T 1950/15 (Distanz zwischen Auftrag und Trocknung / VOITH PATENT) of 8.4.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T195015.20190408
Datum der Entscheidung: 08 April 2019
Aktenzeichen: T 1950/15
Anmeldenummer: 09168055.3
IPC-Klasse: D21H 23/48
B05C 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorhang-Auftragsmaschine
Name des Anmelders: Voith Patent GmbH
Name des Einsprechenden: Valmet Technologies, Inc.
Andritz Küsters GmbH
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag) : nein
Zulässigkeit des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags : nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden 2 (im Folgenden: Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, betreffend die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr 2 157 240 in geändertem Umfang auf Grundlage der am 2. Juni 2015 als Hauptantrag eingereichten Ansprüche.

II. Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin u.A. geltend gemacht, dass angesichts des Inhalts der Entgegenhaltung E1 (DE 102 60 593 A1) der Gegenstand der aufrechterhaltenen Ansprüche die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfülle.

III. Nach Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer hat die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) mit Schriftsatz vom 27. Februar 2019 sechs Hilfsanträge eingereicht.

IV. In der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2019 hat die Beschwerdegegnerin die mit Schriftsatz vom 27. Februar 2019 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6 zurückgenommen und einen neuen Hilfsantrag, bezeichnet als "Hilfsantrag 2 neu" eingereicht.

Die endgültigen Anträgen der Parteien waren die Folgenden:

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags, bezeichnet als "Hilfsantrag 2 neu" aufrechtzuerhalten.

V. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"1. Maschine zum Auftragen eines flüssigen oder pastösen Auftragsmediums auf wenigstens eine Oberfläche einer laufenden Materialbahn (18) insbesondere aus Papier oder Karton mittels wenigstens eines Vorhang-Auftragwerks (10) und Trocknen des aufgetragenen Auftragsmedium mittels wenigstens einer berührungslosen Trocknungseinrichtung (24, 30; 60; 60, 70, 72); wobei die Materialbahn (18) in der Maschine mehrere die Materialbahn berührende Umlenkanordnungen (20, 22) passiert, die gegeneinander versetzte oder/und in verschiedenen Richtungen verlaufende Abschnitte des Materialbahnverlaufs definieren; wobei das Vorhang-Auftragswerk (10) das Auftragsmedium aus wenigstens einer Abgabeöffnung, insbesondere einer Schlitzdüse oder Gleitschichtdüse, in Form eines ein- oder mehrschichtigen Vorhangs unter Schwerkrafteinfluss und ggf. Einfluss weiterer Kräfte hin zu der zugeordneten Oberfläche der Materialbahn in einem Auftragsabschnitt (16) des Materialbahnverlaufs abgibt, welcher im Wesentlichen horizontal oder entsprechend einem Radius einer Umlenk- und Abstützrolle des Vorhang- Auftragswerks verläuft oder zumindest eine in Horizontalrichtung größere Bewegungsgeschwindigkeits- komponente als in Vertikalrichtung hat;

wobei die Materialbahn in wenigstens einem dem Auftragsabschnitt nachfolgenden Trocknungsabschnitt des Materialverlaufs die oder wenigstens eine berührungslose, das Auftragsmedium einer Wärme-einwirkung unterziehende Trocknungseinrichtung (24, 30; 60; 60, 70, 72) passiert, um das aufgetragene Auftragsmedium zumindest teilweise zu trocknen; und

wobei die Materialbahn im Verlauf oder/und am Ende des Auftragsabschnitts durch eine - wenn vorhanden - die Umlenk- und Abstützrolle ggf. umfassende erste Umlenkanordnung (22) derart um wenigstens einen Umlenkwinkel umgelenkt wird, dass die Materialbahn nach der Umlenkung zumindest in einem auf diese Umlenkung unmittelbar folgenden ersten Abschnitt des Material-bahnverlaufs zumindest anfänglich im Wesentlichen vertikal nach unten verläuft oder eine größere Bewegungsgeschwindigkeitskomponente in Vertikalrichtung nach unten als vor der Umlenkung hat;

