European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T227815.20181009 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 October 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2278/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10010192.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08F 14/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung eines Polyvinylchlorid (PVC) Harzes | ||||||||
Name des Anmelders: | Vinnolit GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SOLVAY (SOCIETE ANONYME) | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hautpantrag und Hilfsanträge 1-16, 18 (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 17a, 19-21 (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 5. Oktober 2015 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2433971.
II. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung stützte sich unter anderem auf folgende Dokumente:
D7a: Übersetzung von JP S56 807 A (D7) ins Englische
D9: WO 97/40076
D20: Auszug aus dem Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage, Seiten 3579-3581
D21: Auszug aus dem Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage, Seite 4402
D22: "Suspension Polymerisation of Vinyl Chloride - Introduction" in Ullmann's Encylcopedia of Chemistry, 5th Ed. 1992, Vol. A 21, Seiten 720-721
D23: Versuchsbericht der Patentinhaberin vom 23. Juli 2015
Die Entscheidung basierte auf den erteilten Ansprüchen (Hauptantrag) sowie auf Hilfsanträgen 1-9, 11, 12, 13a, 14, 16 und 17a, während die Hilfsanträge 10, 15 und 18 zurückgenommen wurden, wobei die Hilfsanträge 1-18 mit Schreiben vom 23. Juli 2015 und die Hilfsanträge 13a und 17a während der mündlichen Verhandlung am 23. September 2015 eingereicht wurden.
Ansprüche 1 und 15 des Hauptantrags lauteten wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC) mit einer mittleren Korngröße von 10 bis 80 µm durch Suspensionspolymerisation von Vinylchlorid, dadurch gekennzeichnet, dass es folgende Verfahrensschritte umfasst:
(a) Vorlegen von Wasser, Initiator(en), gegebenenfalls einem oder mehreren weiteren Hilfsstoffen und einem Teil des Vinylchlorids in einem Reaktor und Mischen der Bestandteile;
(b) Dispergieren und Zugabe von einem oder mehreren Suspendierhilfsmitteln unter weiterem Dispergieren;
(c) Aufheizen der Mischung;
(d) Zugabe des restlichen Vinylchlorids; und
(e) Aufarbeitung des Produkts."
"15. Polyvinylchlorid (PVC), herstellbar durch ein Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche."
Hilfsantrag 1 enthielt zwei unabhängige Verfahrensansprüche (Ansprüche 1 und 2) und einen Stoffanspruch (Anspruch 11). Anspruch 2 unterschied sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass zusammengefügt wurde, dass "die Verfahrensschritte (a) bis (c) in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden, und wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden". Anspruch 11 entsprach Anspruch 15 des Hauptantrags.
Verfahrensanspruch 2 der Hilfsanträge 2 bis 8 und Verfahrenanspruch 1 des Hilfsantrags 9 entsprachen Anspruch 2 des Hilfsantrags 1. Diese Hilfsanträge enthielten auch einen Stoffanspruch, der dem erteiltem Anspruch 15 entsprach.
Hilfsantrag 10 enthielt einen Verfahrensanspruch 1 und einen Stoffanspruch 10, wobei Anspruch 1 sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch unterschied, dass hinzugefügt wurde, dass "während der Heizphase oder mit Erreichen der Polymerisationstemperatur mit der Zugabe des restlichen Vinylchlorids begonnen wird, und wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden" Stoffanspruch 10 entsprach dem erteiltem Anspruch 15.
Hilfsantrag 11 enthielt einen Verfahrensanspruch 1 und einen Stoffanspruch 10, wobei Anspruch 1 sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch unterschied, dass folgender Wortlaut hinzugefügt wurde "wobei während der Heizphase oder mit Erreichen der Polymerisationstemperatur mit der Zugabe des restlichen Vinylchlorids begonnen wird, und in Schritt (d) das restliche Vinylchlorid über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben wird, und wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden" Stoffanspruch 10 entsprach dem erteiltem Anspruch 15.
Verfahrensanspruch 2 und Stoffanspruch 11 des Hilfsantrags 12 entsprachen den Ansprüchen 2 und 11 des Hilfsantrags 1.
Hilfsantrag 13a enthielt nur Verfahrensansprüche, wobei Anspruch 1 sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch unterschied, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids während der Polymerisationszeit in einer Art und Weise erfolgt, dass der Volumenschrumpf der dispersen Phase zu jedem Zeitpunkt durch Zugabe des restlichen Vinylchlorids mindestens ausgeglichen wird".
Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 14 unterschied sich von Anspruch 1 des Hilfsantrag 13a dadurch, dass die Polymerisationszeit "vom Aufheizen bis zum Druckabfall" definiert wurde. Stoffanspruch 9 entsprach dem erteiltem Anspruch 15.
Hilfsantrag 15 enthielt einen Verfahrensanspruch (Anspruch 1) sowie einen Stoffanspruch (Anspruch 10), wobei Anspruch 1 sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch unterschied, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids von Beginn des Aufheizens bis zur Aufarbeitung in der Art erfolgt, dass die zugegebene Menge des restlichen Vinylchlorids mindestens der umgesetzten Menge entspricht oder diese übersteigt". Stoffanspruch 10 entsprach dem erteiltem Anspruch 15.
Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 16 unterschied sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids mit Erreichen der Polymerisationstemperatur beginnt, und wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden". Stoffanspruch 10 entsprach dem erteiltem Anspruch 15.
Hilfsantrag 17a enthielt keinen Stoffanspruch und Verfahrensanspruch 1 dieses Hilfsantrags unterschied sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 16 dadurch, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) das restliche Vinylchlorid über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben wird".
Hilfsantrag 18 enthielt einen Verfahrensanspruch (Anspruch 1) und einen Stoffanspruch (Anspruch 9) wobei Anspruch 1 sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch unterschied, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids von Beginn des Aufheizens bis zur Aufarbeitung erfolgt, und wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden". Stoffanspruch 9 entsprach dem erteiltem Anspruch 15.
