T 2000/15 () of 19.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T200015.20190319
Datum der Entscheidung: 19 März 2019
Aktenzeichen: T 2000/15
Anmeldenummer: 10158985.1
IPC-Klasse: F21S 8/02
F21V 31/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Leuchte mit umlaufender Dichtlippe
Name des Anmelders: Zumtobel Lighting GmbH
Name des Einsprechenden: Siteco Beleuchtungstechnik GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag, Hilfsanträge I bis IV
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Hilfsantrag V - zugelassen (nein)
Hilfsantrag VI - Unzulässige Erweiterung (nein) - Erfinderische Tätigkeit (Ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0007/93
G 0002/10
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das vorliegende Europäische Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags V aufrechterhalten worden ist, haben sowohl die Einsprechende als auch die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.

II. Der eingelegte Einspruch war darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ).

III. In der angefochtenen Entscheidung wird unter anderem das folgende Dokument zitiert:

D1: DE 299 06 009 U.

IV. Am 19. März 2019 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge I bis IX einschließlich der daran angepassten Beschreibungspassagen wie mit der Beschwerdebegründung bzw. in der mündlichen Verhandlung eingereicht.

Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

V. Der erteilte unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Leuchte, aufweisend

- ein Leuchtengehäuse (2), durch das ein Lichtaustrittsbereich festgelegt ist und

- eine transparente Abdeckung (4), die in dem Lichtaustrittsbereich angeordnet ist, wobei zwischen der Abdeckung (4) und dem Leuchtengehäuse (2) ein Spalt (10) gebildet ist und

- eine ringförmig geschlossene Dichtlippe (12), die zwischen der Abdeckung (4) und dem Leuchtengehäuse (2) angeordnet ist,

wobei die Abdeckung (4) einen Steg (14) aufweist, der sich umlaufend längs des Rands (20) der Abdeckung (4) erstreckt, wobei die Dichtlippe (12) an dem Steg (14) angeordnet ist oder an dem Steg (14) anliegt,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Steg (14) Halterungselemente (16) zur Halterung der Abdeckung (4) an dem Leuchtengehäuse (2) aufweist."

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I entspricht dem erteilten Anspruch 1 wobei der Wortlaut "dadurch gekennzeichnet dass" durch den Wortlaut "wobei" ersetzt und folgendes Merkmal am Ende des Anspruchs hinzugefügt wurde: ", und wobei durch die Dichtlippe (12) die Abdeckung (4) mit Bezug auf das umgebende Leuchtengehäuse (2) möglichst zentral positioniert ist.".

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags I wobei das Wort "möglichst" gestrichen wurde.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III entspricht dem erteilten Anspruch 1, wobei der Wortlaut "dadurch gekennzeichnet dass" durch den Wortlaut "wobei" ersetzt und folgende Merkmale hinzugefügt wurden:

a) "wobei der Steg (14) von der restlichen Abdeckung (4) in eine Richtung absteht, die zu einem inneren Bereich (I) des Leuchtengehäuses (2) weist,", und

b) ", und wobei die Halterungselemente (16) an dem Steg (14) weiter von der restlichen Abdeckung (4) entfernt angeordnet sind als die Dichtlippe (12).".

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags III, wobei am Ende des Merkmals b) folgender Wortlaut hinzugefügt wurde:

- ", so dass durch die Dichtlippe (12) bei Betrachtung der Leuchte von außen verhindert wird, dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind.".

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags IV, wobei der Wortlaut "dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind." durch den Wortlaut "dass die Halterungselemente (16) durch den Spalt (10) hindurch zu sehen sind." ersetzt wurde.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags IV, wobei der Wortlaut "so dass durch die Dichtlippe (12) bei Betrachtung der Leuchte von außen verhindert wird, dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind." durch den Wortlaut "so dass durch die Dichtlippe (12) bei Betrachtung der Leuchte von außen und durch den Spalt (10) hindurch verhindert wird, dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind." ersetzt wurde.

VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sowie des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 und angesichts der Fachkenntnisse des Fachmanns. Insbesondere zeige das Ausführungsbeispiel der Figuren 5 und 6 von D1 keinen Spalt (siehe Seite 8, letzte Absatz), keine Abdeckung in dem Lichtaustrittsbereich des Leuchtengehäuses und keine ringförmig geschlossene Dichtlippe. Selbst wenn der einzige Unterschied des Gegenstands des Anspruchs 1 dieser Anträge gegenüber der Leuchte von D1 wäre, dass der Dichtring 22 als Dichtlippe ausgeführt werde, wäre der Fachmann davon abgehalten, den Dichtring durch eine Dichtlippe zu ersetzen, da diese zwangsläufig in der Abdeckung integriert sein solle und daher nicht mehr austauschbar wäre. Dieses sei in D1 als wesentlich offenbart (siehe Seite 7, vorletzter Absatz).

Weiterhin beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen I und II auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf D1 und das Fachwissen. Keine der zitierten Entgegenhaltungen offenbare eine Zentrierung der Abdeckung mit Bezug auf das umgebende Leuchtengehäuse durch die Dichtlippe. Dabei erfolge diese Zentrierung allein durch die Dichtlippe und unabhängig von anderen Mitteln.

Durch das zusätzliche funktionelle Merkmal im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV werde die Struktur der Leuchte weiter spezifiziert. Daraus folgend seien bei jedem Betrachtungswinkel der Leuchte von außen die Halterungselemente nicht zu sehen. In Figur 5 von D1 sei dieses nicht der Fall, da bei schräger Betrachtung der Leuchte von unten das Halterungselement (18, 19), das als nach oben abstehender Rand gebildet sei, sichtbar sei.

Die Einspruchsabteilung hätte den Hilfsantrag V - der dem Hilfsantrag IV der angefochtenen Entscheidung entspricht - zulassen müssen, da er, unter anderem, der Ausräumung des Mangels an erfinderischer Tätigkeit diente, da D1 nicht offenbare, dass die Halterungselemente durch den Spalt hindurch aufgrund der Dichtlippe nicht zu sehen seien. Zudem habe die Einspruchsabteilung der Patentinhaberin nicht die Gelegenheit gegeben, in der Sache zur erfinderischen Tätigkeit in Bezug auf Anspruch 1 dieses Hilfsantrags vorzutragen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VI gehe nicht über den Inhalt der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hinaus. Dieser Gegenstand gehe insbesondere aus den Absätzen [0002], [0007], [0017] und [0043], so wie den Figuren 1 bis 3 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor. Dabei zeigten die Figuren 4 bis 6 lediglich andere Ansichten des selben Ausführungsbeispiels der Erfindung.

Weiterhin beruhe dieser Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Kombination von D1 mit dem allgemeinen Fachwissen. Insbesondere finde der Fachmann keine Anregung im vorgelegten Stand der Technik oder in seinem Fachwissen, die Leuchte aus den Figuren 5 und 6 von D1 derart weiterzubilden, dass mittels der Dichtlippe bei Betrachtung der Leuchte von außen und durch den Spalt hindurch verhindert werde, dass die Halterungselemente zu sehen seien.

VII. Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) begegnete diesem Vorbringen wie folgt:

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 und des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf D1 und dem Fachwissen. Wie die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung begründete, stelle die Dichtlippe den einzigen Unterschied dieses Gegenstands gegenüber der Leuchte aus D1 dar. Der Fachmann würde mittels seiner üblichen Fachkenntnisse eine Dichtlippe ohne erfinderisches Zutun auf die Gegebenheiten im Dichtungsbereich der Leuchte von D1 applizieren.