wobei der auf die Umlenkung im Verlauf oder/und am Ende des Auftragsabschnitts (16) unmittelbar folgende erste Abschnitt des Materialbahnverlaufs ein Trocknungs-abschnitt ist, in dem die Materialbahn die oder wenigstens eine berührungslose, das Auftragsmedium einer Wärmeeinrichtung unterziehende Trocknungs-einrichtung (24; 60; 60, 70, 72) passiert,

die Materialbahn (18) im Trocknungsabschnitt bzw. im auf die erste Umlenkanordnung (22) unmittelbar folgenden ersten Abschnitt des Materialbahnverlaufs oder/und in einem sich hieran nach einer zweiten Umlenkanordnung (50a) anschließenden zweiten Abschnitt des Materialbahnverlaufs eine berührungslose Umlenk-anordnung (40; 60) passiert, die die Materialbahn um wenigstens einen Umlenkwinkel derart umlenkt, dass die Materialbahn zumindest in einem Materialbahnaustritts-bereich der berührungslosen Umlenkanordnung im Wesentlichen vertikal nach oben verläuft oder eine größere Bewegungsgeschwindigkeitskomponente in Vertikalrichtung nach oben als vor der Umlenkung durch die berührungslose Umlenkanordnung hat oder eine größere Bewegungsgeschwindigkeitskomponente in Vertikalrichtung nach oben als in Horizontalrichtung hat dadurch gekennzeichnet,

dass die Distanz zwischen dem Auftragsmedium-Auftrag und dem Beginn der Trocknung zwischen 2 Metern und 8 Metern entlang dem Materialbahnverlauf beträgt."

Anspruch 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hervorgehoben durch die Kammer):

"1. Maschine zum Auftragen eines flüssigen oder pastösen Auftragsmediums ... dadurch gekennzeichnet,

dass die Distanz zwischen dem Auftragsmedium-Auftrag und dem Beginn der Trocknung zwischen 2 Metern und 8 Metern entlang dem Materialbahnverlauf beträgt und dass die Materialbahn (18) nach der Umlenkung durch die berührungslose Umlenkanordnung (40) im Wesentlichen vertikal nach oben verlaufend oder zumindest eine größere Bewegungsgeschwindigkeitskomponente in Vertikalrichtung nach oben als vor der Umlenkung durch die berührungslose Umlenkanordnung bzw. zumindest eine in Vertikalrichtung nach oben größere Bewegungs-geschwindigkeitskomponente als in Horizontalrichtung aufweisend die oder wenigstens eine berührungslose, das Auftragsmedium einer Wärmeeinwirkung unterziehende Trocknungseinrichtung (30) passiert, wobei es sich bei der nach der berührungslosen Umlenkanordnung durch Anordnung der Trocknungseinrichtung realisierten Trockenstrecke um die erste Trocknungsstrecke nach dem Vorhang-Auftrag handelt."

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

1.1 Anspruch 1 betrifft eine Maschine zum Auftragen eines flüssigen oder pastösen Auftragsmediums auf wenigstens eine Oberfläche einer laufenden Materialbahn insbesondere aus Papier oder Karton mittels wenigstens eines Vorhang-Auftragwerks und Trocknen des aufgetragenen Auftragsmedium mittels wenigstens einer berührungslosen Trocknungseinrichtung (im Folgenden bezeichnet als Curtain Coater Anlage).

1.2 Bezüglich des Stands der Technik, des allgemeinen Fachwissens und der Zielsetzung des Streitpatents ist Folgendes aus der Beschreibung des Streitpatents zu entnehmen:

- Es sei allgemein bekannt, dass beim Streichen von Papier oder Karton die Trocknung des aufgetragenen Mediums möglichst schnell nach dem Streichen beginnen soll, um die Penetration von löslichen Bestandteilen aus der flüssigen Streichfarbe in das Papier zu verhindern oder zumindest zu begrenzen, sodass diese Bestandteile beim späteren Bedrucken für eine gute Qualität sorgen können (Absatz [0004]).

