T 1797/15 () of 11.7.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T179715.20190711
Datum der Entscheidung: 11 Juli 2019
Aktenzeichen: T 1797/15
Anmeldenummer: 07703793.5
IPC-Klasse: B21B 37/66
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR UNTERDRÜCKUNG DES EINFLUSSES VON WALZENEXZENTRIZITÄTEN
Name des Anmelders: Primetals Technologies Germany GmbH
Name des Einsprechenden: SMS group GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Lösung
Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0003/14
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent EP-B1-1 986 795 betrifft ein Verfahren zur Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizitäten auf das Walzgut.

Gegen das erteilte Patent hatte die Einsprechende Einspruch eingelegt und ihn auf die Gründe der Artikel 100 a) und b) EPÜ gestützt.

II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent in geändertem Umfang gemäß dem mit Schreiben vom 19. September 2014 eingereichten Hauptantrag aufrechtzuerhalten.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (die Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

IV. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalts mit.

V. Eine mündliche Verhandlung fand am 11. Juli 2019 statt. Die vorliegende Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.

VI. Am Schluss der mündlichen Verhandlung bestand folgende Antragslage:

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (die Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise, das Patent in beschränktem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche des Hilfsantrags, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.

VII. Ansprüche

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag einschließlich der in der angefochtenen Entscheidung verwendeten Merkmalsnummerierung lautet:

1 "Verfahren zur Unterdrückung des Einflusses von

Walzenexzentrizitäten auf die Auslaufdicke (ha) eines

Walzgutes (10), welches ein Walzgerüst (1) durchläuft,

2 wobei die Walzenexzentrizitäten unter Verwendung eines

Prozessmodells (27) identifiziert werden und

3 bei der Ermittlung eines Korrektursignals für

mindestens eine Steuervorrichtung (19) für ein

Stellglied des Walzgerüstes (1) berücksichtigt werden,

4 wobei zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten

dem mindestens einen Prozessmodell (27) Messwerte (mE)

der im Walzgut (10) herrschenden Zugkraft (Fz)

zugeführt werden,

5 wobei eine Einlaufdickenkompensation der zur

Identifizierung der Walzenexzentrizitäten verwendeten

Messwerte (mE) erfolgt,

6 wobei das Prozessmodell (27) zumindest den Walzspalt

und die Walzen des Walzgerüstes (1) beschreibt."

Der unabhängige Anspruch 5 lautet wie folgt:

"Computerprogrammprodukt umfassend Programmcode-Mittel geeignet zur Durchführung aller Schritte eines Verfahrens nach einem der vorangehenden Patentansprüche, wenn das Computerprogrammprodukt auf einem Datenverarbeitungssystem ausgeführt wird."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 betreffen bevorzugte Ausführungsformen des in Anspruch 1 definierten Verfahrens.

VIII. Stand der Technik

In der Beschwerdebegründung verweist die Beschwerdeführerin auf folgende Dokumente, die bereits dem Einspruchsverfahren zugrundelagen:

E1: US 4 656 854 A;

E2: "High-Quality Steel Rolling, Theory and Practice", Vladimir B. Ginzburg, 1993, Seiten 274, 287, 288, 303 bis 305;

E3: DE 690 02 745 T3;

E4: Abstract JP 7 164 028 A;

E5: JP 7 164 028 A;

E5a: Deutsche Übersetzung der Ansprüche von E5;

E6: JP 04 200 915 A;

E7: "Thickness control in cold rolling", Donald J. Fapiano, Iron and Steel Engineer, November 1983, Seiten 21 bis 31;

E8: US 4 222 254 A;

E9: US 4 531 392 A.

IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

a) Klarheit und Ausführbarkeit

Das angefochtene Patent enthalte keinerlei Informationen darüber, wie das Prozessmodell zumindest den Walzspalt und die Walzen des Walzgerüsts beschreiben solle. Insbesondere offenbare das Patent kein konkretes Ausführungsbeispiel, das im Detail das gemäß Anspruch 1 einzusetzende Prozessmodell beschreibe.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher unklar und vom Fachmann nicht ausführbar.

b) Erfinderische Tätigkeit

E1 beschreibe ein Verfahren zur Kompensation von Walzenexzentrizitäten. Ausgehend von E1 sei es naheliegend, eine in Hinblick auf die sogenannte Howard-Methode in E2 beschriebene Einlaufdicken-kompensation bei der Messung der Zugkraft gemäß E1 zu berücksichtigen, um das darin beschriebene Kompensationsverfahren zu verbessern.

