T 2245/15 () of 8.4.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T224515.20190408
Datum der Entscheidung: 08 April 2019
Aktenzeichen: T 2245/15
Anmeldenummer: 06706342.0
IPC-Klasse: A47L 9/28
A47L 5/36
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SAUGGERÄT MIT EINER BATTERIEKAMMER
Name des Anmelders: Alfred Kärcher SE & Co. KG
Name des Einsprechenden: ALTO Deutschland GmbH
Nilfisk A/S
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Could-would approach
Spät eingereichte Beweismittel - eingereicht mit der Beschwerdebegründung
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 6. Oktober 2015, die Einsprüche gegen das europäische Patent Nr. 1 848 318 nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.

II. Die Einsprüche gegen das Patent waren auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ und Artikel 100 (b) EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass keiner dieser Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht. In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:

O1 EP 1 074 212 A2

O2 JP 2001-149277 A

O3 JP 2001-149289 A

O4 EP 1 419 723 A2

O5 US 5 599 401 A

D5 FR 2 792 519 A1

D13 US 6 647 587

III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende 2 als Beschwerdeführerin am 4. Dezember 2015 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 12. Februar 2016 eingereicht. Dabei hat sie u.a. die folgenden Entgegenhaltungen eingereicht:

O18 US 4 894 882

O19 DE 44 13 243 A1

IV. In einer Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15(1) VOBK als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 18. September 2018 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zu den Sachfragen mit. Die mündliche Verhandlung fand am 8. April 2019 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin-Einsprechende 2 und der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin statt. Die Einsprechende 1 als Verfahrensbeteiligte teilte am 20. Dezember 2018 mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde.

V. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende 2 beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VI. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang (Hauptantrag).

VII. Die Verfahrensbeteiligte-Einsprechende 1 hat keine Anträge gestellt.

VIII. Der unabhängige Anspruch des für diese Entscheidung relevanten Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:

"1. Sauggerät mit einem Unterteil, das einen Schmutzsammelbehälter mit einem Saugeinlass aufweist, und mit einem auf das Unterteil aufsetzbaren Oberteil, das ein Saugaggregat umfasst, welches mit dem Schmutzsammelbehälter in Strömungsverbindung steht, und mit einer Batteriekammer zur Aufnahme von mindestens einer wiederaufladbaren Batterie, wobei die Batteriekammer (37) seitlich neben dem Saugaggregat (30) im Oberteil (13) angeordnet ist und sich bis unterhalb einer Oberkante (21) des Schmutzsammelbehälters (15) erstreckt."

IX. Die Beschwerdeführerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber O1-O5, D13 und O18. Er werde zudem ausgehend von O4 oder D5 nahegelegt. Die Dokumente O18 und O19 seien zuzulassen, da sie in Reaktion auf den Befund in der angegriffenen Entscheidung eingereicht wurden, wonach ein Fachmann einen Saugeinlass unter gar keinen Umständen am Unterteil eines Nass-Trocken Sauggeräts anordnen würde.

X. Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 sei neu und werde nicht nahegelegt. Die Dokumente O18 und O19 seien verspätet und daher nicht zuzulassen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anwendungsgebiet der Erfindung

Das Streitpatent betrifft ein Sauggerät mit einem Unterteil, das einen Schmutzsammelbehälter mit einem Saugeinlass aufweist, und mit einem auf das Unterteil aufsetzbaren Oberteil, das ein Saugaggregat umfasst, welches mit dem Schmutzsammelbehälter in Strömungsverbindung steht. Das Oberteil weist eine Batteriekammer zur Aufnahme von mindestens einer wiederaufladbaren Batterie auf. Die Batteriekammer ist seitlich neben dem Saugaggregat im Oberteil angeordnet und erstreckt sich bis unterhalb einer Oberkante des Schmutzsammelbehälters (Figur 1). Wegen dieser Erstreckung der Batteriekammer besitzt das Sauggerät bei eingesetzter Batterie einen tiefen Schwerpunkt und eine hohe Standfestigkeit, während das Unterteil ein geringes Gewicht aufweist und somit leicht entleerbar ist (Absätze 7 und 8 der Patentschrift).

3. Neuheit

Die Beschwerdeführerin bestreitet den Befund der Entscheidung, wonach das Sauggerät nach Anspruch 1 des Hauptantrags neu gegenüber O1-O5 sei. Außerdem bestreitet sie die Neuheit gegenüber D13 und O18.

