European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T166615.20170913 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 September 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1666/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08735439.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 53/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Leitungsverbinder für Medienleitungen | ||||||||
Name des Anmelders: | Voss Automotive GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | REHAU AG+Co TI Automotive (Heidelberg) GmbH |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) Spät eingereichte Druckschrift - nicht zugelassen |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 2 137 449 zu widerrufen.
II. Die Einsprüche der Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechende 1 und 2) stützten sich auf die in Artikel 100(a) und (c) EPÜ 1973 genannten Einspruchsgründe der fehlenden Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973, der mangelnden erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973 und einer Änderung, die über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, Artikel 123(2) EPÜ.
III. Am 13. September 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Ansprüche einer der mit Schreiben vom 2. November 2015 eingereichten Hilfsanträge 2 bis 6 aufrechtzuerhalten.
V. Die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechenden 1 und 2) beantragten die Beschwerde zurückzuweisen.
VI. Es wird auf folgende Druckschriften Bezug genommen:
D6 EP 0 219 126 A2;
D7 DE 87 04 903 U1;
D11 JP 54 051473 U und deutsche Übersetzung D11';
D11" Beglaubigte deutsche Übersetzung von D11;
D15 FR 2 812 372 A1;
D16 DE 20 2005 017 314 U1.
VII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet wie folgt (Merkmalskennzeichnung in eckigen Klammern durch die Kammer hinzugefügt):
"[1.1] Leitungsverbinder (1) zur Anschlussverbindung mindestens einer Medienleitung, [1.2] bestehend aus einem als einstückiges Kunststoff-Formteil ausgebildeten Verbinderstück (2) [1.3] mit mindestens zwei Anschlussabschnitten (6, 8) zur Anschlussverbindung jeweils mit einer Medienleitung (4) oder mit einem Aggregat [1.4] sowie mit einem an die Anschlussabschnitte (6, 8) angrenzenden und diese verbindenden Übergangsabschnitt (10) mit einem inneren Strömungskanal (11), [1.5] wobei ein Anschlussabschnitt (8) als Muffenteil für eine lösbare Steckverbindung und [1.6] ein Anschlussabschnitt (6) als Steckabschnitt für eine Steckverbindung der Medienleitung (4) ausgebildet ist, und [1.7] wobei zumindest im Bereich des Übergangsabschnittes (10) elektrische Heizmittel (12) vorgesehen sind,
dadurch gekennzeichnet, dass [1.8] die elektrischen Heizmittel (12) in einer den Strömungskanal (11) zumindest teilweise umschließenden Anordnung vorgesehen sind und [1.9] als Heizmittel (12) mindestens ein Heizdraht (14) in einer mit einer etwa gleichmäßigen Flächenverteilung zumindest über den Bereich des Übergangsabschnittes (10) verlaufenden Anordnung vorhanden ist, und [1.10] der Heizdraht (14) das Verbinderstück (2) außen spulenartig gewickelt umschließt und [1.11] das Verbinderstück (2) Formelemente (16, 18) zur Führung und Fixierung des außen aufgebrachten Heizdrahtes (14) aufweist [1.12] sowie das Verbinderstück (2) mit den Heizmitteln (12) von einer äußeren Kapselung umschlossen ist, [1.13] wobei die Kapselung (24) mit dem Verbinderstück (2) formschlüssig verbunden ist, [1.14] wobei der Anschlussabschnitt (6) als hohlzylindrische Aufnahme zum direkten Einstecken des Endes der Medienleitung (4) ausgebildet ist, [1.15] wobei die Medienleitung (4) stoffschlüssig durch Verschweißen befestigbar ist."
Der unabhängige Anspruch 3 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nur darin, dass das Merkmal [1.10] des Anspruchs 1 durch folgendes Merkmal [3.10] ersetzt ist:
"wobei der Heizdraht (14) einen mäanderartigen Verlauf zur Vermeidung einer Spulenwirkung bei Stromfluss aufweist"
und im Merkmal [1.9] der Ausdruck "vorhanden ist" durch "vorgesehen ist" ersetzt ist (neues Merkmal [3.9]).
