durch die Kammer):

"Bei dem Verfahren nach den Figuren 2 und 3 wird somit beim Handover unterschieden, ob das Netzwerk in der Lage ist, den Handover durch eine unmittelbare Kommunikation zwischen den beteiligten Stationen des Festnetzes zu unterstützen."

Auch wird der Ablauf gemäß Fig. 3 im Vergleich zu demjenigen in Fig. 2 beschrieben (vgl. Seite 8, Zeilen 21 bis 26):

"In der Figur 3 wird nun ein Handover einer MS von einer BS 1 zu einer BS 2 in der gleichen Art und Weise dargestellt wie zur Figur 2. Der Beginn des Handovers erfolgt gleich wie bereits zu Figur 2 beschrieben, d.h. der Funktionsblock 200 entspricht dem Block 100, die Nachricht 201 der Nachricht 101 und der Block 202 entspricht dem Block 102 der Figur 2."

Die beiden Abbildungen samt zugehöriger Beschreibung richten sich somit auf ein einziges Ausführungs-beispiel. Mithin handelt es sich bei den in Fig. 2 und 3 der Anmeldung dargestellten Verfahren um ein und dasselbe Verfahren, bei dem lediglich zwischen zwei alternativen Fällen zur Bereitstellung der entsprechenden Verbindungsdaten unterschieden wird, nämlich entweder die Bereitstellung durch die alte Basisstation oder durch die Mobilstation selbst - je nachdem ob der Datenaustausch zwischen den Basisstationen durch das entsprechende Netzwerk unterstützt wird oder nicht.

Punkt 1.2 der Entscheidung in T 2119/13 (von dieser Kammer in anderer Besetzung) bezeichnet die Abläufe gemäß Fig. 2 bzw. Fig. 3 als zwei alternative Möglichkeiten eines Handovers eines Verfahrens. Nur in Verbindung mit den Abbildungen Fig. 4 bis Fig. 6 wird dort von einem zweiten Verfahren gesprochen. Die Sichtweise der Kammer in diesem Verfahren steht daher auch in keinem Widerspruch zu dieser früheren Entscheidung.

4.2.2 Ferner würde eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dadurch entstehen, dass von den vier gemeinsamen Schritten beider Alternativen (d.h. Schritte 100 bis 103, 200 bis 203) nur einer (d.h. die Handover-Anfrage 103, 203) in Anspruch 1 aufgenommen sei.

Die Kammer teilt diese Ansicht nicht. Die drei der Handover-Anfrage vorangehenden Schritte haben keinen Einfluss auf die Details des Handover-Vorgangs gemäß Anspruch 1 und sind damit nicht untrennbar verbunden.

4.2.3 Ebenso würde in Anspruch 1 das Merkmal fehlen, dass mit der Handover-Anfrage an die zweite Basisstation die Adresse der ersten Basisstation mitgeteilt wird.

Die Kammer befindet jedoch, dass dieses Merkmal für das Verfahren von Anspruch 1 nicht erheblich ist, da der Anspruch nur Verfahrensschritte aus der Sicht der Mobilstation enthält und nicht zum Gegenstand hat, wie die an die Mobilstation gesendete Nachricht erzeugt wird.

4.3 Einwände aus der angegriffenen Entscheidung

4.3.1 Das Verfahren von Anspruch 1 enthält die beiden Verfahrensschritte, dass

a) die Mobilstation beim Handover eine Anfrage an die zweite Basisstation schickt, ob das Netzwerk den Handover dadurch unterstützt, dass es die für die Verbindung erforderlichen Informationen von der ersten Basisstation zur zweiten Basisstation überträgt, und

b) dass die Mobilstation die für die Verbindung erforderlichen Informationen selbst zur Verfügung stellt, wenn sie durch eine von der zweiten Basisstation empfangene Nachricht feststellt, dass das Netzwerk den Handover nicht unterstützt.

4.3.2 Die angefochtene Entscheidung kommt in Bezug auf diese Kombination von Schritten im Zusammenhang mit dem der Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag 1 zum Schluss, dass in den Ansprüchen kein kausaler Zusammenhang zwischen der Anfrage der Mobilstation und dem Empfang der Nachricht von der Basisstation herrsche (Punkt 33). Dagegen würde die Beschreibung offenbaren, dass ein kausaler Zusammenhang zwingend notwendig sei (ibid.). Die Einspruchsabteilung verweist dazu in Punkt 33 ihrer Entscheidungsgründe auf den folgenden Abschnitt aus der Beschreibung der Stammanmeldung auf Seite 6, Zeile 35 bis Seite 7, Zeile 11, der klarstellen würde, dass ein kausaler Zusammenhang zwingend sei (Unterstreichung durch die Einspruchsabteilung):

"Die MS sendet dann mit der Nachricht 103 eine Handover-Anfrage (Handover Request) an die BS 2, in der es sie auffordert nun mit der MS in Verbindung zu treten. Die Aufforderung 103 enthält weiterhin die Adresse der BS 1 und könnte so die BS 2 in die Lage versetzen, direkt mit der BS 1 Daten bezüglich der Verbindung mit der MS auszutauschen. Da die BS 2 in dem Beispiel nach der Figur 2 jedoch dazu nicht in der Lage ist, sendet sie eine Nachricht 104 an die MS (No Netsupport) mit der angezeigt wird, dass das Netzwerk nicht in der Lage ist, die für die Verbindung notwendigen Informationen von der BS 1 zur BS 2 zu übertragen."

