European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T208915.20181120 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 November 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2089/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 97119761.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | G10L 19/00 H04L 1/00 H04W 28/06 H04W 76/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Übertragen von Daten, insbesondere von GSM-Daten | ||||||||
Name des Anmelders: | IPCom GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Telefonaktiebolaget L M Ericsson (publ) | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - (Hilfsantrag 5 nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0847211 zurückgewiesen wurde, legte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein.
II. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erließ die Kammer eine Mitteilung, in der sie auf die in der Verhandlung zu erörternden Punkte hinwies und vorläufig Stellung nahm zur erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung sowie der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 in Bezug auf die Druckschrift
D1: WO 96/23297 A1.
Weiterhin äußerte die Kammer Bedenken hinsichtlich der Erfüllung der Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ durch den Anspruch 1 des ebenfalls mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsantrags 5.
III. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 20. November 2018 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 5, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.
Nachdem die Debatte geschlossen war und die Kammer beraten hatte, wurde die Entscheidung verkündet.
IV. Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Verfahren zum Übertragen von Daten zwischen einem rufenden und einem gerufenen Teilnehmer (TI1, TI2), wobei für das Übertragen ein vorgegebenes Rahmenformat verwendet wird mit folgenden Maßnahmen:
- der Datenstrom zwischen Umcodiereinrichtungen (TCE1, TCE2), die den Teilnehmern (TI1, TI2) zugeordnet sind, wird unterteilt in einen ersten Datenstrom mit Abtastwerten zur Übertragung und in einen zweiten Datenstrom mit Signalparametern zur Nutzdatenrekonstruktion und/oder zur Signalisierung, die zur transparenten Durchschaltung vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass
- beim Verbindungsaufbau abwechselnd Datenpakete von gleichzeitig übertragenen Abtastwerten und Kennungsinformation (TRAU*) anstelle der Signalparameter sowie reine Abtastwerte gesendet werden, wobei die Kennungsinformation (TRAU*) der zugeschalteten Umcodiereinrichtung (TCE2) signalisiert, dass es sich um eine zu tandemfreien Betrieb, TFO, fähige Umcodiereinrichtung (TCE1) handelt, wobei die abwechselnde Aussendung solcher Datenpakete so lange aufrecht erhalten wird, bis eine Quittierung, TRAU*ACK, der Kennungsinformation (TRAU*) durch die Umcodiereinrichtung (TCE2) des gerufenen Teilnehmers (TI2) erfolgt,
dass nur noch reine Abtastwerte gesendet werden, wenn nach mehrmaliger Wiederholung, z.B. N = 3, der Datenpakete keine Quittierung, TRAU*ACK, erfolgt."
V. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass vor "dadurch gekennzeichnet" das weitere Merkmal
"wobei die so unterteilten Datenströme insbesondere während einer Verbindungsaufbauphase gleichzeitig übertragen werden"
eingefügt ist.
VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass im Oberbegriff der Ausdruck "und/oder" durch "und" ersetzt worden ist, und dass vor "dadurch gekennzeichnet" das weitere Merkmal
"wobei die so unterteilten Datenströme gleichzeitig übertragen werden"
eingefügt ist.
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass zwischen "Datenströme" und "gleichzeitig" das Merkmal
"während einer Verbindungsaufbauphase"
eingefügt ist.
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass im letzten Absatz nach "reine Abtastwerte" das Merkmal "und keine Kennungsinformation mehr" eingefügt ist.
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 dadurch, dass im vorletzten Absatz nach dem Wort "handelt" das weitere Merkmal
"und wobei die Kennungsinformation in Form von speziellen TRAU-Rahmen mit Synchron-Information übertragen wird"
eingefügt ist.
Entscheidungsgründe
1. Das Patent
Das Patent betrifft die Übertragung von digitalisierten Sprachdaten zwischen zwei mobilen Teilnehmern über ein Kommunikationsnetz.