Was der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen I und II betrifft, gelte das für den Hauptantrag und Hilfsantrag III Gesagte, da das zusätzliche Merkmal betreffend die Zentrierung der Abdeckung innerhalb des Leuchtengehäuses durch die Dichtung unmittelbar und eindeutig aus der Konstruktion der Leuchte in den Figuren 5 und 6 von D1 und aus der Funktion des darin gezeigten Dichtringes hervorgehe. Dieser Gegenstand beruhe daher auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung festgestellt, könne das hinzugefügte Merkmal in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags III keine erfinderische Tätigkeit begründen. Da die Abdeckung 14 durchsichtig ausgeführt werden könne, sei das Merkmal schon in Figur 5 von D1 gezeigt, wenn man die Leuchte von unterhalb der Dichtung und in vertikaler Richtung betrachte.

Die Kammer sollte den Hilfsantrag V nicht ins Verfahren zulassen, da er dem ins Einspruchsverfahren nicht zugelassenen Hilfsantrag IV entspreche. Zudem sei das hinzugefügte Merkmal in Anspruch 1 ebenfalls in Figur 5 von D1 gezeigt, so dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen richtig ausgeübt habe.

Der Gegenstand der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht sei im geänderten Patent gemäß Hilfsantrag VI unzulässig erweitert. Insbesondere sei das Merkmal "durch den Spalt hindurch" weder als wesentlich für die Erfindung offenbart, noch aus allen Ausführungsbeispielen der Figuren 1 bis 6 zu entnehmen.

Darüber hinaus beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags VI aus den gleichen Gründen wie für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV dargelegt nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 in Kombination mit dem Fachwissen, da das zusätzliche Merkmal in Anspruch 1 gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags IV schon in Figur 5 von D1 zu sehen sei.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag, Hilfsantrag III - Erfinderische Tätigkeit

1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt (Hauptantrag) sowie derjenige gemäß Hilfsantrag III beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf D1 zusammen mit dem allgemeinen Fachwissen (Artikel 56 EPÜ).

1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III ist enger als der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1, da Anspruch 1 des Hilfsantrag III zusätzlich die oben genannte Merkmale a) und b) enthält. Da der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III aus den unten angegebenen Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, fehlt dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ebenso die erforderliche erfinderische Tätigkeit.

1.3 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags III entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags II der angefochtenen Entscheidung. Die Kammer sieht den Gegenstand des Anspruchs 1 aus den gleichen Gründen wie die Einspruchsabteilung als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend an (siehe Punkt 3.2 der angefochtenen Entscheidung). Während des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) nichts zusätzlich ausgeführt, was die Einspruchsabteilung in ihrer Begründung nicht bereits berücksichtigt hätte. Die Kammer macht sich deshalb die Begründung der Einspruchsabteilung diesbezüglich zu Eigen.

Insbesondere wird die Auslegung der Begriffe "Lichtaustrittsbereich" und "Spalt" unter Punkt 1.2.3 der angefochtenen Entscheidung geteilt.

Zum einen beschränkt sich der Lichtaustrittsbereich weder auf eine Öffnung noch auf eine Ebene, sodass ein Volumen, das durch die offene Seite des schalenförmigen Montageelements 13 in Figur 5 von D1 gebildet ist und in dem die Leuchtenabdeckung 14 (ganz oder teilweise) angeordnet ist, unter den beanspruchten Lichtaustrittsbereich fällt.

Zum anderen ist unter einem Spalt eine einen Zwischenraum bildende schmale, längliche Öffnung zu verstehen. Diese Öffnung kann dabei eine blinde oder durchgehende Öffnung sein und muss somit - entgegen der Ansicht der Einsprechenden - nicht zwangsläufig eine Durchtrittsöffnung darstellen. Der in Figur 5 gezeigte vertikale und nach oben offene Raum zwischen dem Rand 13b und dem Schenkel 17 bildet daher einen Spalt wie beansprucht.

Die Patentinhaberin vertritt hiernach, dass aus D1 die Existenz eines Spalts nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen sei. Die Beschreibung des Ausführungsbeispiels gemäß der Figur 5 erwähne einen Spalt nicht explizit und, da die Figur schematisch sei und laut Seite 8, letzte Absatz, der Schenkel 17 den Rand 13b im zusammengesetzten Zustand der Leuchte hintergreife, sei der Schenkel ohne jegliche Spalt genau an den Rand angepasst.