III. Insofern es für die vorliegende Entscheidung von Relevanz ist, kann die Entscheidung wie folgt zusammengefasst werden:
a) Beispiel 1 des Dokuments D7a offenbare die Herstellung von PVC Partikeln mit einer Partikelgröße von 16,4 µm durch Suspensionspolymerisation von Vinylchlorid (VCM) gemäß Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags. Der Zeitpunkt der Zugabe der restlichen Menge an VCM in Schritt (d) sei weder im Verfahrensanspruch 1 noch im Stoffanspruch 15 wiedergegeben. Verfahrensanspruch 1 und Stoffanspruch 15 des Hauptantrags, der als Product-by-Process definiert sei, seien nicht neu im Lichte des Dokuments D7a.
b) Die spezifische Reihenfolge der Schritte (a) bis (c) in Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 sei für das beanspruchte Verfahren nicht einschränkend. Ansprüche 2 und 11 des Hilfsantrags 1 seien nicht neu gegenüber Beispiel 1 des Dokuments D7a.
c) Anspruch 2 der Hilfsanträge 2 bis 8 sowie Anspruch 1 des Hilfsantrags 9 und der korrespondierende Stoffanspruch seien aus denselben Gründen wie für den Hilfsantrag 1 ausgeführt nicht neu gegenüber D7a.
d) Der Versuch B-1 von D9 offenbare ein Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 11. Das PVC gemäß Stoffanspruch 10 des Hilfsantrags 11 sei nicht vom PVC gemäß D9 zu unterscheiden, sodass Anspruch 10 des Hilfsantrags 11 nicht neu gegenüber D9 sei.
e) Verfahrensanspruch 2 und Stoffanspruch 11 des Hilfsantrags 12 seien nicht neu gegenüber D7a aus den selben Gründen wie für Hilfsantrag 1 ausgeführt.
f) In D9 sei auch die kontinuierliche Zugabe von VCM offenbart, um einen konstanten Druck im Reaktor zu gewährleisten. Die in D9 hergestellten Produkte seien als PVC Partikel bezeichnet. In Bezug auf das Verfahren sei die Saat-Quell-Polymerisation gemäß D9 als eine Art von Suspensionspolymerisation zu sehen. Darüber hinaus schließe eine Suspensionspolymerisation gemäß Verfahrensanspruch 1 die Quellung von VCM in Polymerpartikeln nicht aus, wie aus D22 bekannt. Somit beschreibe D9 die Herstellung von PVC Partikeln durch Suspensionspolymerisation. Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 13a sei somit nicht neu gegenüber D9.
g) Der Zeitpunkt der Zugabe des restlichen VCMs im Schritt (d) sei in D9 schon beschrieben, sodass Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 14 nicht neu gegenüber D9 sei.
h) Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 16 unterscheide sich vom Versuch B-10 des Dokuments D9 in der Menge an VCM, die in Schritt (a) zugegeben sei. Es sei allerdings nicht gezeigt worden, inwiefern die Menge an VCM in Schritt (a) zur Neuheit des erhaltenen PVCs beitrage. Stoffanspruch 10 des Hilfsantrags 16 sei deshalb nicht neu gegenüber D9.
i) Die Herstellung von Blend-, Filler oder Extender-PVC mit einer engen Partikelngrößeverteilung, einer runden Form und einer glatten Oberfläche sei sowohl in D7a als auch in D9 beschrieben. Der Unterschied zwischen Anspruch 1 des Hilfsantrags 17a und D7a, nämlich die Zugabe des restlichen VCMs in Schritt (d) erst mit Erreichen der Polymerisationstemperatur zu beginnen, sei wesentlich, weil es in D7a schließlich darum gehe, das restliche VCM erst dann zuzugeben, wenn eine Umsatzrate von mindestens 30% erreicht worden sei. Die Unterschiede zwischen Anspruch 1 und D9, eine etwas erhöhte Zugabe von VCM in Schritt (a) und die Dauer der VCM-Zugabe in Schritt (d), seien nicht so signifikant wie der Unterschied zu D7a.
Ausgehend von D9 als nächstliegendem Stand der Technik sei die zu lösende Aufgabe die Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von Extender-PVC mit enger Partikelngrößenverteilung, runder Form und glatter Oberfläche.
Diese Aufgabe sei im Streitpatent dadurch gelöst, dass die Menge an VCM in der Reaktionsvorlage in Schritt (a) mindestens 30 Gew.-% der gesamten Menge betrage und die restliche Menge an VCM in Schritt (d) über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben sei. Es sei in den Versuchen B-9, B-10 und B-11 der D9 gezeigt, dass kleine Änderungen der Menge an VCM in der Reaktionsvorlage (28,4 Gew.-% in Versuch B-10, 26 Gew.-% in Versuch B-9) keinen Einfluss auf die PVC Partikeln hätten. Damit sei es für den Fachmann naheliegend, dass kleine Variationen dieser Menge an VCM die gestellte Aufgabe auch lösen würden. In Bezug auf die Dauer der VCM-Zugabe in Schritt (d), von einer halben Stunde bis zehn Stunden, sei es für einen Fachmann ersichtlich, dass diese praktisch alle Suspensionspolymerisationsverfahren zur Herstellung von PVC umfasse. Ein Beispiel dafür sei das Verfahren gemäß Beispiel 1 der D7a, wobei die restliche Menge an VCM über einen Zeitraum von 2,5 Stunden zugegeben sei. Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 17a sei somit nicht erfinderisch ausgehend von D9.
IV. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Die Beschwerde basierte auf den Ansprüchen wie erteilt (Hauptantrag), sowie auf 21 Hilfsanträgen. Hilfsanträge 1-12, 14-16 und 18 entsprachen den Hilfsanträgen 1-12, 14-16 und 18 der strittigen Entscheidung. Die Hilfsanträge 13 und 17 unterschieden sich vom den Hilfsanträgen 13a und 17a der strittigen Entscheidung lediglich dadurch, dass diese Anträge einen Stoffanspruch enthielten (Anspruch 9 des Hilfsantrags 13 und Anspruch 10 des Hilfsantrags 17), erteiltem Anspruch 15 entsprach.
Die neuen Hilfsanträge 19-21 basierten ausschließlich auf Verfahrensansprüchen:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 19 unterschied sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids mit Erreichen der Polymerisationstemperatur beginnt und
in Schritt (d) das restliche Vinylchlorid über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben wird, und
wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden, wobei unter Dispergieren das Einrühren einer flüssigen Phase in eine andere, nicht mischbare, zusammenhängende, flüssige Phase, wobei sie in kleine Tropfen zerteilt wird, verstanden wird".
Anspruch 1 des Hilfsantrags 20 unterschied sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids mit Erreichen der Polymerisationstemperatur beginnt und
in Schritt (d) das restliche Vinylchlorid über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben wird, und
wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden, wobei die Verfahrensschritte (a) bis (c) in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden".
Anspruch 1 des Hilfsantrags 21 unterschied sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids mit Erreichen der Polymerisationstemperatur beginnt und
in Schritt (d) das restliche Vinylchlorid über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben wird, und
wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden, wobei die Verfahrensschritte (a) bis (c) in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden, wobei unter Dispergieren das Einrühren einer flüssigen Phase in eine andere, nicht mischbare, zusammenhängende, flüssige Phase, wobei sie in kleine Tropfen zerteilt wird, verstanden wird".
