European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T187215.20190321 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 21 März 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1872/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09005546.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 19/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Effizientes elektronisches Buchungssystem | ||||||||
Name des Anmelders: | Samedi GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Patentanmeldung aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) zurückzuweisen. Die Entscheidung wurde auf die folgenden Dokumente gestützt:
D2: US 2006/143060,
D5: "Bit Vector For Optimal Performance of Calendar Bar Control", IBM Technical Disclosure Bulletin, und
D7: "Bit Array", Wikipedia.
II. In ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen. Sie beantragte hilfsweise eine mündliche Verhandlung.
III. In ihrer vorläufigen Meinung erhob die Kammer Einwände unter anderem unter Artikel 123(2) und 56 EPÜ.
IV. Als Antwort hierauf reichte die Beschwerdeführerin Ansprüche 1 bis 13 eines Hilfsantrags ein.
V. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Vorrichtung zur elektronischen Buchung einer Dienstleistung, umfassend:
Mittel zur Speicherung von Informationen über Dienstleistungsarten, die einem Dienstleister zugeordnet sind;
Mittel zur Speicherung von Informationen über Ressourcen, die dem Dienstleister zugeordnet sind;
Mittel zur Speicherung von Informationen über die Verfügbarkeiten, die einer Ressource zugeordnet sind, wobei die Informationen über die Verfügbarkeiten einen Bitstring umfassen, in dem jedes Bit die Verfügbarkeit in einem bestimmten Zeitintervall beschreibt;
Mittel zur Speicherung von Informationen über Buchungen, die einer Ressource zugeordnet sind, wobei die Informationen über Buchungen einen Bitstring umfassen, aus dem ermittelt werden kann, zu welchem Zeitpunkt gebucht oder nicht gebucht ist;
Mittel zur Speicherung einer Liste von Informationen über Dienstleistungsschritte, die einer Dienstleistungsart zugeordnet sind, wobei Informationen über einen Dienstleistungsschritt Informationen über mindestens eine Ressource und Informationen über einen Zeitraum umfasst, in dem die Ressource benötigt wird;
eine Schnittstelle zum Erhalten einer Buchungsanfrage, die eine Dienstleistungsart spezifiziert; und
Mittel zur Berechnung von Zeiten, zu denen die in der Buchungsanfrage spezifizierte Dienstleistungsart beim Dienstleister gebucht werden kann, wobei die Mittel dazu eingerichtet sind, die Berechnung anhand der der spezifizierten Dienstleistungsart zugeordneten Liste von Informationen über Dienstleistungsschritte, der Informationen über Ressourcen, die dem Dienstleister zugeordnet sind, der Informationen über die Verfügbarkeiten, die den Ressourcen zugeordnet sind und der Informationen über Buchungen, die den Ressourcen zugeordnet sind, für einen gegebenen Zeitraum dadurch durchzuführen, dass die der spezifizierten Dienstleistungsart zugeordneten Dienstleistungsschritte ermittelt werden;
für die ermittelten Dienstleistungsschritte jeweils mindestens eine Ressource ermittelt wird;
für die ermittelten Ressourcen die Verfügbarkeiten und die Buchungen ermittelt werden, die der jeweiligen Ressource zugeordnet sind;
die Bitstrings der ermittelten Verfügbarkeiten und Buchungen durch mindestens eine erste Boolesche Operation so verknüpft werden, dass jeweils ein Bitstring erzeugt wird, der die Buchbarkeit der jeweiligen Ressource im gegebenen Zeitraum beschreibt;
aus der Buchbarkeit der für einen Dienstleistungsschritt ermittelten Ressourcen ein Bitstring ermittelt wird, der die Buchbarkeit des jeweiligen Dienstleistungsschritts im gegebenen Zeitraum beschreibt;
die ermittelten Bitstrings der Buchbarkeiten der Dienstleistungsschritte durch mindestens eine zweite Boolesche Operation so verknüpft werden, dass ein Bitstring erzeugt wird, der die Buchbarkeit der spezifizierten Dienstleistungsart im gegebenen Zeitraum beschreibt."
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass der Begriff "Boolesche Operation" jeweils durch "bitweise logische Verknüpfung" ersetzt wurde.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Beschwerdebegründung aus, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 vom nächstliegenden Stand der Technik in D2 dadurch unterscheidet, dass
(a) die Verfügbarkeiten, Buchungen, Buchbarkeit usw. einer Ressource eines Dienstleistungsschritts oder einer Dienstleistung durch Bitstrings dargestellt werden,
(b) die Bitstrings, zur Ermittlung der Zeiten , zu denen eine Dienstleistung gebucht werden kann, mit Booleschen Operationen verknüpft werden,
(c) ein Bitstring erzeugt wird, der die Buchbarkeit einer Dienstleistungsart im gegebenen Zeitraum beschreibt,
(d) ein Datenmodell vorhanden ist, welches Ressourcen mit Verfügbarkeiten und Buchungen umfasst und sich besonders gut für eine effiziente Umsetzung mit Hilfe von Bitstrings eignet.
