European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T219815.20190131 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 31 Januar 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2198/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02803384.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | G07D 7/12 B42D 15/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | GEGENSTAND, INSBESONDERE WERT- UND SICHERHEITSDOKUMENT MIT EINEM SICHERHEITSMERKMAL | ||||||||
Name des Anmelders: | Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bundesdruckerei GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hilfsanträge 1 und 3a (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge 2a und 4 Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 3b (nein) Mündliche Verhandlung - Ausführungen einer Begleitperson gestattet Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP-B-1 451 019 zurückzuweisen (Artikel 101 (2) EPÜ).
II. Der Einspruch war gegen das Patent im gesamten Umfang gerichtet und darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit Artikel 54 und 56 EPÜ 1973).
III. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D4:|WO 00/46742; |
D15: |S. M. Sze, Physics of Semiconductor Devices, second edition, John Wiley & Sons, 1981;|
D16: |G. Winstel, C. Weyrich, Optoelektronik I, Lumineszenz- und Laserdioden, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1980.|
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage einer der Hilfsanträge 1, 2a, 3a, 3b oder 4.
V. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs der jeweiligen Anträge lautet wie folgt (Merkmalskennzeichnung "(i)" durch die Kammer):
Hauptantrag:
"1. Gegenstand, insbesondere Wert- und Sicherheitsdokument, mit einem Sicherheitsmerkmal (4, 104, 204), dadurch gekennzeichnet, dass das Sicherheitsmerkmal eine Emitterschicht (12) für stimulierte optische Emission und eine räumliche periodische Modulation aufweist."
Hilfsantrag 1:
"1. Gegenstand, insbesondere Wert- und Sicherheitsdokument, mit einem Sicherheitsmerkmal (4, 104, 204), dadurch gekennzeichnet, dass das Sicherheitsmerkmal eine Emitterschicht (12) für stimulierte optische Emission mit einem spektralen Verstärkungsbereich und eine räumliche periodische Modulation aufweist,
(i) so dass in dem Verstärkungsbereich mehrere verschiedene Emissionswellenlängen durch die Wahl der Modulationsperiode eingestellt werden können."
Hilfsantrag 2a:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2a unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass folgendes Merkmal hinzugefügt wurde:
"wobei die Modulation durch eine Höhenmodulation gebildet wird."
Hilfsantrag 3a:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3a unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass das Merkmal
"dass das Sicherheitsmerkmal eine Emitterschicht (12) für stimulierte optische Emission mit einem spektralen Verstärkungsbereich und eine räumliche periodische Modulation aufweist"
durch folgendes Merkmal ersetzt wurde (Hervorhebung durch die Kammer):
"dass das Sicherheitsmerkmal eine Emitterschicht (12) für stimulierte optische Emission mit einem spektralen Verstärkungsbereich und einer räumlichen periodischen Modulation aufweist"
Hilfsantrag 3b:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3b unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3a dadurch, dass das letzte Merkmal durch folgendes Merkmal ersetzt wurde:
"wobei in dem Verstärkungsbereich eine Emissionswellenlänge durch die Modulationsperiode bestimmt ist."
Hilfsantrag 4:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass "dadurch, gekennzeichnet, dass" durch "wobei" ersetzt und folgendes Merkmal hinzugefügt wurde:
"dadurch gekennzeichnet, dass das Sicherheitsmerkmal eine Codierung beinhaltet, wobei die Codierung dadurch gebildet ist, dass
a) definierten Stellen der Zustand "laseraktiv" oder "nicht laseraktiv" zugeordnet ist;
b) definierten Stellen der Zustand "nicht laseraktiv" oder "laseraktiv" mit einer aus einer vorbestimmten Anzahl von Wellenlängen zugeordnet ist; und/oder
c) definierten Stellen jeweils eine eigene Wellenlänge aus einer Anzahl möglicher Wellenlängen des Laserlichts oder der Zustand "nicht laseraktiv" zugeordnet ist."
VI. Die Parteien haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
a) Verfahrensfragen
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Dokumente D15 und D16 als verspätet nicht in das Verfahren zuzulassen und Ausführungen von Frau Scholz-Riecke zu technischen Aspekten der Erfindung während der mündlichen Verhandlung zu gestatten.
