T 1448/15 () of 10.5.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T144815.20170510
Datum der Entscheidung: 10 Mai 2017
Aktenzeichen: T 1448/15
Anmeldenummer: 09765464.4
IPC-Klasse: B60T 17/00
F16L 55/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: GERÄUSCHDÄMPFER FÜR DRUCKLUFTSYSTEME VON FAHRZEUGEN
Name des Anmelders: WABCO GmbH
Name des Einsprechenden: Knorr-Bremse
Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsanträge 1 bis 3 (nein)
Änderungen - Hilfsantrag 4
Änderungen - Zwischenverallgemeinerung
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 4a (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 2 303 659 in geändertem Umfang aufrechterhalten worden ist, hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsantrag 1 erfinderisch sei gegenüber dem folgenden Stand der Technik:

E2: WO 00/75495 A1;

E4: EP 0 596 220 B1.

Über die Zulassung des verspätet vorgebrachten Dokuments E7 (GB 686,905) wurde nicht entschieden.

III. Am 10. Mai 2017 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 6, wie eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 25. Januar 2016, bzw. auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 4a aufrechtzuerhalten.

IV. Der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltene Anspruch 1 (Hauptantrag) lautet in Anlehnung an die Merkmals­gliederung der Beschwerdeführerin wie folgt:

1a Geräuschdämpfer für Druckluftsysteme von Fahrzeugen, umfassend

1b ein Gehäuse (1a, 1b),

1c ein Dämmmittel (2) und

1d zumindest einen Steg (3a, 3b, 3c),

1e wobei das Gehäuse (1a, 1b) einen Lufteinlass (4) und einen Luftauslass (5) aufweist,

1f das Dämmmittel (2) innerhalb des Gehäuses (1a, 1b) angeordnet ist,

1g die vom Lufteinlass (4) zum Luftauslass (5) durch das Gehäuse (1a, 1b) strömende Luft von dem mindestens einen Steg (3a, 3b, 3c) in das Dämmmittel (2) geleitet wird,

1h wobei der mindestens eine Steg (3a, 3b, 3c) innerhalb des Gehäuses (1a, 1b) so angeordnet ist,

1i dass er in das Dämmmittel (2) zumindest teilweise hineinragt, und

1j wobei der mindestens eine Steg (3a, 3b, 3c) einteilig mit dem Gehäuse (1a, 7) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass

1k das Dämmmittel (2) eine Gestrickrolle (2) aus einem um eine Achse gewickelten Gestrick enthält.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 weist gegenüber dem Hauptantrag das folgende zusätzliche Merkmal auf:

1l wobei Gestrickrolle (2) und der mindestens eine Steg (3a, 3b, 3c) zueinander parallel verlaufend angeordnet sind

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 weist gegenüber dem Hilfsantrag 1 das folgende zusätzliche Merkmal auf:

1m und dass das Gehäuse (1a, 1b) zweiteilig aus einem Deckel (1a) und aus einem Boden (1b) aufgebaut ist, wobei sich im Boden (1b) der Lufteinlass (4) und im Deckel (1a) der Luftauslass (5) befindet

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 weist gegenüber dem Hilfsantrag 2 die folgenden zusätzlichen Merkmale auf:

1n und dass das Gehäuse (1a, 1b) und der mindestens eine Steg (3a, 3b, 3c) um eine gemeinsame Achse (6) radialsymmetrisch ausgebildet sind,

1o wobei der Luftauslass (5) durch eine Vielzahl von schmalen, länglichen Entlüftungsschlitzen gebildet wird, welche radial zur gemeinsamen Achse (6) verlaufend angeordnet sind und sich über einen Großteil der Deckelaußenfläche erstrecken

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 weist gegenüber dem Hilfsantrag 3 das folgende zusätzliche Merkmal auf:

1p und dass ein erster Steg (3a) den Luftauslass (5) umschließt und ein zweiter Steg (3b) den Lufteinlass (4) umschließt

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a weicht von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 dahingehend ab, dass Merkmal 1o ersetzt wurde durch das folgende Merkmal 1o':

1o' wobei der Luftauslass (5) durch eine Vielzahl von schmalen, länglichen Entlüftungsschlitzen gebildet wird, welche radial zur gemeinsamen Achse (6) verlaufend angeordnet sind und die im Randbereich des Bodens des Gehäusedeckels (1a) beginnen und sich über einen Großteil der Deckelaußenfläche erstrecken

