T 1992/15 (HEISSSCHMELZKLEBEMASSE / Clariant) of 13.1.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T199215.20220113
Datum der Entscheidung: 13 Januar 2022
Aktenzeichen: T 1992/15
Anmeldenummer: 07818767.1
IPC-Klasse: A61L 15/58
C09J 123/02
B32B 7/12
C09J 123/08
C09J 123/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: HEISSSCHMELZKLEBEMASSE
Name des Anmelders: Clariant International Ltd
Name des Einsprechenden: H.B. Fuller Company (a Minnesota company)
The Dow Chemical Company
Bostik, Inc.
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 107
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention Art 115
European Patent Convention Art 122
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 22(3)
European Patent Convention R 101(1)
European Patent Convention R 136
European Patent Convention R 152(8)
Rules of procedure of the Boards of Appeal 2020 Art 025(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Zulässigkeit der ersten Beschwerde (nein) - beschwerdeeinlegende Firma nicht mehr Patentinhaberin
Zulässigkeit der zweiten Beschwerde - fristgerecht eingelegt (ja) - Entscheidung nicht wirksam zugestellt
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Beschwerdefrist
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - gegenstandslos
Einwendungen Dritter im Beschwerdeverfahren
Einwendungen Dritter - Zulässigkeit eines neuen Dokuments (ja)
Spät eingereichter Antrag - Rechtfertigung für späte Vorlage (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - alle Anträge
Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Alternative
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0799/97
T 0194/15
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. 2 081 609 aufgrund des Artikels 101(3)(b) EPÜ zu widerrufen.

II. In dieser Entscheidung wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

C2: |EP 1 788 055 A1 |

C3: |EP 1 788 056 A1 |

C15: |WO 2006/004750 A1 |

C19: |WO 2004/104128 A1 |

C21/C28:|US 6,747,114 B2 |

C23: |EP 1 945 728 A1 |

C25: |WO 01/14487 A1 |

C40: |US 2005/0159566 A1 |

C46: |Versuchsergebnisse, eingereicht mit der Beschwerdebegründung|

C48: |US 6,797,774 B2 |

C49: |US 2004/0127614 A1 |

III. Gegen die Erteilung des Patents hatten die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende) unter Artikeln 100(a)(b)(c) EPÜ Einspruch eingelegt.

Die Einspruchsabteilung kam im Einspruchsverfahren zu dem Schluss, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegten geänderten Anspruchssätze zwar die Erfordernisse der ausreichenden Offenbarung (Artikel 83 EPÜ) und Neuheit (Artikel 54 EPÜ) erfüllten, jedoch nicht das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Die beanspruchte Verwendung sei sowohl ausgehend von C19 als auch ausgehend von C25 dem Fachmann nahegelegt. Das Patent wurde daher widerrufen.

Diese Entscheidung ist auf den 10. August 2015 datiert.

IV. Am 5. August 2015 beantragte die damalige Patentinhaberin, Clariant Finance (BVI) Limited, die Umschreibung des Patents auf die Clariant International Ltd. Eine entsprechende Übertragungserklärung wurde beigefügt, die Gebühren wurden online bezahlt. Als neuer Vertreter wurde Herr Klaus Mikulecky angegeben. Der Rechtsübergang wurde vom EPA mit Mitteilung vom 14. August 2015 bestätigt; in dieser Mitteilung ist als wirksames Datum für die Umschreibung der 5. August 2015 genannt.

V. Am 8. Oktober 2015 reichte Patentanwalt (PA) Clemens Gillen im Namen der Clariant Finance (BVI) Limited Beschwerde gegen den Widerruf des Patents ein.

VI. Am 26. Oktober 2015 zeigte PA Gillen gegenüber dem EPA an, die Vertretung im Namen der neuen Patentinhaberin, Clariant International Ltd, zu übernehmen.

VII. Durch Mitteilung der Kammer vom 13. November 2015 wurde PA Gillen u. a. darauf hingewiesen, dass die Firma Clariant Finance (BVI) Limited bei Beschwerdeeinreichung aufgrund des vorher eingegangenen Umschreibungsantrags möglicherweise nicht beschwerdefähig wäre und dass überdies er selbst möglicherweise nicht vertretungsberechtigt gewesen sein könnte, da laut Umschreibungsantrag die Vertretung bei Herrn Mikulecky gelegen habe.

VIII. Daraufhin legte PA Gillen am 26. November 2015 im Namen der Clariant International Ltd Beschwerde gegen den Widerruf des Patents ein. In einem am gleichen Tag eingegangenen Begleitschreiben wurde die Zulässigkeit dieser Beschwerde trotz Einreichung außerhalb der in Artikel 108 EPÜ vorgesehenen Frist damit begründet, dass die Beschwerdefrist mangels wirksamer Zustellung der Entscheidung an die Patentinhaberin nie in Gang gesetzt worden sei. Gleichzeitig wurde vorsorglich gemäß Artikel 122 EPÜ Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist beantragt und die entsprechende Gebühr entrichtet.

IX. Die Beschwerden wurden mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 begründet. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent unter Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Form aufrechtzuerhalten; dazu wurden ein neuer Hauptantrag und Hilfsanträge 1-4 eingereicht.

X. Alle drei Einsprechende reichten als Beschwerdegegnerinnen Beschwerdeerwiderungen ein. Dabei beantragten sie, die Beschwerden als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, als unbegründet zurückzuweisen.

XI. Am 4. Mai 2017 wurde von PA Jacobi eine Einwendung Dritter unter Artikel 115 EPÜ eingereicht. In dieser Einwendung wurde das Dokument C49 zitiert. Es wurde vorgebracht, der Inhalt der im Beschwerdeverfahren befindlichen Anspruchssätze sei gegenüber C49 weder neu noch erfinderisch.

XII. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin am 19. Juli 2017 geänderte Anspruchssätze als Haupt- und Hilfsanträge zur Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form ein. In einer folgenden Eingabe der Beschwerdegegnerin 2 vom 1. Dezember 2017 wurde die Zulässigkeit des Einreichens dieser Anträge bestritten.

XIII. Mit Ladung vom 6. August 2019 wurde für den 30. April 2020 eine mündliche Verhandlung angesetzt. Der Verhandlungstermin wurde im weiteren Verlauf wegen der andauernden Corona-Pandemie erst auf den 23. Februar 2021 und schließlich auf den 13. Januar 2022 verlegt.

XIV. Die Parteien wurden in einer Mitteilung vom 20. Dezember 2019 über die vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Kammer informiert.

Die Kammer war der vorläufigen Meinung, dass die erste eingereichte Beschwerde unzulässig, die zweite hingegen zulässig sei. Sie hielt die neu eingereichten Anträge der Beschwerdeführerin vorläufig für zulässig. Die Erfordernisse der Artikel 123(2), 83, 84 und 54 EPÜ sah die Kammer als erfüllt an. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) müsste in der mündlichen Verhandlung diskutiert werden. Als ein möglicher Ausgangspunkt könnte dafür C25 dienen.