4.3.3 Die Kammer ist dagegen der Ansicht, dass eine Formulierung wie in Anspruch 1 des Hauptantrags einen Zusammenhang zwischen der Anfrage der Mobilstation und der Antwort der Basisstation hinreichend herstellt. Denn die durch die Antwort der Basisstation mitgeteilte Information, dass das Netzwerk den Handover nicht unterstützt, richtet sich klar auf den Inhalt der Anfrage der Mobilstation, nämlich, ob das Netzwerk den Handover auf bestimmte Weise unterstützt. Der oben zitierte Abschnitt beschreibt somit in zwei getrennten Sätzen, dass die Mobilstation eine Handover-Anfrage bezüglich einer Netzwerkunterstützung sendet und dass die zweite Basisstation bei mangelnder Netzwerkunter-stützung eine entsprechende Nachricht sendet. Die von der Einspruchsabteilung hervorgehobene Konjunktion "Da" bezieht sich auf die Bedingung mangelnder Netzwerkunterstützung, die durch das Senden der Nachricht 104 von der zweiten Basisstation an die Mobilstation angezeigt wird. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Schritten besteht nur dadurch, dass beide einen Informationsaustausch für einen Handover betreffen, so wie es in Anspruch 1 der Fall ist. Ein darüber hinaus gehender Zusammenhang zwischen der Handover-Anfrage der Mobilstation und der Mitteilung der zweiten Basisstation, der nicht in Anspruch 1 wiedergegeben ist, ist dem oben zitierten Abschnitt indes nicht zu entnehmen.

4.4 Die oben angestellten Überlegungen gelten mutatis mutandis auch für den unabhängigen Anspruch 3. Die Zeichnungen und die Beschreibung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung sind identisch zu denen aller vorangegangenen Teilanmeldungen und der Stammanmeldung, wobei nur auf den Seiten 4 und 10 der Beschreibung ein Hinweis auf den Ausschluss eines anderen Ausführungsbeispiels von den Ansprüchen entfernt wurde. Die Ansprüche des Hauptantrags erfüllen somit das Erfordernis der Artikel 76 (1) und 123 (2) EPÜ.

5. Hauptantrag - Ausführbarkeit und Klarheit

(Artikel 83 und 84 EPÜ)

5.1 Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten in Bezug auf Ausführbarkeit und Klarheit, dass im Verfahren von Anspruch 1 die zweite Basisstation keine Verbindung zur ersten Basisstation besitze und somit nicht wissen könne, ob das Netzwerk den Handover unterstützt.

Weiter habe die Mobilstation keine Kenntnis davon, welches "die für die Verbindung erforderlichen Informationen" sind, die sie gegebenenfalls zur Verfügung zu stellen hat.

5.2 Die Beschwerdeführerin erwiderte, dass die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 minimal seien und der Einwand mangelnder Klarheit aus diesem Grund nicht zulässig erhoben werden könne. Auch gebe es für die neue Basisstation viele Wege, die fehlende Netzwerkunterstützung für den Handover festzustellen.

5.3 Das Verfahren von Anspruch 1 unterscheidet sich von dem von Anspruch 1 in der erteilten Fassung nur dadurch, dass die Mobilstation die fehlende Netzwerkunterstützung "durch eine von der zweiten Basisstation (2) empfangene Nachricht" feststellt. Die Fragen, woher die Mobilstation weiß, welche Informationen erforderlich sind, und wie die zweite Basisstation weiß, dass das Netz den Handover nicht unterstützt, werden durch die Änderung indes nicht berührt, so dass der Einwand der mangelnden Klarheit diesbezüglich nicht erhoben werden kann.

Darüber hinaus ist die Kammer der Ansicht, dass es allgemeines Fachwissen auf dem Gebiet der Mobilkommunikation ist, wie in einem System von miteinander über ein Netzwerk verbundener Basisstationen eine einzelne Basisstation Kenntnis darüber erlangen kann, ob das Netzwerk den Handover unterstützt oder nicht. Ebenso gehört es zum grundlegenden Wissen einer Fachperson auf dem Gebiet der Mobilkommunikation, welche Informationen für eine Verbindung zwischen einer Mobil- und Basisstation in einem mobilen Netzwerk erforderlich sind und wie sie in der Mobilstation verfügbar gemacht werden können.

5.4 Die oben angestellten Überlegungen gelten mutatis mutandis auch für den unabhängigen Anspruch 3. Die Ansprüche des Hauptantrags erfüllen somit auch die Erfordernisse der Artikel 83 und 84 EPÜ.

6. Zurückverweisung (Artikel 111 (1) EPÜ)

Da die Kammer zum Schluss kommt, dass die Erfordernisse der Artikel 76 (1), 83, 84 und 123(2) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags nicht entgegenstehen, wird die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung, insbesondere zur Prüfung der Erfordernisse gemäß Artikel 54 und 56 EPÜ, auf der Grundlage dieses Hauptantrags an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen (Artikel 11 VOBK 2020).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

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