V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

E4 zeige alle Merkmale von Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung bestätigten Fassung. Entgegen deren Auffassung bilde der "Vorsprung (20)" mit dem "Kegel (13)" nicht ein geometrisches Gebilde, das eher ein "Absatz" als ein "Steg" sei. Dem abstrakten technischen Ausdruck "Steg" sei keine eindeutige geometrische Form beizumessen. Er sei durch seine Funktionsbeschreibung im Streitpatent als Leitmittel für die strömende Luft zu verstehen und könne auch (siehe Ansprüche 2, 3 und Absatz [0010]) ringförmig und flach sein. Ein solches geometrisches Gebilde mit einer Leitfunktion der einströmenden Druckluft in das Filtergestrick hinein sei bei der E4 durch den Vorsprung (20) vorhanden, welcher eine Verlängerung des Lufteinlasskanals in Richtung Gehäuseinnenraum darstelle, wobei es keine Rolle spiele, dass der "Steg" mit dem "Kegel (13)" versehen sei. Es spiele auch keine Rolle, dass ein Teil der strömenden Luft in E4 entlang eines Hilfsluftweges ströme, denn dieser Teil gelange im Normalbetrieb ebenfalls in das Dämmmittel (Spalte 2, Zeilen 29 ff.); solche Notpassagen seien auch im ringförmigen Steg des Einspruchspatents (Anspruch 7) vorhanden. Der ring­förmige Vorsprung der E4 rage in das Dämmmittel hinein, welches um den ringförmigen Vorsprung herum die gesamte Gehäusehöhe einnehme, und liege nicht nur hierauf auf.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 spezifiziere nicht den Beginn des Verlaufes der Entlüftungsschlitze wie in Absatz [0028] des Streitpatents beschrieben, so dass eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vorliege.

E7 zeige (siehe Schriftsatz aus dem Einspruchsverfahren vom 10. März 2015) die zusätzlichen Merkmale des Hilfsantrags 4a. Es stelle sich die Aufgabe einer Verbesserung der Luftführung, und E7 sei auch ein Stand der Technik aus dem Gebiet der Luftführung.

VI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:

Der Zweck des Stegs gemäß Streitpatent sei durch den ringförmigen Vorsprung der E4 nicht zu verwirklichen. Aufgabe des Streitpatents sei, einen Geräuschdämpfer mit einer effektiven Leitung des Luftstroms durch das Dämmmittel zu schaffen. Diese Aufgabe werde durch den mindestens einen Steg gelöst, der innerhalb des Gehäuses so angeordnet sei, dass er in das Dämmmittel zumindest teilweise hineinrage (zum Begriff "hineinragen" siehe Absatz [0009] des Streit­patents), wobei vom Lufteinlass zum Luftauslass durch das Gehäuse strömende Luft (und zwar möglichst der gesamte Luftstrom) von dem Steg in das Dämmmittel geleitet werde. Im Streitpatent seien Stege vorgesehen, die teilweise an das ebenfalls vorhandene ringförmige Element (Siebelement 7) angeformt seien und die Luft gezielt in das Dämmmittel einleiteten.

E4 stelle sich die umgekehrte Aufgabe, eine übermäßig hohe Staudruckbildung zu verhindern. Dazu seien im ringförmigen Vorsprung (20) mehrere Kanäle vorgesehen, durch welche Druckluft am Dämmmaterial vorbei zum Auslass des Geräuschdämpfers geleitet werde; das sei bei einem durch gefrorenes Kondensat blockiertem Dämpfer sinnvoll. In E4 sei aber kein Steg im Sinne des Streitpatents gezeigt, da der ringförmige Vorsprung und das kegelförmige Teil einstückig miteinander verbunden und - wie auch die Rippen - nur auf dem Filtergestrick aufliegend ausgebildet seien und nicht hineinragten. So könne Druckluft nicht tief in das Filtergestrick eindringen, was in E4 auch kontraproduktiv sei.

Fehle es dem Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag an Neuheit gegenüber E4, werde anerkannt, dass die zusätzlichen Merkmale der Hilfsanträge 1 bis 3 nicht geeignet seien Neuheit herzustellen.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 stelle keine Verallgemeinerung dar. Mit Hilfsantrag 4a werde dem Einwand der unzulässigen Erweiterung begegnet.

Die Beschwerdeführerin habe im Beschwerdeverfahren zu den Hilfsanträgen bisher nicht vorgetragen, so dass der Vortrag in der mündlichen Verhandlung verspätet sei.

