T 1247/15 () of 7.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T124715.20190507
Datum der Entscheidung: 07 Mai 2019
Aktenzeichen: T 1247/15
Anmeldenummer: 05739640.0
IPC-Klasse: B42D15/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wertdokument
Name des Anmelders: Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH
Name des Einsprechenden: CCL Secure Pty Ltd
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 744 899 widerrufen worden ist.

II. Mit zwei Einsprüchen sind die in Artikel 100(a) EPÜ genannten Ein­spruchsgründe der fehlenden Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973 und der mangelnden erfin­derische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973 geltend gemacht worden. Der Einspruch der Einsprechenden 2 stützte sich zusätzlich auf die in Artikel 100(b) und (c) EPÜ 1973 genannten Einspruchs­gründe.

III. Die Einspre­chen­de 1 zog ihren Einspruch mit Schreiben vom 10. Februar 2016 zurück.

IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streit­patent auf Grundlage des 3. Hilfsantrags, eingereicht mit Schreiben vom 27. März 2019, aufrecht­zuerhalten.

V. Die Beschwerdegegnerin (verbleibende Einsprechende 2) beantragte im schriftlichen Verfahren, die Beschwerde zurückzuweisen.

VI. Am 7. Mai 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer ohne die Beschwerdegegnerin statt, deren Vertreter, Herr Axel Katérle, zuvor weder die Kammer noch die Beschwerdeführerin davon informierte, dass kein Vertreter für die Beschwerdegegnerin bei der Verhandlung anwesend sein würde.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1, 3, 7, 8 und 10 bis 13 des 3. Hilfsantrags lauten wie folgt:

"1. Wertdokument, wie zum Beispiel Banknote, Passbuch oder dergleichen, das ein Sicherheitspapier und eine Lasermarkierung aufweist, wobei das Sicherheitspapier wenigstens einen Teilbereich mit einer Beschichtung aufweist, wobei sich die Lasermarkierung über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die Beschichtung ein Farbgemisch aufweist, das wenigstens eine die Laserstrahlung absorbierende Gemischkomponente in Form optisch variabler Interferenzschichtpigmente und eine für die Laserstrahlung transparente Gemischkomponente in Form optisch variabler Flüssigkristallpigmente aufweist."

"3. Wertdokument, wie zum Beispiel Banknote, Passbuch oder dergleichen, das ein Sicherheitspapier und eine Lasermarkierung aufweist, wobei das Sicherheitspapier wenigstens einen Teilbereich mit einer Beschichtung aufweist, wobei sich die Lasermarkierung über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die Beschichtung zwei übereinander angeordnete Schichten aufweist, wobei eine erste Schicht für die Laserstrahlung transparent ist und optisch variable Flüssigkristallpigmente enthält und die zweite Schicht die Laserstrahlung absorbiert und optisch variable Interferenzschichtpigmente enthält."

"7. Sicherheitspapier für Wertdokumente, wie Banknoten, Ausweiskarten oder dergleichen, das eine Lasermarkierung aufweist, wobei das Sicherheitspapier in wenigstens einem Teilbereich mit einer Beschichtung versehen ist, wobei sich die Lasermarkierung über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die Beschichtung ein Farbgemisch aufweist, das wenigstens eine die Laserstrahlung absorbierende Gemischkomponente in Form optisch variabler Interferenzschichtpigmente und eine für die Laserstrahlung transparente Gemischkomponente in Form optisch variabler Flüssigkristallpigmente aufweist."

"8. Sicherheitspapier für Wertdokumente, wie Banknoten, Ausweiskarten oder dergleichen, das eine Lasermarkierung aufweist, wobei das Sicherheitspapier in wenigstens einem Teilbereich mit einer Beschichtung versehen ist, wobei sich die Lasermarkierung über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die Beschichtung zwei übereinander angeordnete Schichten aufweist, wobei eine erste Schicht für die Laserstrahlung transparent ist und optisch variable Flüssigkristallpigmente enthält und die zweite Schicht die Laserstrahlung absorbiert und optisch variable Interferenzschichtpigmente enthält."

"10. Verfahren zur Herstellung einer Markierung in einem Wertdokument, wie zum Beispiel einer Banknote oder dergleichen, das ein Sicherheitspapier aufweist, das wenigstens in einem Teilbereich mit einer Beschichtung versehen ist, wobei das Wertdokument mit Laserstrahlung beaufschlagt wird, , der Laserstrahl über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier geführt wird, und die Laserparameter so gewählt werden, dass eine Lasermarkierung erzeugt wird, die sowohl im Bereich der Beschichtung als auch im Bereich des Sicherheitspapiers vorliegt und sich über den Grenzbereich erstreckt, wobei die Beschichtung ein Farbgemisch aufweist, das wenigstens eine die Laserstrahlung absorbierende Gemischkomponente in Form optisch variabler Interferenzschichtpigmente und eine für die Laserstrahlung transparente Gemischkomponente in Form optisch variabler Flüssigkristallpigmente aufweist."

"11. Verfahren zur Herstellung einer Markierung in einem Wertdokument, wie zum Beispiel einer Banknote oder dergleichen, das ein Sicherheitspapier aufweist, das wenigstens in einem Teilbereich mit einer Beschichtung versehen ist, wobei das Wertdokument mit Laserstrahlung beaufschlagt wird, , der Laserstrahl über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier geführt wird, und die Laserparameter so gewählt werden, dass eine Lasermarkierung erzeugt wird, die sowohl im Bereich der Beschichtung als auch im Bereich des Sicherheitspapiers vorliegt und sich über den Grenzbereich erstreckt, wobei die Beschichtung zwei übereinander angeordnete Schichten aufweist, wobei eine erste Schicht für die Laserstrahlung transparent ist und optisch variable Flüssigkristallpigmente enthält und die zweite Schicht die Laserstrahlung absorbiert und optisch variable Interferenzschicht­pigmente enthält."

