T 1640/15 () of 21.6.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T164015.20180621
Datum der Entscheidung: 21 Juni 2018
Aktenzeichen: T 1640/15
Anmeldenummer: 06705817.2
IPC-Klasse: B60R 21/20
B60Q 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 362 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: GENERATORTRÄGER FÜR EIN FAHRERAIRBAGMODUL ZUM EINBAUEN IN EIN LENKRAD EINES KRAFTFAHRZEUGES
Name des Anmelders: Takata AG
Name des Einsprechenden: Autoliv Development AB
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Neuheit - (nein)
Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 1 713 665 Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war nach Zeugenanhörung der Auffassung, dass die geltend gemachte Vorbenutzung als erwiesen zu betrachten sei und der Gegenstand der Ansprüche des erteilten Patents neu sei gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung D3 von Airbagmodulen für den Ford Focus zwischen mindestens August 1998 und August 2001, wobei folgende Anlagen zum Nachweis vorgelegt wurden:

Anlage D3.1 - zwei Fotos

Anlage D3.2 - Zusammenbau-Zeichnung

Anlage D3.3 - Zeichnung Modulträger

Anlage D3.4 - Zeichnung Leiterbahn Container

Anlage D3.5 - Zeichnung Hupenplatte

Anlage D3.6 - Zeichnung Container

Anlage D3.7 - Änderungshinweis

Anlage D3.8 - Ford-Zeichnung

Anlage D3.9 - Lieferliste

Anlage D3.10- Eidesstattliche Versicherung

Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 22 wurde auch als erfinderisch angesehen ausgehend von Dokument D1 (US 6,402,193 B1) oder D2 (US 6,082,758) in Kombination mit D3.

III. Mit der Beschwerdebegründung wurden noch folgende Dokumente von der Beschwerdeführerin vorgelegt:

D4: DE 202 13 908 U1;

D5: WO 2004/071819 A1.

IV. Am 21. Juni 2018 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 oder 2 wie eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung oder der Hilfsanträge 3 bis 5 wie eingereicht mit Schriftsatz vom 19. April 2018.

V. Anspruch 1 wie erteilt gemäß Hauptantrag lautet (in der Merkmalsgliederung der angefochtenen Entscheidung) wie folgt:

a0) Generatorträger für ein Fahrerairbagmodul zum Anordnen in einem Lenkrad eines Kraftfahrzeuges mit

a) - mindestens einem Befestigungsbereich (6)zum Befestigen eines Gasgenerators am Generatorträger (1) und

b) - mindestens zwei Hupenkontakten (2, 3), die in elektrischen Kontakt miteinander bringbar sind, um in einem Einbauzustand des Generatorträgers (1) zusammen mit dem Fahrerairbagmodul in einem Kraftfahrzeug ein akustisches Hupsignal auszulösen, wobei

c) - einer der Hupenkontakte (2, 3) dazu vorgesehen ist, im Einbauzustand des Generatorträgers (1) elektrisch geerdet zu sein,

dadurch gekennzeichnet, dass

d) - der Befestigungsbereich (6) so ausgebildet und relativ zu dem geerdeten Hupenkontakt (3) so positioniert ist,

d2) dass bei einem bestimmungsgemäßen Befestigen des Gasgenerators am Befestigungsbereich (6) des Generatorträgers (1) eine elektrische Kontaktierung zwischen dem geerdeten Hupenkontakt (3) und dem Gasgenerator hergestellt wird,

e) wobei der Generatorträger (1) als elektrischer Isolator ausgebildet ist.

VI. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Geschützt werde mit Anspruch 1 ein Generatorträger mit zwei zusätzlichen Bauteilen, die gemäß Streitpatent zwar am Generatorträger angeordnet seien und später befestigt würden, was aber nicht beansprucht werde. Selbst wenn man in D3 nur den Container als Generatorträger auffasse, werde dies vom Patent umfasst, denn erst im eingebauten Zustand werde die beanspruchte Funktion erfüllt.