Die Kammer ist nicht überzeugt. Es ist unmittelbar und eindeutig aus D1 zu entnehmen, dass zwischen Schenkel 17 und Rand 13b ein gewisser Abstand vorhanden sein muss, um die Leuchtenabdeckung in das schalenförmige Element 13 montieren zu können. Dies ist in der Figur 5 von D1 gezeigt und wird in Absatz [0003] des Streitpatents als in derartigen Leuchten üblich erklärt.

Zudem bezieht sich das erwähnte Hintergreifen auf die an der Innenseite des Randes 13b vorhandenen Vorsprünge 21, die den Rand 19 der Abdeckung 14 hintergreifen.

1.4 Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag III von der in D1 offenbarten Leuchte (siehe Figur 5) dadurch, dass der Dichtring (Ringdichtung 22) als Dichtlippe ausgeführt wird. Beide Parteien sind sich einig, dass die objektive technische Aufgabe darin besteht, eine alternative Dichtungsführung bereitzustellen.

1.5 Dem Fachmann sind aber ohne Weiteres aus seinem Fachwissen ringförmige Dichtlippen als alternative Dichtungen bekannt, die die Funktion der Ringdichtung 22 von D1 übernehmen können.

Der Patentinhaberin nach werde der Fachmann ausgehend von D1 davon abgehalten, die Ringschnurdichtung durch eine Dichtlippe zu ersetzen, da aus D1 hervorgehe (siehe Seite 7, vorletzter Absatz), dass die Ringschnurdichtung bewusst austauschbar vorgesehen sei. Eine integrale und somit verliersichere Dichtung (vgl. D3, D4) in Form einer Dichtlippe könne diese Funktion aber nicht bereitstellen.

Die Kammer erkennt jedoch in dieser Passage von D1 das von der Patentinhaberin behauptete Vorurteil nicht. In dieser Passage, die sich lediglich mit dem Ausführungsbeispiel der Figuren 1 bis 4 befasst und nichts über das der Figuren 5 und 6 aussagt, wird als entscheidend gelehrt, dass in Einbaulage die zwischen den Vorsprüngen 5 und 6 wirkende Rückhaltekraft größer ist als der durch das Ein- oder Andrücken des freien Endes der Leuchtenabdeckung in oder an die Dichtung wirkende Gegendruck. Diese Kraftverteilung tritt aber in dem Ausführungsbeispiel der Figuren 5 und 6 nicht ein, da die entsprechenden Kräfte quer zu einander wirken (siehe Dichtung 22, Vorsprung 21 und Rand 19). Zudem, selbst wenn die Austauschbarkeit der Dichtung wesentlich wäre, sind dem Fachmann bereits Ringschnurdichtungen mit Dichtlippe bekannt, so dass das Vorsehen einer Dichtlippen nicht eine integrale Ausgestaltung der Dichtung bedingt.

2. Hilfsantrag I und II - Erfinderische Tätigkeit

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge I und II beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 in Kombination mit dem Fachwissen (Artikel 56 EPÜ).

2.2 Das zusätzliche Merkmal im Anspruch 1 des Hilfsantrags II gegenüber dem erteilten Anspruch 1 lautet wie folgt:

"wobei durch die Dichtlippe (12) die Abdeckung (4) mit Bezug auf das umgebende Leuchtengehäuse (2) zentral positioniert ist.".

Dieses Merkmal ist in dem Ausführungsbeispiel der Figuren 5 und 6 von D1 implizit offenbart. Infolgedessen beruht der Gegenstand dieses Anspruchs 1 aus den für den Hauptantrag oben genannten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.3 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) zeige keine der Entgegenhaltungen eine Zentrierung einer Abdeckung bezüglich eines Leuchtengehäuses durch eine Dichtlippe alleine und unabhängig von anderen Mitteln oder lege eine solche nahe.