Alternativ ausgehend von der in E2 beschriebenen Howard-Methode sei es ebenfalls naheliegend, anstelle der Walzkraft die Zugkraft zur Messung der Walzenexzentrizitäten einzusetzen, da dies in E1 als vorteilhaft beschrieben werde.

Zudem werde der beanspruchte Gegenstand ausgehend von E2 auch durch die Lehre eines der weiteren Dokumente E3 bis E7 nahegelegt.

X. Das entsprechende Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Klarheit und Ausführbarkeit

Anspruch 1 stelle eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 5 dar. Die Klarheit des Anspruchs 1 sei daher im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht zu prüfen.

Einem Fachmann sei es geläufig, dass Walzen beispielsweise durch ihren Radius und ihre Drehstellung bzw. der Walzspalt durch den Abstand der Drehachsen und die Radien der Walzen beschrieben werden könnten. Das Verfahren gemäß Anspruchs 1 sei daher für einen Fachmann problemlos ausführbar.

b) Erfinderische Tätigkeit

E2 enthalte keinerlei Hinweis darauf, dass die im Rahmen der Howard-Methode beschriebene Einlaufdicken-kompensation auch bei der Messung der Zugkraft gemäß E1 berücksichtigt werden sollte. Der Fachmann würde nicht einzelne Parameter einer Messmethode isoliert betrachten und diese in einer anderen Messanordnung in einem völlig anderen technischen Zusammenhang gleichermaßen berücksichtigen.

Auch sei weder E2 noch E1 ein Hinweis darauf zu entnehmen, dass in der Howard-Methode gemäß E2 anstelle der Walzkraft vorteilhaft die Zugkraft als zentrale Messgröße zur Messung der Walzenexzentrizitäten eingesetzt werden könne.

Entsprechende Überlegungen gelten ausgehend von E2 auch bei weiterer Berücksichtigung der Dokumente E7 bzw. E3, E4, E5 und E6.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 83 EPÜ - Hauptantrag

Anspruch 1 verweist in Merkmal 6 auf ein Prozessmodell, das zumindest den Walzspalt und die Walzen des Walzgerüsts beschreiben soll.

Das Streitpatent offenbart kein konkretes Ausführungsbeispiel, mittels dem das einzusetzende Prozessmodell im Detail verdeutlicht wird. Ein konkretes Ausführungsbeispiel oder eine detaillierte Beschreibung für jedes mögliche technische Detail ist allerdings nicht erforderlich, um eine Nacharbeitung durch einen Fachmann zu ermöglichen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, 2016, Kapitel II.C.3.1).

Die Beschwerdeführerin hat keinerlei tatsächlichen Anhaltspunkte dafür geliefert, warum Prozessmodelle, die den Walzspalt und die Walzen beschreiben, dem Fachmann allgemein unbekannt sein sollten. Insbesondere sind keine Gründe dafür erkennbar, warum Walzen nicht beispielsweise durch ihren Radius und ihre Drehstellung bzw. der Walzspalt durch den Abstand der Drehachsen und die Radien der Walzen beschrieben werden könnten.

Ganz im Gegenteil argumentiert die Beschwerdeführerin sogar im Rahmen der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit, dass das Merkmal 6 für den Fachmann eine triviale Maßnahme darstelle, die der Fachmann vornehmen würde, ohne hierzu erfinderisch tätig zu werden. Dieses Argument spricht, für sich besehen, sogar für die Ausführbarkeit und nicht dagegen.

Die Kammer bestätigt daher die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt.

2. Artikel 84 EPÜ

Gemäß der Entscheidung G3/14 der Großen Beschwerdekammer ist die Klarheit von erteilten Ansprüchen im Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht zu prüfen.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 5. Insbesondere das von der Beschwerdeführerin als unklar bezeichnete Merkmal 6 des Anspruchs entspricht wörtlich dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 5.

Die Klarheit des Gegenstands des Anspruchs 1 ist daher im vorliegenden Fall nicht zu diskutieren.

3. Artikel 56 EPÜ - Hauptantrag

3.1 In Übereinstimmung mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung identifizieren beide Verfahrensbeteiligten jeweils E1 und E2 als Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit.

Die Kammer sieht keinerlei Veranlassung, von dieser Auffassung abzuweichen, da beide Dokumente ähnlich dem Streitpatent jeweils ein Verfahren zur Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizitäten auf die Auslaufdicke eines Walzguts beschreiben.

3.2 Ausgehend von E1

3.2.1 E1 (Anspruch 1 und Figur 1) beschreibt ein Verfahren zur Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizi-täten auf die Auslaufdicke eines Walzguts, bei dem einlaufseitig oder auslaufseitig die im Walzgut herrschende Zugspannung erfasst wird. In Abhängigkeit der daraus ermittelten Exzentrizitäten wird der Walzspalt korrigiert.