Der unabhängige Anspruch 10 des Hilfsantrags 2 lautet wie folgt (Merkmalskennzeichnung in eckigen Klammern durch die Kammer hinzugefügt):
"Konfektionierte Medienleitung bestehend aus einer Rohrleitung (4a) mit einem am Umfang angeordneten Heizleiter (29) sowie einem mindestens an einem Rohrleitungsende der Medienleitung befestigten beheizbaren Leitungsverbinder (1), wobei der Leitungsverbinder (1) zur Anschlussverbindung mindestens einer Medienleitung, bestehend aus einem als einstückiges Kunststoff-Formteil ausgebildeten Verbinderstück (2) mit mindestens zwei Anschlussabschnitten (6, 8) zur Anschlussverbindung jeweils mit einer Medienleitung (4) oder mit einem Aggregat sowie mit einem an die Anschlussabschnitte (6, 8) angrenzenden und diese verbindenden Übergangsabschnitt (10) mit einem inneren Strömungskanal (11), wobei ein Anschlussabschnitt (8) als Muffenteil für eine lösbare Steckverbindung und ein Anschlussabschnitt (6) als Steckabschnitt für eine Steckverbindung der Medienleitung (4) ausgebildet ist, und wobei zumindest im Bereich des Übergangsabschnittes (10) elektrische Heizmittel (12) vorgesehen sind,
dadurch gekennzeichnet, dass die elektrischen Heizmittel (12) in einer den Strömungskanal (11) zumindest teilweise umschließenden Anordnung vorgesehen sind, und [10.9] als Heizmittel (12) mindestens ein Heizdraht (14) in einer mit einer etwa gleichmäßigen Flächenverteilung zumindest über den Bereich des Übergangsabschnittes (10) verlaufenden Anordnung vorhanden ist, [10.10] und der Heizdraht (14) das Verbinderstück (2) außen spulenartig gewickelt umschließt und [10.11] das Verbinderstück (2) Formelemente (16, 18) zur Führung und Fixierung des außen aufgebrachten Heizdrahtes (14) aufweist, und wobei das Verbinderstück (2) mit den Heizmitteln (12) von einer äußeren Kapselung (24) umschlossen ist, wobei die Kapselung (24) mit dem Verbinderstück (2) formschlüssig verbunden ist, und wobei der Anschlussabschnitt (6) als hohlzylindrische Aufnahme zum direkten Einstecken des Endes der Medienleitung (4) ausgebildet ist, wobei die Medienleitung (4) stoffschlüssig durch Verschweißen befestigt ist."
Der unabhängige Anspruch 12 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 10 nur darin, dass das Merkmal [10.10] des Anspruchs 10 durch folgendes Merkmal [12.10] ersetzt ist:
"wobei der Heizdraht (14) einen mäanderartigen Verlauf zur Vermeidung einer Spulenwirkung bei Stromfluss aufweist"
und im Merkmal [10.9] der Ausdruck "vorhanden ist" durch "gebildet sind" ersetzt ist (neues Merkmal [12.9]).
VIII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Druckschrift D16
Die Druckschrift D16 betreffe einen unbeheizten druckfesten Leitungsverbinder und komme aus einem anderen Fachgebiet, sei daher nicht prima facie relevant und bilde nicht den nächstliegenden Stand der Technik für die Frage der erfinderischen Tätigkeit. Stattdessen sei die Druckschrift D2 der nächstliegende Stand der Technik, denn diese entspreche dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Das Merkmal "Muffenteil" sei bereits als Alternative im erteilten Anspruch 1 und das Merkmal "Verschweißen" käme im vorliegenden Anspruch 1 nicht vor. Es gebe somit keine Rechtfertigung dafür, warum die Beschwerdegegnerin nicht in der Lage gewesen sei, diese deutsche Gebrauchsmusterschrift selber zu ermitteln und rechtzeitig in das Einspruchsverfahren einzuführen.
Die spät vorgebrachte Druckschrift D16 solle nicht zum Beschwerdeverfahren zugelassen werden.
Druckschrift D11
Der Antrag, die Druckschrift D11 als verspätete Druckschrift im Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen, werde nicht aufrechterhalten (Schreiben vom 11. August 2017, Punkt 7.1).