Streitig sei, ob genau ein Bauteil als Generatorträger geschützt sei, oder ob der Generatorträger neben den beiden Hupenkontakten weitere Bauteile umfassen könne. Die vorläufige Stellungnahme der Einspruchsabteilung zeige, dass aus den erteilten Ansprüchen und dem Patent nicht zweifelsfrei und unmittelbar hervorgehe, aus wie vielen Bauteilen der beanspruchte Generatorträger bestehe, und die Einsprechende habe darauf hingewiesen, dass der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche völlig offen lasse, wie die Hupenkontakte zum Generatorträger angeordnet seien. Absatz [0015] der Patentschrift zeige, dass nur bei einer Ausführungsform der Generatorträger als Träger der Hupenkontakte diene. In einer anderen Ausführungsform könne zumindest ein Hupenkontakt auch von einem weiteren Element getragen werden. Die angefochtene Entscheidung (die feststellte, dass die Hupenkontakte auf zwei unterschiedlichen Teilen angebracht seien) begründe nicht, woraus im Streitpatent hervorgehe, dass der Generatorträger einteilig ausgebildet sein müsse.

Die erteilten Hauptansprüche ließen somit offen, ob beide Hupenkontakte an demselben einteiligen Bauteil eines Generatorträgers befestigt sein müssten. Durch Anspruch 1 sei ein Generatorträger mit mindestens zwei Hupenkontakten geschützt. Dies könne zum einen bedeuten, dass der Generatorträger neben sich selbst als Bauteil weitere Bauteile, nämlich auch die Hupenkontakte - und noch weitere Bauteile - umfasse. Das Wort "mit" könne aber auch als Präposition so verstanden werden, dass zwei Hupenkontakte dem Generatorträger irgendwie zugeordnet seien. Anspruch 1 fordere nicht, dass die Hupenkontakte auch an dem Generatorträger befestigt sein müssten, sondern lediglich ein funktionelles Zusammenwirken zur Auslösung des akustischen Hupsignals und Erdung des Gasgenerators. Zumindest ein Hupenkontakt könne also auch an einem anderen Bauteil angebracht sein.

Die Einspruchsabteilung habe anerkannt, dass bis auf Merkmal b) alle Merkmale des Anspruchs 1 aus D3 bekannt seien. Wie oben ausgeführt sei Merkmal b) auch aus D3 bekannt, da der erteilte Anspruch 1 nicht auf einen einteiligen Generatorträger beschränkt sei. Der Generatorträger gemäß Streitpatent werde durch den Container und den die Hupenplatte umfassenden Modulträger gemäß D3.3 als Baueinheit verwirklicht, die den Gasgenerator trage und an dem beide Hupenkontakte unmittelbar angebracht seien zur Auslösung eines Hupsignals im Sinne von Merkmal b). Auch wenn in D3 das als Container bezeichnete Bauteil als "Generatorträger" bezeichnet werde, könne dies nicht herangezogen werden, um zu begründen, dass der beanspruchte Generatorträger nur ein Bauteil umfasse.

Die Auffassung der Beschwerdekammer könne die Beschwerdegegnerin nicht überraschen, da alle Argumente bereits im Verfahren gewesen seien. Allerdings seien noch viele Fragen zu diskutieren, wie die Zulassung der Dokumente D4 und D5 oder ggf. eines neuen Hilfsantrags. Man plädiere für eine sofortige Entscheidung, würde sich aber einer Zurückverweisung nicht widersetzen, insbesondere wenn die Kammer geneigt wäre, geänderte Ansprüche zuzulassen.

