T 2149/15 () of 19.6.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T214915.20200619
Datum der Entscheidung: 19 Juni 2020
Aktenzeichen: T 2149/15
Anmeldenummer: 09100159.4
IPC-Klasse: G01V8/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Optoelektronischer Sensor
Name des Anmelders: SICK AG
Name des Einsprechenden: Leuze electronic GmbH + Co. KG
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1) (2007)
European Patent Convention Art 54 (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 226 655 B1 zurückzuweisen.

II. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 (a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 52(1), 54(1, 2) und 56 EPÜ gestützt.

III. Es wird auf folgende Dokumente verwiesen:

E1: DE 100 33 905 A1

E2: DE 295 21 575 U1

E3: DE 200 05 283 U1

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer stellten die Parteien folgende Anträge:

- Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 226 655 B1.

- Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und somit die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag), hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents gemäß einem der Hilfsanträge 1 und 2, eingereicht mit Schreiben von 18. Mai 2020.

Außerdem beantragte die Beschwerdegegnerin die erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgetragene Argumentationslinie mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von dem Dokument E2 in Kombination mit dem Dokument E3 nicht in das Verfahren zuzulassen.

V. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags liest sich wie folgt (die fettgedruckte Merkmalsnummerierung A) bis H) wurde von der Kammer hinzugefügt):

A) Optoelektronischer Sensor zur Detektion von Paletten (32)

B) mit einem Sender (12) und einer Sendeoptik(24) zum Aussenden von Sendelicht (22),

C) einem Empfänger (14) zum Empfang des Sendelichts (28) und zum Bereitstellen eines elektronischen Empfangssignals (I),

D) einer Auswerteeinheit (16) zum Aufnehmen des Empfangssignals (I) und Ausgeben eines Detektionssignals, wenn in wenigstens einen Teil des Sendelichtstrahls (22) ein opakes, zu detektierendes Objekt (36) in Form eines Palettenbodens (34) eintritt,

dadurch gekennzeichnet, dass

E) die Sendeoptik (24) derart ausgebildet ist, dass das Sendelichtprofil (22) linienförmig ist und das Sendelicht parallel ist und eine kontinuierliche Detektionsebene zwischen Sender und Empfänger bzw. Reflektor (26) quer zum Palettenboden (34) definiert,

F) und bei freiem Strahlengang über einen Reflektor (26) oder direkt vom Empfänger (14) empfangen wird und

G) dass die Auswerteeinheit (16) Mittel aufweist zur Bestimmung und Nachführung eines Erkennungs-Schwellwertes (S) und

H) dass das Detektionssignal ausgebbar ist, wenn das Empfangssignal (I) unterhalb des Erkennungs-Schwellwertes (S) liegt, wenn der Palettenboden (34) nur einen Teil des linienförmigen Sendelichts (22) unterbricht.

VI. Neuheit gegenüber dem Dokument E1

a) Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ist der Meinung, dass der in Anspruch 1 definierte Gegenstand durch die Lehre des Dokuments E1 neuheitsschädlich vorweggenommen sei. Sie führte zur Neuheit gegenüber dem Dokument E1 in Hinblick auf das strittige Merkmal E) an, dass im Streitpatent die Bedeutung von "parallel" in der Beschreibung mit "annähernd parallel" ausgelegt sei. In Dokument E1 sei die Strahlführung ebenfalls "annähernd parallel". Überdies sei in den Absätzen [0027] und [0031] des Dokuments E1 als Aufgabe genannt, den Überwachungsbereich gleichmäßig auszuleuchten, eine homogene Anstrahlung der Empfänger bei freiem Strahlengang zu realisieren und die Überlappung der Sendelichtstrahlen im Überwachungsbereich so weit wie möglich zu begrenzen. Hieraus erschließe sich, dass das Sendelicht annähernd parallel sein müsse.

b) Die Beschwerdegegnerin hielt dem entgegen, dass der Wortlaut "annähernd parallel" in der Patentschrift gewählt worden sei, um eine reale Situation, in der parallele Lichtstrahlen nie exakt parallel seien gegenüber einer idealisierten Situation mit exakt parallelen Lichtstrahlen mit einzuschließen. In der E1 sei keine Sendeoptik vorgesehen, welche das Sendelicht in eine parallele Strahlführung umlenke. Die in Dokument E1 gezeigten Blenden würden nur die Strahlaufweitung reduzieren, sie hätten aber keinen Einfluss auf eine parallele Strahlorientierung.