- Es sei außerdem bereits versucht worden, die zum Streichen verwendeten Streichanlagen so aufzubauen, dass die Trocknung nach kürzestmöglicher Distanz zum Streichaggregat beginnt; zum Beispiel werde in bekannten Klingel- oder Rakelstreichanlagen (Figur 8) das erste Trockenelement nach nur einer Bahnumlenkung angeordnet, sodass die Distanz zwischen Farbauftrag und Beginn der Trocknung in der Regel zwischen 2 und 8 Metern betrage (Absatz [0005]).

- In den Curtain-Coater gemäß Stand dem Technik (Figur 7) sei die Distanz vom Auftragsort bis zum Beginn der Trocknung deutlich länger als bei anderen Streichverfahren, da die Bahn mehrmals die Richtung wechseln müsse bevor sie in eine oberhalb angeordnete Trockenstrecke gelangt, was spezielle Nachteile für die Druckqualität haben könne (Absatz [0006]).

- Die Zielsetzung des Streitpatents sei daher die einem Curtain Coater folgende Trockenstrecke so anzuordnen, dass eine vergleichsweise kurze Distanz zwischen dem Ort des Auftrags (der Auftragsstrecke) und dem Beginn der Trocknung (der Trockenstrecke) realisiert wird (Absatz [0007]).

1.3 In der mündlichen Verhandlung bestand Einigkeit zwischen den Parteien, dass das Dokument E1 ein geeigneter Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei. Die Kammer sieht keinen Grund, hiervon abzuweichen.

1.4 Die Parteien haben die zugrundeliegende technische Aufgabe ausgehend aus E1 unterschiedlich formuliert.

1.4.1 Die Beschwerdegegnerin hat diese als die Bereitstellung einer Curtain-Coater Anlage formuliert, die für Umbaulösungen mit beengten Platzverhältnissen geeignet ist und womit Papier oder Karton mit keiner oder reduzierter Mottling-Neigung hergestellt werden kann.

1.4.2 Im Gegensatz dazu hat die Beschwerdeführerin die Aufgabe auf Basis des Absatzes [0007] des Streitpatents formuliert, nämlich als die Bereitstellung einer weiteren Curtain-Coater Anlage mit einer vergleichsweise kurzen Distanz zwischen Auftragsort und Beginn der Trocknung.

1.4.3 Es ist unstrittig, dass die aus E1 (Ausführungsbeispiel und anhängende Zeichnung) bekannte Curtain Coater Anlage, mit Ausnahme der im geltenden Anspruch 1 definierten Distanz zwischen Farbauftrag und Beginn der Trocknung von 2 bis 8 Metern, alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbart.

Außerdem offenbart E1 (Absätze [0040]-[0041] und anhängende Zeichnung), dass die erste Trocknungsstrecke bereits nach der ersten Materialbahnumlenkung nach dem Farbauftrag angeordnet ist und dadurch eine lange Trockenstrecke ohne nennenswerte Verlängerung des Maschinenbauraums erreicht wird. Daher weist diese Anlage, im Gegensatz zu den im Streitpatent gewürdigten Curtain Coater Anlagen des Standes der Technik (Absatz [0006] und Figur 7), bereits eine vergleichsweise kurze Distanz zwischen dem Ort des Farbauftrags und dem Beginn der Trocknung auf. Da in dem Curtain Coater des E1 keine nennenswerte Verlängerung des Maschinenbauraums erforderlich ist, ist die Kammer davon überzeugt, dass diese Anlage für Umbaulösungen mit beengten Platzverhältnissen eindeutig geeignet ist.

Demzufolge ist die von der Beschwerdegegnerin formulierte erste Teilaufgabe durch die aus E1 bekannte Anlage bereits gelöst worden.