Die Beschwerdeführerin gab zu eventuellen Ausführungen von Frau Scholz-Riecke wegen der späten Ankündigung nicht ihr Einverständnis. Außerdem beantragte sie die Zulassung der Dokumente D15 und D16 in das Verfahren.
b) Hauptantrag - Neuheit
Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu sei, insbesondere gegenüber dem Ausführungsbeispiel in Abbildung 2C der Entgegenhaltung D4.
Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass das Beispiel in Abbildung 2C des Dokuments D4 nicht ausführbar sei und somit nicht zum relevanten Stand der Technik gehöre und ferner nicht alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 offenbare.
c) Hilfsanträge 1 und 3a - Klarheit
Die Beschwerdeführerin wendete ein, dass das zusätzliche Merkmal (i) des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 und 3a nicht klar sei.
Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass - abgesehen von der Neuheit des Gegenstands von Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 - das hinzugefügte Merkmal klar sei und insbesondere so zu verstehen sei, dass eine Emissionswellenlänge durch die Wahl der Modulationsperiode bestimmt sei.
d) Hilfsanträge 2a und 4 - Zulassung
Die Beschwerdeführerin beanstandete das späte Vorlegen, während der mündlichen Verhandlung, der Hilfsanträge 2a und 4 und beantragte, diese Anträge nicht in das Verfahren zuzulassen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zulassung in das Verfahren der neu eingereichten Hilfsanträge 2a und 4.
e) Hilfsantrag 3b - erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdeführerin führte aus, dass der gemäß Hilfsantrag 3b beanspruchte Gegenstand insbesondere gegenüber dem Ausführungsbeispiel in Abbildung 2C des Dokuments D4 keine erfinderische Tätigkeit aufweise.
Die Beschwerdegegnerin machte geltend, dass der beanspruchte Gegenstand eine erfinderische Tätigkeit aufweise.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
2. Verfahrensfragen
2.1 Ausführungen der Begleitperson während der mündlichen Verhandlung
2.1.1 Drei Tage vor der mündlichen Verhandlung hatte die Beschwerdegegnerin beantragt, Ausführungen während der mündlichen Verhandlung von Frau Scholz-Riecke, Angestellte der Beschwerdegegnerin, zu technischen Aspekten der Erfindung zu gestatten. Dazu verweigerte die Beschwerdeführerin wegen der späten Ankündigung ihr Einverständnis.
2.1.2 Die Anhörung von Frau Scholz-Riecke als Zeuge oder Sachverständige war wegen der kurzfristigen Ankündigung von vornherein nicht möglich (Regel 118(2) EPÜ).
Da von Frau Scholz-Riecke als Angestellter der Beschwerdegegnerin außerdem nicht die zur Vertretung notwendige Vollmacht gemäß Artikel 133(3) und Regel 152 EPÜ vorlag, war sie als eine den zugelassenen Vertreter begleitende Person anzusehen.
In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer kann es im Rahmen eines Einspruchsbeschwerdeverfahrens einer solchen, den zugelassenen Vertreter begleitenden Person gestattet werden, mündliche Ausführungen zu konkreten rechtlichen oder technischen Fragen zu machen. Dazu besteht aber kein Rechtsanspruch; vielmehr dürfen sie nur mit Zustimmung der Beschwerdekammer und nach ihrem Ermessen gemacht werden (siehe G 4/95, Amtsblatt EPA 1996, 412).
Um einen effizienten Ablauf der mündlichen Verhandlung zu erreichen, übte die Kammer im vorliegenden Fall ihr Ermessen dahingehend aus, Ausführungen von Frau Scholz-Riecke zu konkreten technischen Fragen zu gestatten. Das Verweigern der Erlaubnis hätte nämlich voraussichtlich dazu geführt, dass die Beschwerdegegnerin wiederholt Unterbrechungen der mündlichen Verhandlung zur Rücksprache mit der Begleitperson beantragt hätte (siehe auch T 1212/02, Punkt 1.3 der Gründe).
2.2 Zulassung der Dokumente D15 und D16
2.2.1 Die Dokumente D15 und D16 wurden von der Beschwerdeführerin erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht.
2.2.2 Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Dokumente D15 und D16 als verspätet nicht in das Verfahren zuzulassen, da sie bereits im Einspruchsverfahren hätten eingereicht werden sollen. Sie seien auch nicht relevanter als der bisherige Stand der Technik und hätten überdies erheblichen Umfang.