Die Auffassung, dass die innere Folie 5 des Heizelements 4 den Rohrverbindungskörper bilden könne, habe keine Grundlage in der Druckschrift D11. Diese Auffassung sei zudem konträr zu der in der Druckschrift D11 offenbarten konstruktiven Ausgestaltung und zu der darin angegebenen Aufgabenstellung, zur effektiveren Nutzung der erzeugten Wärme, das Heizelement an der Innenwandfläche anzuordnen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich somit von dem Leitungsverbinder der Druckschrift D11 daher dadurch,
- dass ein Anschlussabschnitt für eine lösbare Steckverbindung geeignet sei;
- dass das Heizkabel auf der Außenseite des Übergangsabschnittes verlaufe;
- dass das Heizkabel spulenartig gewickelt sei;
- dass das Verbinderstück von einer äußeren Kapselung umschlossen sei; und
- dass die Medienleitung stoffschlüssig durch Verschweißen befestigbar sei.
Die Druckschrift D11 lehre ausdrücklich zur Verbesserung der Nachteile des Standes der Technik, das Heizelement in das Innere des Rohrverbindungshauptkörpers 1 zu verlegen. Aus diesem Grund würde ein Fachmann die Druckschrift D11 nicht als nächstliegenden Stand der Technik heranziehen, weil dieser eben nicht zum Gegenstand der vorliegenden Erfindung führe, bei der der Heizdraht auf der Außenseite des Verbinderstücks gemäß Anspruch 1 angeordnet sei.
Druckschrift D7
Wenn der Fachmann von der Druckschrift D7 ausgehend die Aufgabe, eine Verbesserung der Wärmeübertragung zu erreichen, zu lösen versuche, werde er aus folgenden Grund nicht die Druckschrift D6 in Betracht ziehen. Die Drucksschrift D6 betreffe eine Heizvorrichtung für Waschflüssigkeit in Scheibenwischanlagen von Fahrzeugen, die dafür bestimmt sei das Scheibenspritzwasser auf circa 80°C zu erhitzen. Dagegen sei die Aufgabe der Erfindung des Streitpatents ein Gefrieren des jeweiligen Mediums im Verbinderbereich zu verhindern. Der Fachmann würde schon deshalb die Heizvorrichtung der Druckschrift D6 nicht in Betracht ziehen.
Die Wirkung der Formelemente der Erfindung sei es eine definierte Beheizung zu gewährleisten (Streitpatent, Spalte 1, Zeile 57 bis Spalte 2, Zeile 3).
Selbst wenn der Fachmann die Druckschrift D6 in Betracht ziehen würde, so würde er nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, weil er durch die Druckschrift D6 keine Veranlassung habe Formelemente am Verbinderstück gemäß der D7 anzubringen, weil die Druckschrift D7 bereits eine abgeschlossene Lösung zum Fixieren des Heizdrahtes durch Umspritzen bereitstelle.
Darüber hinaus würde er ebenfalls nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, weil in der Druckschrift D6 der Heizdraht 69 auf den Tragkörper 50 aus eloxiertem Aluminium in einem Schraubengewinde ähnlichen Haltelement aufgewickelt werde. Der Trägerkörper der Druckschrift D6 bestehe aus Aluminium, so dass sich für den Fachmann das Problem einer verbesserten Wärmeübertragung zwischen den metallischen Heizdrähten und dem metallischen Tragkörper nicht stelle.
Der Vortrag der Beschwerdegegnerinnen könne somit nicht die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 in Frage stellen.
Diese Argumente gelten in gleicher Weise für die weiteren unabhängigen Ansprüche 3, 10 und 12.