Die Kammer teilt diese Ansicht nicht. Die Dichtung 22, - als Ringschnurdichtung oder als ringförmige Dichtlippe - ist in der Einbaulage der Leuchtenabdeckung gemäß Figur 5 komprimiert, damit sie ihre Dichtfunktion verwirklichen kann. Dementsprechend und angesichts der Montage des Schenkels 17 der Abdeckung mit den an dem Montageelement 13 vorhandenen drei Metallblechen 20 (siehe Figur 6) wird die Abdeckung 14 durch diese Komprimierung in eine zentrale Position innerhalb der Öffnung des schalenförmigen Gehäuses 13 gedrückt.

2.4 Dieser Mangel an erfinderische Tätigkeit trifft auch auf den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrag I zu, da das oben genannte zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II breiter formuliert ist, nämlich:

"wobei durch die Dichtlippe (12) die Abdeckung (4) mit Bezug auf das umgebende Leuchtengehäuse (2) möglichst zentral positioniert ist.".

3. Hilfsantrag IV - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags IV beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf D1 zusammen mit dem Fachwissen.

3.2 Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags III wobei das Merkmal b) zusätzlich folgenden Wortlaut enthält:

- "..., so dass durch die Dichtlippe (12) bei Betrachtung der Leuchte von außen verhindert wird, dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind.".

3.3 Die Kammer stimmt der Patentinhaberin zu, dass dieses funktionelle Merkmal implizit die Struktur der Leuchte definiert. Dem Wortlaut nach ist die Dichtlippe in der Leuchte so angeordnet, dass es ohne sie möglich wäre, die Halterungselemente zu sehen. Dieses Merkmal fordert aber nicht, dass bei jeder Betrachtung von außen und unabhängig vom Blickwinkel die Halterungselemente aufgrund der Dichtlippe nicht zu sehen sind. Sobald die Halterungselemente aufgrund der Dichtlippe bei einer Betrachtung der Leuchte von außen nicht zu sehen sind, aber in Abwesenheit der Dichtlippe zu sehen wären, wird dieses Merkmal erfüllt.

Infolgedessen kann aus den in den angefochtenen Entscheidung angegebenen Gründen (siehe Punkt 4.2.2) das Merkmal nicht eine erfinderische Tätigkeit begründen. Gemäß Seite 2, erste Absatz von D1 kann die Leuchtenabdeckung 14 aus einem durchsichtigen Kunststoff gefertigt sein und es gehört zum notorischen Fachwissen, dass Ringdichtungen i.d.R. undurchsichtig sind. Wird die in Figur 5 von D1 gezeigte Leuchte naheliegenderweise mit einer undurchsichtigen Dichtung ausgeführt, verhindert diese bei gerader Betrachtung von unten und durch die durchsichtige Abdeckung 14, dass die Halterungselemente (18, 19) zu sehen sind.

Ausgehend von D1 und in Kombination mit dem Fachwissen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags IV daher aus dem unter Punkt 1. angegeben Gründen für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Hilfsantrag V - Zulassung

4.1 Die Kammer hat von ihrem Befugnis gemäß Artikel 12(4) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (siehe Amtsblatt EPA 2007, 536) gebraucht gemacht und den Hilfsantrag V nicht ins Beschwerdeverfahren zugelassen, da er bereits im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassen worden war und im Beschwerdeverfahren auch keine neue Sachlage eingetreten ist, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würde.

4.2 Der Hilfsantrag V entspricht dem Hilfsantrag IV der angefochtenen Entscheidung, der im Einspruchsverfahren nicht zugelassen wurde (siehe Punkt 5.2 der angefochtenen Entscheidung).

4.3 Die Kammer sollte sich nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat (siehe G 7/93, Entscheidungsgründe 2.6, sowie Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA, 8. Auflage, IV.E.4.3.2 a)).