XV. In verschiedenen weiteren Eingaben brachten die Parteien Argumente bezüglich der Zulässigkeit und der Begründetheit der Beschwerden vor und reichten Dokumente und Versuchsberichte ein. Die Beschwerdeführerin reichte zudem noch zwei weitere Hilfsanträge ein.

XVI. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags der Beschwerdeführerin hat folgenden Wortlaut:

"Verwendung einer Heißschmelzklebemasse zum Verkleben von faserigen Materialien untereinander oder mit glatten Substratoberflächen bei der Herstellung von Hygieneartikeln,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Heißschmelzklebemasse mindestens ein Polyolefin enthält, das durch Polymerisation in Gegenwart von Metallocen als Katalysator hergestellt wurde und das einen Erweichungspunkt Ring/Kugel zwischen 50 und 165°C und eine Schmelzviskosität, gemessen nach DIN 53019 bei einer Temperatur von 170°C, zwischen 20 und 40 000 mPa s aufweist, und wobei das mindestens eine Polyolefin ein Copolymer aus Propylen und Ethylen darstellt, wobei der Gehalt an Struktureinheiten, hervorgegangen aus Propylen 70 bis 99,9 Gew.-%, bevorzugt 80 bis 99 Gew.-%, beträgt."

Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 basiert auf Anspruch 1 des Hauptantrags und enthält das folgende zusätzliche Merkmal am Ende des Anspruchs:

"(...) und wobei die Heißschmelzklebemasse das mindestens eine Polyolefin in einer Menge von 30 bis 95 Gew.-%, besonders bevorzugt von 50 bis 85 Gew.-%, ganz besonders bevorzugt von 70 bis 80 Gew.-%,insbesondere bevorzugt 30 bis 80 Gew.-%, enthält."

Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 basiert auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 und enthält das folgende zusätzliche Merkmal im kennzeichnenden Teil:

"(...) wobei das mindestens eine Polyolefin eine zahlenmittlere Molmasse Mn zwischen 500 und 20 000 g/mol besitzt, bevorzugt zwischen 800 und 10 000 g/mol, besonders bevorzugt zwischen 1 000 und 5 000 g/mol, und eine gewichtsmittlere Molmasse Mw zwischen 1 000 und 40 000 g/mol, bevorzugt zwischen 1 600 und 30 000 g/mol, besonders bevorzugt zwischen 2 000 und 20 000 g/mol (...)"

Die unabhängigen Verwendungsansprüche der Hilfsanträge 3 und 4 unterscheiden sich von denjenigen der Hilfsanträge 1 und 2 lediglich dadurch, dass das Merkmal "insbesondere bevorzugt 30 bis 80 Gew.-%" gestrichen wurde.

XVII. Am 13. Januar 2022 fand die mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz statt. In der Verhandlung wurde die Zulässigkeit der Beschwerden, die Zulässigkeit der Anträge der Beschwerdeführerin und die Begründetheit der Beschwerde, insbesondere Neuheit und erfinderische Tätigkeit, diskutiert.

XVIII. Die wesentlichen Argumente der Parteien waren die folgenden (die Argumente sind detailliert in den Entscheidungsgründen ausgeführt):

Die Beschwerdeführerin brachte vor, zumindest eine der beiden eingereichten Beschwerden sei zulässig. Eine gültige Zustellung der Entscheidung sei entweder erfolgt, dann sei die erste Beschwerde zulässig, oder nicht erfolgt, dann die zweite. Die Anspruchssätze, die als Reaktion auf die Einwendungen Dritter als Haupt- und Hilfsanträge zur Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form eingereicht wurden, seien ins Verfahren zuzulassen. Neuheit gegenüber allen angeführten Dokumenten sei gegeben, entweder durch die beanspruchte Verwendung, oder durch die im Anspruch definierte Zusammensetzung der Klebemassen. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durch die Einspruchsabteilung sei fehlerhaft; die beanspruchte Verwendung sei ausgehend von C25 als nächstliegendem Stand der Technik nicht nahegelegt, auch nicht in Kombination mit C19.

Die Beschwerdegegnerinnen brachten vor, keine der beiden Beschwerden sei zulässig. Die erste Beschwerde sei nicht von einer beschwerten Partei eingelegt worden, die zweite erst nach Ablauf der Beschwerdefrist. Die Einwendungen Dritter dürften nicht ins Verfahren zugelassen werden, ebenso wenig die daraufhin geänderten Anspruchssätze zur Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form. Neuheit sei gegenüber verschiedenen zitierten Dokumenten nicht gegeben, insbesondere nicht gegenüber C2 und C28. Die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in der Einspruchsentscheidung ausgehend von C25 sei korrekt, des weiteren seien die beanspruchten Verwendungen dem Fachmann auch ausgehend von einer Reihe anderer Dokumente nahegelegt.

XIX. Die Schlussanträge der Parteien waren die folgenden:

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis des Hauptantrags, eingereicht mit Schreiben vom 17. Juli 2017, oder hilfsweise auf Basis der Hilfsanträge 1 oder 2, ebenfalls eingereicht mit Schreiben vom 17. Juli 2017, oder auf der Basis der Hilfsanträge 3 oder 4, eingereicht mit Schreiben vom 9. August 2021.

Die Beschwerdegegnerinnen I, II und III (Einsprechenden 1, 2 und 3) beantragten die Nichtzulassung der Beschwerden vom 8. Oktober 2015 und vom 26. November 2015, hilfsweise die Zurückweisung der Beschwerden. Im Zuge dessen beantragten sie die Nichtzulassung des Hauptantrags der Beschwerdeführerin sowie der Hilfsanträge 1 bis 4, der Einwendungen Dritter, des Dokuments C49 und der im Beschwerdeverfahren eingereichten Versuchsberichte.

XX. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerden

Die angefochtene Entscheidung ist auf den 10. August 2015 datiert und wurde laut eingegangenem Rückschein am 13. August 2015 an PA Gillen zugestellt.

Es liegen zwei verschiedene Beschwerden vor, nämlich eine Beschwerde der Clariant Finance (BVI) Limited vom 8. Oktober 2015, sowie eine Beschwerde der Clariant International LTD vom 26. November 2015, beide eingereicht von PA Gillen.

1.1 Beschwerde vom 8. Oktober 2015

Die Beschwerde der Clariant Finance (BVI) Limited vom 8. Oktober 2015 ist unzulässig, da die Beschwerdeführerin infolge der Übertragung des Patents zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde nicht mehr Patentinhaberin und damit nicht mehr beschwert war, Artikel 107 und Regel 101(1) EPÜ.

Die Übertragung an die Clariant International Ltd. wurde dem EPA am 5. August 2015 gemäß Regel 22 EPÜ unter Beifügung einer Übertragungserklärung und Entrichtung der entsprechenden Gebühr angezeigt und eine Umschreibung beantragt. Mit Schreiben vom 14. August 2015 wurde dem neubestellten Vertreter der neuen Patentinhaberin der Rechtsübergang vom EPA bestätigt. Als wirksames Datum ist der 5. August 2015 angegeben.