Aus dem in den Absätzen [0002] bis [0004] der Patentschrift genannten Stand der Technik ist bekannt, Sprachinformation über das öffentliche Fernsprechnetz in Form von PCM (Pulse Code Modulation)-codierten Daten zu übertragen. Die Rate für einen Sprachkanal zwischen Teilnehmern beträgt dabei typischerweise 64 kbit/s. In der Terminologie des Streitpatents wird die so codierte Sprachinformation als "Sprachdaten" bezeichnet. In einem Mobilfunksystem gemäß dem GSM-Standard wird Sprachinformation zwischen einem Mobiltelefon und der Basisstation in einem Format als sogenannte "TRAU-Rahmen" zu übertragen. Das Format der Trau-Rahmen ist in der GSM-Spezifikation GSM 08.60, die in der Version 4.2.0 als ETSI Standard EPT 300 597 im Juli 1995 verabschiedet worden ist, definiert. Die Datenrate beträgt dabei normalerweise 16 kbit/s. Im Patent wird die als TRAU-Rahmen codierte Sprachinformation als "Sprachparameter" oder "Signalparameter" bezeichnet. Beim Übergang zwischen einem Mobilfunksystem und dem öffentlichen Fernsprechnetz wird die Sprachinformation zwischen den jeweiligen Formaten umgesetzt. Hierzu sind entsprechende Umcodiereinrichtungen vorgesehen. Bei einer Verbindung über das öffentliche Fernsprechnetz zwischen zwei mobilen Teilnehmern sind zwei Umcodiereinrichtungen notwendig; diese werden im Streitpatent als TCE1, TCE2 bezeichnet. Bei einer Verbindung werden in eine Richtung gesehen die Sprachinformationen von TCE1 vom TRAU-Format in PCT-Format und von TCE2 vom PCT-Format in das TRAU-Format umgesetzt; in der Gegenrichtung werden die Sprachinformationen von TCE2 vom TRAU-Format in PCT-Format und von TCE1 vom PCT-Format in das TRAU-Format umgesetzt. Dieser Betrieb wird als Tandembetrieb bezeichnet.
Vor diesem Hintergrund schlägt das in Frage stehende Patent ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 vor, durch welches Sprachinformation zwischen den mobilen Teilnehmern transparent durchgereicht werden kann, ohne dass die Umsetzungen zwischen den beschriebenen Kodierungsformaten erforderlich sind. Dieser Übertragungsmodus wird im Patent als tandemfreier bzw. TFO(tandem free operation)-Betrieb bezeichnet. Das beanspruchte Verfahren sieht zu diesem Zweck vor, dass eine TFO-fähige Umcodiereinrichtung zu Beginn einer Verbindung feststellt, ob die Gegenseite ebenfalls TFO-fähig ist. Falls nicht, verbleibt die Umcodiereinrichtung im Tandembetrieb.