IX. Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Druckschrift D16
Da die Druckschrift D11 ein anderes Fachgebiet betreffe und - gemäß der vorläufigen Meinung der Kammer - die Druckschrift D7 von der Erfindung weg führe, bilde die Druckschrift D16 den erfolgversprechenden Ausgangspunkt, d.h. den nächstliegenden Stand der Technik für die Frage der erfinderischen Tätigkeit: Die Erfindung sei prima facie durch Druckschrift D16 in Kombination mit der Druckschrift D6 nahegelegt. Die Druckschrift D16 sei eine Reaktion auf das erst in der letzten Einspruchsverhandlung aufgenommene Merkmal "Muffenteil" und darauf, dass in dem unabhängigen Anspruch 12 im Merkmal "Verschweißen" der Begriff "befestigbar" in "befestigt ist" abgeändert wurde (Einspruchsentscheidung, Punkt 2.5.1). Die Beschwerdegegnerin habe genügend Zeit gehabt auf diese Druckschrift D16 zu reagieren. Die Druckschrift D16 solle zum Beschwerdeverfahren zugelassen werden.
Druckschrift D11
Das Gebot der breitesten, technisch sinnvollen Auslegung müsse angewandt werden, um den Begriffen "Verbinderstück" und "Kapselung" des Anspruchs 1 jeweils ein Element aus der Druckschrift D11 zuzuordnen.
Der Begriff "Verbinderstück" sei hierbei so zu verstehen, dass das Verbinderstück zwar eine fluidische, nicht aber zwingend eine feste, mechanische Verbindung enthalten müsse: eine feste, mechanische Verbindung der Medienleitung könne beispielsweise auch über die Kapselung realisiert werden. Bei der Druckschrift D11 falle die fluidische und die mechanische Verbindung auseinander: Das Innere der beiden Elemente 5 sei daher für die fluidische Verbindung verantwortlich, wohingegen das Element mit dem Bezugszeichen 1, 2, 3 für die mechanische Verbindung zuständig sei. Den fluidischen Charakter des Verbinderstücks verdeutliche dasjenige Merkmal, wonach das Verbinderstück einen inneren Strömungskanal aufweisen müsse und somit einen Kanal zum Strömen und daher einen direkten Kontakt mit dem Fluid haben müsse. Das Element 1, 2, 3 aus der Figur 1 der Druckschrift D11 habe keinen inneren Strömungskanal und sei nicht für die fluidische, sondern für die mechanische Verbindung der Rohrleitung 14 ausgelegt. Das Element 1, 2, 3 sei daher nicht als Verbinderstück, sondern vielmehr als Kapselung im Sinne des Streitpatentes aufzufassen, weil es die restliche Verbindungsanordnung einkapsele. Die Druckschrift D11 offenbare - neben der Kapselung 1, 2, 3 - keine weitere, die Kapselung 1, 2, 3 umschließende Kapselung, weil diese zweite Kapselung überflüssig wäre.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich somit von dem Leitungsverbinder der Druckschrift D11 nur dadurch, dass das Merkmal, dass "der Heizdraht das Verbinderstück außen spulenartig gewickelt umschließt" nicht unmittelbar und eindeutig in der Druckschrift D11 offenbart sei, weil dort keine Angaben zu Art und Weise der Heizdrahtverlegung zu finden seien (Schreiben vom 11. August 2017, Seite 5, letzter Absatz bis Seite 6, erster Absatz). Eine solche spulenartige Wickelung sei aber für den Fachmann durch jede der Druckschriften D3, D6, D7 und D9 nahegelegt. Zudem sei die spulenartige Wickelung auch durch das Fachwissen nahegelegt: Die Anwendung des Fachwissens sei dadurch veranlasst, dass der Heizdraht ohne die Art und Weise, in welcher er verlegt sei, in der Druckschrift D11 offenbart werde. Der Fachmann sei daher gezwungen, sich hierüber Gedanken zu machen und werde als erstes auf sein Fachwissen zugreifen und so zu der spulenartigen Wicklung gelangen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Druckschrift D7
Die Druckschrift D7 bilde den nächstliegenden Stand der Technik.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der konfektionierten Medienleitung Druckschrift D7 unter anderem dadurch, dass das Verbinderstück Formelemente zur Führung und Fixierung des außen aufgebrachten Heizdrahtes aufweise.
Dieser Unterschied entspräche einer unabhängigen Teilaufgabe, nämlich der die Wärmeübertragung auf den Strömungskanal zu optimieren.