c) In der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung der Meinung, dass alle Merkmale außer Merkmal E) des in Anspruch 1 definierten Gegenstands aus dem Dokument E1 bekannt seien. Zu Merkmal E) stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das Dokument E1 eine Sendeoptik offenbare, welche Sendelichtstrahlen in eine Detektionsebene so abstrahle, dass eine kontinuierliche Detektionsebene vorläge und die Sendelichtstrahlen ein linienförmiges Profil aufwiesen, die Sendelichtstrahlen aber nicht parallel seien.

VII. Erfinderische Tätigkeit: Dokument E2 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen

a) Die Beschwerdeführerin trug zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von Dokument E2 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen vor, dass der Fachmann in Dokument E2 zu dem strittigen Merkmal E) auf Seite 6, 4. Absatz, einen ausreichend konkreten Hinweis erhalte, dass der Empfänger "komplett ausgeleuchtet" werden solle. Hierdurch käme er mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens unmittelbar darauf, dies durch eine parallele Strahlführung zu realisieren. Zu dem gegenüber der Lehre des Dokuments E2 ebenso strittigen Merkmal G) führte die Beschwerdeführerin an, dass in Dokument E2 auf Seite 6, 2. Absatz, eine variierende Empfindlichkeit des Empfängers genannt sei, was nur durch eine Nachführung des Schwellwerts erfolgen könne.

Der Fachmann würde folglich ausgehend von dem Dokument E2 mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens ohne erfinderisches Zutun zum in Anspruch 1 definierten Gegenstand gelangen.

b) Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass das Dokument E2 viele unterscheidende Merkmale aufweise, und somit als nächstkommender Stand der Technik nicht geeignet sei. Der in Dokument E2 gezeigte Sensor sei nicht für eine Palettendetektion geeignet, es werde nicht "das Empfangssignal", sondern eine Mehrzahl von Empfangssignalen ausgewertet. Auch würde keine Nachführung des Schwellwertes erfolgen, da der Schwellwert einmal zu Beginn der Verwendung des Sensors eingestellt werde, aber nicht im Laufe der Messungen nachgeführt werde. Schließlich fehle das Merkmal E), da das Dokument E2 weder ein linienförmiges Strahlprofil, noch eine parallele Sendelichtstrahlverlauf zeige.

Folglich könne die Beschwerdegegnerin nicht erkennen, wie der Fachmann ausgehend von dem Dokument E2 in Kombination mit dem allgemeine Fachwissen zu dem in Anspruch 1 definierten Sensor gelangen könne.

c) Die Einspruchsabteilung vertrat die Auffassung, dass das Dokument E2 nicht die Merkmale A) und E) zeige. Durch diese Unterschiede sei das Problem gelöst, einen verbesserten optoelektronischen Sensor zur Verfügung zu stellen, welcher auf einfache Weise größere Objekte, wie beispielsweise Paletten, dank einer homogenen Ausleuchtung der Detektionsebene detektiere.

Nach Ansicht der Einspruchsabteilung müsse der Fachmann ausgehend von E2 größere bauliche Maßnahmen durchführen, um wegen der Größenordnungen der zu detektierenden Objekte von dem in E2 gezeigten Sensor zu dem in Anspruch 1 definierten Sensor zu gelangen. Auch werde nicht auf eine homogene Ausleuchtung der Detektionsebene hingewiesen, da in E2 die Sendelichtstrahlen weder linienförmig, noch parallel verliefen. Die Einspruchsabteilung entschied, dass ausgehend von Dokument E2 der in Anspruch 1 definierte Gegenstand als erfinderisch angesehen werden müsse, da der Fachmann selbst mit seinem allgemeinen Fachwissen nicht unmittelbar zum Anspruchsgegenstand gelange.

