T 1574/15 () of 4.12.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T157415.20181204
Datum der Entscheidung: 04 Dezember 2018
Aktenzeichen: T 1574/15
Anmeldenummer: 02005448.2
IPC-Klasse: F24H 9/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Verändern des Werts einer Einstellung eines Heisswasserbereiters
Name des Anmelders: Robert Bosch GmbH
Name des Einsprechenden: Stiebel Eltron GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 244 084 (im Folgenden: Patent) betrifft ein Verfahren zum Verändern des Werts einer Einstellung eines Heißwasserbereiters, sowie einen Heißwasserbereiter zur Durchführung des Verfahrens.

II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurde Einspruch eingelegt. Als Einspruchsgründe wurden vorgebracht unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung (Artikel 100 c) EPÜ 1973), sowie mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf verschiedene Druckschriften und eine Vorbenutzung (Artikel 100 a) EPÜ 1973).

III. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung entschied diese:

a) dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung nicht neu sei;

b) dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 in der Fassung des damals geltenden Hilfsantrags I bzw. II auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe; und

c) dass das Patent in geändertem Umfang gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag III den Erfordernissen des EPÜ genüge.

IV. Die Einsprechende (im Folgenden: Beschwerdeführerin) hat Beschwerde gegen diese Zwischenentscheidung eingelegt.

V. In der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) vom 30. Januar 2018 teilte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung der Beschwerde mit.

VI. Die mündliche Verhandlung fand am 4. Dezember 2018 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin statt. Die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) war wie angekündigt nicht erschienen. Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

VII. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und mithin das Patent in geänderter Form auf der Grundlage der Ansprüche des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Hilfsantrags III aufrechtzuerhalten.

VIII. Anspruchssatz gemäß Hauptantrag

Der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Verfahrensanspruch 1 lautet folgendermaßen (Einfügungen gegenüber dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung sind fett gedruckt, Auslassungen durchgestrichen; die Merkmalsgliederung wurde von der Beschwerdeführerin eingeführt und von beiden Beteiligten verwendet):

M1) Verfahren zum Verändern des Werts zumindest einer Einstellung eines Heißwasserbereiters (1) in Abhängigkeit eines Einstellsignals,

M2) das von wenigstens zwei Einstellvorrichtungen (5, 6) aus erzeugbar ist,

M3) wobei der Wert einer Einstellung des Heißwasserbereiters bei einer Betätigung einer der Einstellvorrichtungen in Abhängigkeit von einer Berechtigung der betätigten Einstellvorrichtung zur Veränderung dieser Einstellung geändert wird,

M4) wobei eine Einstellvorrichtung eine Eingabevorrichtung (5) des Heißwasserbereiters (1) ist und

M5) wenigstens eine weitere Einstellvorrichtung eine Eingabevorrichtung (6) einer Fernbedienung (2) ist,

[deleted: dadurch gekennzeichnet, dass]

M6) wobei in Abhängigkeit der benutzten Einstellvorrichtung unterschiedliche Randbedingungen für die Veränderung des Werts der Einstellung berücksichtigt werden,

M7) dergestalt, dass für bestimmte Einstellvorrichtungen Grenzwerte für den Bereich vorgegeben werden, in dem der Wert einer Einstellung verändert werden kann,

dadurch gekennzeichnet, dass

M8) der Wert der Einstellung weiterhin in Abhängigkeit davon geändert wird, wie viel Zeit seit dem letzten Zapfvorgang vergangen ist,

M9) wobei die Art der Abhängigkeit, mit der ein Wert der Einstellung abhängig davon geändert wird, von welcher Einstellvorrichtung (5, 6) aus das Einstellsignal erzeugt wurde bzw. wie viel Zeit seit dem letzten Zapfvorgang vergangenen ist, als ein Verfahren zur Vorrangbehandlung einstellbar ist.

IX. Entgegenhaltungen

In der Beschwerdebegründung und in der Beschwerdeerwiderung haben die Beteiligten auf folgende bereits in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente Bezug genommen:

D1: DE 37 39 676 A1;

D2: DE 196 52 130 A1;

D5a: Gebrauchs- und Montageanweisung der Fernbedienungen FB1 und FB2 für Stiebel Eltron Durchlauferhitzer DHE 18-27.

X. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass ausgehend von D1 oder D2 als nächstliegendem Stand der Technik der Gegenstand von Anspruch 1 durch die Lehre von D5a nahegelegt sei. Insbesondere offenbare D1 ein Verfahren zur Einstellung des Sollwerts der Auslauftemperatur eines Durchlauferhitzers direkt am Durchlauferhitzer selbst bzw. an einer davon entfernten Zapfstelle. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich davon ausschließlich durch die im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 aufgeführten Merkmale M8 und M9. Die damit objektiv gelöste technische Aufgabe bestehe darin, die Betriebssicherheit des in D1 offenbarten Durchlauferhitzers zu erhöhen. Es sei für den Fachmann naheliegend, zur Erzielung einer erhöhten Betriebssicherheit nach dem Vorbild von D5a (dort s. Seite 4, linke Spalte, Abschnitt "FB2") auch bei dem Verfahren nach D1 die zusätzlichen Merkmale M8 und M9 vorzusehen.

Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass es in D5a kein Vorbild und auch keine Anregung für Merkmal M9 gebe. Dort sei die Art der Abhängigkeit, von welcher Einstellvorrichtung aus das Einstellsignal erzeugt wurde, immer dieselbe, wie von der Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt. Folglich ergebe sich der Gegenstand von Anspruch 1 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 100 a) EPÜ 1973 - Erfinderische Tätigkeit

1.1 In der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK hat die Kammer ihre vorläufige Meinung zum Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit wie folgt kundgetan:

"8.1 Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag schließlich damit, der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf

a) D1 in Kombination mit D5a, und

b) D2 in Kombination mit D5a.

8.2 Im Hinblick auf Angriffslinie a) ist unstreitig, dass das in D1 (Figur 2) offenbarte Verfahren zum Verändern der Solltemperatur eines Durchlauferhitzers die Merkmale M1 bis M7 von Anspruch 1 verwirklicht und dass das Merkmal M8 dem Dokument D1 nicht entnommen werden kann. Es ist zwischen den Beteiligten hingegen streitig, ob dort Merkmal M9 offenbart ist.

8.3 Merkmal M9 ist im Gesamtzusammenhang von Anspruch 1 zu lesen. Aus der Kombination der Merkmale M3 bis M5 und M8 geht hervor, dass der Wert der Einstellung in Abhängigkeit davon geändert wird, ob das Einstellsignal am Heißwasserbereiter selbst oder an der Fernbedienung erzeugt wurde, einerseits, und wie viel Zeit seit dem letzten Zapfvorgang vergangenen ist, andererseits. Die Kammer ist derzeit der Meinung, dass Merkmal M9 technisch sinnvoll nur so zu verstehen ist, dass Mittel zur Verfügung stehen, um die erstgenannte Art der Abhängigkeit bzw. die zweitgenannte Art der Abhängigkeit zu verändern. Wegen des Ausdrucks "bzw.", der normalerweise als "und/oder" Verknüpfung zu verstehen ist, scheint Merkmal M9 drei alternative Ausführungsformen für die Einstellbarkeit der Vorrangbehandlung zu definieren.

8.4 Bei dem Durchlauferhitzer nach Figur 2 von D1 ist die Solltemperatur über den Sollwertgeber 20 am Durchlauferhitzer 10 selbst, oder alternativ über den Sollwertgeber 62 der Fernbedienung 32 einstellbar. Durch Betätigen der Vorrangschaltung 52 an der Fernbedienung wird der Sollwertgeber 20 abgeschaltet und dafür der Sollwertgeber 62 eingeschaltet. Damit offenbart D1 eine einzige Art der Abhängigkeit, mit der die Solltemperatur abhängig davon geändert wird, ob das Einstellsignal am Durchlauferhitzer oder an der Fernbedienung erzeugt wurde. Davon abgesehen offenbart D1 nicht, dass die Solltemperatur abhängig davon geändert wird, wie lange schon kein heißes Wasser entnommen worden ist.

8.5 D1 offenbart also keine der drei in Merkmal M9 definierten alternativen Ausführungsformen für die Einstellbarkeit der Vorrangbehandlung (siehe Punkt 8.3 oben). Die Kammer schließt sich daher der Auffassung der Einspruchsabteilung an, dass Merkmal M9 einen weiteren Unterschied gegenüber D1 bildet.

8.6 Die Kammer teilt insofern die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass ausgehend von D1 die objektiv zu lösende technische Aufgabe so formuliert werden kann, die Bedienung des Durchlauferhitzers zu verbessern.

8.7 Die Einspruchsabteilung hat festgestellt, dass sich Merkmal M8 für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre von D5a ergebe (siehe Punkte 4.3.2 bis 4.3.4 der Entscheidungsgründe). Die Einspruchsabteilung hat ferner festgestellt, dass in D5a offenbart sei, den Verstellschutz wahlweise automatisch 5 Minuten nach Ende des Zapfvorgangs oder jederzeit von Hand zurückzustellen und dass mithin die Art der Abhängigkeit einstellbar sei, mit der die Solltemperatur abhängig davon geändert wird, wie viel Zeit seit dem letzten Zapfvorgang vergangenen ist (siehe Punkt 6.2.1 der Entscheidungsgründe).

8.8 Die Kammer sieht zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Gründe, die in diesen Fragen ein Abweichen von den Feststellungen der Einspruchsabteilung rechtfertigen würden.

8.9 Nachdem sowohl Merkmal M8 als auch eine der drei in Merkmal M9 definierten alternativen Ausführungsformen für die Einstellbarkeit der Vorrangbehandlung (siehe Punkt 8.3 oben) durch die Lehre von D5a nahegelegt ist, scheint der beanspruchte Gegenstand ausgehend von D1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit zu beruhen.

8.10 Da die Beschwerdegegnerin bisher nicht zu D2 Stellung genommen hat, gibt die Kammer zu der alternativen Angriffslinie b) keine vorläufige Meinung ab."

1.2 In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin erklärt, dass sie diese vorläufige Meinung der Kammer teile. Die Beschwerdegegnerin hat auf die Mitteilung der Kammer inhaltlich nicht reagiert.

1.3 Die Kammer sieht auch bei nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage keinen Grund, ihre vorläufige Meinung zu ändern.

1.4 Folglich kommt die Kammer zum Ergebnis, dass der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des jetzigen Hauptantrags der Beschwerdegegnerin entgegensteht (s. Artikel 100 a) EPÜ 1973 i.V.m. Artikel 52 (1() EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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