3.1 Dokumente O1-O3 und D13

3.1.1 Das Dokument O1 offenbart unbestritten ein Sauggerät, das einen Schmutzsammelbehälter mit einem Saugeinlass aufweist, und mit einem Oberteil, das ein Saugaggregat umfasst, welches mit dem Schmutzsammelbehälter in Strömungsverbindung steht, und mit einer Batteriekammer zur Aufnahme von mindestens einer wiederaufladbaren Batterie, wobei die Batteriekammer seitlich neben dem Saugaggregat im Oberteil angeordnet ist und sich bis unterhalb einer Oberkante des Schmutzsammelbehälters erstreckt (Absätze 33-37; Figur 1).

3.1.2 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass O1 auch offenbare, dass das Oberteil (mit seiner Unterseite im Bereich des Saugaggregats) auf den oberen Bereich des Schmutzsammelbehälters, und damit auf ein Unterteil, aufsetzbar sei.

Die Kammer sieht das anders. Das Merkmal "auf das Unterteil aufsetzbaren Oberteil" schließt nämlich aus, dass sich nach dem Aufsetzen irgendein Teil des Oberteils unterhalb des Unterteils befindet. Diese aus dem Wort "aufsetzen" selbst ableitbare Auslegung wird durch den Inhalt des Patents bestätigt (Absatz 12, Figur 1). Auch bei den von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung bzw. während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer genannten Beispielen ist die Form des Oberteils (Brille, Hut, Schutzkappe bzw. Rad) derart angepasst, dass sich nach dem Aufsetzen kein Teil davon unter dem jeweiligen Unterteil (Kopf, Bleistift bzw. Achse) befindet. Zudem beschreibt das Wort "aufsetzbar" keine Ruhelage, sondern setzt eine Bewegung von oben - das Aufsetzen - voraus. Somit muss die Anordnung entsprechend angepasst sein, um ein solches Aufsetzen des Oberteils auf das Unterteil zu ermöglichen.

Das Dokument O1 offenbart ein als Oberteil anzusehendes Staubsaugergehäuse (cleaner main body 10) mit einem entnehmbaren Schmutzsammelbehälter (dust box 20). Dabei ist der Schmutzsammelbehälter derart in das Sauggerät eingesetzt, dass sich sowohl ein Vorsprung des Staubsaugergehäuses (auf Höhe der Bezugszeichen 18 und 28 in Figur 1) als auch die Saugdüse (suction port body 12) unterhalb des Schmutzsammelbehälters befinden. Unter Zugrundelegung der obigen Auslegung des Begriffs "aufsetzbar" ist deswegen die Form des Oberteils in O1 nicht so gestaltet, dass sich das Gehäuse von oben auf den Behälter aufsetzen lässt, wobei sich nach dem Aufsetzen kein Teil davon unterhalb des Unterteils befindet.

3.1.3 Aus diesen Gründen offenbart O1 nicht, dass das Unterteil auf das Oberteil des Sauggeräts aufsetzbar ist. Dieser Befund gilt auch für die inhaltlich dem Dokument O1 entsprechenden Dokumente O2, O3 und D13.

3.2 Dokument O4

3.2.1 Das Dokument O4 offenbart unbestritten ein Sauggerät mit einem Unterteil, das einen Schmutzsammelbehälter aufweist, und mit einem auf das Unterteil aufsetzbaren Oberteil, das ein Saugaggregat umfasst, welches mit dem Schmutzsammelbehälter in Strömungsverbindung steht, und mit einer Batteriekammer zur Aufnahme von mindestens einer wiederaufladbaren Batterie, wobei die Batteriekammer seitlich neben dem Saugaggregat im Oberteil angeordnet ist (Absätze 37 und 38, Figuren 14 und 15). Wie aus den Figuren 14, 28 und 29 unmittelbar und eindeutig hervorgeht, erstreckt sich die Batteriekammer 552 unterhalb einer Oberkante des Schmutzsammelbehälters.

3.2.2 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (RdBK, 8. Auflage 2016, I.C.4.6, Entscheidung T204/83, bestätigt durch T1313/04) gehören ausschließlich zeichnerisch dargestellte Merkmale dann zum Stand der Technik, wenn der Fachmann dem nur gezeichneten Merkmal auch ohne Beschreibung eine technische Lehre entnehmen kann. Dies gilt besonders dann, wenn ein Merkmal systematisch in einer Anzahl von Zeichnungen enthalten ist.