VIII. Zulassung der Argumentationslinie E2 in Kombination mit E3 in das Verfahren

a) Die Beschwerdeführerin führt an, dass die Dokumente E2 und E3 bereits erstinstanzlich zur erfinderischen Tätigkeit diskutiert wurden und die nun erfolgte Dokumentenkombination sich in Antwort auf die Ausführungen der Einspruchsabteilung ergäbe.

b) Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 18. Mai 2020 erstmalig beantragt, die Argumentationslinie hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit basierend auf der Dokumentenkombination E2 mit E3, welche im erstinstanzlichen Verfahren nicht diskutiert wurde, nicht in das Verfahren zuzulassen.

IX. Erfinderische Tätigkeit: Dokument E2 in Kombination mit Dokument E3

a) Die Beschwerdeführerin trug vor, dass ausgehend von Dokument E2, in welchem der Fachmann den Hinweis auf eine komplette Ausleuchtung der photosensitiven Empfänger bekäme (E2: S. 6, 4. Absatz), er in dem Dokument E3 erkennen würde, dass eine parallele Strahlführung zwischen einem Sender und einem Empfänger die gewünschte Ausleuchtung erziele.

b) Die Beschwerdegegnerin führte an, dass sie nicht erkennen könne, warum der Fachmann das Dokument E3 heranziehen würde. Das bereits zuvor in Zusammenhang mit dem Dokument E2 zur erfinderischen Tätigkeit Vorgetragene sei in gleicher Weise auch hier zutreffend.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Gegenstand des Streitpatents

Der im Streitpatent beanspruchte Gegenstand betrifft einen optoelektronischen Sensor mit einem Sender und einem Empfänger sowie einer Auswerteeinheit, welcher Paletten beim Durchlauf durch eine Detektionsebene zuverlässig detektieren soll. Dies erfordert auf Grund der relativ flachen Geometrie der Paletten besondere Vorkehrungen. Bei Verwendung eines Lichtgitters könnte eine Palette undetektiert zwischen den beabstandeten Strahlen durchlaufen. Bei Verwendung eines Lichtvorhangs blendet eine Palette nur einen geringen Strahlungsanteil des einfallenden Lichts aus, sodass der Unterschied der Empfängersignale bei freiem Strahlengang und bei durch eine Palette teilweise abgedunkeltem Strahlengang relativ gering ist. Um in diesem Fall eine zuverlässige Palettendetektion zu gewährleisten, ist eine besonders hohe Genauigkeit an die Auswerteeinheit am Empfänger gestellt, um die Palette zuverlässig zu detektieren. Im Fall von Schwankungen der detektierten Strahlung am Empfänger durch externe Einflüsse, wie beispielsweise Verschmutzung am Sender, am Empfänger oder im Strahlengang, würde eine Detektion erschwert oder verfälscht werden.

Diese vorgenannten Probleme werden im Patent dadurch gelöst, dass dem Sender eine Sendeoptik unmittelbar nachgeordnet ist, die derart ausgestaltet ist, dass sie einen parallelen Sendelichtstrahlverlauf mit linienförmigem Strahlprofil hervorruft und zudem eine kontinuierliche Detektionsebene entsteht. Hierdurch wird eine sehr homogene Ausleuchtung in der Detektionsebene erreicht, sodass die Palette unabhängig von ihrer Position, ob näher am Empfänger oder näher am Sender, zuverlässig detektiert wird. Die homogene Ausleuchtung bewirkt eine nahezu konstante Verringerung des am Empfänger detektierten Lichts im Falle der Präsenz einer Palette in der Detektionsebene. Die Detektion kleinster Änderungen des Empfangslichts wird überdies durch die Nachführung des Erkennungs-Schwellwertes erleichtert, wodurch äußere Einflüsse auf das Empfangssignal bei freiem Strahlengang korrigiert werden können.