Mit der Beschwerdebegründung wurde die Entgegenhaltung D29 (Kunststoffe 10/2005, Seiten 38 bis 43) eingereicht.
V. Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) reichte eine Beschwerdeerwiderung ein.
VI. Am 2. August 2018 erging eine Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern. Die Kammer teilte darin ihre vorläufige Meinung zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung mit.
VII. Am 8. August 2018 reichte die Beschwerdegegnerin weitere Argumenten ein.
VIII. Am 9. August 2018 reichte die Beschwerdeführerin Hilfsantrag 17a ein, der den bisherigen Hilfsantrag 17 ersetzen sollte. Hilfsantrag 17a basierte auf Hilfsantrag 17 mit dem Unterschied, dass er keinen Stoffanspruch 10 enthielt.
IX. Die mündliche Verhandlung fand am 9. Oktober 2018 statt. Für die Beschwerdeführerin war, wie mit Schreiben vom 10. September 2018 angekündigt, niemand anwesend.
X. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Hauptantrag
Neuheit
a) Das in D9 beschriebene Verfahren unterscheide sich grundsätzlich vom Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents. Zum einen beziehe sich das beanspruchte Verfahren auf die Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC), ein Polymer, das bekanntlich bei der Homopolymerisation von VCM anfällt (D20). Demgegenüber handele es sich bei den in D9 beschriebenen Partikeln um Copolymere bzw. Pfropfcopolymere oder Mischpolymere und daher nicht um Polyvinylchlorid (PVC). Somit seien das Verfahren in D9 sowie die dadurch hergestellten Partikel nicht gemäß Streitpatent.
b) Zum anderen sei das Verfahren der vorliegenden Erfindung eine Suspensionspolymerisation, allgemein bekannt als eine Polymerisation von überwiegend wasserunlöslichen Monomeren, die als diskontinuierliche Phase in Form feiner Tröpfchen in einer kontinuierlichen Wasser-Phase unter Rühren verteilt worden seien (D21 und D22). Bei dem in D9 beschriebenen Verfahren sei VCM in die Keimpartikel vor der Polymerisation gequollen, sodass es nicht in Form feiner Tröpfchen vorliege, wie dies bei einer Suspensionspolymerisation der Fall sei. Auch seien die Polymerisationsbedingungen in D9 nicht die einer Suspensionspolymerisation. Des Weiteren sei in D9 zwischen einer Suspensionspolymerisation und einer Saat-Quell-Polymerisation unterschieden, wie dies auch aus D29 ersichtlich sei. Für den Fachmann sei daher klar, das es sich bei einer Suspensionspolymerisation gemäß Streitpatent um ein komplett anderes Verfahren handele als bei einem Saat-Quell-Verfahren (oder Saatpolymerisationsverfahren) gemäß D9.
c) Das Verfahren des Streitpatents umfasse außerdem den Schritt des Dispergierens, wie dies in der Beschreibung definiert sei. Dieser Schritt fehle im Verfahren des Dokuments D9, insbesondere weil er in diesem Verfahren auch keinen Sinn machen würde, da bei dem in D9 beschriebenen Verfahren eine übermäßige Scherbeanspruchung zu vermeiden sei.
d) Anspruch 1 des Streitpatents sei somit neu gegenüber D9.
e) Anspruch 15 sei auf PVC gerichtet, das durch ein Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche des Hauptantrags herstellbar sei. Da sich das in D9 offenbarte Verfahren deutlich vom Verfahren des Streitpatents unterscheide, führe dieses Verfahren zwangsläufig auch zu PVC mit anderen Eigenschaften. Ferner seien beim Einsatz von Quellpolymeren gemäß D9 grundsätzlich auch Produkte zu erwarten, die sich sowohl in ihrer Zusammensetzung, sowie auch in ihren Eigenschaften von denen eines Produkts unterscheiden, das aus nur einem Monomer hergestellt sei. Anspruch 15 des Streitpatents sei somit ebenfalls neu gegenüber D9.
Hilfsantrag 1
Neuheit
f) In Anspruch 2 des Hilfsantrags 1 seien die Verfahrensschritte (a) bis (c) in der angegebenen Reihenfolge durchzuführen. In den Beispielen von D9 seien zunächst die Keimpartikel, ein Tensid, Kaliumiodid und ein Suspendierhilfsmittel in Wasser in einem Reaktor vorgelegt worden. Erst nach der Entfernung von Sauerstoff sei VCM zugegeben worden. Die Reihenfolge der Schritte (a) bis (c) in Anspruch 2 sei somit nicht wie in D9.
Hilfsanträge 2 bis 16
Neuheit
g) Für diese Anträge seien die gleichen Argumente zur Neuheit wie für die vorherigen Anträge ausgeführt relevant.
Hilfsantrag 17a
Erfinderische Tätigkeit
h) Bei dem in D9 offenbarten Verfahren wird zunächst in einer ersten Stufe ein Keimpartikel gebildet und dann in einer zweiten Stufe ein Vinylchloridmonomer oder ein Gemisch von Monomeren in die Keimpartikel gequollen. Gemäß dem Verfahren des Streitpatents hingegen sei die gewünschte Partikelgröße durch die Tropfengröße während der Dispergierung der Vinylchloridphase eingestellt, während beim Saatquellverfahren wie nach D9 quellbare Saatpartikel durch Zufuhr und Polymerisation von Vinylchloridmonomer auf die gewünschte Partikelgröße polymerisiert seien. Auch seien die nach D9 hergestellten Produkte wesentlich anders als die des Streitpatents.
i) Somit sei in D9 ein Verfahren offenbart, das sich deutlich vom Verfahren des Streitpatents unterscheide. Aufgrund dieser deutlichen Verfahrensunterschiede sei D9 kein nächstliegender Stand der Technik für die vorliegende Erfindung. D7a sei der nächstliegende Stand der Technik und der beanspruchte Gegenstand sei ausgehend von D7a als erfinderisch anzuerkennen.
Hilfsantrag 18
Neuheit
j) Für Hilfsantrag 18 seien die gleichen Argumente zur Neuheit wie für die vorherigen Anträgen ausgeführt relevant.
Hilfsanträge 19 bis 21
Erfinderische Tätigkeit
k) Für diese Anträge seien die gleichen Argumente zur erfinderischen Tätigkeit wie für die vorherigen Anträgen ausgeführt relevant.