VII. Die Beschwerdegegnerin entgegnete dem wie folgt:

Der in D3.3 gezeigte Modulträger umfasse mehrere Bauteile, nämlich einen Container 1 und eine Hupenplatte 2, wobei ein erster Hupenkontakt an dem Container und ein zweiter Hupenkontakt an der Hupenplatte angeordnet sei. Jedoch sei lediglich der Container 1 zum Aufnehmen eines Gasgenerators ausgebildet (und entsprechend gemäß D3.3 synonym als "Generatorträger" bezeichnet), während die Hupenplatte allein zum Herstellen eines Kontaktes mit dem Hupenkontakt des Containers 1 und damit zum Auslösen eines Hupsignals diene. Im fertigen Modul seien der Gasgeneratorträger 1 und die Hupenplatte 2 in einem deutlichen Abstand zueinander angeordnet, wie in D3.1 gezeigt. Die Frage sei, ob ein Fachmann beide Teile zusammen als Generatorträger ansehen würde, d. h. ob die Hupenplatte als Bestandteil des Generatorträgers anzusehen sei. Da der Hupenplatte keinerlei haltende Wirkung in Bezug auf den Gasgenerator zukomme, würde der Fachmann sie niemals als Bestandteil eines mehrteiligen Generatorträgers bzw. als zweite Komponente (neben dem Gasgeneratorträger 1) eines Generatorträgers ansehen. Darüber hinaus würde der Fachmann unter dem Gasgeneratorträger des Anspruchs 1 des Streitpatents ein einzelnes Bauteil verstehen, woran Merkmal e) keinen Zweifel lasse.

Absatz [0015] des Streitpatents beschreibe genau die Ausführungsform des erteilten Anspruchs 1 und belege zusammen mit Absatz [0008] des Streitpatents, dass der Generatorträger zwei Hupenkontakte aufweise. Der in D3 gezeigte Modulträger bestehe hingegen (siehe auch im Beschwerdeschriftsatz Seite 6, zweiter Absatz) aus einem Generatorträger/Container, einer Hupenplatte, zwei Leiterbahnen und Druckfedern. Würde dieser Modulträger mit dem beanspruchten Generatorträger identifiziert, so stünde dies im Widerspruch zu

Merkmal e), wonach der Generatorträger als ein elektrischer Isolator ausgebildet sei (was z. B. für die Druckfedern aus D3.3 nicht gelte). Im Übrigen sei Anspruch 1 zweiteilig formuliert und der Oberbegriff aus dem Stand der Technik bekannt, der Hupenkontakte zeige, die an dem Generatorträger angeordnet seien (siehe Absatz [0004], auch Absatz [0008] des Streitpatents). Der Oberbegriff von Anspruch 1 sei im Lichte der Beschreibung auszulegen.

Nach der von der Kammer vorgenommenen Auslegung von Anspruch 1 wie erteilt werde die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt, da ein auf die geänderte Auslegung angepasster Antrag eingereicht werden müsse, der zunächst von der Einspruchsabteilung beurteilt werden solle. Es sei bisher nicht so klar gewesen und auch erstinstanzlich so nicht diskutiert, dass ein rein funktioneller Zusammenhang in der Formulierung "Generatorträger mit mindestens zwei Hupenkontakten" gesehen werde. Auch sei keiner der Hilfsanträge erstinstanzlich diskutiert worden.

In Bezug auf die neu genannten Dokumente D4 und D5 werde beantragt, diese als verspätet nicht in das Verfahren zuzulassen.

Entscheidungsgründe

1. Neuheit erteilter Anspruch 1 (Artikel 54 (1) EPÜ)

1.1 Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 wird durch die offenkundige Vorbenutzung D3 neuheitsschädlich vorweggenommen.

1.2 In der angefochtenen Entscheidung wurde nach Anhörung des geladenen Zeugen festgestellt, dass D3 einen Generatorträger für ein Fahrerairbagmodul mit den Merkmalen a0), a) sowie c) bis e) zeigt. Dies war zwischen den Parteien unstrittig und wird auch von der Kammer nicht in Frage gestellt.

1.3 Entscheidend für die Frage der Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 gegenüber D3 ist die Auslegung von Anspruch 1 hinsichtlich des Generatorträgers gemäß Merkmal a0) in Verbindung mit den mindestens zwei Hupenkontakten gemäß Merkmal b).