2.2.3 Die Kammer stellt fest, dass die Dokumente D15 und D16 einschlägige Lehrbücher sind und in den von der Beschwerdeführerin zitierten Abschnitten (D15, Seiten 728-729; D16, Abschnitt 6.6.3) für die Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit relevantes Fachwissen bezüglich des Aufbaus und der Funktionsweise von Lasern mit verteilter Rückkopplung ("distributed feedback", "DFB") behandeln. Die Dokumente wurden ferner zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren eingereicht und die genannten Abschnitte sind kurz und bringen somit keine Verfahrensverzögerung oder andere Schwierigkeiten mit sich.
Die Kammer sieht daher keine Veranlassung, von ihrer Befugnis unter Artikel 12(4) VOBK Gebrauch zu machen, die genannten Abschnitte der Dokumente D15 und D16 nicht in das Verfahren zuzulassen. Somit befinden sich diese, gemäß Artikel 12(2) VOBK zitierten Abschnitte der Dokumente D15 und D16 im Verfahren und werden von der Kammer berücksichtigt (Artikel 12(4) VOBK). Bezüglich der anderen Teile der Dokumente D15 und D16 stellte sich die Frage nicht, ob sie sich im Verfahren befinden.
3. Hauptantrag - Neuheit
3.1 In der angefochtenen Entscheidung entschied die Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber Dokument D4, insbesondere dem in Abbildung 2C gezeigten Ausführungsbeispiel, neu sei (siehe Punkt 1 der Gründe).
3.2 Dokument D4 offenbart (siehe Seite 8, Absatz 2 - Seite 13, Absatz 2; Abbildungen 2A, 2B, 2C) Sicherheitsstrukturen mit einem optischen Verstärkungsmaterial (z. B. Farbstoff) zur laserähnlichen Emission von elektromagnetischer Strahlung mit einem schmalen Wellenlängenband. Die Strukturen sind in einem Dokument oder Substrat enthalten (z. B. Banknote, Kreditkarte oder Reisepass) und können mit Hilfe eines externen Lasers zur Emission angeregt werden. Dabei wird das gewünschte Wellenlängenband dadurch bestimmt, dass die Sicherheitsstruktur gewisse strukturelle oder geometrische Eigenschaften und/oder Fehlanpassungen im Brechungsindex aufweist.
Mit Bezug auf Abbildungen 1, 2A, 2B, und 2C werden verschiedene Ausführungsformen von Sicherheitsstrukturen beschrieben.
In Abbildung 1 wird ein Dokument 10 mit einer Vielzahl von Fasern 12 aus einem mit einem Verstärkungsmaterial (Farbstoff) imprägnierten Trägermaterial gezeigt. Abbildung 2B zeigt beispielhaft eine solche Faser 12B, welche einen Brechungsindex n aufweist, welcher sich von dem Brechungsindex n' des umgebenden Substratmaterials des Dokuments unterscheidet. Das gewünschte Wellenlängenband der emittierten Strahlung wird dabei durch den Durchmesser der Faser bestimmt.
Abbildung 2A zeigt eine Sicherheitsstruktur in Form eines das Verstärkungsmaterial (Farbstoff) enthaltenden Plättchens 12A, welches wiederum einen von dem umgebenden Material verschiedenen Brechungsindex n aufweist. Hier wird das gewünschte Wellenlängenband durch die Dicke T und den Durchmesser D des Plättchens bestimmt.
Schließlich wird mit Bezug auf Abbildung 2C ein Ausführungsbeispiel mit verteilter Rückkopplung ("DFB embodiment") beschrieben, welches eine periodische Struktur mit Regionen abwechselnder Brechungsindizes n1 und n2 aufweist, welche sich ihrerseits von dem Brechungsindex n' des umgebenden Materials unterscheiden. In dieser Struktur wird das gewünschte Wellenlängenband durch die Dicke der einzelnen Regionen festgelegt.
3.3 In der angefochtenen Entscheidung äußerte die Einspruchsabteilung Zweifel an der Ausführbarkeit der in Dokument D4, Abbildung 2C, gezeigten Struktur. Insbesondere werde bei der Angabe der Dicke der Regionen mit Bezug auf die gewünschte Wellenlänge der effektive Brechungsindex nicht erwähnt. Außerdem sei eine periodische Struktur nicht ausführbar wenn n1 und n2 denselben Wert hätten (siehe Punkt 1.2.2 der Gründe). Die Beschwerdegegnerin führte diesbezüglich ferner aus, dass in Bezug auf die Struktur in Abbildung 2C keine Emitterschicht offenbart werde.