Am 8. Oktober 2015 war die Clariant Finance (BVI) Limited daher nicht mehr Patentinhaberin und konnte demgemäß auch keine rechtswirksame Beschwerde einreichen.

Dies wurde bereits in der vorläufigen Meinung der Kammer zum Ausdruck gebracht; die Beschwerdeführerin hat daraufhin nichts weiter vorgebracht.

1.2 Beschwerde vom 26. November 2015

1.2.1 Die Zulässigkeit dieser Beschwerde hängt davon ab, ob die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung einer beschwerdeberechtigten Partei mindestens zwei Monate und 10 Tage vor Beschwerdeerhebung, das heißt vor dem 16. September 2015 (vgl. Artikel 108, Regel 126(2) EPÜ), wirksam zugestellt wurde - in diesem Fall wäre die Beschwerde vom 26. November 2015 verspätet und damit unzulässig - oder ob eine wirksame Zustellung später oder gar nicht erfolgt ist - in diesem Fall wäre die Beschwerde rechtzeitig eingelegt und damit zulässig. Dies wiederum hängt davon ab, ob PA Gillen am 13. August 2015, dem Tag der tatsächlich erfolgten Zustellung der Entscheidung an ihn, zustellungsbevollmächtigter Vertreter derjenigen Person war, die zu diesem Zeitpunkt Inhaberin des Patents war.

1.2.2 In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, dass Eintragungen in das Patentregister keine konstitutive, sondern lediglich deklaratorische Wirkung haben (vgl. T 799/97 vom 4. Juli 2001, Ziffer 3.2 a) und T 194/15 vom 9. März 2016, Ziffer 2.2).

1.2.3 Vor diesem Hintergrund erweist sich Regel 22(3) EPÜ nicht als eine Regelung, die die Wirksamkeit der Rechtsübertragung vorverlegt (das heißt ausnahmsweise schon vor ihrer Eintragung in das Register gültig macht), sondern als eine Regelung, die die Wirksamkeit der Rechtsübertragung auf den Tag des Eingangs des Änderungsantrags verschiebt. Dies bedeutet, es gilt gegenüber dem europäischen Patentamt nicht das Datum des Rechtsgeschäfts über die Übertragung, sondern erst das Datum der Mitteilung an das Amt. Dies verdeutlicht der Wortlaut der Regel 22(3) EPÜ ,,wird erst gültig". Die Tatsache, dass Regel 22(3) EPÜ für die Vertreterbestellung nicht gilt, ist deshalb kein tragfähiges Argument für die Auffassung, dass die Bestellung eines Vertreters erst mit Eintragung in das Register wirksam wird.

1.2.4 Daraus zieht die Kammer den Schluss, dass die Übertragung des Patents auf die Clariant International Ltd. und die Bestellung von PA Mikulecky als deren Vertreter spätestens am 5. August 2015, dem Tag des Eingangs der entsprechenden Mitteilungen beim Europäischen Patentamt, gegenüber dem Europäischen Patentamt wirksam wurden. An PA Gillen, der zu diesem Zeitpunkt nur die vorherige Patentinhaberin vertreten hat, konnte die Entscheidung am 13. August 2015 deshalb nicht mehr wirksam zugestellt werden. Eine weitere Zustellung erfolgte nicht. Die Zustellung an Clariant International Ltd. kann aus diesem Grund frühestens am 26. Oktober 2015 als bewirkt angesehen werden, als sich PA Gillen auch als ihr Vertreter bestellt hat.

1.2.5 Die Wirksamkeit der Zustellung an PA Gillen lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Vertretungsbefugnis von PA Gillen über die Anzeige des Inhaberwechsels und die Bestellung von PA Mikulecky hinausgewirkt hat. Eine Analogie zu Regel 152(8) EPÜ kommt nicht in Betracht, weil es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Vertreterwechsel (ein und dieselbe Partei wechselt den Vertreter), sondern um einen Wechsel in der Person der Partei handelt, die einen eigenen, das heißt insofern neuen Vertreter mit in das Verfahren bringt.

1.2.6 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende 3 hat zu diesem Punkt vorgetragen, der Antrag auf Umschreibung des Patents vom 5. August 2022 betreffe nur die Umschreibung auf eine neue Patentinhaberin, nicht aber die Bestellung eines Vertreters. Dies sei dem Antrag nicht klar zu entnehmen; allenfalls könne dem Antrag entnommen werden, ein neuer Vertreter sei nach erfolgter Umschreibung zuständig. Die Umschreibung sei aber erst mit dem Eintrag ins Patentregister, also nach der Zustellung der Entscheidung an den alten Vertreter, rechtswirksam geworden.

Diese Argumentation hält die Kammer nicht für überzeugend. Aus dem Umschreibungsantrag lässt sich eine beabsichtigte zeitliche Trennung zwischen der Umschreibung des Patents auf die Clariant International Ltd. und der Vertreterbestellung nicht erkennen. Es wird dort ja beantragt, das Patent umzuschreiben und sodann die Korrespondenz an den neuen Vertreter zu richten. Dass die Umschreibung gegenüber dem EPA mit dem Datum des Umschreibungsantrags rechtsgültig wird, wurde weiter oben bereits ausgeführt.

1.2.7 Daher war, wie oben ausgeführt, die Zustellung der Entscheidung an PA Gillen am 13. August 2015 keine wirksame Zustellung an einen Vertreter, der zu diesem Zeitpunkt für die Patentinhaberin vertretungsberechtigt gewesen wäre. Eine wirksame Zustellung erfolgte daher gar nicht, oder frühestens zu dem Zeitpunkt, an dem PA Gillen wieder als vertretungsberechtigt für die neue Patentinhaberin angezeigt wurde, nämlich am 26. Oktober 2015. In beiden Fällen ist die Beschwerde fristgerecht eingelegt.

1.3 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass am 26. November 2015 im Namen der Clariant International Ltd fristgerecht Beschwerde eingereicht wurde.

Das Fehlen weiterer Zulassungsvoraussetzungen wurde nicht gerügt und ist auch nicht erkennbar.

Diese Beschwerde ist daher zulässig.

1.4 Der am 26. November 2015 zusammen mit der Beschwerdeeinlegung gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist unter Artikel 122 und Regel 136 EPÜ ist somit gegenstandslos. Die gezahlte Wiedereinsetzungsgebühr wird zurückerstattet.

Hauptantrag der Beschwerdeführerin

2. Zulassung des Hauptantrags ins Beschwerdeverfahren

2.1 Der vorliegende Hauptantrag der Beschwerdeführerin wurde am 19. Juli 2017 eingereicht.

Gemäß der Übergangsbestimmungen in Artikel 25(3) VOBK 2020 ist für die Zulassung dieses Antrags Artikel 13 VOBK 2007, hier insbesondere Artikel 13(1) maßgeblich, da die erste Ladung zu einer mündlichen Verhandlung und auch der begleitende Bescheid der Kammer vor Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung zugestellt wurden.