Zur Lösung dieser Teilaufgabe werde der Fachmann die Druckschrift D6 heranziehen. Die Heizvorrichtung für Waschflüssigkeit in Scheibenwischanlagen von Fahrzeugen der Druckschrift D6 sei dazu bestimmt an zwei Leitungen angeschlossen zu werden und sei deshalb auch ein Leitungsverbinder. Die Druckschrift D6 offenbare, dass eine schraubenlinienförmige Nut vorteilhaft zur Erhöhung der Wirksamkeit eines Heizdrahtes im Übergangsbereich des Verbinderstücks 50a sei (Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4, erster Absatz). Die Druckschrift D6 lehre den Fachmann, dass die technische Aufgabe der Verbesserung der Wärmeübertragung alleine mithilfe des Formelements "schraubenlinienförmige Nut" gelinge: Somit habe der Fachmann keine Veranlassung weitere Vorrichtungsbestandteile der Druckschrift D6 übernehmen zu wollen. Somit könne das Merkmal der Formelemente keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Diese Argumente gelten in gleicher Weise für die weiteren unabhängigen Ansprüche 3, 10 und 12.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Druckschrift D16
1.1 Nach Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) liegt es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens nach Einreichung der Erwiderung (oder der Beschwerdebegründung) zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens wird insbesondere berücksichtigt, ob gute Gründe für das späte Vorbringen vorliegen.
Nach Artikel 13(3) VOBK werden Änderungen des Vorbringens nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist.
1.2 Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerinnen kann die Druckschrift D16 nicht als eine Reaktion auf erst in der letzten Einspruchsverhandlung vorgenommene Änderungen gewertet werden:
- das Merkmal "Muffenteil" ist bereits als Alternative im erteilten Anspruch 1 enthalten ("... als Muffenteil oder Steckerschaft ..."). Eine Einschränkung auf eine von zwei bereits im erteilten Anspruch enthaltenen Alternativen ist lediglich eine konvergente Beschränkung des Patentbegehrens;
- das Merkmal, dass die Medienleitung durch Verschweißen "befestigbar" sein soll, ist bereits im abhängigen erteilten Anspruch 12 vorhanden und bedingt, dass die entsprechenden Elemente sich für ein Verschweißen eignen müssen. Die während der letzten mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgenommene Klarstellung des Anspruchsgegenstands des Anspruchs 12 auf "durch Verschweißen befestigt ist" (siehe hierzu Einspruchsentscheidung, Punkt 2.5.1) ist ebenfalls eine konvergente Beschränkung des Patentbegehrens.
Keine dieser Beschränkungen schafft eine neue Situation, die eine Zusatzrecherche notwendig machen würde. In beiden Fällen mussten sich die Beschwerdegegnerinnen bereits im Einspruchsverfahren auf diese Möglichkeiten vorbereiten. Diese Argumente der Beschwerdegegnerinnen können daher die Kammer nicht überzeugen.
1.3 Verfahrensökonomie
Mit dem Schreiben vom 2. Mai 2016, wurde in Bezug auf die Druckschrift D16 zunächst folgendes Argument vorgetragen: Ausgehend von der Druckschrift D7 würden die beanspruchten Gegenstände in Kombination mit der Druckschrift D16 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Schreiben vom 2. Mai 2016, Punkt 3).
Im Anhang zur Ladung zur mündlichen Verhandlung äußerte die Kammer in ihrer vorläufigen Stellungnahme Zweifel zu diesem Argument (Punkt 10.11) und wies darauf hin, dass dementsprechend die Druckschrift D16 nicht verfahrensrelevant erscheint und deshalb wohl nicht zuzulassen ist.
Das Schreiben vom 11. August 2017 setzte sich nicht mehr mit diesen Argumenten auseinander. Stattdessen wurde mit diesem Schreiben erstmals folgendes weiteres Argument vorgetragen: ausgehend von der Druckschrift D16 würden die beanspruchten Gegenstände in Kombination mit der Druckschrift D6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Schreiben vom 11. August 2016, Punkt 4).
Die Zulassung der verspätet vorgebrachten Druckschrift D16 würde mit der noch später vorgebrachten Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift D16 (in Kombination mit der Druckschrift D6) zu einer grundlegend neuen Situation ("fresh case") in einem sehr fortgeschrittenen Verfahrensstadium führen. Auf diese neue Situation müsste es aus Fairnessgründen der Beschwerdeführerin wiederum ermöglicht werden, entsprechend zu reagieren. Unter Umständen wäre die mündliche Verhandlung zu vertagen oder die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen. Dies entspräche aber gerade nicht der Vorschrift nach Artikel 13(3) VOBK.