Die Einspruchsabteilung hat festgestellt (Seite 8, zweiter Absatz der angefochtenen Entscheidung), dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Vorrichtung aus D3 dadurch unterscheidet, dass (Zitat) "der Generatorträger mindestens zwei Hupenkontakte aufweist, die in elektrischen Kontakt bringbar sind, um in einem Einbauzustand des Generatorträgers zusammen mit dem Fahrerairbagmodul in einem Kraftfahrzeug ein akustisches Hupsignal auszulösen (Merkmal b))".

Die Kammer stellt diesbezüglich fest, dass der Wortlaut von Merkmal b) nicht verlangt, dass der Generatorträger mindestens zwei Hupenkontakte "aufweist". Die Einspruchsabteilung scheint damit - wie auch im Beschwerdeverfahren von der Beschwerdegegnerin argumentiert - von einer Auslegung des Anspruchs 1 im Sinne der Absätze [0004], [0008] oder [0015] des Streitpatents auszugehen. Dem kann die Kammer sich nicht anschließen:

- Gemäß Absatz [0004] ist aus dem Stand der Technik bekannt, dass an dem Generatorträger Hupenkontakte angeordnet sind, wohingegen der Oberbegriff von Anspruch 1 einen "Generatorträger ... mit mindestens zwei Hupenkontakten" spezifiziert. Auch wenn beide Formulierungen ähnlich lauten mögen, kann daraus nicht geschlossen werden, dass der beanspruchte Gegenstand anders auszulegen wäre als durch den Wortlaut von Anspruch 1 vorgegeben. Eine Anspruchsformulierung in zweiteiliger Form bedeutet dabei zum einen nur, dass alle aus dem Stand der Technik bekannten Merkmale des beanspruchten Gegenstands im Oberbegriff zusammengefasst werden, nicht aber, dass die Merkmale des Oberbegriffs im Sinne des Standes der Technik auszulegen wären. Zum anderen kann die Kammer auch keine Unklarheit im Wortlaut von Anspruch 1 erkennen, die unter Umständen eine Interpretation im Sinne der Beschreibung verlangen könnte.

- Absatz [0015] beschreibt die Anordnung der Hupenkontakte auf einander gegenüberliegenden Seiten des Generatorträgers, also für die im erteilten Unteranspruch 9 beschriebene Ausführungsform, und kann nicht zu einer engeren Auslegung des Anspruchs 1 herangezogen werden.

- Die in der angefochtenen Entscheidung verwendete Formulierung findet sich in Absatz [0008] ("Einer der mindestens zwei Hupenkontakte, die der Generatorträger aufweist"). Dieser Absatz folgt auf Absatz [0007], der die Lösung der gestellten Aufgabe durch einen "Generatorträger mit den Merkmalen des Anspruchs 1" anspricht. In diesem Zusammenhang gesehen wird der Begriff "aufweist" von der Kammer nur als sprachlicher Rückbezug auf den Generatorträger gesehen, wie er in Anspruch 1 und mit dessen Merkmalen definiert ist, also auf einen "Generatorträger ... mit mindestens zwei Hupenkontakten". Die Kammer kann in dem Begriff "aufweist" allein keine enger geartete strukturelle oder funktionelle Verbindung erkennen, insbesondere keine Baueinheit aus Generatorträger und Hupenkontakten. Aber selbst wenn man der Beschwerdegegnerin darin folgt, dass damit eine engere Verbindung zwischen Generatorträger und Hupenkontakten ausgedrückt werden soll, so ist die Formulierung in Absatz [0008] ("Einer der mindestens zwei Hupenkontakte, die der Generatorträger aufweist, ist im Einbauzustand des Generatorträgers elektrisch geerdet") nicht eindeutig, denn sie kann sich auch nur auf einen der beiden Hupenkontakte beziehen, und zwar auf den in diesem Kontext beschriebenen elektrisch geerdeten Hupenkontakt.

Eine Auslegung, die enger ist als der Wortsinn des Anspruchs selbst, ist daher nicht veranlasst.

