T 1489/15 (Filtereinrichtung / MANN+HUMMEL GmbH) of 10.1.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T148915.20180110
Datum der Entscheidung: 10 Januar 2018
Aktenzeichen: T 1489/15
Anmeldenummer: 07113436.5
IPC-Klasse: B01D 29/11
B01D 46/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Filtereinrichtung
Name des Anmelders: MANN+HUMMEL GmbH
Name des Einsprechenden: DONALDSON COMPANY, INC.
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja)
Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent EP-B-1 905 497 wurde mit 11 Patentansprüchen erteilt. Der Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung im Patentblatt 2012/35 war der 29. August 2012.

II. Der einzige unabhängige Anspruch des erteilten Patents lautet:

"1. Filtereinrichtung, insbesondere zur Filtration von Verbrennungsluft in Brennkraftmaschinen, mit einem in einem Filtergehäuse (2) angeordneten Filterelement (4), dessen Filterwandung die Roh- von der Reinseite radial separiert, wobei das Filterelement (4) schlauchförmig ausgebildet und in einem Fluidrohr (3) größeren Durchmessers angeordnet ist, wobei der Ringraum (5) zwischen dem Außenmantel (6) des Filterelements (4) und dem Innenmantel (7) des Fluidrohrs (3) einen Strömungsraum für das Fluid bildet, und dass der Ringraum (5) in Achs- bzw. Strömungsrichtung eine sich ändernde Querschnittsfläche aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass in die Wandung des Fluidrohrs (3) Stufen (8) eingebracht sind, so dass sich der Ringraum (5) in Achsrichtung gesehen stufenförmig verjüngt und die Stufen abgeflacht verlaufen."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 betreffen bevorzugte Ausgestaltungsformen der Filtereinrichtung nach Anspruch 1.

III. Gegen die Erteilung des Patents wurde unter Hinweis auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100(a), (b) und (c) EPÜ Einspruch eingelegt.

IV. Im Einspruchsverfahren wurden u.a. folgende Dokumente genannt:

D1: WO 96/23 571

D2: US 4 427 547

D3: US 5 888 260

D4: US 4 003 836

D5: US 5 106 397

D6: US 6 179 890

D7: US 4 500 332

D8: US 5 938 804

V. Die Einspruchsabteilung bejahte in ihrer Entscheidung vom 5. März 2015 die Ausführbarkeit der Erfindung. Es sei dem Fachmann insbesondere möglich, in die Wandung eines konischen Filterelements Stufen in Längsrichtung einzubringen.

Die Einspruchsabteilung sah auch keinen Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123(2) EPÜ.

Weiters wurde entschieden, dass die beanspruchte Filtereinrichtung neu sei im Hinblick auf die Dokumente D2, D3 und D5.

Als nächstliegender Stand der Technik wurde D2 angesehen. Die Aufgabe bestehe laut Einspruchsabteilung in der Bereitstellung einer alternativen Filtereinrichtung mit einer gleichmäßigen axialen Verteilung des anströmenden Fluids. Diese Aufgabe sei mit den Merkmalen des Anspruchs 1 wie erteilt glaubhaft gelöst. Die beanspruchte Lösung habe auch in Hinblick auf den weiteren Stand der Technik, insbesondere auf D6 oder D1, nicht nahegelegen.

Der Einspruch wurde daher zurückgewiesen.

VI. Die gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung gerichtete Beschwerde der Einsprechenden (im folgenden: Beschwerdeführerin) ging am 21. Juli 2015 ein. Mit der Beschwerdebegründung vom 21. September 2015 hielt die Beschwerdeführerin ihre Einwände unter Artikel 100(a), (b) und (c) EPÜ aufrecht.

VII. Die Beschwerdeerwiderung der Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) ging am 18. Januar 2016 ein. Sie enthielt unter anderem neue Ansprüche als Hilfsanträge I und II.

VIII. Eine unverbindliche Stellungnahme der Kammer erging am 20. Dezember 2017.

IX. Am 10. Januar 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt. Diese hatte mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 angekündigt, an der Verhandlung nicht teilzunehmen.