Zum Einen ist eine derartige de-facto Fortführung des Einspruchsverfahrens nicht Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens, welches vornehmlich einer gerichtlichen Überprüfung einer erstinstanzlichen Entscheidung diene (siehe hierzu auch G 9/91 und G 10/91, Punkt 18, Amtsblatt 1993, 408 und 420), und andererseits verstößt diese gegen das Gebot der Verfahrensökonomie.
1.4 Aus diesen Gründen hat die Kammer die Druckschrift D16 nicht zum Beschwerdeverfahren zugelassen.
2. Hilfsantrag 2, Anspruch 1 und Druckschrift D11
2.1 Die Zulassung der Druckschrift D11 wurde nicht mehr beanstandet (Schreiben vom 11. August 2017, Punkt 7.1). Die Druckschrift D11 ist im Beschwerdeverfahren zugelassen.
2.2 Die Druckschrift D11 betrifft eine Rohrverbindung zum Schutz vor Gefrieren (Übersetzung D11", Seite 2, Zeilen 19 und 20, Figur 1).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
2.3 Die Zuordnung der Elemente der offenbarten Rohrverbindung zu den Merkmalen "Verbinderstück" und "Kapselung" ist zwischen den Parteien strittig.
Die von der Beschwerdegegnerin II angestrebte Auslegung, wobei das Innere der beiden hohlzylindrischen Elemente 5 das Verbinderstück und das Element 1,2,3 die Kapselung im Sinne des Streitpatentes darstelle finden in der Druckschrift D11 keine Grundlage (siehe nachfolgend Punkt 2.4) und führt zu einem Widerspruch (siehe nachfolgend Punkt 2.5).
2.4 In der Drucksschrift D11 ist nicht offenbart, dass die innere Lage 5 derart bemessen ist, dass sie zum Einstecken von Rohren geeignet ist, um diese zu fixieren, bzw. um eine dichtende Verbindung herzustellen. Die einzige Bemessungsangabe zum Heizelement 4 bzw. der inneren Folie 5 ist, dass der Bereich 3, d. h. der Mittelteil 3 mit dem vergrößerten Durchmesser, derart bemessen ist, dass nach dem Einfügen des Heizelementes 4 in das Innere des Mittelteils 3 mit dem vergrößerten Durchmesser das eingefügte Heizelement 4 nicht von der Rohrwand aus heraussteht (Übersetzung D11", Seiten 3 und 4 und Seiten 4 und 5 überbrückende Sätze). Hieraus leitet sich nicht eindeutig und unmittelbar ab, dass das Heizelement 4 mit der inneren Lage 5 geeignet ist, als Rohrverbinder zu dienen. Die auf Seite 4, Zeilen 1 bis 6 genannte innere Kunststofffolie 5 eignet sich somit nicht zum Verbinden der Rohre.
2.5 Gemäß der Druckschrift D11, befindet sich das Heizelement 4 an der Innenwandfläche des Mittelteils 3 (Übersetzung D11", Seite 4, letzter Absatz und Seite 3, dritter Absatz). Dies entspricht dem bereits offenbarten Aufbau (Übersetzung D11", Seite 3, Zeilen 10 bis 16) und der damit verbundenen Aufgabenstellung, der effektiven Nutzung der Wärme des Heizelements (Übersetzung D11", Seite 3, Zeilen 4 bis 9 im Hinblick auf Seite 2, Zeilen 30 bis 35). Hiernach ist das Heizelement eben an der Innenseite (und nicht an der Außenseite) des Rohrverbinderhauptkörpers 1 ausgebildet.
