T 1719/15 () of 22.12.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T171915.20161222
Datum der Entscheidung: 22 Dezember 2016
Aktenzeichen: T 1719/15
Anmeldenummer: 11713716.6
IPC-Klasse: B29C 47/90
B29C 47/92
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur präzisen Regelung des Unterdruckes
Name des Anmelders: SMI Service Management Immobilien GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus
Änderungen - Hilfsantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) hat Beschwerde eingelegt gegen die am 22. April 2015 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 11 713 716.6 wegen fehlender Neuheit zurückzuweisen.

II. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchssatzes (Hauptantrag) oder hilfsweise auf Basis des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags zur erteilen.

III. In dieser Entscheidung wird auf folgendes Dokument Bezug genommen:

D2: US 2006/0159794

IV. Der erteilte unabhängige Anspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet folgendermaßen:

"Vorrichtung zur Regelung des Unterdruckes in Kalibrierwerkzeugen (2, 2', 3) zum Kalibrieren von extrudierten Kunststoffprofilen (1) mit mindestens einer Vakuumpumpe (7), einem Vakuumbehälter (8) und mit einem Steuerventil (4, 4') zur Einstellung des Unterdruckes im Werkzeug (2, 2', 3), dadurch gekennzeichnet, dass das Steuerventil (4, 4') zwischen dem Vakuumbehälter (8) und dem Werkzeug (2, 2', 3) angeordnet ist und als Servoventil ausgebildet ist, das über eine Steuerleitung (5, 5') mit dem Werkzeug (2, 2', 3) verbunden ist."

Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag ist folgender:

"Vorrichtung zur Regelung des Unterdruckes in Kalibrierwerkzeugen (2, 2', 3) zum Kalibrieren von extrudierten Kunststoffprofilen (1) mit mindestens einer Vakuumpumpe (7), einem Vakuumbehälter (8) und mit einem Steuerventil (4, 4') zur Einstellung des Unterdruckes im Werkzeug (2, 2', 3), wobei das Steuerventil (4, 4') zwischen dem Vakuumbehälter (8) und dem Werkzeug (2, 2', 3) angeordnet ist und als Servoventil ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Steuerventil (4, 4') zusätzlich zu einer Saugleitung (6, 6') über eine Steuerleitung (5, 5') mit dem Werkzeug (2, 2', 3) verbunden ist."

V. Der Vortrag der Beschwerdeführerin kann wie folgt zusammengefasst werden:

In dem von der Prüfungsabteilung als neuheitsschädlich angesehenen Dokument D2 handle es sich bei den das Stetigventil mit dem Werkzeug verbindenden Leitungen (12, 14) um Saugleitungen und nicht um Steuerleitungen. Im Gegensatz dazu bestehe die vorliegende Erfindung darin, dass der Druck über eine eigene Steuerleitung vom jeweiligen Werkzeug direkt abgenommen werde. Der Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung sei es, dass die in der Saugleitung auftretenden Druckpulsationen die Druckmessung nicht beeinflussten, wenn der Druck direkt am Werkzeug und nicht an dem vom Werkzeug entfernten Ende der Saugleitung gemessen werde. Das Messprinzip, das dabei angewendet werde, sei nicht von Bedeutung. Außerdem zeige die Anordnung nach Dokument D2 zwar Stetigventile, aber kein Servoventil, das eine besondere Bauart von Stetigventilen darstelle. Im Lichte dieser beiden Unterschiede sei der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag oder nach dem Hilfsantrag nicht nur neu, sondern auch erfinderisch.