2.2 Unter Artikel 13(1) VOBK 2007 liegt die Zulassung geänderten Vorbringens nach Beschwerdeerhebung im Ermessen der Kammer. Dabei sollen insbesondere die Komplexität des Vorbringens, der Verfahrensstand und die Verfahrensökonomie berücksichtigt werden.

2.3 Die Beschwerdeführerin hat die Einreichung des neuen Hauptantrags damit begründet, dass sie sich mittels der im neuen Hauptantrag eingeschränkten Ansprüche von dem Dokument C49 und den darauf gestützten Neuheitseinwänden abgrenzen wollte, die mit den Einwendungen Dritter unter Artikel 115 EPÜ am 4. Mai 2017, d. h. zwei Monate vorher, eingereicht wurden.

2.4 Die Beschwerdegegnerinnen haben der Zulassung des neuen Hauptantrags mit verschiedenen Argumenten widersprochen.

Sie brachten vor, C49 sei weder neuheitsschädlich noch relevanter als die anderen im Verfahren befindlichen Dokumente. Die Einwendungen Dritter sollten daher angesichts des fortgeschrittenen Verfahrensstands nicht ins Verfahren zugelassen werden, zumal einer dritten Partei nicht mehr Rechte zugestanden werden dürften, als einem Verfahrensbeteiligten.

Die Einwendungen Dritter kämen von einer Anwaltskanzlei, also einem Strohmann, und müssten daher anonymen Einwendungen gleichgestellt werden. An die Zulassung anonymer Eingaben unter Artikel 115 EPÜ müssten erhöhte Anforderungen gestellt werden, um einem Verfahrensmissbrauch vorzubeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Einwendungen in Absprache mit der Beschwerdeführerin eingereicht worden seien, um ihr Gelegenheit zu geben, neue Ansprüche einzureichen, die ihre Situation auch gegenüber anderen im Verfahren befindlichen Dokumenten verbesserten.

Da die unter Artikel 115 EPÜ gemachten Einwendungen Dritter nicht ins Verfahren zuzulassen seien, gäbe es auch keinen Anlass, als Reaktion darauf das geänderte Vorbringen der Beschwerdeführerin ins Verfahren zuzulassen.

2.5 Die Kammer lässt in Ausübung ihrer Ermessens unter Artikel 13(1) VOBK 2007 den Hauptantrag in das Verfahren zu. Die Gründe dafür sind die folgenden:

2.5.1 In den Einwendungen Dritter vom 4. Mai 2017 wurde das Dokument C49 neu eingereicht und es wurde unter Bezugnahme auf den allgemeinen Teil, Tabellen und Beispiele argumentiert, dass es die zu diesem Zeitpunkt im Verfahren befindlichen Ansprüche neuheitsschädlich vorwegnähme.

Unabhängig von der Frage der formellen Zulassung der C49 in das Verfahren kann es nach Ansicht der Kammer der Patentinhaberin hier jedenfalls nicht verwehrt sein, sich gegenüber neu aufgetauchtem relevantem Stand der Technik mittels Einschränkung der unabhängigen Ansprüche abzugrenzen, wenn sie das möchte.

Andernfalls wäre die Patentinhaberin ja darauf beschränkt, nach Bekanntwerden des Inhalts der C49 im Einspruchsbeschwerdeverfahren das Patent entweder aufzugeben, oder, falls C49 nicht ins Verfahren zugelassen würde, in einer offenkundig nicht rechtsbeständigen Form zu verteidigen. Die Kammer hält dies für widersinnig.

Ob und inwieweit eine derart veranlasste Einschränkung ebenfalls eine Abgrenzung von anderen, bereits im Verfahren befindlichen Dokumenten mit sich bringt, muss dabei dahingestellt bleiben.

Das vorgebrachte Gedankenspiel, die Patentinhaberin hätte sich über den Umweg möglicherweise mit ihr abgesprochener Einwendungen Dritter in verfahrensmißbräuchlicher Weise eine Möglichkeit verschafft, neue Anspruchssätze einzureichen, geht nach Ansicht der Kammer unabhängig von dessen nicht überprüfbarem Wahrheitsgehalt am Kern der Sache vorbei. C49 existiert, ist während des Beschwerdeverfahrens aufgetaucht und war prima facie relevant für die Neuheit der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Anspruchssätze, wie die von der dritten Partei hervorgehobenen Passagen zeigen. Aus welchem Grund eine solche Eingabe Dritter erfolgt, ist unerheblich.

2.5.2 Die Kammer stellt auch fest, dass der vorliegende Fall insofern speziell ist, als sich nicht eine Patentinhaberin gegen die Zulassung von spät eingereichten, die Patentierbarkeit anzweifelnden Dokumenten und Einwänden wehrt, sondern die Einsprechenden. Die Patentinhaberin stimmt der Einführung von C49 ins Verfahren zu. Insofern sieht die Kammer keinen Grund, die Einwendungen Dritter nicht zuzulassen. C49 befindet sich daher im Verfahren.

2.5.3 Die Kriterien, die für Änderungen des Beschwerdevorbringens unter Artikel 13(1) VOBK 2007 in Bezug auf die geänderten Anträge der Beschwerdeführerin relevant sind, betreffen die Komplexität des neuen Vorbringens, den Verfahrensstand und die Verfahrensökonomie.

Die neue Hauptantrag ist nicht komplex, denn es wird der Hauptanspruch durch Streichungen von Alternativen und Aufnahme von Merkmalen aus abhängigen Ansprüchen eingeschränkt. Gegenteiliges wurde von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht vorgebracht.

Der neue Hauptantrag wurde zwei Monate nach Bekanntwerden der C49 eingereicht; insofern kann die Kammer auch nicht erkennen, weshalb dies zum Zeitpunkt der Einreichung dem Verfahrensstand unangemessen oder der Verfahrensökonomie abträglich gewesen wäre. Zu diesen Kriterien wurde von den Beschwerdegegnerinnen ebenfalls nichts vorgebracht.

2.6 Der Hauptantrag vom 19. Juli 2017 wird daher ins Beschwerdeverfahren zugelassen.

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Neuheitseinwände im Beschwerdeverfahren wurden auf die Dokumente C2, C3, C15, C23, C21 (entspricht C28), C40, C48 und C49 gestützt. Die Neuheitseinwände gegenüber C2, C3, C15, C21, C23 und C40 wurden von der Einspruchsabteilung verworfen, siehe Punkt 6 der angefochtenen Entscheidung. Die Neuheitseinwände gegenüber C48 und C49 wurden im Beschwerdeverfahren erhoben.

3.1 Nach Überzeugung der Kammer sind die Ansprüche des vorliegenden Hauptantrags gegenüber allen angeführten Dokumenten neu.