3.4 Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass die Ausführbarkeit eines in einem Dokument offenbarten Gegenstandes eine Voraussetzung dafür ist, dass dieser Gegenstand als Stand der Technik anzusehen ist. In der Tat können nicht ausführbare oder auch fehlerhafte Offenbarungen nicht zum Stand der Technik im Sinne des Artikels 54(2) EPÜ 1973 gerechnet werden (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016, Abschnitt I.C.4.11)
In der konkreten Beschreibung des Ausführungsbeispiels der Abbildung 2C in dem die Seiten 12 und 13 überbrückenden Absatz fehlt tatsächlich die explizite Erwähnung eines Verstärkungsmaterials. Die Kammer stimmt jedoch mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass die übrigen Teile des Dokuments die Anwesenheit des Verstärkermaterials auch in diesem Ausführungsbeispiel implizieren. So wird in den Ansprüchen 7 und 16 explizit die - allein in Bezug auf das Ausführungsbeispiel in Abbildung 2C beschriebene - Struktur mit verteilter Rückkopplung ("DFB structure") in Kombination mit einem optischen Verstärkermedium ("optical gain medium") beansprucht. Es ist aber auch aus dem Teil der Beschreibung auf Seite 8, zweiter Absatz bis Seite 9, zweiter Absatz, in welcher die Erfindung im Allgemeinen beschriebenen wird, und aus dem breitesten Anspruch 1 offensichtlich, dass alle Ausführungsbeispiele der Erfindung ein Verstärkermedium enthalten. Dies ist im Übrigen auch zur Erzeugung der gewünschten laserähnlichen Emission von elektromagnetischer Strahlung unerlässlich.
Auch wenn es als lediglich bevorzugt beschrieben ist, dass die Brechungsindizes n1 und n2 nicht gleich sind (siehe D4, Seite 13, Zeilen 1-2), ist diese Eigenschaft der Indizes dennoch zweifellos offenbart. In der Tat ist es für den Fachmann offenkundig, dass die Brechungsindizes n1 und n2 im Ausführungsbeispiel der Abbildung 2C nicht gleich sein können, da sich sonst die beschriebene verteilte Rückkopplung durch eine periodische Struktur mit Regionen abwechselnder Brechungsindizes nicht verwirklichen lässt. Somit haben die Brechungsindizes n1 und n2 in diesem Ausführungsbeispiel zwangsläufig diese offenbarte Eigenschaft.
Dass sich die Wellenlänge des Lichts in einem Material mit Brechungsindex n im Vergleich zur Wellenlänge im Vakuum um ebendiesen Faktor n verkürzt, ist grundlegendes Fachwissen des Fachmanns. Somit ist es für den Fachmann offensichtlich, dass bei einer gewissen gewünschten Emissionswellenlänge im Vakuum der Brechungsindex n bei der Wahl der Dicke der einzelnen Regionen berücksichtigt werden muss. Dies bedarf keiner expliziten Angabe, um für den Fachmann ausführbar zu sein.
Somit hat die Kammer keine Zweifel, dass das in Abbildung 2C des Dokuments D4 gezeigte Ausführungsbeispiel ausführbar ist und folglich zum relevanten Stand der Technik gehört.
3.5 In der angefochtenen Entscheidung entschied die Einspruchsabteilung, dass Dokument D4 keine räumliche periodische Modulation einer Emitterschicht offenbare (siehe Punkt 1.2.1 der Gründe). Die Beschwerdegegnerin führte dazu weiter aus, dass es in D4 nicht offenbart sei, wo sich im Ausführungsbeispiel nach Abbildung 2C eine Emitterschicht befinde. Ferner weise dieses Ausführungsbeispiel überhaupt keine Schicht auf.