1.4 Die Kammer folgt deshalb der Beschwerdeführerin darin, dass mit der Formulierung "Generatorträger ... mit mindestens zwei Hupenkontakten" (Merkmal a0) in Verbindung mit Merkmal b)) mindestens drei Bauteile definiert werden, die mittels der Präposition "mit" irgendwie zueinander zugeordnet und in Anspruch 1 lediglich hinsichtlich ihres funktionellen Zusammenwirkens spezifiziert sind. Merkmal a0) mag zwar als Gattungsbegriff einen Generatorträger verlangen und die Funktion eines Bauteils beschreiben, welches den Gasgenerator trägt bzw. zur Aufnahme eines Gasgenerators ausgebildet ist. Wie aber von der Beschwerdegegnerin selbst ausgeführt, lässt Merkmal e) keinen Zweifel daran, dass unter dem Generatorträger ein elektrisch isolierendes Bauteil zu verstehen ist, so dass die Hupenkontakte gemäß Merkmal b) ("die in elektrischen Kontakt miteinander bringbar sind", also notwendigerweise elektrisch leitfähig sein müssen) als davon getrennte zusätzliche Bauteile aufzufassen sind. Die restlichen Merkmale von Anspruch 1 lassen dabei offen, wie die Hupenkontakte strukturell mit dem Generatorträger in Verbindung stehen. Die genannten Bauteile werden nur aufgeführt mit dem beabsichtigten Ziel ihrer Verwendung ("in elektrischen Kontakt miteinander bringbar, um in einem Einbauzustand ..."; "einer der Hupenkontakte dazu vorgesehen ist, im Einbauzustand des Generatorträgers geerdet zu sein"; "der Befestigungsbereich so ausgebildet und relativ zu dem geerdeten Hupenkontakt so positioniert ist, dass bei einem bestimmungsgemäßen Befestigen des Gasgenerators am Befestigungsbereich des Generatorträgers eine elektrische Kontaktierung ... hergestellt wird"), woraus keine darüber hinausgehende Einschränkung hinsichtlich der Bauteile selbst oder einer vorgefertigten Anordnung abgeleitet werden kann.

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist nach Auffassung der Kammer also so weit gefasst, dass er nicht notwendigerweise auf eine Baueinheit oder eine vorgefertigte Anordnung bestehend aus Generatorträger und mindestens zwei Hupenkontakten gerichtet sein muss. Eine Anordnung oder Befestigung der Hupenkontakte am Generatorträger ist nicht beansprucht, so dass trotz des Gattungsbegriffs "Generatorträger" in Merkmal a0) der Wortlaut von Anspruch 1 keinen Generatorträger als Baueinheit bzw. einteilig ausgebildet verlangt. Der Begriff "mit mindestens zwei Hupenkontakten" in Anspruch 1 (Merkmal b)) lässt zudem offen, ob noch weitere Bauteile umfasst sein mögen, z. B. die in D3 gezeigte, einen der beiden Hupenkontakte tragende Hupenplatte. Diese Auslegung wird auch durch das Streitpatent und dessen Figuren gestützt, welche den Zusammenbau von einem Generatorträger 1 und zwei Hupenkontakten 2 und 3 zeigen, sowie den mittels einer elektrisch leitfähigen Schraubverbindung mit einem Hupenkontakt verbundenen und am Generatorträger befestigten Gasgenerator.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 mag zwar in seiner Formulierung unklar sein, da trotz des im Gattungsbegriff in Merkmal a0) aufgeführten und gemäß Merkmal e) aus einem bestimmten Material (allerdings nicht notwendigerweise einteilig) ausgebildeten Generatorträgers nachfolgend weitere, davon zumindest in Bezug auf ihr Material zu unterscheidende Bauteile mit Merkmal b) beansprucht werden. Klarheit ist aber kein Einspruchsgrund und kann im Einspruchsverfahren nicht gegen erteilte Ansprüche vorgetragen werden. Der beanspruchte Gegenstand ist deshalb in sinnvoller Weise auszulegen und nach Auffassung der Kammer wie bereits ausgeführt auf ein Ensemble aus Generatorträger und mindestens zwei Hupenkontakten gerichtet.