Die Beschwerdegegnerin zog ihren bisherigen Hauptantrag, der auf die Patentansprüche in der erteilten Fassung gerichtet war, zurück und ersetzte ihn durch einen neuen Hauptantrag. Die Ansprüche entsprachen dabei denen des Hilfsantrags I vom 18. Januar 2016 mit der Maßgabe, dass Anspruch 3 gestrichen und die Rückbezüge angepasst wurden. Hilfsantrag I wurde zugleich zurückgezogen.

X. Anspruch 1 dieses neuen Hauptantrags lautet:

"1. Filtereinrichtung, insbesondere zur Filtration von Verbrennungsluft in Brennkraftmaschinen, mit einem in einem Filtergehäuse (2) angeordneten Filterelement (4), dessen Filterwandung die Roh- von der Reinseite radial separiert, wobei das Filterelement (4) schlauchförmig ausgebildet und in einem Fluidrohr (3) größeren Durchmessers angeordnet ist, wobei das schlauchförmig ausgebildete Filterelement eine konische Geometrie aufweist, die sich in Strömungsrichtung verjüngt, wobei der Ringraum (5) zwischen dem Außenmantel (6) des Filterelements (4) und dem Innenmantel (7) des Fluidrohrs (3) einen Strömungsraum für das Fluid bildet, und dass der Ringraum (5) in Achs- bzw. Strömungsrichtung eine sich ändernde Querschnittsfläche aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass in die Wandung des Fluidrohrs (3) Stufen (8) eingebracht sind, so dass sich der Ringraum (5) in Achsrichtung gesehen stufenförmig verjüngt und die Stufen abgeflacht verlaufen."

Die Hervorhebungen geben die Unterschiede zum erteilten Anspruch 1 wieder.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 betreffen bevorzugte Ausgestaltungsformen der Filtereinrichtung nach Anspruch 1.

XI. Die Beschwerdeführerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt:

Neuheit:

Figur (Zeichnung) 3 der D3 offenbare eine Filter­vorrichtung mit einem innenliegenden, in axialer Richtung konisch zulaufenden Filterelement (14). Das Gehäuse (12, 20) weise zwei Abstufungen auf, sodass der Ringspalt zwischen Gehäuseinnenwandung und Filter­element in axialer Richtung abnehme. Beide Stufen seien abgeflacht. Damit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu im Hinblick auf D3.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei auch nicht neu in Hinblick auf D8. D8 sei in erster Instanz eingereicht worden und mangels einer gegenteiliger Entscheidung als zugelassen zu betrachten. Die Figuren 1, 3, 4 und 5 der D8 offenbarten ein in axialer Richtung abgestuft zulaufendes Filtergehäuse, wobei der Ringspalt zwischen Filterelement und Innenseite des Gehäuses einen abnehmenden Querschnitt aufweise. Diese Stufen seien kontinuierlich abgeflacht.

Erfinderische Tätigkeit:

Die Einspruchsabteilung habe in der angefochtenen Entscheidung die objektive Aufgabe, ausgehend von D2, in der Bereitstellung einer alternativen Filtervorrichtung gesehen, die eine gleichmäßige axiale Verteilung des Fluids ermögliche.

Diese Aufgabe werde laut Einspruchsabteilung gelöst, indem man abgeflachte Stufen vorsehe, die die Turbulenzen verminderten.

Diese Aufgabe sei fehlerhaft formuliert, da diese Stufen - gleich ob abgeflacht oder nicht - in jedem Fall die Turbulenzen erhöhten und folglich die gleichmäßige axiale Verteilung des Fluids beeinträchtigten. Daher stellten die Ausführungsformen gemäß Figur 2 (nicht abgeflachte Stufen) oder Figur 3 (abgeflachte Stufen) weder eine Verbesserung noch eine gleichwertige Alternative gegenüber D2 dar.