1.2 Die Kammer wies in ihrer vorläufigen Meinung darauf hin und die Beschwerdeführerin stimmte in der mündlichen Verhandlung zu, dass ein Datenmodell in Anspruch 1 nicht erwähnt wird und daher der Unterschied (d) nicht vorhanden ist.
1.3 In der mündlichen Verhandlung führte die Beschwerdeführerin aus, dass die unterscheidenden Merkmale des Anspruchs 1 die technische Aufgabe lösten, ein System zur Speicherung von Verfügbarkeiten einzelner Ressourcen in einem bestimmten Zeitraum und zur automatischen, effizienten und schnellen Ermittlung von Verfügbarkeiten einer komplexen Kombination aus diesen Ressourcen für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung zu stellen. Ferner führte die Beschwerdeführerin aus, dass das Ergebnis einer Buchungsanfrage in D2 nicht die Zeiten, zu denen die in der Buchungsanfrage spezifizierte Dienstleistungsart gebucht werden kann, sondern eine nach bestimmten Regeln optimierte Terminplanung sei.
1.4 Die Kammer kann dieser Formulierung der technischen Aufgabe nicht zustimmen, denn D2 offenbart bereits ein System zur Speicherung von Verfügbarkeiten einzelner Ressourcen in einem bestimmten Zeitraum und zur Ermittlung von Verfügbarkeiten einer Kombination aus diesen Ressourcen für einen bestimmten Zeitraum (siehe z.B. Absätze [0037] und [0039]). Zudem erfordert die Herstellung einer optimierten Terminplanung notwendigerweise, als Ausgangspunkt der Optimierung die Berechnung der Zeiten, zu denen die in der Buchungsanfrage spezifizierte Dienstleistungsart gebucht werden kann. Daher kann die zu lösende Aufgabe lediglich darin liegen, das aus D2 bekannte System effizienter oder schneller zu machen.
1.5 Laut der Beschwerdeführerin wird diese Aufgabe durch die Verwendung von Bitstrings zur Darstellung der Verfügbarkeiten, Buchungen, Buchbarkeit einer Ressource und die Verknüpfung von Bitstrings durch Boolesche Operationen gelöst. Die Beschwerdeführerin betonte, dass Bitstrings eine maschinennahe Datenstruktur sind und Computer besonders gut geeignet sind, Vergleichsoperationen mit Bitstrings durchzuführen.
1.6 Die Kammer betrachtet jedoch Bitstrings als elementare Datenstruktur, die sowie Operationen zu ihrer Verknüpfung wohlbekannt ist, siehe z.B. D7, Teile 1 ("Basic operations") und 4 ("Advantages and disadvantages"), und kann keine erfinderische Tätigkeit in der Verwendung einer bekannten Datenstruktur in Terminplanung sehen, da D2 in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Verwendung von relationalen Datenbasen oder anderen Datenstrukturen hinweist (siehe D2, [0038]: "...knowledge bases, relational databases or any other datastructure..."). Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass Bitstrings an sich eine am Anmeldetag bzw. Prioritätstag wohlbekannte Datenstruktur sind. Jedoch bestreitet sie, dass es am Anmeldetag bzw. Prioritätstag naheliegend war, Bitstrings zwecks Darstellung eines Termins zu nutzen. Zur Darstellung eines Termins hätte der Fachmann üblicherweise seine Anfangszeit und seine Endzeit gespeichert, aber nicht einen längeren Zeitstrahl, dessen Intervalle auf Bits eines Bitstrings abgebildet sind. Nach Ansicht der Kammer widerspricht dieses Argument jedoch der Feststellung der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung (siehe Ziffer IV.4, zweiter Absatz), dass D5 eine Darstellung eines Zeitstrahls mit Verfügbarkeiten anhand von Bitstrings offenbart, wobei jedes Bit einem fünf Minuten Intervall entspricht. Das Argument ist daher nicht überzeugend.
1.7 Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) beruht.
2. Hilfsantrag
2.1 Der Hilfsantrag wurde vorsorglich für den Fall eingereicht, dass die Kammer ihren Einwand in ihrer vorläufigen Meinung unter Artikel 123(2) EPÜ aufrechterhält, und unterscheidet sich im wesentlichen nicht vom Hauptantrag. Demzufolge ergibt sich die gleiche Schlussfolgerung bezüglich der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) für Anspruch 1 des Hilfsantrags als für Anspruch 1 des Hauptantrags.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.