T 2036/15 () of 10.7.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T203615.20180710
Datum der Entscheidung: 10 Juli 2018
Aktenzeichen: T 2036/15
Anmeldenummer: 05744017.4
IPC-Klasse: B23K 31/12
G01N 29/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VORRICHTUNG ZUM ULTRASCHALL-PRÜFEN DER SCHWEIßNAHT LÄNGSNAHTGESCHWEIßTER ROHRE AUF LÄNGSFEHLER
Name des Anmelders: Mannesmann Line Pipe GmbH
Name des Einsprechenden: GE Sensing & Inspection Technologies GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention R 76(2)(c)
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
Schlagwörter: Zulässigkeit des Einspruchs
Neuheit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 28. September 2015 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 1 781 446 widerrufen.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Einspruch zulässig sei, und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 insbesondere in Hinblick auf die geltend gemachte Vorbenutzung "Vyksa" nicht neu sei.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 10. Juli 2018 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zum Ultraschall-Prüfen der Schweißnaht längsnahtgeschweißter Rohre auf Längsfehler mit einer auf der Oberfläche des Rohres mindestens an einer Seite neben der Schweißnaht relativ verschiebbaren Prüf­einheit, bestehend aus einem mindestens einen die Rohroberfläche berührenden Prüfkopf mit Schwinger aufnehmenden Aufnehmer mit einer Koppelmittelzuführung, dessen Kanal im Bereich des Schwingers mündet, wobei der Prüfkopf in einer fest vorgegebenen Position zur Rohroberfläche anordenbar ist

dadurch gekennzeichnet,

dass die Prüfeinheit (5) mit zwei, je nach Prüfaufgabe und Rohrgeometrie, in ihrem Abstand zueinander veränderbaren Prüfköpfen (3, 3') in Tandemanordnung bestückt ist, wobei ein Prüfkopf (3, 3') als Sender und der andere Prüfkopf (3, 3') als Empfänger fungiert und die Position der Prüfköpfe (3, 3') relativ zur Rohroberfläche in der Weise in der Prüfeinheit (5) anpassbar ist, dass diese unabhängig vom Rohrdurch­messer immer in der dem vorgesehen Einschallwinkel relativ zur Rohroberfläche entsprechenden Position anordenbar sind."

V. Folgende Dokumente haben für diese Entscheidung eine Rolle gespielt:

E3: Foto (zu Projekt "Vyksa");

E8: Konstruktionsdeckblatt Auftrag-/

Entwicklungsnr. 772299 (zu Projekt "Vyksa");

E9: Konstruktionszeichnung Nr. 715789-3.500 (zu Projekt "Vyksa");

E11: Addendum N. 1 zum Vertrag YZK01-03, "Technical Specification".

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zulässigkeit des Einspruchs

Der Einspruch sei unzulässig, weil aus der Einspruchsschrift nicht hervorgehe, was vorbenutzt worden sein soll. Für die geltend gemachte Vorbenutzung "Vyksa" (Projekt 2), auf welche sich die angegriffene Entscheidung gestützt habe, sei mit der Einspruchsschrift lediglich E3 als Beweismittel eingereicht worden. Die mit der Einspruchsschrift eingereichte Kopie des Fotos E3, welches zudem lediglich einen Aufbau der Vorrichtung zum Ultraschall-Prüfen im Labor zeige, sei von so schlechter Qualität gewesen, dass ihr nicht zu entnehmen gewesen sei, welche Merkmale die angeblich vorbenutzte Vorrichtung tatsächlich aufgewiesen habe.

Neuheit

Es sei nicht bewiesen, dass die vorbenutzte Vorrichtung alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweise. Aus den vorgelegten Fotos und Zeichnungen sei nämlich nicht zu erkennen, dass die Prüfeinheit an einer Seite neben der Schweißnaht relativ verschiebbar sei, dass sie mit Prüfköpfen in Tandemanordnung bestückt sei, wobei ein Prüfkopf als Sender und der andere Prüfkopf als Empfänger fungiere, und dass die Position der Prüfköpfe relativ zur Rohroberfläche in der Weise in der Prüf­einheit anpassbar sei, dass diese unabhängig vom Rohrdurchmesser immer in der dem vorgesehen Einschall­winkel relativ zur Rohroberfläche entsprechenden Position anordenbar seien.

Auch durch die Aussagen der Zeugen vor der Einspruchs­abteilung seien diese Merkmale nicht belegt. Es sei insbesondere nicht klar, ob sich die Erklärungen der Zeugen über die Funktionsweise einer Tandemanordnung auf die konkret vorbenutzte Vorrichtung bezögen oder vielmehr lediglich allgemeiner Natur seien. Darüber hinaus stelle die Langloch­schiene mit Fixierschrauben keine geeignete Verstellmöglichkeit für eine Tandemprüfung dar, da dieser Mechanismus zu unpräzise für eine reproduzierbare Einstellung sei.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit neu.

VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zulässigkeit des Einspruchs

Die Einspruchsschrift gebe alle zur Ermittlung des Zeitpunkts, des Gegenstands und der Umstände der Vorbenutzung dienlichen Tatsachen an. Dazu sei nicht nur das Foto E3 sondern die gesamte Einspruchs­schrift zu berücksichtigen. Der Einspruch sei deshalb zulässig.