Das Anspruchsmerkmal, wonach der "Ringraum (5) in Achs- bzw. Strömungsrichtung eine sich ändernde Querschnittsfläche aufweise", begründe keinen über die ganze Breite des Anspruchs auftretenden technischen Effekt. Wenn nämlich die Querschnittsänderung zwar in Achsrichtung, aber gegen die Strömungsrichtung erfolge, könne keine Verbesserung der Strömungsverteilung und auch keine Verbesserung der Filterleistung erfolgen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit in Hinblick auf D2. Die Lehre dieses Dokuments unterscheide sich vom Streitpatent durch die abgeflachten Stufen des Fluidrohrs, die den Ringraum stufenförmig verjüngten. Allerdings sei damit kein vorteilhafter technischer Effekt verknüpft, sondern das Vorsehen von (abgeflachten) Stufen verschlechtere im Gegenteil die bekannte Filtervorrichtung, da die Stufen Turbulenzen hervorriefen. Diese Nachteile seien nicht durch irgendwelche anderen, unvorhersehbaren Vorteile kompensiert.

Unzureichende Offenbarung (Artikel 83 EPÜ):

Der (nunmehrige) Anspruch 9 betreffe eine Filtereinrichtung nach einem der (nunmehrigen) Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass in die Wandung des Filterelements (4) Stufen eingebracht seien.

Das Streitpatent enthalte keine Lehre, wie solche Stufen in die Wandung eines Filterelements einzubringen wären, insbesondere rechtwinkelig zu einem in Längsrichtung gefalteten Filterelement. Es gebe keine Anleitung, wie einzelne Abschnitte eines stufenförmigen Filterelements miteinander verbunden oder montiert werden sollten.

XII. Die Beschwerdegegnerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt:

Die Druckschrift D8 sei mangels einer entsprechenden Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht ins Verfahren zugelassen worden. Sie werde auch in der angefochtenen Entscheidung nicht diskutiert, sodass davon auszugehen sei, dass die Einspruchsabteilung sie nicht als relevant angesehen habe.

Artikel 123(2) EPÜ

Der erteilte Anspruch 1 beruhe auf Anspruch 1 und der Beschreibung, Spalte 5, Zeilen 34 bis 36, 57 und 58, in der ursprünglich eingereichten Fassung. Mit den dort beschriebenen Merkmalen seien keine anderen, interagierenden Merkmale verknüpft, deren Weglassung zu einer Zwischen­verallgemeinerung führen könnte.

Neuheit:

Im Gegensatz zum Streitpatent vergrößere sich der Ringspalt bei D3 in Strömungsrichtung. Das Gehäuse weise auch keine Mehrzahl von Stufen auf. Die Kröpfung im Endbereich des Gehäuses (12) stelle keine Stufe, sondern eher den Übergang zu einem Anschlussstutzen für den Silikonschlauch (20) dar, noch weniger eine Mehrzahl von Stufen. Dieser Stutzen bewirke auch keine strömungsrelevante Verjüngung des Ringraums und haben augenscheinlich keine Auswirkung auf die Anströmung des Filterelements. Der Silikonschlauch (20) gehöre nicht zum Gehäuse.

Erfinderische Tätigkeit:

Die Beschwerdeführerin habe nicht gezeigt, wo der Fachmann die im nächstliegenden Stand der Technik (D2) nicht offenbarten Merkmale entnehmen könne. Als Vorteile, die sich aus den neuen Merkmalen ergäben, seien ein günstigerer Anströmwinkel der Fluidströmung auf das Filtermedium ohne übermäßige Druckverschiebung durch Turbulenzen zu nennen.

XIII. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, das Streitpatent in geänderter Form auf der Grundlage der Ansprüche gemäß Hauptantrag, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder hilfsweise gemäß Hilfsantrag II, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung von D8

D8 wurde erstmals im Einspruchsverfahren eingereicht, allerdings nach Ablauf der Einspruchsfrist, folglich verspätet. Die Patentinhaberin beantragte schon vor der Einspruchsabteilung die Nichtzulassung. Eine formelle Entscheidung der Einspruchsabteilung dazu erging zwar nicht, doch wurde das Dokument sachlich weder in der mündlichen Verhandlung diskutiert noch in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt.