Obwohl in den Ansprüchen 1, 2, 25 und 26 und dem Teil der Beschreibung auf Seite 4, Absätze 4 bis 5, und Seite 21, Absätze 4 bis 5, in welchem eine Zusammenfassung der Erfindung beschrieben wird, angegeben wird, dass das Verstärkungsmaterial mit einer Struktur zur Auswahl des Wellenlängenbandes lediglich gekoppelt ist ("coupled to"), wird kein Ausführungsbeispiel beschrieben, in welchem das Verstärkungsmaterial nicht in einer solchen Struktur enthalten ist. Vielmehr wird in Bezug auf die Ausführungsbeispiele der Abbildungen 1, 2A, 2C und auch der Abbildungen 3 und 4 explizit beschrieben, dass das Verstärkungsmaterial in der Struktur zur Auswahl der Wellenlängenbandes enthalten ist. Dies geht auch aus dem Teil der Beschreibung hervor, in welcher die Erfindung im Allgemeinen beschriebenen wird (siehe D4, Seite 8, zweiter Absatz bis Seite 9, zweiter Absatz). In Abwesenheit der Beschreibung einer anderen Kopplung in Bezug auf das Ausführungsbeispiel der Abbildung 2C - welche zweifellos ein kritisches Element für dessen Funktionsweise wäre - ist davon auszugehen, dass auch hier das Verstärkungsmaterial in der Struktur zur Auswahl der Wellenlängenbandes enthalten ist.
Somit ist es in Dokument D4 implizit offenbart, dass im Ausführungsbeispiel der Abbildung 2C das Verstärkungsmaterial in der periodischen Struktur mit Regionen abwechselnder Brechungsindizes enthalten ist. Da die einzelnen Regionen als Schichten angesehen werden können, d. h. die periodische Struktur als Stapel von Schichten, weist dieses Ausführungsbeispiel folglich zumindest eine Emitterschicht auf.
3.6 Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Schluss, dass Dokument D4 in Bezug auf das Ausführungsbeispiel der Abbildung 2C - unter Verwendung des Wortlauts des erteilten Anspruchs 1 - einen Gegenstand offenbart, insbesondere Wert- und Sicherheitsdokument (Banknote, Kreditkarte oder Reisepass), mit einem Sicherheitsmerkmal (periodischen Struktur mit Regionen abwechselnder Brechungsindizes), wobei das Sicherheitsmerkmal eine Emitterschicht (zumindest eine der Regionen abwechselnder Brechungsindizes) für stimulierte optische Emission (durch verteilte Rückkopplung erzeugt) und eine räumliche periodische Modulation (nämlich der Brechungsindizes) aufweist.
3.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags, d. h. des erteilten Anspruchs 1, ist daher nicht neu (Artikel 54 EPÜ 1973).
4. Hilfsanträge 1 und 3a - Klarheit
4.1 Die Beschwerdeführerin erhob einen Klarheitseinwand gegen das Merkmal (i) des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3a. Da Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ebenfalls dieses Merkmal enthält, betrifft der Einwand auch diesen Anspruch.
4.2 Die Kammer merkt an, dass sich der jeweilige Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 3a von dem erteilten Anspruch 1 unter anderem eben durch das zusätzliche Merkmal (i) unterscheidet, welches auch nicht in den erteilten abhängigen Ansprüchen enthalten ist, sondern der Beschreibung entnommen wurde (siehe Seite 11, dritter Absatz der ursprünglichen Beschreibung).
Somit ist im Rahmen des vorliegenden Einspruchsbeschwerdeverfahrens gemäß Artikel 101 (3) EPÜ zu prüfen, ob das neue Merkmal (i) die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 bezüglich Klarheit der Ansprüche erfüllt (siehe die Entscheidung G 3/14 der Großen Beschwerdekammer).
4.3 Gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 dienen die Patentansprüche dazu, den Gegenstand anzugeben, für den Schutz begehrt wird. Dieser Artikel legt die maßgeblichen Grundsätze für den Inhalt und die Abfassung der Patentansprüche fest, wonach die Patentansprüche insbesondere deutlich sein müssen.
Die deutliche, d. h. klare, Fassung der Patentansprüche dient der Rechtssicherheit. Die Öffentlichkeit darf nicht im Unklaren darüber bleiben, für welchen Gegenstand Schutz begehrt wird. Dadurch sollen insbesondere Wettbewerber der Patentinhaberin in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, ob sie das erteilte Patent verletzen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016, Abschnitt II.A.1.1).
Unter diesen Vorgaben ist zu prüfen, ob der jeweilige Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 3a, insbesondere das Merkmal (i), klar formuliert ist.