XI. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Hauptantrag
Neuheit
a) Anspruch 15 sei auf ein Product-by-process gerichtet. Es sei nicht gezeigt worden, dass das darin beanspruchte PVC sich von den Produkten der Versuche B-9 bis B-11 der D9 unterscheide. Es sei vor allem nicht gezeigt worden, dass das Verfahren dieser Versuche überhaupt zu Copolymeren führe, da die Teilchen eigentlich nur als Hilfsstoffe während der Polymerisation dienen und nicht mit VCM reagieren. Auch wenn die Polymere gemäß D9 als Copolymere zu sehen wären, sei sowohl in D8 als auch in D9 gezeigt, dass diese Copolymere im Stand der Technik generell als PVC bezeichnet worden seien. Das Verfahrensanspruch 1 schließe jedenfalls auch nicht die Herstellung von Copolymeren aus.
b) Das Verfahren gemäß D9 sei eigentlich von einer Suspensionspolymerisation gemäß Streitpatent nicht zu unterscheiden, vor allem weil dieselben Komponenten und Suspendierhilfsmittel im Streitpatent und in D9 verwendet würden. Darüber hinaus sei das Saat-Quell-Verfahren gemäß D9 eine spezifischere Art der Suspensionspolymerisation. Dies sei auch aus D29 nicht anders zu interpretieren. Vor allem sei in D22 auch offenbart, dass im Zuge einer Suspensionspolymerisation eine Quellung von PVC mit dem zu polymerisierenden VCM in gewisser Weise stattfinden könne.
c) Selbst wenn das Dispergieren der Polymerisationskomponenten in der Beschreibung der Versuche B-9 bis B-11 in D9 nicht erwähnt sei, sei eine solche Maßnahme aufgrund der offenbarten Polymerisationsbedingungen in diesen Versuchen implizit offenbart.
d) Anspruch 15 sei auf PVC gerichtet, das durch ein Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags herstellbar sei. Da das in D9 offenbarte Verfahren vom Verfahren gemäß Hauptantrag nicht zu unterscheiden sei, sei das nach D9 hergestellte PVC auch gemäß Anspruch 15 des Hauptantrags. Es sei auch nicht gezeigt worden, vor allem weil das Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags die Anwesenheit von Saat-Polymeren nicht ausschließe, dass ein solches Verfahren zu PVC Partikeln führe, die sich von anderen PVC Partikeln gemäß D9 unterscheiden ließen. Anspruch 15 des Streitpatents sei somit nicht neu gegenüber D9.
Hilfsantrag 1
Neuheit
e) Es sei nicht gezeigt worden, dass der Einsatz von 30 Gew.-% VCM, anstelle von 28,4 Gew.-% sowie beim Versuch B-10 der D9, in Schritt (a) des beanspruchten Polymerisationsverfahrens ein Produkt ergebe, das sich vom Produkt der D9 unterscheide. Somit sei das durch das Verfahren des Anspruchs 2 hergestellte Produkt nicht neu gegenüber D9.
Hilfsanträge 2-16
Neuheit
f) Auch für die Hilfsanträge 2-16 sei nicht gezeigt worden, dass Unterschiede bei der Definition des Polymerisationsverfahrens zu Unterschieden im davon resultierenden Produkt führten. Der Stoffanspruch dieser Hilfsanträge sei demnach nicht neu gegenüber D9.
Hilfsantrag 17a
Zulässigkeit
g) Hilfsantrag 17a sei erst spät und ohne Begründung ins Verfahren eingereicht worden. Dieser Antrag sei deshalb nicht zuzulassen.
Erfinderische Tätigkeit
h) Das Hauptargument der Beschwerdeführerin bei der erfinderischen Tätigkeit beruhe lediglich auf der Auswahl von D7a anstelle von D9 als nächstliegendem Stand der Technik. Es sei nicht klar, warum D7a besser geeignet sei als D9, der sowieso dem Gebiet der PVC Partikelherstellung durch Suspensionspolymerisation angehöre und sich vom beanspruchten Gegenstand hauptsächlich dadurch unterscheide, dass 28,4 Gew.-% VCM im Schritt (a) der Polymerisation verwendet sei (anstatt 30 bis 70 Gew.-%. D9 sei daher der nächstliegende Stand der Technik.
i) Es sei auch nicht gezeigt worden, dass das beanspruchte Verfahren mit einem Effekt verbunden sei. Somit sei, sowie dies aus der Entscheidung der Einspruchsabteilung ersichtlich sei, Anspruch 1 des Hilfsantrag 17a nicht erfinderisch ausgehend von D9.
Hilfsantrag 18
Neuheit
j) Für Hilfsantrag 18 seien die gleichen Argumente zur Neuheit wie für die vorherigen Hilfsanträgen 2 bis 16 ausgeführt relevant.
Hilfsanträge 19 bis 21
Erfinderische Tätigkeit
k) Für diese Anträge seien die gleichen Argumente zur erfinderischen Tätigkeit wie für Hilfsantrag 17a ausgeführt relevant. Es sei insbesondere für den Hilfsantrag 20 nicht gezeigt worden, dass die Durchführung der Polymerisationsschritte (a) bis (c) in der Reihenfolge, wie diese in Anspruch 1 angegeben seien, zu einem Unterschied beim Produkt oder zu einem Effekt führe. Die Reihenfolge der Schritte (a) bis (c) gemäß Anspruch 1 sei außerdem dem Fachmann aus D7a schon bekannt. Somit seien die Hilfsanträge 19 bis 21 nicht erfinderisch.
XII. Die Beschwerdeführerin beantragte im schriftlichen Verfahren die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 21, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, wobei der mit Schreiben vom 9. August 2018 eingereichte Hilfsantrag 17a den Hilfsantrag 17, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, ersetzen soll.
XIII. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde sowie den Hilfsantrag 17a nicht in das Verfahren zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag
1. Neuheit
1.1 Anspruch 15 betrifft ein Erzeugnis, Polyvinylchlorid (PVC), das durch sein Herstellungsverfahren definiert ist. Es handelt sich bei diesem Anspruch um einen so genannten "Product-by-Process" Anspruch, der sich auf das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags bezieht. Dieses Verfahren richtet sich auf die Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC) mit einer mittleren Korngröße von 10 bis 80 µm durch Suspensionspolymerisation von Vinylchlorid in Anwesenheit von Initiator(en) und Suspendierhilfsmitteln in Wasser und ist weiterhin durch Verfahrensschritte (a) bis (e) definiert, die eine Suspensionspolymerisation kennzeichnen. Durch die Angabe der mittleren Korngröße von 10 bis 80 µm der hergestellten Partikel enthält Anspruch 1 des Hauptantrags eine strukturelle Definition des Polyvinylchlorids (PVC) als Produkt. Was die Kennzeichnung des hergestellten PVC durch die Verfahrensschritte des Anspruchs 1 angeht, ist gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern zu "Product-by-Process" Ansprüchen zu beachten, dass, wenn ein solches Erzeugnis nicht nur durch strukturelle Merkmale, sondern auch durch seine Herstellungsweise definiert ist, es zur Neuheitsabgrenzung des Nachweises bedarf, dass die kennzeichnenden Verfahrensparameter tatsächlich zu Erzeugnissen führen, die sich vom Stand der Technik unterscheiden lassen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, II.A.7.2).