Nach Ansicht der Kammer legt dies den Schluss nahe, dass die Einspruchsabteilung das Dokument nicht zugelassen hat.

Die Kammer hat sich ebenfalls davon überzeugt, dass D8 keine besondere Relevanz zukommt. Ein in axialer Richtung abgestuft zulaufendes Filtergehäuse, wobei der Ringspalt zwischen Filterelement und Innenseite des Gehäuses einen abnehmenden Querschnitt aufweist, ist in D8 nicht offenbart. Abgeflachte Stufen sind ebenfalls nicht zu erkennen.

D8 war daher nicht ins Verfahren zuzulassen.

2. Änderungen (Artikel 123(2) und (3) EPÜ) (Hauptantrag)

2.1 Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung durch die Merkmale, wonach

- "in die Wandung des Fluidrohrs (3) Stufen (8) eingebracht sind",

- "so dass sich der Ringraum (5) in Achsrichtung gesehen stufenförmig verjüngt und die Stufen abgeflacht verlaufen", und

- "wobei das schlauchförmig ausgebildete Filterelement eine konische Geometrie aufweist, die sich in Strömungsrichtung verjüngt".

2.2 Das erstgenannte Merkmal beruht auf Anspruch 8 wie ursprünglich eingereicht. Dieser war auf Anspruch 1 rückbezogen, sodass in der Kombination kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 123(2) EPÜ erblickt werden kann.

Das zweite Merkmal ist offenbart in der Beschreibung, Abschnitt [0020], in der ursprünglich eingereichten Fassung, und in der zugehörigen Figur 3, und zwar in Verbindung mit einem konisch in Strömungsrichtung zulaufenden Filterelement (drittgenanntes Merkmal).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die zu Figur 3 zugehörige Beschreibung, Abschnitt [0020], in Verbindung mit Abschnitt [0019] und Figur 2 offenbaren ebenfalls ein konisch in Strömungsrichtung zulaufendes Filterelement, zusammen mit einem Fluidrohr mit abgeflachten Stufen. Daher stellt der geänderte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag keine unzulässige Verallgemeinerung der besagten Ausführungsformen dar, sondern gibt alle wesentlichen Merkmale wieder, die insbesondere in Figur 3 und der zugehörigen Beschreibung (l.c.) ursprünglich offenbart sind. Verglichen mit dem ursprünglichen Offenbarungsgehalt neue Informationen sind damit nicht verbunden.

Anspruch 1 des Hauptantrags genügt daher den Bestimmungen des Artikels 123(2) EPÜ.

2.3 Durch die Aufnahme der besagten Merkmale wird der Schutzbereich der erteilten Ansprüche eingeschränkt, sodass die Bestimmung des Artikels 123(3) EPÜ ebenfalls erfüllt ist.

3. Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 83 EPÜ)(Hauptantrag)

3.1 Beim Einwand mangelnder Ausführbarkeit gilt es, etwaige Informationslücken sowie einen etwaigen Mangel an Anleitung in den Anmeldungsunterlagen aufzuzeigen und zu untersuchen und gegebenenfalls zu klären, ob solche Defizite durch das Allgemeinwissen des Fachmanns zu beheben sind.

3.2 Der Einwand der Beschwerdeführerin betrifft die Ausführungsform der Erfindung gemäß Anspruch 9. Dieser sieht vor, dass in die Wandung des Filterelements (4) Stufen eingebracht sind. Laut Beschwerdeführerin sei in der Beschreibung nicht offenbart, wie ein (konisches) Filterelement mit derartigen Stufen versehen werden könne. Zwar könne es sich gemäß Spalte 7, Zeilen 1 bis 8, des Patents bei den Stufen im Filterelement auch um eine Aneinanderreihung von glatten, ebenen Teilebenen mit abnehmendem Durchmesser handeln, doch sei nicht offenbart, wie diese Teilebenen verbunden bzw. montiert werden könnten.

3.3 Der Beschwerdegegnerin zufolge seien geeignete Herstellverfahren für ein gestuftes Filterelement, wie z.B. Gießen, Pressen, Stricken, Vernähen, dem Fachmann bekannt.