Im vorliegenden Fall ist in Figur 15 erkennbar, dass die Oberkante des Unterteils nach innen versetzt auf Höhe des oberen Endes der Verschlüsse 102e liegt und mit einem nicht bezeichneten Element (vermutlich eine Dichtung) gegen das Oberteil 12e gedrückt wird. Diese Verschlüsse sind systematisch in den Figuren 19, 28 und 29 enthalten. Daher wird der Fachmann den in Figur 15 gezeigten Verlauf der Oberkante auch bei diesen Figuren zugrunde legen. Im Gegensatz zur Sichtweise der Patentinhaberin ist es dabei unerheblich, ob die in Figur 15 gezeigte Oberkante (insgesamt) horizontal verläuft. Da Anspruch 1 nicht auf die "gesamte Oberkante" gerichtet ist, genügen die in Figur 15 dargestellten rechten und linken Bereiche der Oberkante, um zur anspruchsgemäßen Erstreckung zu gelangen.

3.2.3 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass die offene Oberseite des Schmutzsammelbehälters (canister 100e) als Saugeinlass anzusehen sei.

Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Der Saugeinlass eines Sauggeräts dient unbestritten dazu, Schmutz über eine daran anschließbare Saugleitung durch Unterdruck in den Schmutzsammelbehälter zu fördern (Absätze 2 und 23 der Patentschrift). Der Fachmann liest einen Anspruch mit der Bereitschaft, diesen auf technisch sinnvoll Weise zu verstehen, und gibt dazu den verwendeten Begriffen ihre normale Bedeutung im Fachgebiet. Für den auf dem Gebiet der Sauggeräte tätigen Fachmann setzt bei einer solchen Leseweise der Wortlaut "Schmutzsammelbehälter... mit einem Saugeinlass" eine physische, eigens für das Hereinlassen von Schmutz gedachte Eingangsöffnung im Sammelbehälter voraus.

3.2.4 Die Kammer muss daher prüfen, ob der in O4 offenbarte Schmutzsammelbehälter eine solche, gesondert für die Schmutzzufuhr in den Behälter gedachte Öffnung aufweist. Das ist nicht der Fall, da der Schmutzsammelbehälter eine grundsätzlich andere Ausgestaltung aufweist. Er besitzt nämlich, ähnlich wie ein Eimer, eine offene Oberseite, die im Betrieb durch Aufsetzen des Oberteils bedeckt wird, und wobei die Wand der Leitung 50e ("inlet port") in den Behälter eindringt und dann den eigentlichen Einlass für den Schmutz bildet. Somit ist der Saugeinlass in dem Sauggerät nach dem Ausführungsbeispiel der Figur 15 im Oberteil vorgesehen. Gleichzeitig ragt der Filter 16e von oben in den Behälter hinein und bildet somit eine Strömungsverbindung zum Saugaggregat 44e.

Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach die offene Oberseite des Schmutzsammelbehälters gedanklich in zwei Teilbereiche - und damit in einen Saugeinlass und eine weitere Öffnung - unterteilt werden könne, führt zu keiner anderen Sichtweise. Anspruch 1 ist ein Vorrichtungsanspruch, der die physischen Merkmale des Sauggeräts definiert. Zu diesen physischen Merkmalen gehört eine gesonderte für die Schmutzzufuhr in den Behälter vorgesehene Öffnung in Form des explizit beanspruchten Saugeinlasses. Deswegen umfasst Anspruch 1 des Hauptantrags bei einer zum Verständnis bereiten Leseweise nicht die gedankliche Unterteilung einer einzigen Öffnung in mehrere Teilbereiche.

3.2.5 Da der Saugeinlass 50e nicht im Schmutzsammelbehälter 14e, sondern im Oberteil 12 vorgesehen ist, ist dieses Merkmal nicht im Ausführungsbeispiel nach Figur 15 offenbart. Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt neu gegenüber diesem Stand der Technik.

3.3 Dokument O5

Die im schriftlichen Verfahren gegenüber O5 formulierten Einwände überzeugen die Kammer ebenfalls nicht, wie sie bereits in ihrer Mitteilung als Anlage zur Ladung zum Ausdruck gebracht hat.

