T 1552/15 () of 5.12.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T155215.20191205
Datum der Entscheidung: 05 Dezember 2019
Aktenzeichen: T 1552/15
Anmeldenummer: 11006012.6
IPC-Klasse: H01L 27/146
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Halbleiterstruktur zur Photonendetektion
Name des Anmelders: Espros Photonics AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - nach Änderung
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 11006012 zurückzuweisen. Durch Verweis auf frühere Bescheide machte die Prüfungsabteilung insbesondere mangelnde Neuheit gegenüber WO 2010/053881 A1 (D1) geltend.

II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin, die Entscheidung zu widerrufen und ein Patent auf Basis des Hauptantrags, ursprünglich eingereicht als Hilfsantrag 5, wie folgt zu erteilen:

Ansprüche: 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2019

Beschreibung: Seiten 1 bis 19, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 5. Dezember 2019

Zeichnungen: Blätter 1/7 bis 7/7, eingereicht mit Schriftsatz vom 30. August 2012

III. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:

Halbleiterstruktur (1, 101, 201) zur Photonendetektion, wobei die Halbleiterstruktur dazu ausgebildet ist, von der Rückseite beleuchtet zu werden,

umfassend:

- ein Substrat (2, 102, 202, 302, 402, 502) aus einem Halbleitermaterial mit einer Dotierung erster Art,

- einen Kontaktbereich (3, 103, 203, 303, 403, 503), der an der Vorderseite des Substrates angebracht ist,

- eine Bias-Schicht (4, 104, 204) aus einem Halbleitermaterial mit einer zweiten Dotierung, welche auf der Rückseite des Substrats beabstandet vom Kontaktbereich angeordnet ist, wobei der Kontaktbereich wenigstens teilweise der Bias-Schicht gegenüber liegt, so dass in lateraler Richtung ein Überlappbereich vorhanden ist,

- ein Guardring (5, 105, 205), der an der Vorderseite des Substrats angeordnet ist und den Kontaktbereich umgibt, wobei zwischen dem Kontaktbereich und dem Guardring eine Sperrspannung anlegbar ist,

wobei

der Überlappbereich eine laterale Ausdehnung aufweist, die wenigstens ein Viertel der Distanz zwischen Kontaktbereich und Bias-Schicht beträgt, und der Kontaktbereich dazu ausgebildet ist, durch das an ihn angelegte Potential das Potential der Bias-Schicht zu beeinflussen und somit einen Leitungskanal zwischen dem Kontaktbereich und der Bias-Schicht auszubilden, ohne dass eine Kontaktierung der Bias-Schicht vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass die Bias-Schicht im Vergleich zum Substrat ungleichnamig dotiert ist und der Guardring eine gleichnamige Dotierung aufweist wie das Substrat.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung

Der unabhängige Anspruch 1 beruht auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 2, 7, 8 und 10 in Kombination mit Absatz 31 der veröffentlichten Anmeldung.

Der abhängige Anspruch 2 basiert auf den Absätzen 9 und 16 der veröffentlichten Anmeldung. Anspruch 3 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 4. Anspruch 4 beruht auf Absatz 49 der veröffentlichten Anmeldung. Anspruch 5 schließlich entspricht dem ursprünglichen Anspruch 9.

Die Voraussetzungen des Artikels 123(2) EPÜ sind daher erfüllt.

3. Die Anmeldung

Die Patentanmeldung betrifft eine Halbleiterstruktur zur Photonendetektion, die zur Beleuchtung von der Rückseite ausgebildet ist. Diese Art der Beleuchtung hat den Vorteil, dass weitere Bauteile in die Vorderseite der Halbleiterstruktur integriert werden können, ohne dass sie den eigentlichen Sensorteil abschatten. Eine Bias-Schicht auf der Rückseite dient zur Herstellung einer Verarmungszone, die zur Trennung von durch Photonen erzeugten Elektron-Loch-Paaren benötigt wird.

Solche Bias-Schichten werden üblicherweise durch aufgebondete Drähte von außen oder mithilfe von through vias durch die Halbleiterstruktur hindurch kontaktiert. Dies führt zu hohen Fertigungskosten, was durch die Erfindung vermieden werden soll (siehe [12] der veröffentlichten Anmeldung).

4. Druckschrift D1

Die Druckschrift D1 betrifft ebenfalls eine Halbleiterstruktur zur Photonendetektion. In einer ersten Gruppe von Ausführungsbeispielen offenbart sie Photodioden, die zur Beleuchtung von der Rückseite her ausgebildet sind (Seite 6, zweiter Absatz: backside illuminated photosensitive devices). Die Rückseite ist dabei mit einer Schicht 250 einer ersten Dotierungsart versehen (Seite 13, Absätze 2 und 5; Figur 2). Die einzelnen Photodioden werden von benachbarten Photodioden durch Isolationselemente (isolation regions) abgeschirmt. Diese können Bereiche 120, 220, 240 der ersten Dotierungsart (Seite 11, Absatz 2 und Seite 13, Absatz 2) umfassen und auch der Kontaktierung der rückseitigen Schicht 250 dienen (über Anschlüsse in einer zusätzlichen Lage 530, siehe Figur 5).

Die Figuren 1 bis 7 der D1 zeigen einen Herstellungsprozess, der zu Photodioden führt, wie sie in den Abbildungen 8 und 9 der D1 dargestellt sind und die sich nur durch verschiedene Überlappungen zwischen dotierten Bereichen unterscheiden. Diese Figuren betreffen alle die oben genannte erste Gruppe von Ausführungsbeispielen.