3.4 Im konkreten Fall hat die Kammer keine Zweifel, dass der Fachmann in der Lage ist, ein gestuftes Filterelement aus einer Vielzahl geeigneter Materialien durch an sich bekannte Formgebungsverfahren herzustellen. Die Beschwerdegegnerin hat dazu mehrere denkbare Verfahren angegeben. Die prinzipielle Anwendbarkeit dieser Verfahren zur Herstellung von Filterelementen und der Umstand, dass sie zum allgemeinen Fachwissen zählen, blieb unbestritten.

Die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ sind daher erfüllt.

4. Neuheit (Hauptantrag)

4.1 D3 ist nicht neuheitsschädlich, da das Filtergehäuse 12 keine Mehrzahl an Stufen aufweist. Bauteil 20 ist nicht Bestandteil des Gehäuses, sondern stellt ein separates Auslassrohr dar (siehe Figur 3).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Einengung (Stufe) in Bauteil 20 ist stromabwärts des Filterelements 14, kann also die Strömungsverhältnisse im Bereich des Filters nicht im Sinne der vorliegenden Erfindung beeinflussen.

4.2 Andere Dokumente wurden nicht als neuheitsschädlich genannt.

Die aus D2 bekannte Filtereinrichtung weist ein konisch zulaufendes Fluidgehäuse auf, dessen Gehäuse 11 aber keine Stufen hat (siehe Figur 1). Dies hat die Beschwerdeführerin selbst eingeräumt (Beschwerde­begründung, Seite 23, unten). Außerdem ist das Filterelement nicht konisch in Strömungsrichtung zulaufend ausgebildet.

4.3 Die Bestimmungen des Artikels 54 EPÜ sind daher erfüllt.

5. Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag)

5.1 Nächstliegender Stand der Technik

D2 offenbart eine Filtereinrichtung mit einem zylindrischen, innenliegenden Filterelement 13 und einem dieses umgebenden, koaxialen, konisch zulaufenden Gehäuse 11. Aufgrund der Konizität des Gehäuses bei gleichbleibendem Durchmesser des Filterelements verringert sich der Ringraum zwischen diesen Bauteilen in Strömungsrichtung des Fluids. Dies bewirkt einen gleichmäßigen Druckabfall im Ringraum in Strömungsrichtung (siehe Spalte 1, Zeilen 32 und 33; Spalte 3, Zeilen 37 bis 66; Spalte 4, Zeilen 3 bis 30; und Figur 1).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

D2 befasst sich also mit einer vergleichbaren (Teil-)aufgabe wie das Streitpatent (siehe Beschreibung, Absätze [0003], [0006] und [0007]), und löst diese mit vergleichbaren Mitteln und wird daher als nächstliegender Stand der Technik angesehen.

5.2 Aufgabe

Ausgehend von D2 ist die objektive Aufgabe zu formulieren. Sie besteht in der Bereitstellung einer Filtereinrichtung mit einer verbesserten radialen Anströmung des Filterelements.

5.3 Lösung

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent eine Filtereinrichtung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags vor, dadurch gekennzeichnet, dass in die Wandung des Fluidrohrs (3) abgeflacht verlaufende Stufen (8) eingebracht sind, sodass sich der Ringraum (5) in Achs- bzw. Strömungsrichtung stufenförmig verjüngt.

5.4 Erfolg der Lösung

5.4.1 Die stufenförmig erfolgenden Einengungen des Ringraums führen zu einer im Vergleich mit D2 verbesserten radialen Anströmung des Filterelements durch das zu filtrierende Fluid, da das Rohfluid im Bereich unmittelbar vor den Stufen eine radiale Ablenkung und einen Impuls in Richtung Filteroberfläche erfährt. Die Abflachung der Stufen wiederum vermindert die starken Turbulenzen, die bei Stufen mit einem Winkel von 90° zur Hauptachse zu erwarten wären.