2. Anspruch 1 des Hauptantrags - erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
2.1 D1 betrifft dasselbe technische Gebiet wie das Streitpatent und offenbart ein Verfahren zur Erkennung bzw. Vermeidung einer Reihenverbindung von Vocodern zum Aufbau einer Sprachverbindung zwischen mobilen Teilnehmern über das öffentliche Fernsprechnetz (vgl. Seite 1, Zeilen 9 bis 11 der Beschreibung). Ein Vocoder in D1 entspricht der Umcodiereinrichtung in der Terminologie des Streitpatents. Ein Vocoder (z.B. 35 in Fig. 1) umfasst einen Decoder (200), welcher Pakete (190) in PCM-codierte Daten (210) umsetzt und an den Encoder (220) des gegenüberliegenden Vocoders (55) überträgt, und einen Encoder (110), welcher PCM-codierte Daten (120) vom Decoder (130) des gegenüberliegenden Vocoders (55) empfängt und als Pakete 100 an den mobilen Teilnehmer weiterleitet. Die Pakete in D1 entsprechen den TRAU-Rahmen in der Terminologie des Streitpatents. Die Übertragung von Sprachinformation in einem "PACKET INACTIVE MODE" (Block 300 in Fig. 4) erfolgt als PCM-codierte Daten und somit im selben Format wie im Streitpatent (siehe "PCM 210" in Fig. 1 in D1 und vgl. den Absatz [0014] der Patentschrift). Dieser Modus entspricht dem Tandembetrieb im Wortlaut des Patents. D1 offenbart weiterhin einen "PACKET ACTIVE MODE" (Block 304 in Fig. 5). In diesem Modus werden von dem Vocoder 35 die Pakete 190 zum Vocoder 55 übertragen. Der "PACKET AKTIVE MODE" entspricht dem TFO-Betrieb im Wortlaut des Streitpatents. Zur Signalisierung eines "PACKET ACTIVE MODE" wird der Datenstrom zwischen den Vocodern 35, 55 in einen Datenstrom mit PCM-Abtastwerten (PCM 290, 292 in Fig. 4) sowie einen weiteren Datenstrom, durch welchen beim Verbindungsaufbau ein "detection code" ("1/n DETECT", vgl. Fig. 4 oder 9 in D1) übertragen wird, unterteilt. Der "detection code" ist eine Kennungsinformation im Wortlaut des Anspruchs 1 des Streitpatents; er setzt die Gegenseite darüber in Kenntnis, dass der den "detection code" aussendende Vocoder TFO-fähig ist. Gemäß der ab Seite 6, Zeile 29 von D1 beschriebenen Signalisierung werden abwechselnd (n-1) Datenpakete mit reinen PCM-Abtastwerten und ein einzelne Datenwort mit einem Abtastwert und Kennungsinformation periodisch übertragen (vgl. Seite 6, Zeile 38 bis Seite 7, Zeile 1) Eine abwechselnde Übertragung liegt auch bei der auf Seite 7, Zeilen 3 bis 8 beschriebenen Variante vor, bei der der "detection code" mit einer mittleren Rate 1/n pseudozufällig eingefügt wird; der Begriff "abwechselnd" schränkt entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin das Verfahren nicht darauf ein, dass auf jedes einzelne Datenwort mit Abtastwert und Kennungsinformation zwingend ein oder mehrere Datenwörter mit reinen PCM-Abtastwerten folgen, sondern besagt lediglich, dass ein oder mehrere Datenwörter mit Abtastwert und Kennungsinformation abwechselnd mit einem oder mehreren Datenwörtern mit reinen PCM-Abtastwerten übertragen werden. Der Wert n kann frei gewählt werden; es wird jedoch in D1 ausdrücklich erwähnt, dass die mit dem Ersetzen des niedrigswertigen Bits eines PCM-Abtastwerts durch ein Signalisierungssignal verbundene Verschlechterung der Qualität der Sprachinformation umso geringer ausfällt, je größer n ist (vgl. Seite 5, Zeile 34 bis Seite 6, Zeile 4).