Neuheit gegenüber C2, C3 und C28 ist gegeben zumindest aufgrund der beanspruchten Verwendung "zum Verkleben von faserigen Materialien untereinander oder mit glatten Substratoberflächen bei der Herstellung von Hygieneartikeln". Diese Verwendung wird in diesen Dokumenten nicht spezifisch offenbart.

Neuheit gegenüber C15, C23, C40 und C48 ist gegeben zumindest aufgrund der spezifisch verwendeten Polyolefine.

Die von der dritten Partei hervorgehobenen spezifischen Offenbarungen im Dokument C49 sind ebenfalls nicht mehr neuheitsrelevant. Beispiel 13 in Tabelle 3 ist ein Homopolymer; Homopolymere werden in den geänderten Ansprüchen nicht beansprucht. Beispiel EX13 in Tabelle 31 offenbart keine Monomerenverteilung und wird als Kleber für Verpackungsmaterialien verwendet.

Diese bereits in der vorläufigen Meinung der Kammer zum Ausdruck gebrachte Schlussfolgerung ist, bis auf C2 und C28, von den Beschwerdegegnerinnen im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr bestritten worden.

3.2 Die Beschwerdegegnerinnen haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung insbesondere auf die Offenbarungen der C2 und der C28 verwiesen.

3.2.1 C2 offenbart in Absätzen [0016] und [0049] Heißschmelzklebemassen, die denjenigen des vorliegenden Anspruchs 1 entsprechen.

Zur beanspruchten Verwendung wurde auf Absatz [0003] verwiesen. Allerdings hat die Beschwerdeführerin zu Recht darauf hingewiesen, dass sich Absatz [0003] auf die Verwendung von Heißschmelzklebemassen des Standes der Technik bezieht, der in C2 referiert wird. Dies ist keine Offenbarung der Verwendung von Heißschmelzklebemassen der C2.

Des weiteren argumentierten die Beschwerdegegnerinnen, die Verwendungsangabe im vorliegenden Anspruch sei nicht limitierend, sondern müsse dahingehend gelesen werden, dass die Heißschmelzklebemassen für den beanspruchten Zweck geeignet sind. Sie begründeten dies insbesondere damit, dass der vorliegende Anspruch im wesentlichen aus einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 14 entstanden sei. Ursprünglicher Anspruch 1 sei eindeutig ein Produktanspruch und die dortige Angabe "zum Verkleben von faserigen Materialien (...)" daher nur eine nicht limitierende Zweckbestimmung. Ursprünglicher Anspruch 14 definiere nur die Verwendung "bei der Herstellung von Hygieneartikeln". Daher dürfe das Merkmal "zum Verkleben von faserigen Materialien (...)" im vorliegenden Anspruch 1 auch nicht limitierend gelesen werden.

Dem kann die Kammer nicht zustimmen. Der vorliegende Anspruch bezieht sich eindeutig auf die Verwendung "zum Verkleben von faserigen Materialien untereinander oder mit glatten Substratoberflächen bei der Herstellung von Hygieneartikeln". Der Verwendungszweck ist daher Bestandteil des Anspruchs und ein limitierendes Merkmal. Da diese Verwendung in C2 nicht offenbart ist, ist Neuheit gegenüber C2 gegeben.

3.2.2 Die Beschwerdegegnerinnen haben auch gegenüber C28 die Neuheit mit dem Argument in Frage gestellt, die im Anspruch definierte Verwendung müsse als eine nichtlimitierende Zweckbestimmung der Heißschmelzklebemasse gelesen werden. Dies ist jedoch, wie oben ausgeführt nicht der Fall. Neuheit gegenüber C28 ist daher ebenfalls gegeben.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1 Die Einspruchsabteilung hat den Ansprüchen des damals vorliegenden unabhängigen Anspruchs u. a. ausgehend von C25 (dort als D4-Bostik bezeichnet) erfinderische Tätigkeit abgesprochen, siehe Punkt 7.3 der angefochtenen Entscheidung. Die Einspruchsabteilung war insbesondere der Auffassung, dass in C-25 die anspruchsgemäße Verwendung einer Klasse von Polymeren offenbart ist, die die im ihr vorliegenden unabhängigen Anspruch definierten Polymere umfasst. Diese unterschieden sich von der Offenbarung der C25 nur durch die spezifische Auswahl von Monomeren bzw. Parametern, die in C25 nicht explizit beschrieben seien. Allerdings sei mit der Auswahl dieser Monomere und Parameter kein nachgewiesener überraschender Effekt verbunden. Da die anspruchsgemäße Verwendung der im unabhängigen Anspruch definierten Polymere bereits in allgemeiner Weise in C25 offenbart sei, hätte ein Fachmann deren Verwendung ausgehend von den Beispielen der C25 als naheliegende Alternative angesehen. Erfinderische Tätigkeit sei daher nicht gegeben.

4.2 Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich insbesondere gegen diese Feststellung mangelnder erfinderischer Tätigkeit, da die Einspruchsabteilung die anderen vorgebrachten Einwände gegen die Aufrechterhaltung des Patents in ihrer Entscheidung verworfen hat.

Allerdings hat die Feststellung der Einspruchsabteilung auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren und auch für den nun vorliegenden Hauptantrag Bestand. Die Gründe dafür sind im folgenden ausgeführt.

4.3 Nächster Stand der Technik

4.3.1 Dass C25 als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geeignet ist, wurde von den Parteien nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin hat insbesondere im Beschwerdeverfahren wiederholt ausgeführt, C25 sei für diesen Zweck besser geeignet, als das von den Beschwerdegegnerinnen angeführte und ebenfalls in der Einspruchsentscheidung verwendete Dokument C19, und als andere von den Beschwerdegegnerinnen angeführte Dokumente.

4.3.2 C25 offenbart Heißschmelzklebemassen, die in Hygieneartikeln, insbesondere Windeln, eingesetzt werden, und zwar sowohl bei deren Herstellung ("construction adhesive"), als auch bei deren Verwendung ("positioning adhesive"), siehe Seite 1, Zeilen 1-5. Diese Heißschmelzklebemassen enthalten zwischen 5 und 30 Gew.-% eines Polymers aus Ethylen und einem C3-C20 alpha-Olefin. Dabei enthalten als Konstruktionskleber verwendete Heißschmelzklebemassen zwischen 20 und 30 Gew.-% Polymer; mehr Polymer ist möglich, führt aber zu einer unnötigen Viskositätserhöhung, Seite 3 Zeile 17 bis Seite 4 Zeile 2. Als Polymere werden insbesondere Copolymere (Seite 4, Zeilen 12/13) von Ethylen mit u. a. Propylen vorgeschlagen, wobei allerdings längere Olefine als besonders bevorzugt bezeichnet werden, siehe Seite 5 Zeilen 18-31. In den Beispielen der C25 werden kommerzielle, durch Metallocenkatalyse erhaltene Polymere vom Typ ENGAGE und EXACT verwendet, die Copolymere von Ethen und 1-Octen bzw. Ethen und 1-Buten darstellen und anspruchsgemäße Schmelzviskositäten aufweisen (Tabelle 1). Die aus den Beispielpolymeren erhaltenen Heißschmelzklebemassen werden verschiedenen Standardtests unterworfen und dann insbesondere einem Schältest mit Baumwoll- und Nylongeweben, um das das Abschälverhalten der Klebemassen von Fasergeweben zu untersuchen.