5.4.2 Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerdebegründung (Seiten 21 und 22) eingewandt, dass der (erteilte) Anspruch 1 Ausführungsformen umfasse, bei denen der erfindungsgemäße Effekt nicht gegeben sei und die folglich die Aufgabe nicht lösten. Sie wies darauf hin, dass zwar anspruchsgemäß "der Ringraum (5) in Achs- bzw. Strömungsrichtung eine sich ändernde Querschnitts­fläche" aufweisen müsse, die Achsrichtung jedoch nicht notwendigerweise mit der Strömungsrichtung zusammenfallen müsse. Die Beschwerdeführerin illustrierte diesen Sachverhalt mit den nachstehend wiedergegebenen Figuren (Sketch 1 und 2), die beide laut Beschwerdeführerin unter den Anspruchsgegenstand fallende Ausführungsformen zeigten und bei denen sich der Ringraum in Achsrichtung stufenweise ändere.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Dieser Einwand trifft jedoch nach Ansicht der Kammer auf den Anspruch 1 in seiner nunmehrigen Fassung nicht zu, da das Filterelement sich in der Darstellung nach Sketch 1 nicht in Strömungsrichtung verjüngt.

5.4.3 Die Beschwerdeführerin vermeint, dass das Vorsehen von (abgeflachten) Stufen keinen technischen Effekt oder Vorteil gegenüber D2 mit sich bringe. Die Stufen brächten notwendigerweise Turbulenzen, die sich negativ auf die "gleichmäßige axiale Verteilung des Fluids" auswirkten und die Filterleistung reduzierten. Abgeflachte Stufen reduzierten diesen Nachteil zwar etwas, der Filtrationseffekt wäre aber immer noch schlechter als ganz ohne Stufen (wie in D2). Es handele sich beim Streitpatent also um eine Modifikation, die für den Fachmann vorhersehbar zu einer Verschlechterung der axialen Verteilung des Fluids führe, die auch nicht durch einen anderen, überraschenden Vorteil kompensiert würde (Beschwerdebegründung, Seite 24, dritter bis sechster Absatz). Bei dieser Sachlage erübrige sich der weitere Nachweis eines Mangels an erfinderischer Tätigkeit nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz.

Die Kammer kann dem nicht folgen. Da die objektive Aufgabe nicht in einer Verbesserung der Gleichmäßigkeit der axialen Verteilung des Fluids liegt, sondern in einer verbesserten radialen Anströmung des Filterelements (siehe Punkt 5.2), erübrigt sich die Diskussion, ob die Stufen sich negativ auf die "gleichmäßige axiale Verteilung des Fluids" auswirken. Es ist jedenfalls plausibel, dass die radiale Anströmung des Filterelements und damit die Filterleistung verbessert ist.

5.4.4 Die gestellte Aufgabe kann daher als gelöst betrachtet werden.

5.5 Naheliegen

Es bleibt zu entscheiden, ob die beanspruchte Lösung angesichts des Standes der Technik nahegelegen hat.

5.5.1 D2 selbst kann die beanspruchte Erfindung nicht nahelegen, da es keinen Hinweis gibt und keine Anregung enthält, in die Wandung des Fluidrohrs abgeflachte Stufen einzubringen, sodass sich der Ringraum in Achsrichtung gesehen stufenförmig verjüngt. Um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen, müsste zusätzlich zu den abgeflachten Stufen in der Gehäusewandung auch noch das schlauchförmige Filterelement konisch und sich in Strömungsrichtung verjüngend ausgebildet werden, wofür es in D2 ebenfalls keine konkrete Anregung gibt.

5.5.2 Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren keine zusätzlichen Dokumente angeführt, die in Zusammenschau mit D2 den Anspruchsgegenstand nahelegten. Die Beschwerdeführerin ist auf die Gründe, aus denen die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von D2 und in Kombination mit D1, D4, D5, D6 oder D7, bejaht hat, nicht eingegangen. Die Kammer sieht daher keine Veranlassung, von dieser abzuweichen.

5.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 haben ebenfalls Bestand.

6. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf den Hilfsantrag einzugehen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird mit der Anordnung an die erste Instanz zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage des Hauptantrages, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2018, und einer noch anzupassenden Beschreibung samt Zeichnungen aufrechtzuerhalten.

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