2.6 Das Seitens der Beschwerdegegnerin II vorgebrachte Argument, dass der Körper 1, 2, 3 aus der Figur 1 der Druckschrift D11 keinen inneren Strömungskanal habe, weil es für diesen letzteren eines direkten Kontakts mit dem Fluid bedarf, konnte ebenfalls nicht überzeugen. Eine derartige enge Auslegung des Begriffs Strömungskanal hat keine Grundlage im Streitpatent. Zudem geht aus der Druckschrift D11 hervor, dass Wasser durch das Innere der Rohre und somit auch durch das Innere des Körpers 1, 2, 3 fließt, so dass der Körper 1, 2, 3 einen inneren Strömungskanal aufweist (Übersetzung D11", Seite 2, Zeilen 21 bis 29 und den Seiten 4 und 5 überbrückenden Satz).
2.7 Druckschrift D11 offenbart, dass der Rohrverbindungshauptkörper 1 so aufgebaut ist, dass an einer Wandfläche des Mittelteils ein Teil mit großem Durchmesser 3 gebildet ist, an der Innenwandfläche dieses Teils mit großem Durchmesser ein Heizelement 4 vorgesehen ist und am Randteil eine Rohreinschuböffnung 2 gebildet ist (Übersetzung D11", Seite 3, Zeilen 10 bis 16 und 21 bis 26). Daraus folgt, dass der Fachmann die Lehre der Druckschrift D11 nur so versteht, dass das Verbinderstück im Sinne der Anspruchs 1 aus dem Rohrverbindungshauptkörper 1, dem Mittelteil 3 und den Rohreinschuböffnungen 2 gebildet ist, und dass das Heizelement 4 an der Innenwandfläche des Teils 3 vorgesehen ist. Eine Kapselung ist in der Druckschrift D11 nicht offenbart.
2.8 Die Druckschrift D11 lehrt also ausdrücklich zur Verbesserung der Nachteile des Standes der Technik, das Heizelement in das Innere des Rohrverbindungshauptkörpers 1 zu verlegen (Übersetzung D11", Seite 3, Zeilen 4 bis 9 im Hinblick auf Seite 2, Zeilen 30 bis 35).
Sollte der Fachmann die Druckschrift D11 dennoch als nächstliegenden Stand der Technik heranziehen, so hätte er keinen Grund sich von dieser Lehre abzuwenden und den Heizdraht auf der Außenseite des Verbinderstücks, also des Rohrverbindungshauptkörpers 1 anzuordnen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist deshalb ausgehend von der Druckschrift D11 selbst in Kombination mit anderen sich im Verfahren befindlichen Schriften nicht naheliegend.
3. Hilfsantrag 2, Anspruch 1 und Druckschrift D7
3.1 Die Druckschrift D7 betrifft ein wärmeisoliertes Verbindungsstück für beheizbare Schläuche (Überschrift) und offenbart einen Leitungsverbinder 4 (Seite 2, erster Satz, Figur 2).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Weiterhin offenbart sie, dass bei einem axial mit dem Lumen des beheizbaren Schlauches 1 verlaufenden Verbindungselement 4 der Heizleiter 11 in Form von schraubenlinienförmigen Windungen 13 auf das aus dem Lumen herausragende Teilstück 44 des Verbindungselementes 4 aufgewickelt werden kann (Seite 3 und 4, jeweils letzter Absatz). Die Druckschrift D7 macht ansonsten keine weiteren Angaben zur Art und Weise der Heizdrahtverlegung, so dass die Druckschrift D7 das Merkmal des Anspruchs 1 "das Verbinderstück (2) [weist] Formelemente (16, 18) zur Führung und Fixierung des außen aufgebrachten Heizdrahtes (14) auf" nicht offenbart.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von dem in der Druckschrift D7 offenbarten Leitungsverbinder unter Anderem dadurch, dass das Verbinderstück Formelemente zur Führung und Fixierung des Heizdrahtes aufweist.
Dieses Merkmal bewirkt, dass eine definierte Beheizung bei gutem Wärmeübergang gewährleistet wird (Streitpatent, Spalte 1, Zeile 57 bis Spalte 2, Zeile 3).