4.4 Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass das hinzugefügte Merkmal (i) so zu verstehen sei, dass eine Emissionswellenlänge durch die Wahl der Modulationsperiode bestimmt sei.
4.5 Die Kammer stimmt jedoch mit der Beschwerdeführerin überein, dass Merkmal (i) nicht klar ist. Insbesondere ist die in diesem Merkmal gewählte Formulierung, dass "mehrere verschiedene Emissionswellenlängen ... eingestellt werden können" zweideutig in Bezug darauf, ob eine Bestimmung der Emissionswellenlängen überhaupt ausgeführt werden soll. Einerseits könnte damit die von der Beschwerdegegnerin intendierte Bestimmung der gewünschten Emissionswellenlänge durch die Wahl der Modulationsperiode gemeint sein. Andererseits könnte damit aber auch lediglich die Beschreibung einer Eigenschaft des Verstärkungsbereiches und der Emissionswellenlängen gemeint sein, nämlich dass diese dergestalt sind, dass sie eine solche Bestimmung erlauben.
Die Kammer ist ferner der Ansicht, dass sich - selbst unter der hypothetischen Vorgabe, dass mit dem Merkmal (i) die Bestimmung der Emissionswellenlängen definiert werden soll - ein weiterer Klarheitsmangel ergibt.
Angesichts der in Merkmal (i) gewählten Formulierung "mehrere verschiedene Emissionswellenlängen ... eingestellt werden können" bestehen nämlich Zweifel darüber, ob - wie von der Beschwerdeführerin beabsichtigt - eine von mehreren möglichen verschiedenen Emissionswellenlängen bestimmt werden soll oder ob gleichzeitig mehrere verschiedene Emissionswellenlängen bestimmt werden sollen.
4.6 Aus diesen Gründen wird das Merkmal (i) des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 und 3a und somit diese Ansprüche selbst als unklar angesehen, so dass die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973, Satz 2, nicht erfüllt sind.
5. Hilfsanträge 2a und 4 - Zulassung
5.1 Die neuen Hilfsanträge 2a und 4 wurden von der Beschwerdegegnerin zum ersten Mal in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht.
Die Beschwerdeführerin beantragte, dass diese neuen Anträge als verspätet nicht in das Verfahren zugelassen werden.
5.2 Gemäß Artikel 12(2) VOBK muss die Erwiderung zur Beschwerdebegründung den vollständigen Sachvortrag der Beschwerdegegnerin enthalten. Die Zulassung von Änderungen des Vorbringens der Beschwerdegegnerin nach Einreichung der Erwiderung steht nach Artikel 13(1) VOBK im Ermessen der Kammer. Da die neuen Hilfsanträge 2a und 4 erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht wurden, stehen dessen Zulassung somit im Ermessen der Kammer.
5.3 Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt (Artikel 13(1) VOBK). Aufgrund der letzten beiden Kriterien müssen Verfahrensbeteiligte Anträge so früh wie möglich einreichen, wenn diese zugelassen und berücksichtigt werden sollen (siehe die Entscheidung T 1033/10, Punkt 5.5 der Entscheidungsgründe).
Im vorliegenden Fall wirft Anspruch 1 des Hilfsantrags 2a neue Fragen bezüglich unzulässiger Erweiterung des Gegenstands auf. Insbesondere wird eine neue Kombination von Merkmalen beansprucht, welche nach Ansicht der Beschwerdegegnerin der ursprünglichen Beschreibung entnehmbar sein soll. Die Zulassung dieses Hilfsantrags hätte somit voraussichtlich zu neuen, langwierigen Diskussionen in der mündlichen Verhandlung darüber geführt, ob die Änderungen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügen oder nicht.
Die Kammer übt daher das Ermessen unter Artikel 13(1) VOBK dahingehend aus, den neuen Hilfsantrag 2a nicht in das Verfahren zuzulassen.
5.4 Gemäß Artikel 13(3) VOBK sind überdies Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zuzulassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten sind.
In den Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 wurden neue Merkmale aufgenommen, welche zwar in einem abhängigen erteilten Anspruch definiert waren, jedoch im bisherigen Einspruchsbeschwerdeverfahren keine Rolle spielten. Dieser Hilfsantrag geht somit über den durch die Beschwerdebegründung und die Erwiderung der Beschwerdegegnerin abgesteckten Diskussionsrahmen hinaus. Die Zulassung dieses Antrags könnte insbesondere dazu führen, dass zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit weitere Dokumente zu recherchieren und heranzuziehen wären. Die Kammer ist daher der Ansicht, dass die Behandlung des Antrags weder für die Kammer noch für den Beschwerdeführer ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung zumutbar ist.