Im vorliegenden Fall, hat die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nach den richtigen Kriterien ausgeübt. Der damalige Hilfsantrag IV war nicht eindeutig gewährbar, da er auf den ersten Blick den vorliegenden Mangel an erfinderischer Tätigkeit nicht ausräumte.

4.4 Die Patentinhaberin brachte vor, dass ihr während der mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die Möglichkeit nicht zu Verfügung gestellt wurde, sich in der Sache zur erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 dieses Hilfsantrags zu äußern. Der Hilfsantrag räumte unten anderem den erhobenen Mangel an erfinderischer Tätigkeit für den höherrangigen Hilfsantrag aus und hätte deswegen zugelassen werden müssen.

Jedoch geht aus dem Punkt 5.2 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Patentinhaberin die Gelegenheit hatte, ihre Argumente für die Prüfung der Zulassung dieses Hilfsantrags vorzutragen, insbesondere hinsichtlich des Naheliegens ihres Gegenstandes auf den ersten Blick. Diese Argumente wurden von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung auch in Betracht gezogen aber letztendlich nicht für überzeugend befunden. Da der damalige Hilfsantrag IV nicht zugelassen wurde, musste auch nicht in der Sache die erfinderische Tätigkeit seines Gegenstandes diskutiert werden.

5. Hilfsantrag VI

5.1 Unzulässige Erweiterung

5.1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 geht nicht über den Inhalt der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hinaus (Artikel 123(2) EPÜ).

5.1.2 Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ist der Ansicht, dass sich das gegenüber dem Anspruch 1 des Hilfsantrags IV zusätzliche funktionelle Merkmal - "durch den Spalt (10)" - nicht aus der von der Patentinhaberin genannten Textstelle (siehe Absatz [0007] der A-Schrift) ergebe, da diese Textstelle lediglich allgemein offenbare, dass die Dichtlippe den Blick von außen auf die Befestigungselemente versperren könne.

Weiterhin sei zwar das Merkmal in einer Figur (siehe Figur 3) vorhanden, jedoch im Zusammenhang mit einer spezifischen Ausführungsform, die nicht als erfindungswesentlich beschrieben sei. In den anderen offenbarten Ausführungsformen (siehe Figur 4 und 6) sei das Merkmal nicht vorhanden. Somit könne der Fachmann den Figuren der ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht entnehmen, dass die angebliche Erfindung das besondere Merkmal umfasse, den Blick durch den Spalt hindurch auf die Halterungselemente mittels der Dichtlippe zu verhindern.

5.1.3 Die Kammer ist nicht davon überzeugt. Der Fachmann entnimmt unmittelbar und eindeutig aus der gesamten ursprünglich eingereichten Anmeldung, insbesondere im Hinblick auf die Absätze [0002], [0007], [0017] und [0043] und die Figuren 1 bis 3 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, dass die Halterungselemente weiter von der restlichen Abdeckung entfernt angeordnet sind als die Dichtlippe, so dass durch die Dichtlippe bei Betrachtung der Leuchte von außen und durch den Spalt hindurch verhindert wird, dass die Halterungselemente zu sehen sind. Dabei ist festzustellen, dass die Figuren 4 und 6 nicht andere Ausführungsformen der Erfindung zeigen. Alle Figuren offenbaren eine einzige Ausführungsform und insbesondere stellt die Figur 4 eine Skizze eines Teils eines Ausschnitts des Ausführungsbeispiels dar und die Figur 6 eine weitere Querschnitt-Skizze des selben Ausführungsbeispiels.

Der Einwand der Einsprechenden, wonach ursprünglich das Merkmal nicht als erfindungswesentlich erklärt werde, kann nicht eine unzulässige Erweiterung begründen. Für die Beurteilung, ob die Änderungen eines Patents die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllen, soll festgestellt werden, was der Fachmann der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig entnehmen kann (siehe Punkt 4.3 der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/10, Amtsblatt EPA 2012, 376). Wie oben erläutert ist im vorliegenden Fall der resultierende Gegenstand des Anspruchs 1 in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht offenbart. Darüber hinaus wird durch das hinzugefügte Merkmal keine zusätzliche technische Information gegeben, die nicht ursprünglich offenbart ist, und das Merkmal steht auch nicht in untrennbarem funktionellen oder strukturellen Zusammenhang mit anderen technischen Merkmalen des Ausführungsbeispiels.