1.4.4 In Bezug auf die von der Beschwerdegegnerin formulierten zweiten Teilaufgabe, nämlich die Bereitstellung einer Curtain Coater Anlage mit der Papier oder Karton mit keinem oder reduziertem Mottling hergestellt werden kann, stellt die Kammer fest, dass das Streitpatent an keiner Stelle diese Aufgabe ausdrücklich erwähnt, jedoch auf mögliche Nachteile für die Druckqualität bei Verwendung der bekannten Curtain Coater Anlagen gemäß Figur 7 aufmerksam macht.

Außerdem und Aufgrund des allgemeinen Fachwissens (Streitpatent, Absatz [0004]), dass ein schnellerer Beginn der Trocknung nach dem Streichauftrag für eine bessere Qualität beim späteren Bedrucken sorgt, ist zu erwarten, dass bereits die Verwendung der Anlage des E1 weniger Nachteile für die Druckqualität mit sich bringt als die anderen bekannten Anlagen der Figur 7 des Streitpatents, da ihre erste Trocknungseinrichtung sich viel näher am Farbauftragspunkt befindet.

Dass die gewählte Distanz zwischen Farbauftrag und Beginn der Trocknung gegenüber E1 eine reduzierte Mottling-Neigung oder andere Vorteile beim späteren Bedrucken mit sich bringen kann, hat die Beschwerdegegnerin nicht glaubhaft gemacht. Daher ist die von der Beschwerdegegnerin formulierte zweite Teilaufgabe nicht zu berücksichtigen.

Es erübrigt sich daher, über die von den Parteien im schriftlichen Verfahren eingereichten Dokumente betreffend die Penetration von löslichen Bestandteilen aus einer flüssigen Streichfarbe in das Papier und das daraus entstehende Problem des Mottlings Stellung zu nehmen.

1.5 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die zugrundeliegende technische Aufgabe wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen als die Bereitstellung einer weiteren Curtain-Coater Anlage mit einer vergleichsweise kurzen Distanz zwischen dem Ort des Auftrags und Beginn der Trocknung zu formulieren ist.

Gemäß dem beanspruchten Gegenstand wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass eine Distanz zwischen dem Auftragsmedium-Auftrag und dem Beginn der Trocknung zwischen 2 Metern und 8 Metern entlang dem Materialbahnverlauf einzuhalten ist.

1.6 Es bleibt zu entscheiden, ob es für den Fachmann, angesichts des Standes der Technik bzw. des allgemeinen Fachwissens naheliegend war, die in E1 offenbarte Curtain Coater Anlage so zu bauen (oder umzubauen), dass die Distanz zwischen dem Auftragsmedium-Auftrag und dem Beginn der Trocknung zwischen 2 und 8 Metern entlang dem Materialbahnverlauf betragen würde.

1.6.1 Es ist unstrittig, dass E1 (Ausführungsbeispiel und anhängende Zeichnung) nicht ausdrücklich offenbart, wo genau sich die Trocknungseinheit 28 in dem ersten Abschnitt des Materialbahnverlaufs nach dem Auftragsabschnitt (d.h. nach der Umlenkrolle 26) befindet. Jedoch war es für den Fachmann naheliegend, aufgrund des allgemeinen Fachwissens (vgl. Streitpatent 0004]) und seiner Kenntnisse über die verschiedenen Einflussfaktoren bei einem Curtain Coating Auftrag, die Trocknungseinheit in den Trocknungsabschnitt nach dem Auftragsabschnitt so nah wie möglich an der Umlenkrolle und daher am Auftragspunkt zu positionieren, um einen schnellstmöglichen Trocknungsbeginn zu erzielen, ohne eine Störung des Farbauftrags herbeizuführen.

Für den Fachmann wäre es daher beim Optimieren der Anlage der E1 naheliegend gewesen, verschiedene Stellen für die Trocknungseinheit innerhalb der Trocknungsstrecke auszuprobieren, sodass sie keinen störenden Einfluss auf den Schichtaufbau des aufgetragenen Mediums gehabt hätten. Es ist zudem unstreitig, dass eine Distanz zwischen dem Auftragsmedium-Auftrag und dem Beginn der Trocknung im Bereich von 2 bis 8 Metern für den Fachmann aufgrund der Baumerkmale der Anlage des E1 denkbar gewesen wäre. Somit wäre der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gelangt.