Auch wenn in den Figuren der zurückgewiesenen Anmeldung ein Ausführungsbeispiel gezeigt sei, bei dem die Steuerleitung und die Saugleitung miteinander kombiniert seien, würden in der zugehörigen Beschreibung die Eigenschaften und Funktionen der Steuerleitung 5 einerseits und der Saugleitung 6 andererseits getrennt voneinander erläutert. Dies bilde eine Offenbarung dafür, dass das Steuerventil zusätzlich zu einer Saugleitung über eine Steuerleitung mit dem Werkzeug verbunden sei. Folglich sei Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag in Einklang mit den Erfordernissen von Artikel 123 (2) EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

1.1 Die Beschwerdeführerin sieht die Unterschiede zwischen dem Gegenstand von Anspruch 1 und der Vorrichtung nach dem Dokument D2 im Wesentlichen darin, dass

a) erfindungsgemäß das Servoventil mit dem Werkzeug mittels (separater) Steuerleitungen verbunden sei

und dass

b) das entsprechende Stetigventil in Dokument D2 als Servoventil ausgebildet sei.

1.2 Zum Merkmal a) ist zunächst festzustellen, dass der Wortlaut von Anspruch 1 nicht auf eine separate Steuerleitung abstellt. Schon deshalb kann der Ansicht der Beschwerdeführerin, die vorliegende Erfindung liege darin, dass der Druck über eine eigene Steuerleitung vom jeweiligen Werkzeug direkt abgenommen werde, nicht beigetreten werden. Vielmehr ist festzustellen, dass die beanspruchte Anordnung, in der das Steuerventil zwischen dem Vakuumbehälter und dem Werkzeug angeordnet und über eine Steuerleitung mit dem Werkzeug verbunden ist, vom Dokument D2 vorweggenommen ist, vgl. beispielsweise die in der Figur gezeigten Steuerventile 13, 30a, 30b und die auch als Steuerleitungen dienenden Leitungen 8a, 8b, 12. Aus diesem Grund kann das oben genannte Merkmal a) keinen Unterschied zum Dokument D2 herstellen.

1.3 Hinsichtlich des Merkmals b) ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass das Dokument D2 kein Servoventil erwähnt.

Die zu lösende objektive technische Aufgabenstellung kann folglich darin gesehen werden, die Regelungsgenauigkeit des Ventils zu verbessern.

Zur Lösung dieser Aufgabe auf ein Servoventil zurückzugreifen ist naheliegend. Für einen Fachmann mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Hydraulik und Pneumatik stellt es eine Routinemaßnahme dar, aus den am Markt erhältlichen Stetigventilen ein Servoventil auswählen, wenn die erwünschte Regelgenauigkeit dies erfordert, zumal Servoventile eine seit Jahrzehnten bekannte Bauart von Stetigventilen sind, die regelmäßig dort zum Einsatz kommen, wo eine höhere Regelungsgenauigkeit gefordert wird. Überraschende Wirkungen oder synergistische Effekte sind weder im Beschwerdeverfahren geltend gemacht worden noch aus der Anmeldung ersichtlich.

Somit beruht der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ.

2. Hilfsantrag

Das im Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag ergänzte Merkmal, dass das Steuerventil zusätzlich zu einer Saugleitung über eine Steuerleitung mit dem Werkzeug verbunden ist, hat in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen keine ausreichende Grundlage. Nach den dortigen Zeichnungen betreffen die Bezeichnungen "Steuerleitung (5, 5')" und "Vakuumleitung (6, 6')" die gleichen Bauteile (vgl. Figuren 1 und 2). Auch dem Text der zugehörigen Beschreibung lässt sich nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass zusätzlich zu einer Saugleitung eine Steuerleitung zur Verbindung zwischen Werkzeug und Servoventil vorgesehen sein soll. Auch dass, wie von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführt, die Steuerleitung und die Saugleitung zwar in allen Figur als eine (gemeinsame) Leitung dargestellt seien, ihre jeweiligen Funktionen in der Beschreibung jedoch getrennt voneinander erläutert würden, kann keine unmittelbare und eindeutige Basis für eine zusätzlich zur Saugleitung vorhandene Steuerleitung bilden.

Damit erfüllt der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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