1.5 Folgt man der Beschwerdegegnerin darin, dass in D3 der Container 1 als Generatorträger aufzufassen ist, so schließt der Wortlaut von Anspruch 1 nicht aus, dass einer der Hupenkontakte am Generatorträger und ein weiterer Hupenkontakt diesem gegenüber liegend an einem weiteren Bauteil - z. B. der in D3 gezeigten Hupenplatte - angeordnet sein mag. Anspruch 1 verlangt weder eine Anordnung noch eine Befestigung der Hupenkontakte an dem Generatorträger. Wie bereits weiter oben ausgeführt, ist aus der Beschreibung des Streitpatents keine Einschränkung in diesem Sinne abzuleiten, wie von der Beschwerdegegnerin behauptet. Deshalb umfasst der beanspruchte Gegenstand gemäß Anspruch 1 nicht nur - wie in D1 gezeigt und von der Einspruchsabteilung anerkannt - eine Befestigung eines zweiten Hupenkontakts an dem Generatorträger, sondern auch - wie in D3 gezeigt - einen gegenüber dem Generatorträger mittels Druckfedern federnd gelagerten zweiten Hupenkontakt, der an eine Hupenplatte angebracht ist.

1.6 Damit erfüllt Anspruch 1 wie erteilt nicht die Erfordernisse des Artikels 54(1) EPÜ, da die offenkundige Vorbenutzung D3 alle Merkmale des Anspruchs 1 zeigt.

2. Zurückverweisung an Vorinstanz (Artikel 111 (1) EPÜ)

2.1 Nach Artikel 111(1) EPÜ steht es im Ermessen der Beschwerdekammer, ob sie in der Sache selbst entscheidet oder an die Instanz zurückverweist, die die Entscheidung erlassen hat.

2.2 Die Kammer hat vorliegend den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Unterschied zu der angefochtenen Entscheidung breiter ausgelegt, so dass die Neuheit gegenüber D3 zu verneinen ist. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin hat daraufhin die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt, da ein auf die geänderte Auslegung angepasster Antrag eingereicht werden müsse, der zunächst von der Einspruchsabteilung beurteilt werden solle.

2.3 Zwar wurde ein Verständnis des erteilten Anspruchs 1 im Sinne der Auslegung der Kammer bereits in der Beschwerdebegründung (Seite 5, zweiter Absatz) angesprochen, allerdings hat die Beschwerdeführerin in ihren Ausführungen zur fehlenden Neuheit gegenüber D3 dann nicht den in D3 gezeigten Container, sondern den Modulträger - umfassend den Container und die Hupenplatte - als Generatorträger im Sinne des Streitpatents aufgefasst (siehe Beschwerdebegründung, Seite 7). Zudem mag bei der gebotenen Auslegung von Anspruch 1 die erfinderische Tätigkeit von Hilfsanträgen anders zu bewerten sein, insbesondere bei Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin erstmalig mit der Beschwerdebegründung eingereichten Druckschriften D4 und D5, über deren Zulassung noch nicht entschieden worden ist. Auch über die Zulassung möglicher weiterer Hilfsanträge ist noch nicht entschieden worden.

In Anbetracht der Tatsache, dass die von der Kammer getroffene Auslegung des erteilten Anspruchs 1 dazu führen kann, dass die Beschwerdegegnerin ihr Patent verliert, ohne ausreichend Gelegenheit zur Verteidigung zu haben, hält es die Kammer aus Gründen der Fairness für angemessen, die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Damit wird einerseits der Beschwerdegegnerin Gelegenheit zu geben, ihre Verteidigungsstrategie zu überdenken und geeignete Rückfallpositionen vorzuschlagen, um ihr Patent gegebenenfalls in angemessen eingeschränktem Umfang erhalten zu können. Andererseits wird der Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit zur Formulierung möglicher Einwände gegeben.

2.4 Somit stimmt die Kammer dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückverweisung an die erste Instanz zu.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen zur weiteren Prüfung.

Quick Navigation