Das Merkmal "Saugeinlass" ist nämlich auf einen Einlass beschränkt, dessen Anordnung in Bezug auf das Saugaggregat so gewählt ist, dass während des Betriebs des Sauggeräts ein Unterdruck am Saugeinlass anliegt. Dagegen offenbart O5 einen Einlass am Behälter 24 unterhalb des Gehäuseteils "deflector housing 23". Aus Sicht der Kammer handelt es sich nicht um einen Saugeinlass, da dort kein Unterdruck anliegt. Vielmehr könnte bei einem Unterdruck an dieser Stelle Schmutz überhaupt nicht in den Behälter 24 gefördert werden (Spalte 5, Zeilen 14-19).

3.4 Zulassung des Dokumentes O18

Das mit der Beschwerdebegründung als weiteres Beweismittel zur Frage der Neuheit erstmals genannte Dokument O18 ist verspätet und kann nur nach Ermessen der Kammer in das Verfahren zugelassen werden, Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 12(4) VOBK.

3.4.1 Das Sauggerät nach Anspruch 1 des Hauptantrags besitzt eine Batteriekammer im Oberteil, die sich bis unterhalb einer Oberkante des Schmutzsammelbehälters erstreckt. Wegen dieser Erstreckung der Batteriekammer besitzt das Sauggerät bei eingesetzter Batterie einen tiefen Schwerpunkt und eine hohe Standfestigkeit, während das Unterteil ein geringes Gewicht aufweist und somit leicht entleerbar ist (Absätze 7 und 8 der Patentschrift).

Zur Frage der prima facie Relevanz von O18 war für die Kammer daher zu untersuchen, ob die vorstehende Problematik und deren Lösung angesprochen werden, oder nicht.

3.4.2 Die Beschwerdeführerin argumentiert unter Verweis auf die Figuren 1 und 7 der O18, dass abhängig von der gewählten Halteposition des Sauggeräts bei dessen Benutzung die Batterien 11 sich bis unterhalb des oberen linken Endes des Schmutzsammelbehälters 15 im Bereich der Zapfenaufnahme 16 erstrecken. Deswegen sei O18 für die Beurteilung der Neuheit relevant und ins Verfahren zuzulassen.

Die Kammer sieht das anders. Die Lehre der O18 ist darauf gerichtet, durch einen Behälter 21 im Filtergehäuse 24 zu verhindern, dass bei senkrecht stehendem Sauger Wasser in das Saugergehäuse läuft. Die Anordnung der Batterien 11 unterhalb des Griffs im Gehäuseteil 1 wird nur nebenbei genannt (Spalte 3, Zeilen 19 und 20). Ihre genaue Anordnung in Bezug auf die Oberkante des Schmutzsammelbehälters wird nicht angesprochen und ist auch für die Aufgabe und die Lösung der O18 irrelevant. Jedenfalls offenbart O18 in den Figuren 1 und 7 nicht unmittelbar und eindeutig, dass sich die Batteriekammer bis unterhalb einer Oberkante des Schmutzsammelbehälters 15 erstreckt.

3.4.3 Zusammenfassend erachtet die Kammer das Dokument O18 zur Beurteilung der Neuheit von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht für prima facie relevant. Die Kammer entschied daher in Ausübung ihres Ermessens, Dokument O18 zu dieser Frage nicht ins Verfahren zuzulassen.

3.5 Da die Beschwerdeführerin keine weiteren Neuheitseinwände erhoben hat, ist die Neuheit von Anspruch 1 des Hauptantrags zu bejahen, Artikel 52 und 54 EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit

Die erfinderische Tätigkeit ist ausgehend von O4 und D5 angegriffen worden. Zu diesen Angriffslinien bemerkt die Kammer folgendes:

4.1 Ausgehend von O4

4.1.1 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird das Dokument O4 als geeigneter Ausgangspunkt angesehen, da es ein Sauggerät mit einem Saugeinlass 50e im Oberteil und einer Batteriekammer 550 offenbart, die seitlich neben dem Saugaggregat im Oberteil angeordnet ist (Figur 19).

Das Sauggerät nach Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von der Offenbarung des Dokuments O4 insbesondere dadurch, dass das Unterteil einen Saugeinlass aufweist (siehe Absatz 3.2.5 der Entscheidung). Aus Sicht der Kammer bewirkt dieses Unterscheidungsmerkmal keinen besonderen Effekt, so dass die objektive technische Aufgabe darin besteht, eine alternative Anordnung des Saugeinlasses anzugeben.

