T 1403/15 () of 22.10.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T140315.20191022
Datum der Entscheidung: 22 October 2019
Aktenzeichen: T 1403/15
Anmeldenummer: 09004241.7
IPC-Klasse: A61K 8/20
A61K 8/34
A61K 8/86
A61Q 17/00
A61Q 19/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung von Elektrolyten zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut
Name des Anmelders: Beiersdorf AG
Name des Einsprechenden: Henkel AG & Co. KGaA
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 76(1)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 53(c)
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 52(4)
Schlagwörter: Teilanmeldung - unzulässige Erweiterung (nein)
Teilanmeldung - nach Änderung
Ausnahmen von der Patentierbarkeit (nein)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher das europäische Patent Nr. 2 090 283 widerrufen wurde.

II. Die Einspruchsabteilung hatte das Streitpatent widerrufen, da der Gegenstand gemäß Anspruch 1 in der erteilten Fassung (damaliger Hauptantrag) und in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 gemäß Artikel 52(4) EPÜ 1973 von der Patentierbarkeit ausgenommen sei. Die gegenüber der Stammanmeldung vorgenommenen Änderungen genügten nicht den Erfordernissen der Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 76 (1) EPÜ. Die Ansprüche der damaligen Hilfsanträge 2 und 3 enthielten Änderungen, die nicht durch einen Einspruchsgrund veranlasst gewesen seien. Folglich seien die Hilfsanträge 2 und 3 nicht in das Einspruchsverfahren zuzulassen.

III. Während der mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2019 vor der Kammer legte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag vor, der nur noch die erteilten Ansprüche 4 bis 6, jeweils umnummeriert, enthielt. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Verwendung von Natriumchlorid und Glycerin zur Herstellung dermatologischer Zubereitungen zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut, wobei die Zubereitungen einen Gehalt von 0,05-30 Gew.-% Natriumchlorid und 1-30 Gew.-% Glycerin aufweisen, jeweils bezogen auf die Gesamtzusammensetzung."

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) teilte der Kammer in einem Schreiben vom 27. Juni 2019 mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht teilnehmen werde.

V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags wie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht, sowie die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung. Die Hilfsanträge 1 bis 3, wobei Hilfsantrag 1 wie eingereicht mit Schriftsatz vom 27 März 2015 ist, und die Hilfsanträge 2 und 3 wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 28. April 2015 sind, hielt sie aufrecht.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte schriftlich die Zurückweisung der Beschwerde.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen Artikel 76(1) und Artikel 123(2) EPÜ

2.1 Der Einwand der Einspruchsabteilung gegen den Anspruch 1 des damaligen Hauptantrages bezog sich darauf, dass in diesem Anspruch die Verwendung von Glycerin als Wirkstoff beansprucht war, wobei die beanspruchte Wirkung in der "Stärkung der Barrierefunktion der Haut" lag. Die Verwendung von Glycerin sei jedoch in der Stammanmeldung des Streitpatentes, der europäischen Anmeldung Nr. 02 743 014.9, nicht offenbart.

2.2 Der Anspruch 1 gemäß des vorliegenden Hauptantrages betrifft jedoch nur noch die Verwendung von Natriumchlorid und Glycerin zur Herstellung von dermatologischen Zubereitungen. Die von der Einspruchsabteilung gerügte Verknüpfung von Glycerin mit einer spezifischen Wirkung, nämlich der Stärkung der Barrierefunktion der Haut, ist nunmehr nicht mehr Bestandteil des Anspruchs. Die Stammanmeldung offenbart die Verwendung von verschiedenen Komponenten, insbesondere Natriumchlorid und Glycerin, zur Herstellung von dermatologischen Zubereitungen. Auch die Mengen der beiden Komponenten sind bereits in der Stammanmeldung offenbart (siehe Stammanmeldung Seite 5, letzter Absatz bis Seite 6, Absatz 3).

2.3 Die Kammer sieht daher die Erfordernisse der Artikel 76(1) und 123(2) EPÜ als erfüllt.

3. Artikel 52(4) EPÜ 1973 (Artikel 53 c) EPÜ)

3.1 In der angefochtenen Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung gerügt, dass sich die Verwendung gemäß damaligem Anspruch 1 auf ein therapeutisches Verfahren beziehe, welches gemäß Artikel 52(4) EPÜ 1973 (Artikel 53 c) EPÜ) von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei.

3.2 Nach seinem Wortlaut bezieht sich der vorliegende Anspruch 1 hingegen nicht mehr auf das Erzielen einer therapeutischen Wirkung (Stärkung der Barrierefunktion der Haut), sondern betrifft die Verwendung von Natriumchlorid und Glycerin zur Herstellung von dermatologischen Zubereitungen. Somit ist die Verwendung von Natriumchlorid und Glycerin nicht mehr an eine spezifische Wirkung gebunden. Die Verwendung von Natriumchlorid und Glycerin zur Herstellung von dermatologischen Zubereitungen ist unter Artikel 52(4) EPÜ 1973 (Artikel 53 c) EPÜ) jedoch nicht zu beanstanden.

3.3 Daher sieht die Kammer die Erfordernisse des Artikels 52(4) EPÜ 1973 (Artikel 53 c) EPÜ) als erfüllt.

4. Zurückverweisung (Artikel 111(1) EPÜ)

Aus den oben getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin mit den geänderten Ansprüchen gemäß Hauptantrag die in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Einwände, nämlich der Artikel 76(1) EPÜ und Artikel 123(2) EPÜ und des Artikels 52(4) EPÜ 1973 (Artikel 53 c) EPÜ) ausgeräumt hat. Gleichwohl hat die Kammer keine Entscheidung in der ganzen Angelegenheit getroffen, da die Einspruchsabteilung zu den weiteren Fragen der Patentierbarkeit bisher keine beschwerdefähige Entscheidung getroffen hat. Unter diesen Umständen verweist die Kammer in Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artikel 111(1) EPÜ die Angelegenheit zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens an die Einspruchsabteilung zurück.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.

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