1.2 Im vorliegenden Fall gilt es die Neuheit gegenüber Dokument D9 zu untersuchen. D9 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von PVC-Partikeln mit einer engen Partikelgrößenverteilung in der Größenordnung von 10 bis 50 mym, dadurch gekennzeichnet, daß in einer ersten Stufe ein aromatisches Vinylmonomer, ein Acrylat oder ein Gemisch von solchen Monomeren polymerisiert wird, um ein Polymer/Oligomer-Keimpartikel in der Größenordnung von 1 bis 10 mym zu bilden, wonach in einer zweiten Stufe ein Vinylchloridmonomer oder ein Gemisch von Monomeren in die Polymer/Oligomer-Keimpartikel gequollen wird und die Polymerisation in einer solchen Weise erfolgt, daß sie zu Polymerpartikeln der gewünschten Größe wachsen (Ansprüche 1 und 2).
1.3 Der Versuch B-10 des Dokuments D9 offenbart insbesondere ein Verfahren, bei dem Wasser, ein Initiator (Azobismethylbutyronitril), Keimpartikel, Hilfsmittel (Natriumlaurylsulfat), darunter Suspendierhilfsmittel (Methylhydroxypropylcellulose), und ein Teil des VCMs in einem Reaktor vorgelegt werden, die Bestandteile gemischt werden, diese Mischung aufgeheizt wird (auf 60°C) und das restliche VCM zugegeben wird. Das erhaltene Produkt in Form von PVC Partikeln der Größe 18 mym wurde nach der Polymerisation aufgearbeitet (Seiten 16 und 17). Somit beschreibt dieser Versuch des Dokuments D9 auch die Polymerisation von VCM in Anwesenheit von Initiator(en) und Suspendierhilfsmittel in Wasser.
1.4 In Bezug auf die strukturelle Identität der PVC Partikel gemäß D9 hat die Beschwerdeführerin behauptet, dass es sich bei diesen Partikeln nicht um Homopolymere, sondern um Copolymere bzw. Propfcopolymere oder Mischpolymere handeln musste, ohne jedoch dafür einen Nachweis zu bringen. Aus D9 ist dies jedenfalls nicht zu entnehmen.
1.4.1 Insbesondere, auch wenn das Verfahren gemäß D9 auf den Einsatz von polymerischen Keimpartikeln basiert (Polymethylmethacrylat im Falle des Versuchs B-10), um eine Quellung des VCM Monomers hervorzurufen (D9, Seite 3, Absatz 3), ist eine Polymerisation des Monomers mit dem Polymethylmethacrylat der Keimpartikel allerdings aus D9 nicht zu entnehmen. Der Nachweis einer solchen Polymerisation des VCMs mit den Keimpartikeln hat die Beschwerdeführerin auch nicht erbracht. Daraus kann die Kammer nicht schließen, dass das in D9 offenbarte Verfahren eine Propfcopolymerisation ist.
1.4.2 Darüber hinaus offenbart der Versuch B-10 die Polymerisation von einem einzigen Monomer, VCM, die dann nur zu einem Homopolymer führen kann. Auch hier wurde von der Beschwerdeführerin nicht gezeigt, dass aus dem Versuch B-10 ein Copolymer entsteht.
1.4.3 In Bezug auf den Erhalt von Mischpolymeren in D9, auch wenn aus dem Versuch B-10, aufgrund der Anwesenheit von Keimpartikeln während der Polymerisation von VCM, Mischpolymeren entstehen sollten, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt, warum solche Mischpolymere nicht als PVC im Sinne von Anspruch 15 zu sehen sind. Das Verfahren gemäß Streitpatent selbst sieht vor, dass Polymere, unter anderem Polyvinylpyrrolidon und Mischpolymerisate von Maleinsäure mit Styrol und Polyvinylalkohole, als Suspendierhilfsmittel während der Polymerisation von VCM zu PVC verwendet werden können (Absatz 25). Unter diesen Umständen kommt die Kammer zum Schluss, dass die in D9 offenbarten PVC Partikel, und insbesondere die aus dem Versuch B-10 hergestellten Partikeln, als PVC im Sinne der Ansprüche 1 und 15 des Hauptantrags anzusehen sind.
1.5 Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, dass es sich beim Polymerisationsverfahren gemäß D9 nicht um eine Suspensionspolymerisation im Sinne des Streitpatents handeln könne, weil die Polymerisation von VCM gemäß D9 in Keimpartikeln erfolge, im Unterschied zum Streitpatent, worin die Polymerisation in einer diskontinuierlichen Phase in Form feiner flüssiger Monomertröpfchen in einer kontinuierlichen Wasser-Phase stattfinde, sowie dies aus D21, D22 und D29 ersichtlich sei. Hinsichtlich D21 und D22 ist es richtig, dass die allgemeine Definition der Suspensionspolymerisation den Einsatz von Keimpartikeln zur Polymerisation von VCM nicht erwähnt, allerdings ist die Verwendung von Keimpartikeln während der Suspensionspolymerisation auch nicht von dieser Definition ausgeschlossen. Dass die Polymerisation von VCM mit Hilfe von Keimpartikeln eine Suspensionspolymerisation sein kann, ist aus der Beschreibung von D9 selbst anschaulich. Tatsächlich deutet der erste Absatz auf Seite 9 von D9 auf die Verwendung von Polymersuspensionsagentien, wie zum Beispiel Polyvinylalkoholtypen, Polyvinylpyrrolidon und verschiedenen Arten von Cellulose, die auch als Suspendierhilfsmittel in Absatz 25 des Streitpatents aufgelistet sind. Der Versuch B-10 von D9 selbst beschreibt die Verwendung von Methylhydroxypropylcellulose während der Polymerisation von VCM in Wasser. Weitere Polymerisationsbedingungen, die eine Suspensionspolymerisation gegenüber D9 kennzeichnen würden, sind in Anspruch 1 nicht definiert. Daraus schließt die Kammer, dass das Polymerisationsverfahren gemäß D9, und insbesondere das Verfahren des Versuchs B-10, als Suspensionspolymerisation gesehen werden kann.