3.2 Druckschrift D6
3.2.1 Druckschrift D6 betrifft eine Heizvorrichtung für Waschflüssigkeit in Scheibenwaschanlagen von Fahrzeugen mit in die Flüssigkeitsleitung einbezogenem Innenraum eines Durchlaufbehälters aus einem beidends geschlossenen Schlauch oder Rohranschlüsse 45, 45e aufweisenden hohlen Körper sowie mit einem strangartigen Heizelement (Seite 1, erster Absatz). Die Heizzeit beträgt nur etwa 25 sec bei 400 bis 570 Watt Leistung, um eine Temperatur des Scheibenspritzwassers von 80°C zu erzielen. Eine schnelle und sichere Aufheizung des Waschwasser ist damit gewährleistet (Seite 6, letzter Absatz).
3.2.2 Die Druckschrift D6 betrifft somit eine andere Aufgabe, nämlich eine Heizvorrichtung für Waschflüssigkeit in Scheibenwischanlagen von Fahrzeugen bereitzustellen, die dafür bestimmt ist, das Scheibenspritzwasser auf circa 80°C zu erhitzen.
Dagegen geht es der Druckschrift D7 lediglich darum ein Einfrieren zu verhindern (Seite 5, Zeilen 2 bis 4; Seite 6, letzten drei Zeilen) was damit der Aufgabe des Streitpatents entspricht, ein Gefrieren des jeweiligen Mediums im Verbinderbereich zu verhindern (Absatz [0005]; Spalte 2, Zeilen 3 bis 7).
Da die Beschwerdegegnerinnen diesem Argument nicht widersprochen haben, kommt die Kammer zum Ergebnis, dass der Fachmann die Heizvorrichtung der Druckschrift D6 nicht in Betracht ziehen würde.
3.2.3 Die Druckschrift D6 offenbart ferner, dass zur Erhöhung der Wirksamkeit des Heizdrahtes in die Außenfläche des Tragkörpers 50a bevorzugt eine mit einer Eloxalschicht ausgekleidete schraubenlinienförmige Nut 72 eingebracht ist, in welche der Heizdraht 69 eingebettet ist und zwar so, dass ein Teil seines Umfanges die Nutwand berührt (Seiten 3 bis 4 überbrückender Satz; Seite 10 erster Absatz; Figur 5).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Selbst wenn der Fachmann von der Druckschrift D7 ausgehend die Druckschrift D6 zur Lösung der Aufgabe die Wärmeübertragung auf den Strömungskanal zu verbessern in Betracht ziehen würde, würde er nicht selektiv alleine das Merkmal der "schraubenlinienförmige Nut" als Formelement entnehmen. Die Druckschrift D6 offenbart diese Nut im Zusammenhang mit dem Tragkörper 50 aus Leichtmetall mit seiner die Nut auskleidenden Eloxalschicht (Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4, erster Absatz und Seite 3, zweiter Absatz).
Materialangaben spielen gerade bei Fragen der Wärmeübertragung eine nicht vernachlässigbare Rolle. Der Fachmann wäre somit dazu veranlasst, nicht nur die "schraubenlinienförmige Nut" als Formelement, sondern auch den Tragkörper 50 aus Leichtmetall mit seiner Eloxalschicht auf das Verbindungselement 4 der Druckschrift D7 zu übertragen. Dabei würde er nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, bei dem das Verbinderstück als einstückiges Kunststoff-Formteil ausgebildet ist.
3.3 Selbst eine rückschauende Kombination der Druckschriften D7 und D6 könnte somit die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nicht in Frage stellen.
4. Hilfsantrag 2, Ansprüche 3, 10 und 12
Die voranstehenden Begründung zur erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gilt auch für die unabhängigen Ansprüche 3, 10 und 12.
Darüber hinaus stellt die Kammer fest, dass das Merkmal des mäanderartigen Verlaufs des Heizdrahts der Ansprüche 3 und 12 nicht aus dem im Beschwerdeverfahren genannten Stand der Technik bekannt ist.
Der Vortrag der Beschwerdegegnerinnen stellt somit auch nicht die erfinderische Tätigkeit der Gegenstände der Ansprüche 3, 10 und 12 in Frage.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 22 eingereicht mit Schreiben vom 2. November 2015 als Hilfsantrag 2,
- Beschreibung, Absätze 1 bis 35, eingereicht während der mündlichen Verhandlung,
- Figuren 1 bis 14b der Patentschrift.