3. Hauptantrag

3.1 Neuheit gegenüber dem Dokument E1

Dokument E1 offenbart (im folgenden Absatz beziehen sich die Verweise in Klammern auf das Dokument E1) einen optoelektronischen Sensor zur Detektion von dünnen Metallblechen (2) mit mehreren Sendern (4; dies schließt auch einen Sender ein) und einer Sendeoptik(8, 6) zum Aussenden von Sendelicht ([0025]), sowie mehreren Empfängern (5; dies schließt auch einen Empfänger ein) zum Empfang des Sendelichts und zum Bereitstellen eines elektronischen Empfangssignals ([0037]) sowie einer Auswerteeinheit ([0036]). Die Auswerteeinheit dient dem Aufnehmen des Empfangssignals und Ausgeben eines Detektionssignals, wenn in wenigstens einen Teil des Sendelichtstrahls ein opakes, zu detektierendes Objekt in Form eines dünnen Metallblechs eintritt ([0032]). Die Sendeoptik ist derart ausgebildet, dass eine kontinuierliche Detektionsebene zwischen Sender und Empfänger bzw. Reflektor (26) quer zum zu detektierenden Metallblech aufgespannt wird (Fig. 1) und bei freiem Strahlengang das Sendelicht direkt von den Empfängern (5) empfangen wird. Die Auswerteeinheit weist Mittel zur Bestimmung und Nachführung eines Erkennungs-Schwellwertes ([0051]) auf, sodass das Detektionssignal ausgebbar ist, wenn das Empfangssignal unterhalb des Erkennungs-Schwellwertes liegt, wenn ein dünnes Metallblech nur einen Teil des Sendelichts unterbricht ([0044] und [0057]).

Somit offenbart das Dokument E1 alle in Anspruch 1 definierten Merkmale außer Merkmal E).

Es ist unstrittig, dass die in Dokument E1 gezeigte Sendeoptik, welche aus den horizontal zwischen den Empfängern angeordneten Blenden (8) und der vertikal angeordneten Zylinderlinse (6) besteht, eine kontinuierliche Detektionsebene zwischen den Sendern und Empfängern hervorruft (sh. Figur 1 der E1).

Die Blenden (8) reichen in horizontaler Richtung von den Empfängern bis zur vertikal orientierten Zylinderlinse, wodurch sie die Strahlaufweitung in vertikaler Richtung reduzieren und eine gegenseitige Überlappung von Strahlen benachbarter Sender verringern. Die Blenden bewirken aber keine Richtungsänderung der Sendelichtstrahlen (abgesehen von Reflexionen der Sendelichtstrahlen an ihnen).

Die Zylinderlinse fokussiert die räumlich aufgeweiteten Strahlen derart, dass ein in vertikaler Richtung linienförmiges Strahlprofil entsteht. Auch die Zylinderlinse hat keinen Einfluss auf die Richtung der einzelnen Sendelichtstrahlen in der Detektionsebene, auch sie bewirkt keine parallele Strahlführung.

Somit fehlt in Dokument E1 von den in Merkmal E) definierten Teilmerkmalen, dass "die Sendeoptik derart ausgebildet ist, dass das Sendelicht parallel ist".

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin darf nach Ansicht der Kammer das in dem Dokument E1 genannte Ziel einer geringen Überlappung der einzelnen Sendelichtstrahlen und einer homogenen Anstrahlung der Empfänger, so wie in Absatz [0031] der E1 dargestellt, nicht mit einer parallelen oder auch annähernd parallelen Strahlführung gleichgestellt werden. Auch wenn in Dokument E1 die Öffnungswinkel in vertikaler Richtung klein sein sollen, bedeutet dies nach Meinung der Kammer nicht, dass die Strahlführung "annähernd parallel" ist, da die Öffnungswinkel zwar klein, aber doch verschieden sind.

Der in Anspruch 1 definierte optoelektronische Sensor ist folglich neu gegenüber dem aus E1 bekannten Sensor.