Ein Vocoder ist auch dazu eingerichtet, beim Empfang eines "detection code" vom gegenüberliegenden Vocoder seinen eigenen Decoder zu veranlassen, in den "PACKET ACTIVE MODE" umzuschalten und anstatt reiner PCM-Daten die Pakete und den "detection code" in den ausgehenden Datenstrom einzufügen (vgl. Seite 7, Zeilen 11 bis 15 sowie den Block 304 in Fig. 5). Überträgt also im bestimmungsgemäßen Betrieb beispielsweise der Vocoder 35 einen "detection code", so schaltet der Vocoder 55 in den "PACKET ACTIVE MODE" und fügt in den von ihm ausgehenden Datenstrom 120 die Pakete 140 sowie einen "detection code" ein. Durch den Empfang dieses Datenstroms wird wiederum der Vocoder 35 veranlasst, ebenfalls in den "PACKET ACTIVE MODE" umzuschalten. Somit erfolgt daher eine Quittierung der Kennungsinformation im Sinne des Anspruchs 1. Empfängt in diesem Beispiel der Vocoder 35 jedoch nicht einen "detection code", so verbleibt er im "PACKET INACTIVE MODE" und sendet weiterhin (n-1) Datenpakete mit reinen PCM-Abtastwerten abwechselnd mit einem einzelnen Datenwort mit einem Abtastwert und Kennungsinformation. Im Wortlaut des Anspruchs 1 des Streitpatents wird daher in D1 ein abwechselndes Aussenden von Datenpaketen mit reinen Abtastwerten und Datenpaketen mit gleichzeitig übertragener Kennungsinformation solange aufrecht erhalten, bis eine Quittierung des Kennungssignals erfolgt. Die Kammer tritt der Auffassung der Beschwerdegegnerin, wonach die Fig. 5 in D1 lediglich einen autonomen Betrieb der Vocoder offenbart und in diesem Betrieb nicht vorgesehen ist, dass ein Aussenden der genannten Pakete solange aufrecht wird, bis eine Quittierung erfolgt, nicht bei.
2.2 Das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung unterscheidet sich folglich von dem in D1 offenbarten Verfahren durch das Merkmal, dass nur noch reine Abtastwerte gesendet werden, wenn nach mehrmaliger Wiederholung der Datenpakete keine Quittierung, TRAU*ACK, erfolgt.
2.3 Dieses unterscheidende Merkmal bewirkt, dass eine dauerhafte Verschlechterung der Qualität des PCM-codierten Sprachsignals aufgrund der eingefügten Kennungsinformation vermieden wird, falls aufgrund des Ausbleibens einer Quittierung von der gegenseitigen Umcodiereinrichtung ein TFO-Betrieb nicht möglich ist und daher die Verbindung im Tandembetrieb betrieben werden muss. Die zu lösende technische Aufgabe kann daher darin gesehen werden, die Qualität der übertragenen Sprachinformation sicherzustellen.
2.4 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, der Fachmann erhalte aus D1 keinen Hinweis, auf eine dauerhafte Aussendung des "detection code" zu verzichten. Vielmehr sei es in dem Beispiel gemäß der Fig. 5 von D1 erforderlich, den "detection code" dauerhaft auszusenden und dadurch sicherzustellen, dass ein Übergang in den TFO-Betrieb während der gesamten Dauer einer Verbindung möglich ist. Dagegen führe das unterscheidende Merkmal des Anspruchs 1 bewusst von dieser Möglichkeit weg, indem nach einer Anzahl von vergeblichen Versuchen, einen TFO-Betrieb aufzubauen, bewusst von weiteren Versuchen abgesehen werde. Daher sei das beanspruchte Verfahren nicht durch D1 nahegelegt.