Im Übrigen betreffe Dokument E7 einen Auspuff für Verbrennungsgase und keinen Geräuschdämpfer für Druckluftsysteme.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag (entspricht Hilfsantrag 1 der angefochtenen Entscheidung)

1.1 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist nicht neu gegenüber E4 (Artikel 54 (1) EPÜ).

1.2 In E4 ist ein Geräuschdämpfer für Druckluftsysteme von Fahrzeugen offenbart, umfassend (siehe Figur 1) ein Gehäuse mit einem Lufteinlass (18) und einem Luftauslass (4) und einem innerhalb des Gehäuses angeordneten Dämmmittel (3) in Form einer Gestrickrolle aus einem um eine Achse gewickelten Gestrick gemäß den Merkmalen 1a, 1b, 1c, 1e, 1f sowie 1k. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

1.3 Strittig zwischen den Parteien war lediglich, ob E4 einen Steg im Sinne des Streitpatents offenbart, wie mit den Merkmalen 1d, 1g sowie 1h mit 1i, 1j definiert.

1.3.1 Die Kammer ist der Auffassung, dass der in E4 am Deckel (19) vorgesehene, einteilig mit diesem ausgebildete und sich in Richtung auf das Filtergestrick (3) zu erstreckende ringförmige Vorsprung (20) einen innerhalb des Gehäuses angeordneten Steg gemäß den Merkmalen 1d und 1h mit 1j darstellt. Dieser Steg aus E4 erfüllt auch die mit Merkmal 1g geforderte Luftleitfunktion, denn er leitet die vom Lufteinlass (18) zum Luftauslass (4) durch das Gehäuse strömende Luft in das Dämmmittel bzw. Filtergestrick (3). Dies erfolgt zum einen bereits dadurch, dass der am Deckel (19) angeformte ringförmige Vorsprung (20) eine Verlängerung des Lufteinlasskanals in Richtung des Gehäuseinnenraums darstellt, und zwar unabhängig davon, ob man den in E4 beschriebenen Hauptluftweg (über Durchlässe in dem am unteren Ende des ringförmigen Vorsprungs vorgesehenen kegelförmigen Teil (13) direkt ins Filtergestrick, siehe Figur 1) oder den zusätzlichen Hilfsluftweg (über die im ringförmigen Vorsprung vorgesehenen und in Kanälen (9) mündenden Ausnehmungen (11, 12) betrachtet, da im Normalbetrieb die Druckluft über beide Luftwege durch das Filtergestrick zum Auslass geführt wird, wie in E4 explizit auch für den Hilfsluftweg beschrieben (siehe Spalte 6, Zeilen 23 bis 30).

1.3.2 Merkmal 1h mit 1i beschreibt die Positionierung des Stegs dahingehend, dass er in das Dämmmittel zumindest teilweise hineinragt. Die Kammer teilt bezüglich der Auslegung des Begriffs "hineinragt" die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass bei einem solch allgemeinen Begriff nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beschreibung notwendigerweise zur Auslegung von Anspruch 1 herangezogen wird, sondern dass allgemein bekannte Definitionen dieses Begriffs in Betracht zu ziehen sind. Wie Figur 1 in E4 zeigt, weist das Filtergestrick (3) im Bereich des Lufteinlasses und des ring- bzw. rohrförmigen Vorsprungs (20) eine Vertiefung auf, während um den ringförmigen Vorprung herum das Filtergestrick die gesamte Gehäusehöhe einnimmt. Somit ragt der ringförmige Vorsprung (20) - also der Steg aus E4 - in das Filtergestrick (3) bzw. in das Dämmmittel hinein, wie mit Merkmal 1h in Verbindung mit Merkmal 1i gefordert.