3.2 Erfinderische Tätigkeit

3.2.1 Dokument E2 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen

Das Dokument E2 zeigt eine optoelektronische Vorrichtung (die im folgenden Absatz in Klammern angegebenen Verweise beziehen sich auf das Dokument E2), die für die Fadenbruchkontrolle bei Textilmaschinen oder die Bohrerbruchkontrolle bei Werkzeugmaschinen genutzt wird (S. 1, 2. Absatz). Diese Vorrichtung weist einen Sender (4) und einen Empfänger (3) auf, letzterer besteht aus einer linearen Anordnung von photosensitiven Elementen (6). Zur Fokussierung des Sendelichts ist eine Sendeoptik in Form einer dem Sender nachgeordneten Linse genannt (S. 5, 1. Absatz). Hierdurch entsteht ein Sendelichtstrahlenbündel (5), welches eine kontinuierliche Detektionsebene aufspannt (Fig. 2 und 3). Die Sendeoptik bewirkt keine parallele Strahlführung, da die schräge, sich aufweitende Strahlführung bewusst gewählt ist, um einerseits alle photosensitiven Elemente auszuleuchten und andererseits durch die schräg einfallende Strahlführung Information hinsichtlich der Position, Größe und/oder Geometrie des zu detektierenden Objekts zu erhalten (S. 1, letzter Absatz bis S. 2, 2. Absatz). Tritt ein Objekt (2) in die Detektionsebene ein, erfolgt die Detektion mit Hilfe eines zuvor festgelegten Schwellwerts durch Auswertung der an den belichteten oder unbelichteten photosensitiven Elementen detektierten Signalen (S. 6, Z. 30 bis S. 7, Z. 4 und S. 7, Z. 18 bis 29).

Somit unterscheidet sich die Sendeoptik des in Anspruch 1 des Streitpatents definierten Gegenstands von der aus dem Dokument E2 bekannten dadurch, dass sie eine parallele Strahlführung hervorruft.

Dieser Unterschied löst das Problem, dass eine zuverlässige Detektion der zu detektierenden Objekte erfolgen kann, unabhängig von der Position des Objekts in der Detektionsebene. Dieses Problem kann aber nach Meinung der Kammer nicht aus dem Hinweis in Dokument E2 auf S. 6, 4. Absatz abgeleitet werden. Es erscheint nicht ausreichend, dass der "Empfänger von den Sendelichtstrahlbündeln komplett ausgeleuchtet" wird, denn dies wird bereits in dem Dokument E2 erreicht. Auch erscheint die homogene Ausleuchtung unabhängig von der Position des zu detektierenden Objekts sich nicht in naheliegender Weise aus dem Dokument E2 zu ergeben, da dort die Position des zu detektierenden Objekts in der Detektionsebene eine wesentliche Rolle spielt. Aus diesem Grund würde der Fachmann nach Meinung der Kammer die in Dokument E2 verwendete schräge Strahlführung eben nicht aufgeben, da nur hierdurch die im Dokument E2 gewünschten Vorteile realisiert werden, nämlich Rückschlüsse auf Größe, Geometrie und Position der erfassten Objekte zu erhalten.

Würde der Fachmann erkennen, dass die Positionsbestimmung insbesondere auch längs der Strahlrichtung bei einer Palettendetektion bedeutungslos ist, hingegen die Ausleuchtung in der gesamten Detektionsebene so homogen wie möglich sein sollte (sh. Punkt 2. oben), um die von einer Palette hervorgerufenen kleinen Unterschiede im Empfangssignal zuverlässig auswerten zu können, so würde er nach Meinung der Kammer das Dokument E2 gar nicht als nächstkommenden Stand der Technik heranziehen.

Die Kammer kommt folglich zu dem Schluss, dass das Dokument E2 als nächstkommender Stand der Technik nicht geeignet ist.

Wenn der Fachmann dennoch das Dokument E2 als nächstkommenden Stand der Technik heranziehen würde, würde er selbst mit Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens keine Anregung erhalten, die in Dokument E2 als vorteilhaft gezeigte schräge Sendelichtstrahlenführung zu Gunsten einer parallelen Strahlführung aufzugeben.

Somit wird der in Anspruch 1 definierte Gegenstand ausgehend von dem Dokument E2 in Kombination mit allgemeinem Fachwissen als erfinderisch angesehen.

Zu den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumenten weist die Kammer darauf hin, dass die Beschwerdeführerin den Zweck der in Dokument E2 gezeigten Vorrichtung gegenüber der im Patent gezeigten Vorrichtung außer Acht gelassen hat. In E2 ist es im Gegensatz zum Patent wesentlich, ob sich das zu detektierende Objekt in der Detektionsebene näher bei dem Sendern oder näher bei den Empfängern befindet, was durch die schräge Strahlführung erreicht wird. Hier ist eine homogene Ausleuchtung absichtlich nicht gewünscht. Im Gegensatz dazu soll im Patent eine Palette, egal ob sie sich in der Detektionsebene näher beim Sender oder näher beim Detektor befindet immer die gleiche Lichtmenge ausblenden, wozu eine homogene Ausleuchtung wesentlich ist. Dies führt nach Meinung der Kammer dazu, dass das Dokument E2 als nächstkommenden Stand der Technik ungeeignet ist.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Frage, ob ein Nachführen des Schwellwertes in dem Dokument E2 offenbart ist oder nicht, unbeantwortet bleibt, da dies für die Entscheidung belanglos ist.