In den Worten des Anspruchs 1 entsprechen bei dieser Gruppe von Ausführungsbeispielen die isolation regions 120, 220, 240 dem Guardring, die regions 130, 230 dem Kontaktbereich, das substrate 110/layer 210 dem Substrat und die region 250 der Bias-Schicht. Die laterale Ausdehnung des Überlappbereichs zwischen den regions 130, 230 einerseits und der region 250 andererseits entspricht dabei wenigstens einem Viertel der Distanz zwischen diesen Elementen und bei Anlegen einer Sperrspannung an die regions 130, 230 und die isolation regions 120, 220, 240 wird sich ein Leitungskanal zwischen den regions 130, 230 einerseits und der region 250 andererseits ausbilden.

Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass D1 den Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart.

Dies ist in Übereinstimmung mit der Analyse der Prüfungsabteilung unter Punkt 4.1 des Bescheids vom 15. Juni 2012 und wurde von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten.

Sowohl die isolation regions 120, 220, 240 als auch die region 250 sind in der ersten Gruppe von Ausführungsbeispielen nach Seite 13, Absätze 2 bis 5, im Vergleich zum substrate 110/layer 210 gleichnamig dotiert (first conductivity type), während die regions 130, 230 im Vergleich dazu ungleichnamig (second conductivity type) dotiert sind (Seite 12, Absatz 3 bis Seite 13, Absatz 1).

5. Unterschied

D1 offenbart an einer anderen Stelle (Seite 20, Absatz 2) zwar die Möglichkeit, die isolation regions 120 ungleichnamig zur Dotierung des substrate 110/layer 210 zu gestalten; dasselbe wird auch für die region 250 offenbart. Darüber hinaus offenbart D1, die regions 130 von der Dotierung her gleichnamig wie das substrate 110/layer 210 auszuführen.

Nach Ansicht der Kammer würde der Fachmann diese allgemein gehaltenen Angaben jedoch nicht so verstehen, dass die genannten unterschiedlichen, grundsätzlich möglichen Dotierungen der isolation regions 120, der region 250 und der region 130 in Bezug auf die Dotierung des substrate 110/layer 210 beliebig kombiniert werden können.

Denn der Fachmann würde immer auch die Funktion der genannten Elemente in der Halbleiterstruktur der D1 berücksichtigen.

Dabei würde er insbesondere beachten, dass die isolation regions 120 der Kontaktierung der region 250 (die auch als third doping region und common cathode/anode of the array bezeichnet wird, siehe Seite 9, Absatz 2) dienen (siehe beispielsweise Figur 5).

Daraus folgt, dass der Fachmann trotz des Absatzes 2 der Seite 20 der D1 nicht in Betracht ziehen würde, die isolation regions 120 im Vergleich zur region 250 ungleichnamig zu dotieren, da dies zu einer für die Kontaktierung ungünstigen Diodenstruktur führen würde (siehe auch Seite 2, letzter Absatz des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 1. Oktober 2019).

Der Fachmann würde den Inhalt des Absatzes 2 auf Seite 20 der D1 daher so verstehen, dass die isolation regions 120 einerseits und die region 250 andererseits in Bezug auf das substrate 110/layer 210 zwar gleichnamig oder ungleichnamig dotiert werden können, aber untereinander immer gleichnamig dotiert sein müssen.

Wie oben bereits dargelegt entsprechen die isolation regions 120 der D1 dem Guardring der Anmeldung, die region 250 der D1 der Bias-Schicht der Anmeldung und das substrate 110/layer 210 der D1 dem Substrat der Anmeldung.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von D1 also durch die Kombination, dass

- die Bias-Schicht im Vergleich zum Substrat ungleichnamig dotiert ist und der Guardring eine gleichnamige Dotierung aufweist wie das Substrat.

Dies entspricht dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1.

Nach Anspruch 1 weisen also insbesondere die Bias-Schicht und der Guardring ungleichnamige Dotierungen auf.

6. Erfinderische Tätigkeit

Der Effekt des unterscheidenden Merkmals ist, dass die für die Photonendetektion wichtige Verarmungszone direkt an der beleuchteten Rückseite der Halbleiterstruktur gebildet wird, während sie sich in D1 um die dotierten regions 130, 230 herum im Innern der Halbleiterstruktur befindet.

Das zu lösende objektive technische Problem kann dann so formuliert werden, dass eine rückseitig zu beleuchtende Halbleiterstruktur geschaffen werden soll, die es ermöglicht, dass die Photonen in möglichst vorteilhafter Weise in den Bereich der Verarmungszone eindringen können (siehe Absatz 21 der veröffentlichten Anmeldung).

Wie oben unter Punkt 5. bereits ausgeführt, hätte der Fachmann ausgehend von D1 aufgrund seines Fachwissens nicht in Betracht gezogen, die isolation regions 120, 220, 240 einerseits und die region 250 andererseits ungleichnamig zu dotieren.

Darüber hinaus offenbart auch keines der anderen im Laufe des Prüfungs- und des Beschwerdeverfahrens genannten Dokumente das unterscheidende Merkmal. In Anbetracht des verfügbaren Standes der Technik würde der Fachmann also auch unter Berücksichtigung aller dieser Dokumente nicht ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags gelangen.

7. Nach den im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen sind die Bedingungen der Artikel 54 und 56 EPÜ also in Anbetracht des verfügbaren Standes der Technik erfüllt.

8.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angegriffene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche: 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2019

Beschreibung: Seiten 1 bis 19, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 5. Dezember 2019

Zeichnungen: Bl. 1/7 bis 7/7, eingereicht mit Schriftsatz vom 30. August 2012

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