European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T132815.20191025 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 October 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1328/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08021268.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 43/02 B65D 77/20 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Behälter | ||||||||
Name des Anmelders: | ARTA PLAST AB | ||||||||
Name des Einsprechenden: | RPC SUPERFOS A/S | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Rücknahme des (Hilfs-) Antrages auf mündliche Verhandlung durch die unterliegende Partei Einspruchsgründe - Gegenstand geht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (ja) Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Patentinhaberin hat gegen die Entscheidung, mit dem das europäische Patent Nr. EP 2 194 002 widerrufen wurde, form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang unter Geltendmachung sämtlicher Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ angegriffen worden. Der Hauptantrag (Patent wie erteilt) wurde aufgrund des Artikels 100 c) EPÜ und die Hilfsanträge wurden aufgrund der Regel 80 und der Artikel 123(2) und 56 EPÜ als nicht gewährbar angesehen.
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und
das Patent in erteilter Fassung aufrechtzuerhalten
oder hilfsweise
das Patent in geänderter Fassung auf der Basis
eines der mit der Beschwerdebegründung
eingereichten Hilfsanträge 2 bis 6
aufrechtzuerhalten
oder weiter hilfsweise
die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung
zurückzuverweisen.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat weder einen Antrag gestellt noch zur Sache vorgetragen.
V. Mit einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit, derzufolge der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents sowie der Hilfsanträge 2 bis 6 nicht gewährbar im Bezug auf die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ angesehen wurde.
VI. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2019 nahm die Beschwerdeführerin ihren zu Verfahrensbeginn gestellten 1. Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung zurück und teilte sie der Kammer mit, dass weder sie noch ihr Vertreter an der anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen werden, die sodann aufgehoben wurde.
VII. Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag):
Behälter (10) für feste, pastöse sowie fließ- und schöpffähige Produkte, insbesondere für Lebensmittelprodukte, umfassend ein Behälterunterteil (11) zur Aufnahme des Produkts sowie ein als Behälterdeckel ausgebildetes Behälteroberteil (12), wobei das Behälterunterteil (11) einen geschlossenen, um seine Behälteröffnung (12) her umlaufenden Rand (15) aufweist, dass das Behälteroberteil (12) aus einem um die Behälteröffnung (14) herumlaufen den, diese kragenartig umfassenden Kragenelement (16) besteht, und aus einem im wesentlichen flächenförmigen Deckelelement (17) besteht, dass das Deckelelement (17) an dem Kragenelement (16) befestigt ist und an dem Rand (15) des Behälterunterteils (11) lösbar durch Klebung und/oder Schweißung befestigt ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Kragenelement (16) einen Vorsprung (162) aufweist, der im verschlossenen Zustand des Behälters (10) durch auf das Behälterunterteil aufgesetztem Behälteroberteil (12) einen gedachten Raum mit dem Behälterunterteil (11) mit einem annähernd dreieckförmigen Querschnitt bildet, und der mit einer umlaufenden, mit seinem freien Ende (160) auf das Deckelelement (17) gerichteten Vorsprungsfläche (161) auf den Rand (15) des Behälterunterteils (11) gerichtet ist, wobei an der Vorsprungsfläche (161) das Deckelelement (17) befestigt ist und das freie Ende (160) direkt oder über das dazwischenliegende Deckelelement (17) auf dem Rand (15) auf1iegt.
VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mit der Streichung der Wörter "direkt oder" im letzten Satz.
IX. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 entspricht Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mit der Hinzufügung der folgenden Merkmale am Ende des Anspruchs:
", wobei das Deckelelement (17) aus einem folienartigen Körper besteht und wobei das
Deckelelement (17) aus einem spritzfähigen Kunststoffwerkstoff besteht..."
X. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 entspricht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mit der Streichung der Wörter "direkt oder" im letzten Satz.