1.6 Der Verweis auf D29 durch die Beschwerdeführerin ändert an dieser Schlussfolgerung nichts. Dieses Dokument stellt eine Zusammenfassung von neuen Entwicklungen der zur Verfügung stehenden Herstellungsverfahren von PVC dar. In der Passage der Spalte 2 auf Seite 39 von D29 insbesondere sind mehrere Verfahren zur Herstellung von PVC-Pasten kurz erwähnt, sowie die Emulsions- und Mikrosuspensionsverfahren, die Prädispersionsverfahren und das Saat-Quell-Verfahren. Im Kontext von D29 sind all diese Verfahrensvariante und somit auch das Saat-Quell-Verfahren als neue Entwicklungsrichtungen zur Herstellung von PVC-Pasten durch Suspensionspolymerisation aufzufassen. Somit kann der Verweis auf D29 die Kammer nicht überzeugen, dass D9 keine Suspensionspolymerisation von VCM im Sinne von Anspruch 1 des Hauptantrags offenbart.
1.7 Ein weiterer Unterschied zu D9 sah die Beschwerdeführerin im Schritt (b) des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, nämlich das Dispergieren der Bestandteile und die Zugabe von Suspendierhilfsmittel unter weiterem Dispergieren.
1.7.1 Diesbezüglich ist richtig, dass im Versuch B-10 von D9 das Dispergieren der Polymerisationsbestandteile nicht explizit erwähnt ist. Allerdings setzt die Lehre von D9 voraus, dass die Polymerisation auf eine solche Art und Weise erfolgt, dass die von VCM gequollenen Keimpartikeln zu Polymerpartikeln der gewünschten Größe wachsen (Seite 3, dritter Absatz). In diesem Kontext impliziert die Verwendung eines Suspendierhilfsmittels, welches gemäß Seite 9, erster Absatz von D9 die Partikel im Reaktionsmedium frei dispergiert hält, selbstverständlich das Dispergieren der Polymerisationsbestandteile durch Rühren, sowie dies bei Suspensionspolymerisationen bekannt ist (D21, Zeile 4 und D22, Seite 720, Absatz 4.1.1). Die unerwünschte übermäßige Scherbeanspruchung der Keimpartikel, der mit einer Suspensionspolymerisation nicht kompatibel wäre, sowie dies von der Beschwerdeführerin geltend gemacht wurde, ist in D9 nicht beschrieben. Vielmehr ist der Einsatz eines Suspendierhilfsmittels (Methylhydroxypropylcellulose) im Versuch B-10 für die Kammer der Beleg dass der Schritt des Dispergierens auch in diesem Versuch als offenbart zu sehen ist.
1.7.2 In Bezug auf die Zugabe von Suspendierhilfsmitteln unter weiterem Dispergieren gemäß Schritt (b) von Anspruch 1 des Hauptantrags, offenbart der Versuch B-10 des Dokuments D9, dass die Methylhydroxypropylcellulose und den anderen Bestandteilen im Polymerisationsreaktor hinzugefügt werden. Somit erfolgt im Versuch B-10 die Zugabe des Suspendierhilfsmittels bevor und nicht während dem Dispergieren. Die Frage, die die Kammer dann zu beantworten hat ist, ob die Reihenfolge der Zugabe des Suspendierhilfsmittels und des Dispergierens überhaupt als Unterscheidungsmerkmal für Ansprüche 1 und 15 gegenüber D9 gesehen werden kann. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin verneint. Tatsächlich deutet Anspruch 8 des Hauptantrags durch dessen Formulierung "Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Verfahrensschritte (a) bis (c) in der angegebenen Reihenfolge, gleichzeitig oder auch in anderer Reihenfolge durchgeführt werden" darauf hin, dass die Zugabe des Suspendierhilfsmittels in Anspruch 1 unabhängig vom Zeitpunkt des Vorlegens der anderen Bestandteile stattfinden kann. Diese breitere Interpretation von Anspruch 1 war schon Teil der Entscheidung der Einspruchsabteilung (Seite 8) und wurde nicht von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren bestritten. In diesem Sinne hat die Beschwerdekammer auch keinen Grund, von der Entscheidung der Einspruchsabteilung abzuweichen. Selbst wenn D9 offen lässt, ob während der Zugabe des Suspendierhilfsmittels dispergiert wurde oder nur danach bei der Polymerisation, hat die Beschwerdeführerin nicht gezeigt, dass dieser Unterschied überhaupt zu anderen PVC Partikeln führt als diejenigen, die beim Versuch B-10 der D9 beschrieben sind.
1.8 Daraus schließt die Kammer, dass das Dokument D9 und insbesondere dessen Versuch B-10 die Herstellung von PVC Partikeln mit einer mittleren Korngrösse von 18 mym (innerhalb des beanspruchten Bereichs von 10 bis 80 mym) durch Suspensionspolymerisation offenbart und dass kein Verfahrensmerkmal von Anspruch 1 einen Unterschied im hergestellten Produkt gegenüber dem Produkt von D9 verursacht. Somit kommt die Kammer zum Schluss, dass der "Product-by-Process" Anspruch 15 nicht neu gegenüber D9 ist.
Hilfsantrag 1
2. Neuheit
2.1 Anspruch 11 des Hilfsantrags 1 entspricht dem "Product-by-Process" Anspruch 15 des Hauptantrags und bezieht sich auch auf alle Verfahrensansprüche. Verfahrensanspruch 2 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass es hinzugefügt wurde, dass "die Verfahrensschritte (a) bis (c) in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden, und wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden".
2.2 Es ist jedoch der Kammer nicht ersichtlich, inwiefern die nun im Verfahrensanspruch 2 des Hilfsantrags 1 definierten Merkmale sich auf die hergestellten PVC Partikeln auswirken. Es wurde auch weder im Streitpatent noch von der Beschwerdeführerin gezeigt, dass die Durchführung der Suspensionspolymerisation gemäß Hilfsantrag 1 zu PVC Partikeln führt, die sich von den PVC Partikeln aus dem Versuch B-10 von D9 unterscheiden.
2.3 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass die Festlegung der Reihenfolge der Verfahrensschritte (a) bis (c) und die Menge an VCM, die in Schritt (a) zugegeben wird, dem Anspruch 11 keine Neuheit verleihen. Anspruch 11 des Hilfsantrags 1 ist somit nicht neu gegenüber D9.
Hilfsanträge 2-16
3. Neuheit
3.1 Der Verfahrensanspruch 2 sowie der "Product-by-Process" Anspruch des Hilfsantrags 1 sind in den Hilfsanträgen 2-9 und 12 weiterhin enthalten. Somit ist der "Product-by-Process" Anspruch der Hilfsanträge 2 bis 9 und 12 aus denselben Gründen wie für den Hilfsantrag 1 ausgeführt nicht neu gegenüber D9.