Neuheit

Wie schon von der Einspruchsabteilung festgestellt, sei die Vorbenutzung "Vyksa" neuheits­schädlich. Die Merkmale der vorbenutzten Vorrichtung ergäben sich nicht nur aus dem Foto E3 und den Zeichnungen E8 und E9, sondern aus allen relevanten Beweismitteln, einschließlich E11 und den Aussagen der Zeugen. Die diskutierten, relevanten Textstellen der Zeugenaussagen bezögen sich dabei eindeutig auf die Vorbenutzung "Vyksa", wobei die vorbenutzte Vorrichtung dank der Einstellung mittels einer Spindel auch die notwendige Genauigkeit für eine Tandemprüfung aufweise.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit des Einspruchs

Die Einspruchsschrift beschreibt in ausreichendem Detail unter welchen Umständen die geltend gemachte Vorbenutzung "Vyksa" stattgefunden haben soll. Es ist zwar richtig, dass auf dem Foto E3 nicht alle Merkmale der vorbenutzten Vorrichtung zu erkennen waren. Diese Merkmale sind aber unter Punkt "2. Technische Merkmale der offenkundig vorbenutzten Testing Machines" auf Seiten 3 bis 7 der Einspruchsschrift detailliert beschrieben. Somit ist klar, was vorbenutzt worden sein soll. Weiterhin sind auf Seite 9 der Einspruchsschrift die Aufstellart, der Abnehmer, das Fertigstelldatum und eine Angabe zum Lieferdatum angegeben.

Somit gibt die Einspruchsschrift alle zur Ermittlung des Zeitpunkts, des Gegenstands und der Umstände der Vorbenutzung dienlichen Tatsachen an. Als Beweismittel dafür wurden, neben dem Foto E3, auch die Zeugen Herr Vierhaus und Herr Karbach angeboten. Die Frage, ob die offenkundige Vorbenutzung ausreichend bewiesen ist, ist eine Frage der Begründetheit.

Die Einspruchsschrift enthält daher die Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel, so dass der Einspruch zulässig ist (Regel 76(2)c) EPÜ).

2. Neuheit

Es ist unstreitig, dass eine Anlage vom Typ SNUP-LO/OFF-L-REP, die am 5. Dezember 2002 bestellt wurde, spätestens am 15. Oktober 2003 in der Firma Vyksa Steel Works von der Firma Krautkramer NDT Ultrasonic Systems in Betrieb genommen wurde.

Aus den Aussagen der Zeugen vor der Einspruchsabteilung ergibt sich, dass die Anlage als solche und die technische Informationen, die bei der Inbetriebnahme der Anlage übermittelt wurden, nicht unter eine Geheim­haltungsverpflichtung fielen (Niederschrift der Zeugenvernehmung, Seiten 24-25, 42, 58-59). Die Offenkundigkeit der Vorbenutzung wurde in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin auch nicht weiter bestritten.

Es bleibt daher zu erörtern, ob die vorbenutzte Vorrichtung alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweist. Zu diesem Zweck sind nicht nur das Foto E3 und die Zeichnungen E8 und E9, sondern alle Beweismittel, einschließlich der Zeugenaussagen, insbesondere die Aussage des Zeugen Vierhaus, zu berücksichtigen.

Geliefert wurde eine Vorrichtung zum Ultraschall-Prüfen der Schweißnaht längsnaht­geschweißter Rohre auf Längsfehler (Niederschrift der Zeugenvernehmung, Seiten 3 und 9). Die vorbenutzte Vorrichtung weist auf der Oberfläche des Rohres relativ zur Schweißnaht verschiebbare Prüfeinheiten auf (E11, Seite 19; Niederschrift der Zeugenvernehmung, Seite 3, 10). Die Prüfeinheit besteht aus einem mindestens einen die Rohroberfläche berührenden Prüfkopf mit Schwinger aufnehmenden Aufnehmer mit einer Koppelmittelzuführung, dessen Kanal im Bereich des Schwingers mündet, wobei der Prüfkopf in einer fest vorgegebenen Position zur Rohroberfläche anordenbar ist (E9; Niederschrift der Zeugenvernehmung, Seite 18 ).

Gemäß der Niederschrift der Zeugenvernehmung, Seite 10, ist die Prüfeinheit mit zwei, je nach Prüfaufgabe und Rohrgeometrie, in ihrem Abstand zueinander veränderbaren Prüfköpfen in Tandemanordnung bestückt, wobei ein Prüfkopf als Sender und der andere Prüfkopf als Empfänger fungiert. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus der Zeugenaussage unmissverständlich, dass sich die Erklärungen auf Seite 10 der Niederschrift auf die Vorrichtung der Vorbenutzung "Vyksa" beziehen. Die Aussagen zwischen Seite 6 und Seite 26 der Niederschrift betreffen nämlich explizit die Vorrichtung dieser Vorbenutzung, welche auch eine geeignete und präzise Verstell­möglichkeit für eine Tandemprüfung aufweist, da die Einstellung über eine Spindel erfolgt (Seite 21 der Niederschrift der Zeugenvernehmung).

Die Position der Prüfköpfe ist relativ zur Rohr­oberfläche in der Weise in der Prüfeinheit anpassbar, dass diese unabhängig vom Rohrdurchmesser immer in der dem vorgesehen Einschallwinkel relativ zur Rohrober­fläche entsprechenden Position anordenbar sind (Niederschrift der Zeugenvernehmung, Seiten 18, 21 und 22).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher nicht neu.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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