1.3.3 Im Übrigen verlangt die im Streitpatent selbst gegebene Definition des Begriffs "hineinragen" ("so zu verstehen, dass zumindest in dem Teilabschnitt, in dem der Steg in das Dämmmittel hineinragt, das Dämmmittel beidseitig an den gegenüberliegenden Seitenflächen des Steges angrenzt") nur ein "Angrenzen" des Dämmmittels an die beiden Seitenflächen des Stegs, so dass diese Bedingung bereits als erfüllt anzusehen ist, wenn ein Steg lediglich mit seiner Schmalseite an dem Filterstrick "anliegt" und die beiden Seitenflächen das Dämmmittel nur (im Bereich von ihrer unteren Kante) berühren. Dies ist in E4 aber auch explizit für den ringförmigen Vorsprung offenbart (Spalte 3, Zeilen 43-44), und zwar unabhängig davon, dass gleichzeitig ein kegelförmiges Teil (13) in dem von dem ringförmigen Vorsprung (20) begrenzten Bereich des Einlasses (18) vorgesehen und einstückig mit diesem ausgebildet ist. Darüber hinaus stellen auch die in E4 in Figur 2 gezeigten, von dem ringförmigen Vorsprung ausgehenden Rippen (22, 23) Stege im Sinne der Merkmale 1h und 1i und der im Streitpatent gegebenen Definition von "hineinragen" dar, da auch die Rippen an dem Filtergestrick (3) anliegen bzw. angrenzen (Spalte 3, Zeilen 43-44).

1.3.4 Damit zeigt E4 alle Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.

1.4 Die Kammer kann der Beschwerdegegnerin nicht darin folgen, dass der im Streitpatent angestrebte Zweck des Steges, möglichst den gesamten Luftstrom in das Dämmmittel zu leiten, durch den ringförmigen Vorsprung in E4 nicht verwirklicht sei. Wie bereits weiter oben ausgeführt, wird in E4 im Normalbetrieb die vom Lufteinlass einströmende Luft durch den ringförmigen Vorsprung sowohl auf dem Hauptluftweg als auch dem Hilfsluftweg in das Dämmmittel geleitet und zum Luftauslass geführt. E4 mag zwar von einer anderen Aufgabenstellung als im Streitpatent ausgehen und bei verunreinigtem oder blockiertem Dämmmittel eine Notpassage bereitstellen, über die gegebenenfalls Druckluft am Dämmmittel vorbei zur Atmosphäre geleitet werden kann. Dies ist jedoch für die Frage der Neuheit unerheblich, solange alle Merkmale des Anspruchs 1 direkt und unmittelbar aus E4 hervorgehen. Im Übrigen werden auch im Streitpatent solche Notpassagen für den Durchtritt von Luft angesprochen (Anspruch 7).

Die Beschwerdegegnerin wendete auch ein, dass in E4 kein Steg im Sinne des Streitpatents gezeigt sei, da der ringförmige Vorsprung (20) und das kegelförmige Teil (13) einstückig miteinander verbunden und - wie auch die Rippen - nur auf dem Filtergestrick aufliegend ausgebildet seien. So könne Druckluft nicht tief in das Filtergestrick eindringen, was in E4 auch kontraproduktiv sei. Auch wenn die in Figur 1 der E4 gezeigten Bohrungen und Ausbrüche Stege zu bilden schienen, so ragten diese nicht in das Filtergestrick hinein.

Wie bereits ausgeführt, verlangt Anspruch 1 - selbst unter Berücksichtigung der im Streitpatent gegebenen Definition des Begriffs "hineinragen" - jedoch kein Eintauchen der Stege in das Filtergestrick (sondern lediglich ein "Angrenzen") und damit auch nicht, dass Druckluft tief in das Filtergestrick hinein geleitet wird. Die in E4 auf dem Filtergestrick aufliegenden Teile, d. h. der ringförmige Vorsprung und die Rippen, fallen also durchaus unter den Wortlaut von Anspruch 1.

2. Hilfsanträge 1 bis 3

2.1 Auch die zusätzlichen Merkmale gemäß den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 können keine Neuheit gegenüber der Lehre von E4 herstellen, denn E4 zeigt

- ein parallel zu dem ringförmigen Vorsprung bzw. Steg verlaufendes Filtergestrick (Merkmal 1l),

- ein zweiteiliges Gehäuse mit einem Lufteinlass im Boden und einem Luftauslass im Deckel (Merkmal 1m),

- ein Gehäuse und einen ringförmigen Vorsprung bzw. Steg, die radialsymmetrisch um eine gemeinsame Achse ausgebildet sind (Merkmal 1n), sowie

- einen Luftauslass, der durch eine Vielzahl von schmalen, länglichen Entlüftungsschlitzen entsprechend Merkmal 1o gebildet ist.

2.2 Damit erfüllen auch die Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 nicht die Erfordernisse des Artikels 54 (1) EPÜ, was von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten wurde.