5.2 Erfinderische Tätigkeit

5.2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 und angesichts des Fachwissens (Artikel 56 EPÜ).

5.2.2 Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI entspricht dem Anspruch 1 des Hilfsantrags IV wobei der Wortlaut "so dass durch die Dichtlippe (12) bei Betrachtung der Leuchte von außen verhindert wird, dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind." durch den Wortlaut ersetzt wird: "so dass durch die Dichtlippe (12) bei Betrachtung der Leuchte von außen und durch den Spalt (10) hindurch verhindert wird, dass die Halterungselemente (16) zu sehen sind.".

5.2.3 Das geänderte Merkmal fordert, dass die Dichtlippe zwischen der Abdeckung und dem Leuchtengehäuse derart angeordnet ist, dass sie bei Betrachtung der Leuchte von außen und durch den Spalt hindurch zu sehen ist,nicht aber die Halterungselemente.

5.2.4 Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) behauptet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 aus den gleichen Gründen wie der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV nicht erfinderisch sei, da in Figur 5 von D1 unterhalb der Dichtung 22 ein Freiraum vorhanden sei, der einen Spalt bilde. Somit verhindere die Dichtung 22, die in naheliegender Weise als Dichtlippe ausgeführt werden könne, bei Betrachtung der Leuchte von unten in vertikaler Richtung durch die durchsichtige Abdeckung 14 und durch den genannten Spalt hindurch, dass die Halterungselemente 18 und 19 zu sehen sind, wie beansprucht.

5.2.5 Die Kammer teilt diese Ansicht nicht. Wie von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) vorgetragen, bildet der angesprochene Raum keinen Spalt sondern lediglich ein geschlossenes Volumen in Form eines Ringes, da wie unter Punkt 1.3 dargelegt, ein Spalt immer zumindest eine Öffnung aufweist. Soweit es sich um eine blinde Öffnung handelt, muss diese doch im Verhältnis zu ihrer Breite eine wesentlich größere Tiefe aufweisen ("schmale und längliche Öffnung"). Eine bloße ringförmige Ausnehmung ohne diese Merkmale kann daher nicht als Spalt bezeichnet werden.

Somit zeigt das Ausführungsbeispiel der Figuren 5 und 6 von D1 nicht, dass durch die Dichtlippe bei Betrachtung der Leuchte von außen und durch den Spalt hindurch verhindert wird, dass die Halterungselemente zu sehen sind. Darüber hinaus findet der Fachmann keine Anregung im vorhandenen Stand der Technik oder in seinem Fachwissen, die Struktur der in diesen Figuren von D1 gezeigten Leuchte, d.h. des Gehäuses und der Abdeckung, derart zu ändern, dass ein Spalt unterhalb der Dichtung vorgesehen wird, durch welchen bei Betrachtung der Leuchte von außen die Dichtung zu sehen ist.

Infolgedessen legt die Kombination von D1 mit dem allgemeinen Fachwissen den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe.

5.2.6 Anspruch 1 mit den abhängigen Ansprüche 2 bis 11 gemäß Hilfsantrag VI und der während der mündlichen Verhandlung angepassten Beschreibung und den Figuren des Patents wie erteilt stellen daher geeignete Unterlagen zur Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang dar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der folgenden Dokumente aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche:

1 bis 11 gemäß Hilfsantrag VI, eingereicht mit Schreiben vom 21. Dezember 2015;

- Beschreibung:

Spalten 1, 2, 5 und 6 wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht,

Spalten 3, 4, 7, 8 und 9 wie erteilt;

- Figuren:

1 bis 6 wie erteilt.

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