3.2.2 Zulassung der Argumentationslinie E2 in Kombination mit E3 in das Verfahren

Die Kammer hat die neue Argumentationslinie hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit basierend auf der Kombination der Dokumente E2 mit E3, welche im erstinstanzlichen Verfahren nicht diskutiert wurde, dennoch gemäß Artikel 12 (2) und 12 (4) VOBK 2007, welche gemäß Artikel 25 (2) VOBK 2020 hier Anwendung finden, in das Verfahren zugelassen, gestützt auf folgenden Überlegungen:

Die auf den Dokumenten E2 und E3 basierende Argumentationslinie wurde zum ersten Mal in der Beschwerdebegründung vorgetragen, wobei beide Dokumente bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingereicht worden waren. Es handelt sich somit nicht um neue Beweismittel. Die Beschwerdegegnerin hat im Schreiben vom 26. April 2016, dem Antwortschreiben auf die Beschwerdebegründung, zu dieser neuen Argumentationslinie inhaltlich Stellung genommen, wenn auch nur in sehr knapper Form (sh. Punkt 4.3. im Schreiben vom 26. April 2016). Die Zulassung dieser neuen Argumentationslinie in das Verfahren ist damals von der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt worden. Da damals kein Einwand hinsichtlich der Zulassung in das Verfahren erhoben wurde, sondern zumindest eine kurze inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt stattfand, ist die Kammer der Auffassung, dass der Antrag mit Schreiben vom 18. Mai 2020 verspätet ist.

3.2.3 Dokument E2 in Kombination mit Dokument E3

Wie unter Punkt 3.2.1 bereits erläutert, ist die Kammer der Auffassung, dass das Dokument E2 als nächstkommender Stand der Technik ungeeignet ist. Somit führt nach Meinung der Kammer eine überzeugende Argumentationslinie ausgehend von dem Dokument E2 in Kombination mit der Lehre des Dokuments E3 nicht zum in Anspruch 1 definierten Gegenstand.

Ausgehend von Dokument E2 als nächstkommendem Stand der Technik, erscheint es der Kammer nur in rückschauender Betrachtungsweise möglich zum Anspruchsgegenstand zu gelangen. In dem Dokument E2 wird eine schräg auf die Empfänger einfallende Strahlung als vorteilhaft genannt, welche in dem Dokument E3 gerade unterdrückt werden soll, da schräg einfallende Strahlung dort Fremdlichtstrahlung ist.

Schließlich erscheint das Dokument E3 auch für eine Palettendetektion ungeeignet, da die Zinken der in Dokument E3 gezeigten Gabellichtschranke eine Größenordnung im Zentimeter-Bereich aufweisen und nicht, wie bei Paletten nötig, im Meterbereich.

Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass ausgehend von der Lehre des Dokuments E2 in Kombination mit der Lehre des Dokuments E3 keine schlüssige Argumentation hinsichtlich einer vorliegenden erfinderischen Tätigkeit geführt werden kann.

4. Der in Anspruch 1 des Hauptantrags definierte Gegenstand ist folglich neu und erfinderisch im Sinne der Erfordernisse von Artikel 52(1), 54(1, 2) und 56 EPÜ.

Ebenso ist das in Anspruch 9 definierte Verfahren, welches an den Vorrichtungsanspruch 1 angelehnt ist und "das Aussenden eines quer zur Sendestrahlrichtung linienförmig ausgedehnten und parallelen Sendelichts (22) in eine kontinuierliche Detektionsebene" vorsieht, neu und erfinderisch. Alle zu Anspruch 1 genannten Argumente treffen in gleicher Weise auch für Anspruch 9 zu.

Schließlich genügen auch die von Anspruch 1 und 9 abhängigen Ansprüche 2 bis 8, 10 und 11 den Erfordernissen der Artikel 52(1), 54(1, 2) und 56 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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