4.4 Unterschiede zum nächsten Stand der Technik

Die Unterschiede der im vorliegenden Anspruchs 1 beanspruchten Verwendung im Vergleich zu C25 waren zwischen den Parteien umstritten.

4.4.1 Unstrittig war, dass C25 das im Anspruch definierte Copolymer aus Ethylen und Propylen mit einem Propylengehalt von 70-99 Gew.-% nicht spezifisch offenbart.

4.4.2 Unstrittig war auch, dass die Erweichungspunkte Ring/Kugel der Polymere, die im Anspruch definiert sind, in C25 nicht bestimmt wurden.

4.4.3 Die Beschwerdeführerin sah weitere Unterschiede in der beanspruchten Verwendung "bei der Herstellung von Hygieneartikeln". Insbesondere brachte sie vor, C25 offenbare die Verklebung beim Positionieren, nicht bei der Konstruktion der Hygieneartikel. Es seien daher im wesentlichen Klebevorgänge beschrieben, die bei der Verwendung der Hygieneartikel und nicht bei deren Herstellung anfielen. Des weiteren würden die in C25 beschriebenen Materialien auch nicht mittels Heißschmelzen, sondern über Druck verklebt.

Dem kann die Kammer nicht zustimmen. Die Heißschmelzklebemassen in C25 sind schon im einleitenden Teil sowohl als Konstruktionskleber, als auch als Positionskleber beschrieben. Auch an anderen Stellen von C25 wird auf die Verwendung als Konstruktionskleber hingewiesen, etwa auf Seite 2, Zeilen 30ff. Auch die Beschreibung des Patents selbst referiert den Inhalt der C25 in Absatz [0005] in dieser Weise. Die Beschwerdegegnerinnen haben zurecht darauf hingewiesen, dass die Verwendung als Konstruktionskleber für Windeln das Verkleben von faserigen Materialien impliziert. Es ist zwar richtig, dass C25 keinen Herstellungsprozess eines Hygieneartikels, etwa einer Windel, explizit offenbart. Trotzdem muss aber sowohl der einleitende Teil der C25 als auch die Passage der Beschreibung auf Seite 3 unten, die Heißschmelzklebemassen würden als Konstruktionskleber für Einwegwindeln verwendet, als anspruchsgemäße Verwendung verstanden werden. Das Argument, in C25 würde nicht mittels Heißschmelzen, sondern über Druck verklebt, geht unabhängig von der Offenbarung der C25 schon deshalb ins Leere, weil der vorliegende Anspruch das Klebeverfahren selbst gar nicht festlegt.

4.4.4 Es ist also festzuhalten, dass der vorliegende Anspruch 1 sich von der Offenbarung der C25 in einer Auswahl von spezifischen Merkmalen des in der Heißschmelzklebemasse verwendeten Polymers, d. h. der Art und Verteilung der Monomere und dem Erweichungspunkt Ring/Kugel unterscheiden.

4.5 Verbesserung gegenüber dem Stand der Technik?

4.5.1 Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung festgehalten, dass ein durch diese unterscheidenden Merkmale verursachter Effekt gegenüber C25 als nächstem Stand der Technik nicht nachgewiesen ist, siehe Punkt 7.3.3 der angefochtenen Entscheidung.

4.5.2 Die Beschwerdeführerin hat insbesondere auf die Vergleichsbeispiele in Tabelle 2 der Patentschrift verwiesen. Diese Versuche zeigten eine verbesserte Klebewirkung, die dazu führe, dass bereits mit geringen Klebstoffmengen eine ausreichende Klebewirkung erzielt werde, siehe [0052] des Patents. Des weiteren verwies sie auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichte C46 und die in ihrer Eingabe vom 19. Juli 2017 angegebenen Testergebnisse.

4.5.3 Diese Vergleichsversuche verwenden als Vergleichspolymer, das den Stand der Technik repräsentieren soll, das Polymer Affinity GA-1900. Bei diesem Polymer handelt es sich laut der Legende der Tabelle 2 des Patents um Polyethylen; auch in weiteren schriftlichen Eingaben der Beschwerdeführerin wurde dieses Polymer als Polyethylen bezeichnet (Eingabe vom 17. Juli 2020, Seiten 25 und 26; Eingabe vom 28. Februar 2020, Seite 6). In der mündlichen Verhandlung wurde dagegen vorgetragen, es handle sich um ein Copolymer aus Ethylen und 1-Octen; ebenfalls hat die Beschwerdegegnerin und Einsprechende 3 im schriftlichen Verfahren diese Polymere als Copolymere aus Ethylen und 1-Octen bezeichnet (Eingabe vom 28. Februar 2020, Seite 9).

4.5.4 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerinnen handelt es sich bei diesen Vergleichsversuchen nicht um einen Vergleich mit dem nächsten Stand der Technik, C25. Es könnten daher keine Schlussfolgerungen gezogen werden, ob die gegenüber C25 unterscheidenden Merkmale eine Verbesserung der Klebekraft oder anderer Eigenschaften bewirkten.

4.5.5 Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Das als Vergleichspolymer in den Versuchen der Beschwerdeführerin verwendete Polymer Affinity GA-1900 wird in in C25 nicht verwendet. Das den Ansprüchen strukturell am nächsten liegende Polymer in den Beispielen der C25 ist ein Copolymer aus Ethylen und 1-Buten, EXACT. Für dieses Polymer der C25 liegen keine Vergleichsdaten vor. Selbst, wenn man annimmt, bei dem verwendeten Affinity-Polymer handle es sich tatsächlich um ein Copolymer aus Ethylen und 1-Octen, also um ein Copolymer, das aus denselben Monomeren aufgebaut ist wie die ENGAGE-Polymere der C25, so ist dies trotzdem nicht ein Polymer, das in C25 verwendet wird. Eventuelle Effekte auf die Klebekraft hängen zudem nicht nur von der Natur der verwendeten Monomere ab; dies ist schon aus C25 selbst klar. Dort führen die verschiedenen verwendeten ENGAGE-Polymere zu unterschiedlichen Ergebnissen, obwohl die verwendeten Monomere dieselben sind.

4.5.6 Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, bei dem in den Vergleichsversuchen verwendeten Affinity-Polymer handle es sich um ein Polymer, das in repräsentativer Weise den Stand der Technik darstelle, und der Offenbarung von C25 sehr nahe komme.