4.1.2 Gemäß ständiger Rechtsprechung ist es nicht ausschlaggebend, ob ein Fachmann den Gegenstand des Streitpatents hätte ausführen können, sondern vielmehr, ob er es in der Hoffnung auf eine Lösung der zugrunde liegenden technischen Aufgabe bzw. gerade in der Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch getan hätte (RdBK, 8. Auflage 2016, I.D.5., "could-would approach"). Im vorliegenden Fall offenbaren die Dokumente D5 oder O19 tatsächlich ein Sauggerät mit einem Unterteil, das einen Schmutzsammelbehälter mit einem Saugeinlass aufweist (D5, Seite 2, Zeilen 20 und 21; 019: Auffangbehälter 1 mit Einlass 10).

In Kenntnis der D5 oder O19 hätte der Fachmann beim Sauggerät gemäß O4 einen Saugeinlass in der Seitenwand des Schmutzsammelbehälters vorsehen können. Die Kammer muss deswegen prüfen, ob der Fachmann das auch getan hätte.

4.1.3 Das Sauggerät gemäß O4 wird von seinem Benutzer an einem Schultergurt getragen (Absatz 67: shoulder strap 22e). Solch ein tragbares Sauggerät unterliegt anderen Belastungen und geometrischen Einschränkungen als die über Rollen am Boden geführten Sauggeräte gemäß D5 und O19. Einerseits ist seine Höhe - und damit auch die Füllhöhe des Schmutzsammelbehälters im Unterteil - aus Gründen der Handlichkeit beschränkt. Andererseits wird es wegen des Schultergurts weniger stabil gehalten, so dass eingesaugte Flüssigkeit bei einer Bewegung des Sauggeräts leichter wieder herauslaufen kann. Aus Sicht der Kammer sprechen bereits diese beiden Gründe gegen einen Saugeinlass in der Seitenwand des Schmutzsammelbehälters der O4. Wenn der Fachmann nämlich dort einen Saugeinlass anbringen wollte, müsste er die maximale Füllhöhe des Schmutzsammelbehälters gleich zweifach verringern. Zusätzlich zu einer Höhe, die dem Durchmesser des Saugeinlasses entspricht, verringert sich die Kapazität des Schmutzsammel-behälters auch noch um eine Höhe, die einem Sicherheitsabstand zum unteren Rand des Saugeinlasses entspricht. Dieser Sicherheitsabstand ist nötig, damit von Schwankungen des Sauggerätes erzeugte Wellen nicht dazu führen können, dass eingesaugte Flüssigkeit über den Saugeinlass wieder ausläuft. Wegen der deutlich verringerten Kapazität des Schmutzsammelbehälters eines derart abgewandelten Sauggerät gemäß O4 würde der Fachmann nicht erwägen, den Saugeinlass in der Seitenwand des Schmutzsammelbehälters anzuordnen.

4.1.4 Darüber hinaus würde das Sauggerät gemäß O4 mit einem Saugeinlass in der Seitenwand des Schmutzsammel-behälters auch nicht mehr ordnungsgemäß funktionieren. Um bei einem gefülltem Schmutzsammelbehälter das Ansaugen von Flüssigkeit ins Saugaggregat zu verhindern, wird nämlich die Öffnung zwischen Schmutzsammelbehälter und Saugaggregat durch einen kugelförmigen Schwimmkörper verschlossen (Absatz 52: fan inlet 742e, float 112e, hollow sphere). Falls der Saugeinlass nun in der Seitenwand des Schmutzsammel-behälters angeordnet wird, muss sich die Einbauposition des Saugeinlasses unterhalb der Unterkante des Sauggerät-Oberteils und oberhalb der maximalen Füllhöhe des Schmutzsammelbehälters befinden. Dabei sind außerdem die Eintauchtiefe des Schwimmers in die Flüssigkeit im Schmutzsammelbehälter und der Sicherheitsabstands zum unteren Rand des Saugeinlasses zu berücksichtigen (siehe Absatz 4.1.3 der Entscheidung). Da der kugelförmige Schwimmkörper in Figur 15 als Kreis dargestellt ist, wird das Sauggerät in dieser Figur mit korrekten Proportionen dargestellt. Wegen der relativ nahe an der Öffnung zum Saugaggregat liegenden Unterkante des Sauggerät-Oberteils und des annähernd gleichen Durchmessers von Saugeinlass und Schwimmer kann die Kammer in der Figur 15 keine geeignete Einbauposition für den Saugeinlass in der Seitenwand des Schmutzsammelbehälters erkennen.