XI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 entspricht Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mit der Hinzufügung der folgenden Merkmale am Ende des Anspruchs:
", wobei das Kragenelement (16) einen nach Art einer Klippverbindung (18) ausgebildeten Bereich (19) aufweist, der lösbar verrastend hinter den um den um die Behalteröffnung (14) umlaufenden Rand (15) greift und wobei der Bereich (19) des Kragenelementes (16) einen auf den Rand (15) des Behalterunterteils (11) gerichteten, im Querschnitt im wesentlichen dreieckig ausgebildeten Vorsprung (21) aufweist, der im geschlossenen Zustand des Behälters (10) unter den Rand (15) greift."
XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 entspricht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 mit der Streichung der Wörter "direkt oder" im letzten Satz.
Entscheidungsgründe
1. Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren nach Aktenlage, da die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und erklärt hat, an der allein auf ihren Antrag zunächst anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen bzw. sich nicht vertreten lassen zu wollen (Artikel 12 (3) VOBK in Verbindung mit Artikel 113 (1) und 116 (1)) EPÜ).
2. Unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (Artikel 100 c) und 123 (2) EPÜ)
2.1 Entscheidende Bedeutung kommt dem folgenden Merkmal des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1 zu (Hervorhebung durch die Kammer):
"..., wobei an der Vorsprungsfläche (161) das Deckelelement (17) befestigt und das freie Ende (160) direkt oder über das dazwischenliegende Deckelelement (17) auf dem Rand (15) aufliegt."
Dieses Merkmal sieht als Alternativausführungen ein direktes Aufliegen ("direkt"-Alternative) oder ein über das Deckelelement vermitteltes indirektes Aufliegen ("indirekt"-Alternative) vor.
2.2 Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der erteilte Anspruch 1, d.h. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt, weil das Merkmal "...das freie Ende (des Kragenelementes) direkt auf dem Rand aufliegt..." in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht offenbart ist. Sie begründete dies damit, dass explizit offenbart wurde, dass das Deckelelement entweder innen (siehe den ursprünglichen Anspruch 4) oder außen (siehe den ursprünglichen Anspruch 5) an der Vorsprungsfläche befestigt werden kann. Gemäß der ursprünglichen Beschreibung (siehe Seite 19, erster Absatz) liegt das freie Ende des Kragenelementes über das dazwischenliegende Deckelelement auf dem Rand auf, wenn das Deckelelement innen an der Vorsprungsfläche befestigt ist. Gemäß der Einspruchsabteilung ist es ursprünglich nicht offenbart, an welcher Stelle das freie Ende des Kragenelementes sein soll, wenn das Deckelement außen an der Vorsprungsfläche befestigt ist. Dass das freie Ende in diesem Fall direkt auf dem Rand aufliegt, ist eine der denkbaren Möglichkeiten aber nicht die einzige, so dass eine unzulässige Erweiterung durch die Hinzufügung dieses Merkmals in Anspruch 1 stattgefunden hat.
2.3 Diese Beurteilung der Einspruchsabteilung ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden.
Unstreitig ist die Merkmalskombination des erteilten Anspruchs 1 aus der ursprünglichen Unterlagen wörtlich nicht zu entnehmen.
Die Kammer ist nicht überzeugt von der Argumentation der Beschwerdeführerin über die "Unschädlichkeit" der mangelnden wörtlichen Offenbarung. Die Beschwerdeführerin argumentiert unter Hinweis auf die Entscheidungen T 0667/08 und T 0801/13, dass die in der ursprünglichen Beschreibung angegebene Aufgabe der Erfindung darin zu sehen sei, einen Behälter zu schaffen, der "....prinzipiell beliebig oft nach dem ersten Öffnen verschlossen und wieder geöffnet werden kann, ohne dass die Dichteigenschaften zwischen Behälteroberteil bzw. Deckel des Behälters und dem Behälterunterteil nachlassen..." (siehe Seite 6, zweiter Absatz, der ursprünglichen Beschreibung). Damit sei es für einen Fachmann klar, dass, wenn das Deckelelement außen an der Vorsprungsfläche befestigt ist, das freie Ende des Kragenelementes direkt auf dem Rand aufliegen muss, um die gewünschten Dichteigenschaften zu erhalten.