Dies überzeugt die Kammer nicht. Um Effekte bestimmter technischer Merkmale eines Anspruchs gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik nachzuweisen, muss nach ständiger Rechtsprechung der Kammern in überzeugender Weise gezeigt sein, dass der Effekt auf diese unterscheidenden Merkmale zurückgeht, siehe Rechtsprechung, 9. Auflage 2019, I.D.10.9. Im vorliegenden Fall wurde das gegenüber dem nächsten Stand der Technik entscheidende Merkmal nicht nur in den erfindungsgemäßen, sondern auch in den als Referenz dienenden Zusammensetzungen geändert. Ein auf die unterscheidenden Merkmale zurückzuführender Effekt kann so nicht nachgewiesen werden.

4.5.7 Es ist daher festzuhalten, dass gegenüber C25 als nächstem Stand der Technik keine durch die unterscheidenden Merkmale verursachte Verbesserung der Klebeeigenschaften nachgewiesen ist.

4.6 Aufgabe und Lösung

4.6.1 Die Beschwerdeführerin hatte als technische Aufgabenstellung vorgeschlagen, aus der allgemeinen Lehre der C25 seien Heißschmelzklebemassen auszuwählen, die zu einer verbesserten Schälkraft führen. Diese Aufgabe kann aber als objektive technische Aufgabenstellung im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes hier keine Verwendung finden, da, wie oben ausgeführt, nicht gezeigt wurde, dass sie von den im Anspruch definierten Heißschmelzklebemassen gelöst wurde.

4.6.2 Die objektive technische Aufgabe ausgehend von C25 bestand daher darin, beim Verkleben von faserigen Materialien bei der Herstellung von Hygieneartikeln alternative Heißschmelzklebemassen zu verwenden.

4.6.3 Diese Aufgabe wurde dadurch gelöst, dass die im Anspruch definierten Polymere Bestandteil der Heißschmelzklebemasse sind. Diese Polymere zeichnen sich gegenüber C25 insbesondere dadurch aus, dass sie ein Copolymer aus Propylen und Ethylen darstellen in dem der Propylengehalt zwischen 70 und 99,9% liegt, und weiterhin einen Erweichungspunkt Ring/Kugel zwischen 50 und 165°C haben.

Dass diese Aufgabe durch die beanspruchte Verwendung gelöst wurde, ist unbestritten.

4.7 Naheliegen der Lösung

4.7.1 Die beanspruchte Lösung bewegt sich innerhalb der Lehre der C25. Wie oben ausgeführt, offenbart C25 in allgemeiner Weise die anspruchsgemäße Verwendung von Copolymeren des Ethylens mit C3-C20 alpha-Olefinen. Propylen ist dabei als bevorzugtes Olefin beispielhaft genannt. Ein Fachmann musste daher zur Auswahl der im Anspruch definierten Copolymere nicht erfinderisch tätig werden. Ein bestimmte Monomerenverteilung wird in C25 nicht festgelegt, so dass auch ein Propylengehalt von 70-99 Gew.-% innerhalb der Offenbarung dieses Dokuments liegt.

4.7.2 Zudem sind die im Anspruch definierten Copolymere im Stand der Technik bereits als Bestandteil von Heißschmelzklebemassen bekannt, etwa aus C19. Sie sind dort allgemein beschrieben (Seite 2 Zeilen 25-30) und werden in den Beispielen auf ihre Klebekraft getestet.

Ein Fachmann muss nicht erfinderisch tätig werden, um unter die allgemeine Lehre aus C25 fallende Polymere auszuwählen, die dort als Bestandteile von Heißschmelzklebemassen zur Verwendung als Konstruktionskleber für Hygieneartikel beschrieben und zudem bereits im an anderer Stelle im Stand der Technik allgemein als Bestandteile von Heißschmelzklebemassen mit guten Klebeeigenschaften beschrieben sind.

4.7.3 Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen argumentiert, bei den im Anspruch definierten Copolymeren handle es sich um eine erfinderische Auswahl aus der Lehre der C25.

Eine erfinderische Auswahl würde allerdings voraussetzen, dass durch die Auswahl ein überraschender Effekt, etwa besondere Klebeeigenschaften verbunden sind. Ein solcher Effekt ist aber, wie oben ausgeführt, im Vergleich zu C25 nicht gezeigt worden, weder in Bezug auf die Auswahl der Monomere, noch in Bezug auf den Erweichungspunkt.

4.7.4 Die Beschwerdeführerin hat weiterhin argumentiert, die gemachte Auswahl sei dem Fachmann auch dann nicht nahegelegt gewesen, wenn sie mit keinem überraschenden Effekt verbunden sei. C25 führe den Fachmann nämlich von der gemachten Auswahl weg, da längere Olefine als Propylen gemäß C25 bevorzugt zu verwenden seien. Zudem führe der beanspruchte Propylengehalt von 70-99 Gew.-% dazu, dass es sich eher um Copolymere des Propylens, nicht des Ethylens handle, wie sie in C25 offenbart seien.

Zwar ist es richtig, dass in der allgemeinen Beschreibung auf Seite 5 Propylen als bevorzugt bezeichnet ist, während C4-C8 alpha-Olefine als besonders bevorzugt genannt und auch in den Beispielen verwendet werden. Dies ändert aber nichts daran, dass C25 die anspruchsgemäße Verwendung von Copolymeren aus Ethylen und Propylen in bevorzugter Weise offenbart. Ein Fachmann würde aus der Lehre der C25 höchstens schließen, die Verwendung von 1-Buten und 1-Octen sei in besonderer Weise vorteilhaft. Dass andere, gleichfalls als bevorzugt verwendbar beschriebene Co-Monomere für die beschriebene Verwendung ungeeignet wären, ist C25 nicht zu entnehmen; beschrieben ist ja gerade das Gegenteil.

Bezüglich des Anteils an Propylen ist festzuhalten, dass, wie oben ausgeführt, C25 keine Monomerenverteilung angibt und daher Copolymere aus Ethylen und Propylen in allgemeiner Weise offenbart, ohne Beschränkung auf bestimmte Anteile einzelner Monomere. Eine Lehre weg von der Verwendung höherer Gehalte an Propylen ist hier nicht zu erkennen.

4.7.5 Bezüglich des Dokuments C19 hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, der Fachmann hätte dies ausgehend von C25 nicht zu Rate gezogen, da dort nicht auf die Verklebung von faserigen Materialien eingegangen werde.

Die Kammer hält dies nicht für überzeugend. C19 befasst sich mit Heißschmelzklebemassen, denen allgemein gute Klebeeigenschaften bescheinigt werden, siehe Seite 2 Zeilen 18-23. Ein Fachmann hätte daher ausgehend von C25 bei der Suche nach alternativen Heißschmelzklebemassen, die gute Klebeeigenschaften zeigen, durchaus C19 berücksichtigt.

4.7.6 Der im Anspruch definierte Erweichungspunkt der Polymere liefert gegenüber C25 ebenso wenig einen erfinderischen Beitrag. Die Erweichungspunkte sind breit definiert und bewegen sich im für die Anwendung üblichen Rahmen.

4.8 Somit wurde ausgehend von C25 die gestellte objektive technische Aufgabe auf für den Fachmann naheliegende Weise gelöst.

Die Ansprüche des Hauptantrags sind wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.