3.2 In den Hilfsanträgen 10, 11 und 13 bis 16 wurde der Verfahrensanspruch 1 durch eine Reihe von verschiedenen Verfahrensparametern gekennzeichnet.
3.2.1 In den Hilfsanträgen 10, 11 und 16 wurde im Verfahrenanspruch 1 die Menge an VCM, die im Schritt (a) zugegeben wird, spezifiziert und der Beginn der Zugabe des restlichen VCMs während der Polymerisation wurde präzisiert. Im Hilfsantrag 11 wurde die Zugabe des restlichen VCMs durch einen Zeitraum weiter eingegrenzt. Diese reinen Verfahrensparameter grenzen zwar der Verfahrensanspruch 1 dieser Hilfsanträge gegenüber dem Versuch B-10 von D9 ab, es ist jedoch weder aus dem Streitpatent ersichtlich, noch wurde durch die Beschwerdeführerin belegt, dass das so definierte Verfahren zu PVC Partikeln führt, die sich von den PVC Partikeln des Versuchs B-10 von D9 unterscheiden. Somit ist der "Product-by-Process" Anspruch der Hilfsanträge 10, 11 und 16 nicht neu gegenüber D9.
3.2.2 Anspruch 1 der Hilfsanträge 13, 14 und 15 wurde durch unterschiedliche Definitionen der Zugabe des restlichen VCMs in Schritt (d) des Verfahrens gekennzeichnet. Gemäß Hilfsanträge 13 und 14 soll die Zugabe des restlichen VCMs während der Polymerisationszeit in einer Art und Weise erfolgen, dass der Volumenschrumpf der dispersen Phase zu jedem Zeitpunkt durch Zugabe des restlichen VCMs mindestens ausgeglichen wird. Im Hilfsantrag 14 soll zusätzlich diese Zugabe "vom Aufheizen bis zum Druckabfall" erfolgen. Im Hilfsantrag 15 soll hingegen im Schritt (d) die Zugabe des restlichen VCMs von Beginn des Aufheizens bis zur Aufarbeitung in der Art erfolgen, dass die zugegebene Menge des restlichen VCMs mindestens der umgesetzten Menge entspricht oder diese übersteigt. Auch im Falle der Hilfsanträge 13, 14 und 15 wurde nicht gezeigt, dass die im Verfahrenanspruch 1 aufgenommenen Verfahrensparameter zu PVC Partikeln der "Product-by-Process" Ansprüche führen, die sich von PVC Partikeln des Versuchs B-10 von D9 unterscheiden. Unter diesen Umständen kommt die Kammer zur Schlussfolgerung, dass der "Product-by-Process" Anspruch der Hilfsanträge 13, 14 und 15 nicht neu gegenüber D9 ist.
Hilfsantrag 17a
4. Zulässigkeit
4.1 Von der Beschwerdeführerin wurde in einem späten Stadium der Beschwerde, nämlich erst zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung, der Hilfsantrag 17a eingereicht. Die Beschwerdegegnerin rügte diesen Antrag als verspätet und beantragte, ihn nicht ins Verfahren zuzulassen.
4.2 Entsprechend der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern liegt die Zulassung von Änderungen des Vorbringens nach Einreichung der Beschwerdebegründung und der Erwiderung ausdrücklich im Ermessen der Kammer (Artikel 13(1) VOBK)?. Nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sind Änderungen des Vorbringens nicht mehr zuzulassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist (Artikel 13(3) VOBK).
4.3 Im vorliegenden Fall entspricht Hilfsantrag 17a dem früheren Hilfsantrag 17 bis auf den Produktanspruch 10, der im Hilfsantrag 17a gestrichen wurde. Der so eingereichte Hilfsantrag 17a entspricht auch dem korrespondierenden Hilfsantrag 17a, der von der Einspruchsabteilung in ihrer strittigen Entscheidung behandelt wurde. Somit wirft der neue eingereichte Hilfsantrag 17a keine neuen Fragen oder Probleme auf, die der Beschwerdegegnerin nicht bereits aus dem vorliegenden Verfahren bekannt waren und die eine Verlegung der mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätte. Damit bringt der Antrag keine Komplexität ins Verfahren, noch beeinträchtigt er die Verfahrensökonomie.
4.4 Aus diesen Gründen hält die Kammer es im vorliegenden Fall für angebracht, ihr Ermessen gemäß Artikel 13(1) VOBK so auszuüben, dass der Hilfsantrag 17a ins Verfahren zugelassen wird.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 In ihrer strittigen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass Anspruch 1 des Hilfsantrag 17a sich von den Versuchen B-9 bis B-11 in D9 darin unterscheide, dass die Menge an VCM die der Reaktionsvorlage in Schritt (a) zugegeben werde, 30 Gew.-% bis 70 Gew.-% der gesamten Menge an VCM sei (Seite 16, Punkt 23). Im Versuch B-10 von D9 insbesondere betrage diese Menge 28.4 Gew.-%. Darüber hinaus gab nach Meinung der Einspruchsabteilung D9 nicht an, wie lange die Zugabe des restlichen VCMs dauerte.
5.2 Der strittigen Entscheidung der Einspruchsabteilung nach ist Anspruch 1 des Hilfsantrag 17a auch neu gegenüber D7a und insbesondere dessen Beispiel 1, weil D7a den Beginn der Zugabe des restlichen VCMs im Schritt (d) nicht nach Erreichen der Polymerisationstemperatur offenbare (Seite 17, fünfter Absatz).
5.3 In Bezug auf die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit des Hilfsantrags 17a entschied die Einspruchsabteilung, dass D9 und nicht D7a den nächstliegenden Stand der Technik für das Verfahrenanspruch 1 darstellte. Im Punkt 24.1 der Entscheidung begründete die Einspruchsabteilung ihre Auswahl damit, dass der Unterschied zu D7a wesentlicher erscheine als diejenigen Unterschiede, die Anspruch 1 von D9 trennten. Ausgehend von D9 kam die Einspruchsabteilung zum Schluss, dass Anspruch 1 des Hilfsantrags 17a nicht erfinderisch sei im Sinne des Artikels 56 EPÜ (Seiten 16 bis 18, Punkt 24).