Dabei verkennt die Beschwerdeführerin jedoch, dass im Anspruch 1 gerade nicht angegeben wird, an welcher Stelle der Vorsprungsfläche das Deckelement in der "direkt"-Alternative derart befestigt ist, dass das freie Ende direkt auf dem Rand aufliegt. Dieses Merkmal des Anspruchs 1 ist daher nicht auf eine äußere Befestigung des Deckelelementes beschränkt.
Ferner schließt sich die Kammer der Einspruchsabteilung zumindest insoweit an, dass nicht ausgeschlossen ist, dass, auch wenn das Deckelelement außen an der Vorsprungsfläche befestigt ist, das freie Ende (zumindest teilweise) über das Deckelelement auf dem Rand anliegen kann.
Bereits aus diesem Grund ist die angefochtene Entscheidung in Bezug auf den Hauptantrag nicht fehlerhaft.
Unabhängig davon ist auch Folgendes zu beachten: Die "indirekt"-Alternative, dass die Vorsprungsfläche über das dazwischenliegende Deckelelement auf dem Rand aufliegt, ist aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen eindeutig und unmittelbar nur in Bezug auf das Ausführungsbeispiel von Figur 4 zu entnehmen, in dem das Deckelelement innen an der Vorsprungsfläche befestigt ist. Im Anspruch 1 ist allerdings dieses nicht spezifiziert, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls die Möglichkeit umfasst, dass die Vorsprungsfläche über das dazwischenliegende Deckelelement auf dem Rand anliegt und das Deckelement nicht innen an der Vorsprungfläche befestigt ist, sondern irgendwo anders, wie z.B. an der unteren Seite der Vorsprungsfläche.
Auch aus diesem Grund geht der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.
Es ist ferner anzumerken, dass das Aufliegen des Endes des Kragenelementes und des dazwischenliegenden Deckelelementes als Folge der Rastung der Klippverbindung (18) durch den dreieckigen ausgebildeten Vorsprung (180) stattfindet.
Dass das freie Ende des Kragenelementes über das dazwischenliegende Deckelelement auf dem Rand aufliegt, ohne dass, wie im erteilten Anspruch 1, eine Klippverbindung gemäß Figur 4 vorhanden ist, ist aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht eindeutig und unmittelbar zu entnehmen (siehe auch den die Seiten 18 und 19 überbrückenden Absatz der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen).
Die Kammer ist daher der Meinung, dass ebenfalls aus diesem Grund der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen eingereichten Fassung hinausgeht.
Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
3. Unzulässige Erweiterung des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 6 (Artikel 123 (2) EPÜ)
Die Hilfsanträge erfüllen ebenfalls aus den obigen Gründen nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ und sind daher nicht gewährbar, da sie alle entweder beide (Hilfsanträge 3 und 5) oder eine (Hilfsanträge 2, 4 und 6) der Alternativen aufweisen. Dies gilt unbeschadet der weiteren in den Hilfsanträgen 3 bis 6 vorgenommen Anspruchsänderungen durch Hinzufügung von Merkmalen.
4. Die Kammer hat die vorgenannten Erwägungen beiden Parteien in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK mitgeteilt, zu der indes weder die Beschwerdegegnerin noch die Beschwerdeführerin inhaltlich Stellung genommen haben.
Nach einer erneuten Prüfung der Sachvortrages der Beschwerdeführerin sowie der angefochtenen Entscheidung, bestätigt die Kammer ihre in der Mitteilung ausgeführte vorläufige Beurteilung nunmehr als endgültig, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 und des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 6 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
5. Die Beschwerdeführerin hat es mithin nicht vermocht, in überzeugender Weise darzutun, dass die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen sachlich-technischen und rechtlichen Erwägungen unzutreffend sind. Damit besteht für die von der Beschwerdeführerin begehrte Aufhebung der angefochtenen Entscheidung kein Anlass.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.