Die Entgegenhaltung E1 offenbart somit unstreitig die Merkmale 1 bis 4 des Anspruchs 1.

3.2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Offenbarung der E1 dadurch, dass

a) eine Einlaufdickenkompensation des zur Identifi-

zierung der Walzenexzentrizitäten verwendeten

Messwerts (mE), nämlich der Zugkraft FZ, erfolgt

(Merkmal 5) und

b) ein Prozessmodell (27) eingesetzt wird, das

zumindest den Walzspalt und die Walzen des

Walzgerüstes (1) beschreibt (Merkmal 6).

3.2.3 Gemäß Absatz [0029] des Streitpatents können auf der Einlaufseite periodische Dickenschwankungen mit Frequenzen auftreten, die nahezu gleich den Exzentri-zitätsfrequenzen sind. Diese Dickenschwankungen können die Identifikation der Walzenexzentrizitäten stören. Eine Einlaufdickenkompensation dient daher dazu, den möglichen Einfluss der Einlaufdickenschwankungen auf die gemessene Zugkraft zu kompensieren.

3.2.4 Die objektive Aufgabe kann folglich darin gesehen werden, ein optimiertes Verfahren zur Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizitäten auf das Walzgut bereitzustellen.

3.2.5 In Übereinstimmung mit den Ausführungen zur Ausführbarkeit in obigem Punkt 1 stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin zu, dass der Einsatz eines Prozessmodells gemäß Merkmal 6 für den Fachmann eine übliche Maßnahme in der Steuerung eines Walzstands darstellt.

Diesbezüglich wurden von der Beschwerdegegnerin auch keine Gegenargumente vorgebracht.

3.2.6 Streitig ist allerdings, ob es ausgehend von dem in E1 beschriebenen Verfahren naheliegend ist, eine Einlaufdickenkompensation für den zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten verwendeten Messwert, nämlich die im Walzgut herrschende Zugkraft, vorzunehmen.

Diesbezüglich argumentiert die Beschwerdeführerin, dass E2 eine derartige Vorgehensweise nahelege.

3.2.7 E2 beschreibt in Kapitel 12 allgemein verschiedene Verfahren zur Kompensation von Walzenexzentrizitäten, die einen Einfluss auf die Dicke eines gewalzten Produkts haben. In Absatz "Active roll eccentricity control methods" auf Seite 274 von E2 werden eine Vielzahl möglicher Parameter genannt, wie beispielsweise "roll force", "roll gap", "rolled material exit thickness" und "strip tension" mittels derer Walzenexzentrizitäten kontrolliert werden können. Die Messung der im Walzgut herrschenden Zugkraft ("strip tension") wird zwar als eine Möglichkeit aufgelistet. Allerdings wird in diesem Zusammenhang nicht angegeben, dass dabei auch die Veränderung der Einlaufdicke erfasst werden sollte.

3.2.8 In einem weiteren, davon unabhängigen Abschnitt 12.9 auf den Seiten 287 und 288 beschreibt E2 eine spezielle Methode zur Kompensation von Walzenexzentrizitäten, die sogenannte "Howard Method". Im Rahmen der Howard-Methode wird zur Kompensierung der Walzenexzentrizität die Veränderung der Einlaufdicke DELTAH und der Walzkraft DELTAP erfasst.

Die Howard-Methode beschreibt ein konkretes Verfahren, bei dem die einzelnen Messungen und Verarbeitungs-schritte ineinandergreifen, wie beispielsweise das Blockdiagramm in Abbildung 12.12 verdeutlicht. Dabei ist es nachvollziehbar, dass eine gegebenenfalls auftretende Bandeingangsdickenschwankung einen Einfluss auf die gemessene Walzkraft hat und somit die Messung der Walzenexzentrizität mittels der Walzkraft durch die Bandeingangsdickenschwankung beeinflusst wird.

Weder aus der Beschreibung der E2 noch aus dem zugehörigen Blockdiagramm in Abbildung 12.12 ist allerdings erkennbar oder ableitbar, dass die Ermittlung der Veränderung der Einlaufdicke als solches, also unabhängig von den übrigen Bedingungen der Howard-Methode, auch dann vorteilhaft sein könnte, wenn zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten nicht die Walzkraft, sondern alternative Messwerte herangezogen werden, wie beispielsweise die im Walzgut herrschende Zugkraft gemäß E1.

Daher liefert E2 im Zusammenhang mit der Howard-Methode keine Lehre, die den Fachmann ausgehend von der E1 dazu anleitet, eine Einlaufdickenkompensierung auch bei einer Walzenexzentrizitätsbestimmung mittels Zugkraftmesswerten gemäß E1 durchzuführen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist daher ausgehend von E1 unter Berücksichtigung von E2 nicht naheliegend.