2.5 Diese Argumente sind nicht überzeugend. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist es in D1 nicht zwingend erforderlich, im "PACKET INACTIVE MODE" den "detection code" kontinuierlich zu übertragen. D1 weist auf Seite 8 Zeilen 14 bis 38 darauf hin, dass der "detection code" nur dann in das PCM-Signal eingefügt wird, wenn die PCM-Datenrate weniger als die volle Rate, insbesondere bei Verwendung eines adaptiven PCM-Codierers ein Achtel der vollen Rate beträgt. D1 geht davon aus, dass bei Codierung der Sprachinformation mit nur einem Achtel der vollen Rate der Teilnehmer in diesem Moment nicht spricht und die adaptiv codierten PCM-Daten folglich keine Sprachinformation, sondern lediglich Hintergrundrauschen übertragen. Durch diese Beschränkung der Einfügung des "detection code" wird die Qualität der relevanten Sprachinformation, d.h. wenn diese tatsächlich gesprochene Sprache des Teilnehmers umfasst und infolgedessen mit einer höheren Rate codiert wird, nicht durch das Einfügen des "detection code" beeinträchtigt. D1 offenbart also eine elegante Kombinationslösung, bei der einerseits ein "detection code" zwar prinzipiell eingefügt wird, jedoch nur dann, wenn keine Sprache eines Teilnehmers übertragen wird, anderseits ein "detection code" nie eingefügt wird, solange der Teilnehmer tatsächlich spricht und damit die tatsächliche Qualität der tatsächlich gesprochenen Sprache des Teilnehmers nicht beeinträchtigt wird. D1 regt also den Fachmann dazu an, auf eine zwangsweise Übertragung des "detection code" im "PACKET INACTIVE MODE" zugunsten der Erhaltung der Signalqualität der PCM-codierten Sprachinformation zu verzichten. Der Fachmann würde aufgrund dieser Anregung auch in naheliegender Weise erwägen, auf eine weitere Übertragung des "detection code" völlig zu verzichten, um dadurch eine Beeinträchtigung der Signalqualität der als PCM-Abtastwerte völlig zu vermeiden, und würde so in naheliegender Weise zu dem beanspruchten Verfahren gelangen. Die Erwägung verlangt lediglich eine Abwägung ob der hypothetischen Möglichkeit, dass im weiteren Verlauf der Verbindung noch in den TFO-Betrieb umgeschaltet werden kann, oder dem Wunsch nach einer uneingeschränkten Erhaltung der Signalqualität der Vorzug gegeben werden soll. Diese Abwägung erfordert jedoch nicht die Ausübung erfinderischer Tätigkeit.
2.6 Die Beschwerdegegnerin argumentierte weiterhin, der Fachmann würde von D1 ausgehend nicht erwägen, ganz auf die Übertragung des "detection code" zu verzichten, da der "detection code" in D1 die Signalqualität kaum beeinträchtigt, weil lediglich das niedrigstwertige bit nur jedes n-ten PCM-Datenworts gestört wird. Der Fachmann würde daher nicht erwarten, dass durch das Weglassen des "detection code" eine merkliche Erhöhung der Signalqualität erreicht wird. Im Gegensatz dazu beruhe das patentgemäße Verfahren darauf, dass die beiden niedrigstwertigen bits jedes PCM-Worts einer Gruppe von aufeinanderfolgenden Abtastwerten durch die Kennungsinformation ersetzt werden und damit eine signifikante Verschlechterung der Signalqualität einhergeht. Es sei daher erst bei aufgrund dieses Verfahrens notwendig, auf eine weiter Übertragung der Kennungsinformation zu verzichten, falls keine Quittierung der Kennungsinformation erfolgt ist. Diese Notwendigkeit bestehe in D1 nicht.
2.7 Dieses Argument ist nicht stichhaltig. Der zu erwartende Grad an Beeinträchtigung der Signalqualität durch die eingefügte Kennungsinformation ist weder förderlich noch hinderlich dafür, dass der Fachmann in Erwägung zieht, auf eine auf Dauer angelegte Aussendung des "detection code" zugunsten einer dauerhaften Sicherung der Signalqualität zu verzichten.
2.8 Die Beschwerdegegnerin argumentierte weiterhin, aus D1 sei die Verwendung der spezifischen Quittierung TRAU*ACK weder bekannt noch dadurch nahegelegt.
2.9 Dieses Argument ist unbedeutend. Dem Begriff "TRAU*ACK" kommt im Anspruch 1 auch unter Berücksichtigung der Beschreibung des Patents keinerlei technische Bedeutung zu. Vielmehr ist dieser Begriff ein Name, mit dem die Quittierung benannt ist. Das beanspruchte Verfahren wird daher durch die Anwesenheit dieses Begriffs im Anspruch in keiner Weise beschränkt, der Begriff trägt daher nicht zur weiteren Unterscheidung gegenüber dem Stand der Technik bei.
2.10 Aus diesen Gründen beruht das Verfahren gemäß Anspruch 1 in der erteilten Fassung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der Einspruchsgrund des Artikels 100 a) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.