Daher würde der Fachmann auch aus diesem Grund den Saugeinlass dort nicht anordnen.

4.1.5 Während der mündlichen Verhandlung argumentierte die Beschwerdeführerin, dass ein Fachmann den oben offenen Schmutzsammelbehälter der O4 mit einem Deckel versehen könne. Wenn dieser Deckel jeweils eine Öffnung für die Leitung 50e und eine weitere Öffnung für den Filter 16e enthalte, weise der Schmutzsammelbehälter mit der Öffnung für die Leitung 50e auch einen Saugeinlass auf. Daher werde der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nahegelegt.

In dem Gerät nach der Figur 15 der O4 bildet das Oberteil im Endeffekt aber bereits einen Deckel, der mit entsprechenden Öffnungen für Einlass und Strömungsverbindung versehen ist. Die Kammer ist nicht davon überzeugt, und es ist sonst auch nicht belegt worden, dass der Fachmann ohne weiteres einen zweiten Deckel vorsehen würden.

4.1.6 Aus diesen Gründen hat der von O4 ausgehende Fachmann keine Veranlassung dafür, den Saugeinlass im Schmutzsammelbehälter bzw. dem Unterteil des Sauggeräts anzuordnen, wie das zum Beispiel in anderen Dokumenten des Standes der Technik gezeigt wird. Somit kann die Frage der Zulassung von O18 oder O19 in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben.

4.2 Ausgehend von D5

4.2.1 Das Dokument D5 offenbart ein Sauggerät mit einer Batteriekammer, die nicht im Oberteil, sondern aus Stabilitätsgründen im Unterteil angeordnet ist ("panier 6"; Seite 2, Zeilen 3 und 4). Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von der Offenbarung der D5 darin, dass die Batteriekammer seitlich neben dem Saugaggregat im Oberteil angeordnet ist. Da eine Batterie nicht beansprucht wird, und da D5 bereits auf einen tiefen Schwerpunkt gerichtet ist, wird die objektive technische Aufgabe darin gesehen, unter Beibehaltung des tiefen Schwerpunkts eine alternative Anordnung der Batteriekammer anzugeben.

4.2.2 In D5 ist die Batteriekammer herausnehmbar gestaltet, um sie mitsamt den Batterien tauschen zu können (Seite 2, Zeilen 9 und 10; Seite 3, Zeilen 18 und 19). Dazu befindet sie sich an der Unterseite des Oberteils (Seite 3, Zeile 17). Um einen tiefen Schwerpunkt zu erzielen, ist die Batteriekammer so nah wie möglich am Boden des Schmutzsammelbehälters angeordnet (Seite 3, Zeilen 5 und 6).

Die Kammer muss daher prüfen, ob der Fachmann diese Anordnung der Batteriekammer ändern würde.

Die Anordnung der Batterie im Unterteil betrifft den Kerngedanken der D5, wie er insbesondere im Anspruch 1 formuliert wird ("à être placés au plus près du piétement (2) et abaisser le centre de gravité"). Aus diesem Grund besteht für den Fachmann überhaupt keine Veranlassung, die Batteriekammer im Oberteil und außerhalb des unteren Behälters anzuordnen. Außerdem ist nicht ersichtlich, wie die Batteriekammer in Abwandlung der D5 im Oberteil - statt unter dem Oberteil - angeordnet werden könnte, ohne den Schwerpunkt nach oben zu verlagern.

Insbesondere würde der Fachmann von der D5 ausgehend somit nicht auf naheliegende Weise auf aus dem weiteren Stand der Technik bekannte Anordnungen der Batterie außerhalb des Behälters zurückzugreifen.

4.3 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags wird aus diesen Gründen ausgehend von O4 oder D5 nicht nahegelegt, Artikel 56 EPÜ. Die Frage der Zulassung der verspätet eingereichten O19 kann folglich dahingestellt bleiben.

5. Die Kammer bejaht aus den obengenannten Gründen die Neuheit und erfinderische Tätigkeit für den Hauptantrag, Patent wie erteilt, im Lichte der genannten Entgegenhaltungen. Weitere Einwände sind nicht geltend gemacht worden. Somit steht keiner der erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegen, Artikel 101(2) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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