3.3 Ausgehend von E2

3.3.1 E2 beschreibt im Abschnitt 12.9 auf den Seiten 287 und 288 die Howard-Methode, bei der zur Kompensierung der Walzenexzentrizität die Veränderung der Einlaufdicke DELTAH und der Walzkraft DELTAp erfasst wird.

3.3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem in E2 beschriebenen Verfahren dadurch, dass

a) zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten dem

mindestens einen Prozessmodell Messwerte der im

Walzgut herrschenden Zugkraft zugeführt werden

(Merkmal 4) und

b) das Prozessmodell zumindest den Walzspalt und die

Walzen des Walzgerüstes beschreibt (Merkmal 6).

3.3.3 In Analogie zu den obigen Ausführungen in Punkt 3.2.5 stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin zu, dass der Einsatz eines Prozessmodells gemäß Merkmal 6 für den Fachmann eine triviale Maßnahme betrifft.

3.3.4 Gemäß Absatz [0003] des Streitpatents werden zur Messung der Walzkraft in der Regel Öldruckgeber verwendet, deren Messwerte durch Reibungseinflüsse erheblich verfälscht werden. Dies bedingt, dass keine hinreichend zuverlässige und effektive Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizitäten mit Hilfe der Messgeräte erfolgen kann. Zuverlässigere und genauere Messmethoden für die Walzkraft sind zu teuer und zu aufwendig.

3.3.5 Die objektive Aufgabe kann folglich darin gesehen werden, ein zuverlässigeres und effektiveres Verfahren zur Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizitäten auf das Walzgut bereitzustellen.

3.3.6 E2 selbst offenbart in dem Absatz "Active roll eccentricity control methods" auf Seite 274 eine Vielzahl möglicher Parameter (roll force, roll gap, rolled material exit thickness, strip tension, etc), mittels derer Walzenexzentrizitäten kompensiert werden können.

Allerdings gibt E2 keinerlei Hinweis darauf, dass die Messung der im Walzgut herrschenden Zugkraft zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten etwaige Vorteile gegenüber einem Verfahren haben könnte, bei dem die Veränderung der Walzkraft kontrolliert wird.

3.3.7 E1 offenbart diesbezüglich in Spalte 1, Zeilen 45 bis 50, dass die Messung der Walzkraft zur Ermittlung von Walzenexzentrizitäten langsam ist, wodurch die Walzkraftsignale zeitverzögert sind. Dies stehe einer effektiven und zuverlässigen Unterdrückung des Einflusses von Walzenexzentrizitäten entgegen. Um dieses Problem zu vermeiden, schlägt E1 vor, statt der Walzkraft die Zugkraft zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten zu verwenden.

Somit mag der Fachmann aus E1 zwar die Anregung erhalten, zur Identifizierung der Walzenexzentrizitäten Messwerte der im Walzgut herrschenden Zugkraft anstelle der Walzkraft zu verwenden.

Allerdings ist kein nachvollziehbarer Grund dafür erkennbar, dass, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, der Fachmann nur die Kompensationsgröße der speziellen Howard-Methode, in der die Walzkraft als zentrale Messgröße bestimmt wird, beibehalten würde, wenn er doch die zentrale Messgröße dieser Methode ersetzen möchte.

Ein derartiges, theoretisch zwar mögliches, aber keinesfalls per se naheliegendes Vorgehen würde der Fachmann ohne Kenntnis des Streitpatents nicht in Erwägung ziehen. Vielmehr würde er, anders als das Patent, sogleich auf ein Verfahren wie das in E1 beschriebene zurückgreifen, bei dem die Zugkraft die zentrale Messgröße darstellt, und die nötigen Kompensationsgrößen entsprechend bestimmen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist daher ausgehend von E2 unter Berücksichtigung von E1 nicht naheliegend.

3.4 Es ist unstreitig, dass keines der weiterhin von der Beschwerdeführerin zitierten Dokumente E3 bis E7 eine Kompensation der Einlaufdicke gemäß Merkmal 5 des Anspruchs 1 offenbart.

Die Dokumente E3 bis E7 offenbaren daher kein Verfahren, das dem beanspruchten Verfahren gemäß Anspruch 1 näher kommt als das in E1 beschriebene Verfahren.

Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von E2 aus den oben dargelegten Gründen auch in Kenntnis der E3 bis E7 nicht naheliegend.

4. Die Kammer bestätigt daher die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ erfüllt.

Die Beschwerde ist daher nicht begründet.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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