Hilfsanträge

5. Hilfsantrag 1

5.1 Hilfsantrag 1 wurde zusammen mit dem Hauptantrag eingereicht; die Entscheidung zur Zulassung ins Verfahren gilt entsprechend.

5.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 verlangt zusätzlich, dass "die Heißschmelzklebemasse das mindestens eine Polyolefin in einer Menge von 30 bis 95 Gew.-% (...) enthält".

5.3 Die Beschwerdeführerin hat insbesondere auf Anspruch 1 der C25 verwiesen. Dort wird angegeben, dass das Polyolefin in Anteilen von 5 bis weniger als 30 Gew.-% in der Heißschmelzklebemasse enthalten ist. Auch die Beispiele der C25 verwendeten die Polyolefine in geringeren Anteilen als vorliegend beansprucht.

Die anspruchsgemäße Verwendung von Heißschmelzklebemassen, die die im Anspruch definierten Polyolefine in Anteilen von 30 Gew.-% oder mehr enthalten, wäre daher ausgehend von C25 nicht nahegelegt gewesen.

5.4 Die Kammer stellt zunächst fest, dass die Verwendung von mehr als 30 Gew.-% Polyolefin in der Heißschmelzklebemasse mit keinem technischen Effekt verbunden ist. Ein solcher Effekt wurde weder behauptet noch belegt. Es bleibt daher als technisches Problem, ausgehend von C25 alternative Heißschmelzklebemassen für den beanspruchten und in C25 offenbarten Zweck zu verwenden.

Die Beschreibung der C25 erklärt in diesem Zusammenhang auf Seite 3, Zeilen 30 bis Seite 4, Zeile 2, dass auch höhere Gehalte als 30 Gew.-% Polyolefin unter Erhaltung der Klebekraft verwendbar sind, die Klebemassen dann aber zunehmend unnötig viskos werden.

Ein Fachmann entnimmt daher der C25 keineswegs, dass höhere Gehalte an Polyolefin als 30 Gew.-% in der Heißschmelzklebemasse diese für den beanspruchten Zweck unbrauchbar machen würden. Die Heißschmelzklebemassen bleiben als solche verwendbar, wenn auch möglicherweise unter Inkaufnahme zunehmender Nachteile bei steigendem Polyolefingehalt. Angesichts der Tatsache, dass der beanspruchte Bereich direkt an den in C25 offenbarten Bereich anschließt hätte der Fachmann zumindest Teile des im Anspruch definierten Polyolefingehalts als ebenfalls naheliegende Alternative zu den in C25 verwendeten Heißschmelzklebemassen angesehen.

Des weiteren ändert das neu eingeführte Merkmal nichts an der Tatsache, dass die im Anspruch verwendeten Heißschmelzklebemassen als solche aus C19 bekannt sind. In C19 wird angegeben, die Polyolefine könnten in einem Anteil von 0,1 bis 100 % im Schmelzkleber enthalten sein (siehe Seite 12 unten). Eine Lehre weg von der nun beanspruchten Verwendung von Heißschmelzklebemassen mit höherem Anteil als 30 Gew.-% an Polyolefinen ist im Stand der Technik also nicht erkennbar.

5.5 Die in Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 beanspruchte Verwendung war dem Fachmann daher ebenfalls ausgehend von C25, alleine oder in Kombination mit C19, nahegelegt.

6. Hilfsantrag 2

6.1 Hilfsantrag 2 wurde zusammen mit dem Hauptantrag eingereicht; die Entscheidung zur Zulassung ins Verfahren gilt entsprechend.

6.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 verlangt zusätzlich, dass das "Polyolefin eine zahlenmittlere Molmasse Mn zwischen 500 und 20 000 g/mol (...) besitzt und eine gewichtsmittlere Molmasse Mw zwischen 1 000 und 40 000 g/mol(...) ".

6.3 Die Beschwerdeführerin hat insbesondere auf die Tabelle auf Seite 11 der C25 verwiesen. Dort ist angegeben, dass die zahlenmittlere Molmasse der in den Beispielen verwendeten Polymere zwischen 39000 und 65000 g/mol beträgt.

Die anspruchsgemäße Verwendung von Heißschmelzklebemassen, in denen die im Anspruch definierten Polyolefine eine zahlenmittlere Molmasse Mn zwischen 500 und 20 000 g/mol und eine gewichtsmittlere Molmasse Mw zwischen 1 000 und 40 000 g/mol besitzen, wäre daher ausgehend von C25 nicht nahegelegt gewesen.

6.4 Die Kammer stellt fest, dass die Verwendung von Polyolefinen mit der beanspruchten Molmassenverteilung in der Heißschmelzklebemasse mit keinem technischen Effekt verbunden ist. Ein solcher Effekt wurde weder behauptet noch belegt, weder für dieses Merkmal alleine, noch in Kombination mit anderen Anspruchmerkmalen. Es bleibt daher als technisches Problem ausgehend von C25 alternative Heißschmelzklebemassen für den beanspruchten und in C25 offenbarten Zweck zu verwenden.

6.5 C25 enthält keine allgemeine Aussage über geeignete oder ungeeignete Molmassenverteilungen der verwendeten Polyolefine. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Werte beziehen sich auf die in C25 beispielhaft verwendeten Polymere; eine allgemeine Aussage, dass niedrigmolekularere Polyolefine ungeeignet wären, ist der C25 nicht zu entnehmen. Die im vorliegenden Anspruch definierten Polymere werden in C19 verwendet; dort werden für die zahlenmittlere Molmasse Werte von 500 bis 20 000 und für die gewichtsmittlere Molmasse Werte von 1000 bis 30 000 angegeben, siehe Seite 6, Zeilen 13-20.

Es bleibt also dabei, dass ein Fachmann ausgehend von C25, allein oder unter Hinzuziehung von C19, die beanspruchten Verwendung als Alternative zu C25 aufgefunden hätte.

7. Hilfsanträge 3 und 4

Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 entspricht jeweils Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2, wobei das Merkmal "insbesondere bevorzugt 30 bis 80 Gew.-%" gestrichen wurde.

Unbeschadet von Fragen der Zulässigkeit sind diese Anträge jedenfalls nicht gewährbar.

Da das gestrichene Merkmal nicht limitierend ist, ändert sich die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Vergleich zu den Hilfsanträgen 1 und 2 nicht. Die Beschwerdeführerin hat sich auch nicht darauf berufen, sondern erklärt, diese Hilfsanträge seien als Reaktion auf einen von den Beschwerdegegnerinnen gemachten Einwand mangelnder Klarheit eingereicht worden.

Den in Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 beanspruchten Verwendungen mangelt es daher ebenfalls an erfinderischer Tätigkeit.

8. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung auf mangelnde erfinderische Tätigkeit auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren Bestand hat. Die zulässige Beschwerde vom 26. November 2015 war daher zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde vom 8. Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde vom 26. November 2015 wird zurückgewiesen.

3. Die Wiedereinsetzungsgebühr wird zurückerstattet.

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