3. Hilfsantrag 4

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 wurde unter anderem durch Aufnahme eines Merkmals aus der Beschreibung (Absatz [0028] des Streitpatents, identisch zum zweiten Absatz auf Seite 5 der ursprünglich eingereichten Anmeldung) ergänzt, welches die Ausbildung des Luftauslasses näher spezifiziert, und zwar durch eine Vielzahl von schmalen, länglichen Entlüftungsschlitzen. Diese Entlüftungsschlitze sind nur in einer konkreten Ausführungsform ursprünglich offenbart, gemäß welcher die Entlüftungsschlitze

- radial zur Symmetrieachse verlaufend angeordnet sind,

- im Randbereich des Bodens des Gehäusedeckels beginnen

- und sich über einen Großteil der Deckelaußenfläche erstrecken.

In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 fehlt demgegenüber die Charakterisierung, dass die Entlüftungsschlitze im Randbereich des Bodens des Gehäusedeckels beginnen. Ohne diese Charakterisierung liegt nach Auffassung der Kammer eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor, da Anspruch 1 damit auch nicht ursprünglich offenbarte Ausführungsformen umfasst, z. B. Entlüftungsschlitze, die oberhalb des Bodens des Gehäusedeckels beginnen.

Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist somit unzulässig geändert und erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

4. Hilfsantrag 4a

4.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a beruht auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 bis 5 in Verbindung mit der in Absatz [0024] des Streitpatents (Seite 4, Absatz 5 der Anmeldung wie eingereicht) beschriebenen zweiteiligen Ausbildung des Gehäuses und der in Absatz [0028] des Streitpatents (zweiter Absatz auf Seite 5 der eingereichten Anmeldung) beschriebenen Ausbildung des Luftauslasses.

Die Kammer sieht die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 84 EPÜ als erfüllt an. Auch die Beschwerdeführerin machte keine Einwände mehr gegen die Zulässigkeit der Änderungen mehr geltend.

4.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4a ist neu gegenüber E4 (Artikel 54 (1) EPÜ), da in E4 kein den Luftauslass umschließender Steg gezeigt ist, wie mit Merkmal 1p gefordert. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

4.3 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass die zusätzlichen Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4a, wonach sowohl der Luftauslass als auch der Lufteinlass von einem Steg umschlossen sind, aus Dokument E7 hervorgehen und deshalb keine erfinderische Tätigkeit begründen können.

4.3.1 Folgt man der Beschwerdeführerin darin, dass sich der Fachmann ausgehend von E4 als nächstliegendem Stand der Technik die Aufgabe stellt, die Luftführung bei dem aus E4 vorbekannten Geräuschdämpfer für Druckluftsysteme von Fahrzeugen zu verbessern, so kann die Kammer die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht teilen, dass der Fachmann zur Lösung der genannten Aufgabe das Dokument E7 berücksichtigen würde. E7 zeigt einen Auspuff für Verbrennungsgase, der zwar auch einen Geräuschdämpfer darstellen mag, der aber unter anderen Randbedingungen zum Einsatz kommt und einen anderen Aufbau aufweist als der Geräuschdämpfer der E4. Bereits aus diesem Grund kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Fachmann den Auspuff aus E7 nicht in naheliegender Weise zur Modifikation des aus E4 bekannten Geräuschdämpfers für Druckluftsysteme von Fahrzeugen heranziehen würde.

4.3.2 Eine Kombination der Dokumente E4 und E7 wird somit als nicht naheliegend angesehen. Andere Angriffslinien in Bezug auf fehlende erfinderische Tätigkeit wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen. Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4a nach Ansicht der Kammer auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4.4 Vor diesem Hintergrund kann die Frage der Zulassung des verspätet vorgebrachten Dokuments E7 und ebenso des Einwandes hinsichtlich mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von E4 in Verbindung mit E7 in das Verfahren offen gelassen werden, da, wie oben ausgeführt, selbst unter Berücksichtigung von E7 eine erfinderische Tätigkeit zu bejahen ist.

5. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 gemäß Hilfsantrag 4a (eingereicht mit Hilfsantrag 4) definieren bevorzugte Ausführungsformen des Geräuschdämpfers gemäß Anspruch 1 und weisen daher ebenfalls eine erfinderische Tätigkeit auf.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der folgenden Dokumente aufrechtzuerhalten:

- Anspruch 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2017 eingereichten Hilfsantrag 4a,

- Ansprüche 2 bis 5 gemäß Hilfsantrag 4 vom 25. Januar 2016,

- Beschreibung, Spalten 1 bis 4, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2017,

- Figur gemäß Patent wie erteilt.

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