3. Die Hilfsanträge 1 bis 4 - Artikel 56 EPÜ
3.1 Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 unterscheiden sich vom Anspruch 1 in der erteilten Fassung zwar im Wortlaut, jedoch ohne dass dadurch ein anderer Gegenstand beansprucht wird. Daher treffen die oben unter Punkt 2 genannten Gründe für die mangelnde erfinderische Tätigkeit in gleicher Weise auf den jeweiligen Anspruch 1 jedes der Hilfsanträge 1 bis 4 zu. Die Beschwerdegegnerin hat zur erfinderischen Tätigkeit der Hilfsanträge 1 bis 4 auch auf explizite Nachfrage der Kammer hin keinen zusätzlichen Sachvortrag gebracht.
3.2 Das Verfahren gemäß jedem der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 beruht daher aus den unter Punkt 2 genannten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der Einspruchsgrund des Artikels 100 a) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 4 entgegen.
4. Hilfsantrag 5 - Artikel 84 EPÜ
4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ist zusätzlich durch das Merkmal, wonach die Kennungsinformation in Form von speziellen TRAU-Rahmen mit Synchron-Information übertragen wird, spezifiziert.
4.2 Das Attribut "speziell" suggeriert zunächst einen besonderen Typ von TRAU-Rahmen. Jedoch bleibt völlig unklar, welche Merkmale diesen "speziellen" TRAU-Rahmen gegenüber einem "gewöhnlichen" TRAU-Rahmen, wie er in der GSM-Spezifikation 6.80 definiert ist, auszeichnen. Daher führt das Attribut "speziell" einen Mangel an Klarheit herbei.
4.3 Weiterhin ist unklar, was durch das Merkmal "mit Synchron-Information" festgelegt werden soll. Die GSM-Spezifikation 8.60 legt in Abschnitt 4.8 fest, dass bestimmte Teile eines standardmäßigen TRAU-Rahmens zur Rahmensynchronisation dienen. Es ist unklar, ob durch das Merkmal "mit Synchron-Information" auf diese bestimmten Teile des standardmäßigen TRAU-Rahmens zur Rahmensynchronisation gemeint sein soll - dann wäre der "spezielle" TRAU-Rahmen allerdings ein "gewöhnlicher TRAU-Rahmen - oder eine zusätzliche, nicht standardmäßig festgelegte Synchron-Information, deren Merkmale jedoch in der Patentschrift nicht bestimmt sind, festzulegen versucht.
4.4 Schließlich führt der Ausdruck "in Form von" zu einer weiteren Unklarheit dahingehend, ob nun ein TRAU-Rahmen mit Synchron-Information bereits die Kennungsinformation bildet oder nicht.
4.5 Die Beschwerdegegnerin trug vor, durch das in Frage stehende Merkmal (Punkt 4.1 oben) werde die Verwendung von TRAU-Rahmen für die Übertragung der Kennungsinformation in dem beanspruchten Verfahren festgelegt. Aufgrund der GSM-Spezifikation 8.60 seien insbesondere "O&M-frames", d.h. TRAU-Rahmen mit Daten zur Einrichtung und zum Betrieb, bekannt. Daher lege das in Frage stehende Merkmal lediglich fest, dass dieser Typ von standardmäßig festgelegten Rahmen verwendet werden soll, um die Kennungsinformation zu übertragen.
4.6 Diese Auslegung des betreffenden Merkmals ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Merkmals selbst noch in irgendeiner Weise aus der Beschreibung des Patents. Sie ist auch nicht aus sich selbst heraus plausibel, um die oben genannten Klarheitsmängel zu entkräften.
4.7 Der Anspruch 1 erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ. Der Hilfsantrag 5 ist aus diesem Grund nicht gewährbar.
5. Da kein Antrag vorliegt, auf dem das Patent aufrecht erhalten werden kann, ist das Patent zu widerrufen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.