1.7 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ). Der Hauptantrag ist daher zurückzuweisen.

2. Zulässigkeit des als "Hilfsantrag 2 neu" eingereichten Hilfsantrags

Da dieser Antrag während der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, liegt seine Zulassung in das Verfahren im Ermessen der Kammer (Artikel 13 (1) VOBK).

2.1 Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, stellt dieser Antrag zahlreiche technische Merkmale in den Vordergrund, die der Beschreibung entnommen sind und neue Fragen aufwerfen.

2.1.1 Zum Beispiel enthält der geänderte Wortlaut des Anspruchs 1 folgende Merkmale die einander widersprechen und deshalb unklar sind:

a) "die Materialbahn im Verlauf oder/und am Ende des Auftragsabschnitts ... derart um wenigstens einen Umlenkwinkel umgelenkt wird, dass die Materialbahn nach der Umlenkung zumindest in einem auf diese Umlenkung unmittelbar folgenden ersten Abschnitt des Materialbahnverlaufs zumindest anfänglich im Wesentlichen vertikal nach unten verläuft ... wobei der auf die Umlenkung im Verlauf oder/und am Ende des Auftragsabschnitts (16) unmittelbar folgende erste Abschnitt des Materialbahnverlaufs ein Trocknungsabschnitt ist ...";

b) "... die Materialbahn (18) nach der Umlenkung durch die berührungslose Umlenkanordnung (40) im Wesentlichen vertikal nach oben verlaufend ... die oder wenigstens eine ... Trocknungseinrichtung (30) passiert, wobei es sich bei der nach der berührungslosen Umlenkanordnung durch Anordnung der Trocknungseinrichtung realisierten Trockenstrecke um die erste Trocknungsstrecke nach dem Vorhang-Auftrag handelt.";

c) "... die Materialbahn (18) ... oder/und in einem sich hieran nach einer zweiten Umlenkanordnung (50a) anschließenden zweiten Abschnitt des Materialbahnverlaufs eine berührungslose Umlenkanordnung (40; 60) passiert, die die Materialbahn um wenigstens einen Umlenkwinkel derart umlenkt, dass die Materialbahn ... im Wesentlichen vertikal nach oben verläuft...".

Somit muss sich ausweislich der unter a) wiedergegebenen Merkmalsformulierung die erste Trocknungsstrecke im dem unmittelbar nach der ersten Umlenkung nach dem Auftrag im Wesentlichen vertikal nach unten verlaufenden Abschnitt des Materialbahnverlaufs befinden. Ausweislich der unter b) wiedergegebenen Merkmalsformulierung soll sie sich jedoch erst nach einer späteren berührungslosen Umlenkung vertikal nach oben befinden. Ausweislich der unter c) wiedergegebenen Merkmalsformulierung könnte sich diese berührungslose Umlenkung indes in einem zweiten Abschnitt des Materialbahnverlaufs befinden, was im Widerspruch zu den die Positionierung der ersten Trocknungsstrecke bestimmenden Formulierungen unter a) und b) steht. Daher stehen die Klarheitserfordernisse des Artikels 84 EPÜ dem geänderten Wortlaut prima facie entgegen.

2.1.2 Zudem scheint die neue Kombination der Merkmale aus der ursprünglichen Beschreibung (Teile der Absätze [0022], [0023] und [0031]) nicht zweifelsfrei direkt und eindeutig ableitbar zu sein, weshalb die Vorgaben des Artikels 123(2) EPÜ prima facie nicht eingehalten werden.

2.2 Demzufolge kommt die Kammer zum Schluss, dass der Hilfsantrag nicht prima facie gewährbar ist, weil er neue Fragen in Bezug auf die Vorgaben der Artikel 84 und 123 (2) EPÜ aufwirft. Daher hat die Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13(1) VOBK, beschlossen, den Hilfsantrag nicht in das Verfahren zuzulassen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochten Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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