Aus diesen Gründen wird der neue Hilfsantrag 4 nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) und (3) VOBK).
6. Hilfsantrag 3b - erfinderische Tätigkeit
6.1 Nächstliegender Stand der Technik, Unterschiedsmerkmale
Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass Dokument D4, insbesondere die Offenbarung bezüglich des in Abbildung 2C gezeigten Ausführungsbeispiels, als der nächstliegende Stand der Technik angesehen werden kann.
Beide Parteien sind ferner darin einig, dass das Unterschiedsmerkmal in der eine räumliche periodische Modulation aufweisenden Emitterschicht zu sehen ist.
6.2 Objektive technische Aufgabe
6.2.1 Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die beanspruchte Erfindung eine bessere Detektion der Lichtemission durch deren Abstrahlung senkrecht zur Emitterschicht ermöglicht.
6.2.2 Die Abstrahlung der Lichtemission senkrecht zur Emitterschicht ist aber keine zwingende Folge einer flächigen Ausbildung der Emitterschicht. Vielmehr hängt dies auch von der Beschaffenheit der angrenzenden Schichten ab. So sind dem Fachmann auch Laser mit verteilter Rückkopplung bekannt, bei welchen die kohärente Lichtemission parallel zur flächigen Ausdehnung der periodisch modulierten Emitterschicht erfolgt (siehe Dokument D15, Abbildung 45 auf Seite 728, und Dokument D16, Abbildung 6.45 im Abschnitt 6.6.3).
6.2.3 Die Kammer stimmt daher mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass die objektive technische Aufgabe weniger ambitioniert formuliert werden muss und lediglich darin zu sehen ist, eine bestimmte Variation des Sicherheitsmerkmals zu implementieren.
6.3 Naheliegen
6.3.1 Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass es für den Fachmann nicht klar sei, wie die verschiedenen Ausführungsbeispiele des Dokuments D4, insbesondere diejenigen der Abbildungen 2C und 2A, miteinander kombiniert werden könnten. Der Fachmann erhalte aus Dokument D4 auch keine Anregung zu einer solchen Kombination.
6.3.2 Die Kammer stellt fest, dass in Bezug auf die Abmessungen des in Abbildung 2C gezeigten Ausführungsbeispiels lediglich offenbart ist, dass das gewünschte Wellenlängenband durch die Dicke der einzelnen Regionen festgelegt wird. Bezüglich des Durchmessers der in Abbildung 2C zylindrisch gezeigten Regionen und der Anzahl der Regionen enthält das Dokument D4 jedoch keine Angaben. Somit stellt sich dem Fachmann unmittelbar die genannte objektive technische Aufgabe, eine bestimmte Variation dieses Sicherheitsmerkmals zu implementieren.
6.3.3 Da die Dicke der Regionen im Ausführungsbeispiel der Abbildung 2C lediglich einem Viertel der gewünschten Wellenlänge (durch den relevanten Brechungsindex reduziert) entspricht, sieht die Kammer keinen Grund, welcher den Fachmann davon abhalten würde, dieses Ausführungsbeispiel in Plättchenform wie das Ausführungsbeispiel der Abbildung 2A zu implementieren. Er würde dadurch zu einem Plättchen mit einer periodischen Struktur von Regionen abwechselnder Brechungsindizes gelangen. Aufgrund seiner flächigen Ausbildung ist die gesamte resultierende Struktur als eine Schicht anzusehen, welche somit die beanspruchte räumliche periodische Modulation aufweist. Der Fachmann würde daher ohne erfinderische Tätigkeit zum beanspruchten Gegenstand gelangen.
Folglich weist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3b keine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52(1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).
7. Schlussfolgerung
Da wenigstens ein Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Form gemäß Hauptantrag entgegensteht und das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, in der Fassung gemäß der zugelassenen Hilfsanträge 1, 3a und 3b den Erfordernissen des EPÜ nicht genügen, ist das Patent zu widerrufen (Artikel 101(2) und (3)(b) EPÜ und Artikel 111(1) EPÜ 1973).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.