5.4 In ihrer Beschwerdebegründung argumentierte die Beschwerdeführerin, dass D7a und nicht D9 den nächstliegenden Stand der Technik für den Hilfsantrag 17 darstelle. Da alle Ansprüche des Hilfsantrags 17a, der von der Beschwerdeführerin am 9. August 2018 eingereicht wurde, bereits im früheren Hilfsantrag 17 enthalten waren, ist die Frage der Auswahl des nächstliegenden Standes der Technik für beide Anträge die gleiche. Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Beschwerdebegründung geltend, dass D9 nicht als nächstliegender Stand der Technik zu sehen sei, weil dieses Dokument ein Verfahren offenbare, das sich deutlich vom Verfahren des Streitpatents unterscheide. Insbesondere basiere D9 auf dem Einsatz von Keimpartikeln, was letztendlich einen fundamental anderen Prozessablauf darstelle und auch zu Mischpolymeren führe, die sich sowohl in ihrer Zusammensetzung als auch in ihrer Partikelform von den streitpatentgemäßen PVC Partikeln unterschieden (Beschwerdebegründung, Seiten 10 und 11).
5.5 Infolgedessen reichte die Beschwerdeführerin eine Analyse der erfinderischen Tätigkeit ein, die ausschließlich auf das Dokument D7a als nächstliegendem Stand der Technik basisierte. Die Auswahl des nächstliegenden Standes der Technik ist somit nach der Beschwerdebegründung der erste und wesentlichste Aspekt der Entscheidung der Einspruchsabteilung, der bestritten wurde. Die erste Frage, die die Kammer zu beantworten hat, ist dann, ob D9 als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden kann.
5.6 Anspruch 1 des Hilfsantrags 17a betrifft ein Verfahren zur Herstellung von PVC mit einer mittleren Korngröße von 10 bis 80 mym durch Suspensionspolymerisation von VCM anhand der Verfahrenschritten (a) bis (e) und unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass hinzugefügt wurde, dass "in Schritt (d) die Zugabe des restlichen Vinylchlorids mit Erreichen der Polymerisationstemperatur beginnt und in Schritt (d) das restliche Vinylchlorid über einen Zeitraum von 30 bis 600 min zugegeben wird, und
wobei in Schritt (a) 30 bis 70 Gew.-% des gesamten Vinylchlorids zugegeben werden".
5.6.1 In der Analyse des Verfahrens gemäß Dokument D9 (Punkten 1.2 bis 1.8 oben) hat die Beschwerdekammer schon festgestellt, dass D9, und insbesondere dessen Beispiel B-10, eine Suspensionspolymerisation von VCM zur Herstellung von PVC mit einer definierten Korngröße von 10 bis 50 mym betrifft. In diesem Verfahren werden, sowie im Streitpatent, VCM, Initiator(en) und Suspendierhilfsmittel in Wasser dispergiert und anhand einer zweistufigen Zugabe des VCMs Polymerpartikel der gewünschten Größe erhalten. Es wurde auch im Lichte der der Kammer vorliegenden Dokumente festgestellt, dass die gemäß D9 hergestellten PVC Partikel sich nicht von PVC Partikeln gemäß Hauptantrag unterscheiden lassen.
5.6.2 Weiterhin wurde von der Beschwerdeführerin nicht belegt, dass die nun in Anspruch 1 des Hilfsantrags 17a eingeführten Merkmale, die sowohl die Zugabe des VCMs in Schritt (a), als auch den Beginn und die Dauer der Zugabe des restlichen VCMs in Schritt (d) Verfahrenstechnisch weiter definieren, einen grundsätzlichen Unterschied des Prozessablaufs gegenüber D9 darstellen oder zu PVC Partikeln führen, die sich deutlich von denen unterscheiden, die in Versuch B-10 erhalten wurden.
5.6.3 Unter diesen Umständen sieht die Kammer keinen Grund, warum D9, sowie dies in der Entscheidung der Einspruchsabteilung begründet wurde, nicht als nächstliegender Stand der Technik gesehen werden kann. Die Tatsache, dass auch D7a als gleichwertiger Ausgangspunkt betrachtet werden könnte, ändert die Situation nicht, weil in so einem Fall eine erfinderische Tätigkeit nur anerkannt werden könnte, wenn der beanspruchte Gegenstand ausgehend von beiden Dokumenten auf einer erfinderische Tätigkeit beruhen würde. Da D9 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt und die Beschwerdeführerin keine weiteren Aspekte der Begründung der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D9 in der Beschwerdebegründung oder später im Beschwerdeverfahren angefochten hat, sieht die Kammer keinen Grund, von der Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung in dieser Hinsicht abzuweichen. Somit ist Anspruch 1 des Hilfsantrags 17a nicht erfinderisch gegenüber D9.
Hilfsantrag 18
6. Neuheit
6.1 Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 18 wurde durch die Zugabe des restlichen VCMs in Schritt (d) von Beginn des Aufheizens bis zur Aufarbeitung und durch die zugegebene Menge an VCM in Schritt (a) gekennzeichnet. Auch wenn diese Verfahrensparameter Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags 18 gegenüber Versuch B-10 von D9 abgrenzen, ist es jedoch weder aus dem Streitpatent ersichtlich, noch wurde durch die Beschwerdeführerin belegt, dass das so definierte Verfahren zu PVC Partikeln führt, die sich von den PVC Partikeln des Versuchs B-10 von D9 unterscheiden. Somit ist der "Product-by-Process" Anspruch 9 des Hilfsantrags 18, der sich auf den Verfahrensanspruch 1 bezieht, nicht neu gegenüber D9 aus den selben Gründen wie für den Hauptantrag ausgeführt.
Hilfsanträge 19 bis 21
7. Erfinderische Tätigkeit
7.1 Diese Hilfsanträge unterscheiden sich vom Hilfsantrag 17a dadurch, dass in Anspruch 1 das Verfahren mit einer Definition des Dispergierens als "das Einrühren einer flüssigen Phase in eine andere, nicht mischbare, zusammenhängende, flüssige Phase, wobei sie in kleine Tropfen zerteilt wird" ergänzt wird (Hilfsanträge 19 und 21) und/oder die Reihenfolge der Verfahrensschritte (a) bis (e) festgelegt wird (Hilfsanträge 20 und 21).
7.2 Für die erfinderische Tätigkeit der Hilfsanträge 19 bis 21 hat sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung lediglich auf die Argumentation gestützt, die sie bereits für die vorherigen Anträge vorgebracht hatte. Weitere Argumente, die relevant für die erfinderische Tätigkeit gegenüber D9 gewesen wären, hat die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht.
7.3 Die Kammer kommt zur Schlussfolgerung, dass der Hilfsantrag 17a gegenüber D9 nicht erfinderisch ist. Im Lichte der Argumentation der Beschwerdeführerin sieht die Kammer keinen Grund, eine andere Schlussfolgerung für die Hilfsanträge 19 bis 21 zu erreichen. Eine erfinderische Tätigkeit kann deshalb für die Hilfsanträge 19 bis 21 nicht anerkannt werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.