"12. Verfahren zur Herstellung einer Markierung in einem Sicherheitspapier für Wertdokumente, wie zum Beispiel Banknoten oder dergleichen, mit wenigstens einem Teilbereich, der eine Beschichtung aufweist, wobei das Sicherheitspapier mit Laserstrahlung beaufschlagt wird, , der Laserstrahl über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier geführt wird, und die Laserparameter so gewählt werden, dass eine Lasermarkierung erzeugt wird, die sowohl im Bereich der Beschichtung als auch im Bereich des Sicherheitspapiers vorliegt und sich über den Grenzbereich erstreckt, wobei die Beschichtung ein Farbgemisch aufweist, das wenigstens eine die Laserstrahlung absorbierende Gemischkomponente in Form optisch variabler Interferenzschichtpigmente und eine für die Laserstrahlung transparente Gemischkomponente in Form optisch variabler Flüssigkristallpigmente aufweist."

"13. Verfahren zur Herstellung einer Markierung in einem Sicherheitspapier für Wertdokumente, wie zum Beispiel Banknoten oder dergleichen, mit wenigstens einem Teilbereich, der eine Beschichtung aufweist, wobei das Sicherheitspapier mit Laserstrahlung beaufschlagt wird, , der Laserstrahl über den Grenzbereich zwischen Beschichtung und Sicherheitspapier geführt wird, und die Laserparameter so gewählt werden, dass eine Lasermarkierung erzeugt wird, die sowohl im Bereich der Beschichtung als auch im Bereich des Sicherheitspapiers vorliegt und sich über den Grenzbereich erstreckt, wobei die Beschichtung zwei übereinander angeordnete Schichten aufweist, wobei eine erste Schicht für die Laserstrahlung transparent ist und optisch variable Flüssigkristallpigmente enthält und die zweite Schicht die Laserstrahlung absorbiert und optisch variable Interferenzschicht­pigmente enthält."

VIII. Im Beschwerdeverfahren wurde auf folgende Druckschriften Bezug genommen:

D1: WO 2004/009371 A1;

D2: WO 03/023723 A1;

D5: WO 02/03104 A2.

IX. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der 3. Hilfsantrag entspreche dem 11. Hilfsantrag, der mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurde. Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags beruhe auf dem Ausführungsbeispiel der Figur 6 und entspreche dem erteilten Anspruch 5 mit einer Ergänzung aus der Beschreibung. Die unabhängigen Ansprüche des 3. Hilfsantrags sind in der Einspruchsentscheidung bezüglich der Patentfähigkeit nicht angesprochen worden. Die Beschwerdegegnerin habe dazu auch nichts Substantiiertes vorgetragen. Keine der sich im Beschwerdeverfahren befindlichen Druckschriften D1, D2 und D5 offenbare oder lege den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des 3. Hilfsantrags nahe. Es gebe somit keinen Grund, ein Patent auf der Grundlage des 3. Hilfsantrags nicht zu erteilen.

X. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die Einspruchsabteilung habe das Patent zu Recht widerrufen. Keiner der Anträge des Anmelders sei überzeugend.

Sofern die Patentinhaberin neue Argumente und neue Änderungen der Ansprüche vorlege, seien diese neuen Anträge und Argumente als verspätet zurückzuweisen: das Beschwerdeverfahren diene der Beschwerdeführerin zum Aufzeigen, warum die Einspruchsentscheidung falsch ist, und nicht dazu einen vollkommen neuen Fall erstmalig vorzubringen.

Entscheidungsgründe

1. 3. Hilfsantrag

1.1 Mit der Beschwerde­begründung wurde unter anderem der 11. Hilfsantrag vorgelegt, der dem geltenden 3. Hilfsantrag entspricht.

1.2 Der 3. Hilfsantrag (bzw. der bisherige 11. Hilfs­antrag) geht aus dem erstinstanzlichen Hilfs­antrag 4 allein durch Streichung von Anspruch 1 und der entsprechenden unabhängigen Ansprüche 10, 14 und 17 sowie der davon unmittelbar abhängigen Ansprüche her­vor. Die unabhängigen Ansprüche des vorliegenden 3. Hilfsantrags waren somit bereits im Rahmen des erst­instanzlichen Hilfsantrags 4 anhängig: beispielsweise entsprechen die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 des 3. Hilfsantrags den unabhängigen Ansprüchen 4 und 6 des erstinstanzlichen Hilfsantrags 4. Somit liegt mit dem 3. Hilfsantrag kein gänzlich neuer Fall ("fresh case") vor. Das Begehren der Beschwerdegegnerin, einen vollkommen neuen Fall nicht mehr zum Beschwerdeverfahren zuzulassen, betrifft somit nicht den vorliegenden 3. Hilfsantrag.

1.3 Mit dem Schreiben vom 24. Februar 2015 (Übergang der Seiten 1 und 2) hatte die Patentinhaberin bereits beantragt, einzelne unabhängige Ansprüche aus einem der Anträge streichen zu dürfen (insbesondere die Hilfsanträge 3 und 4).

Deshalb kann es für die damalige Einsprechende und jetzige Beschwerdegegnerin in der mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht überraschend gewesen sein, dass die Patentinhaberin beantragte, die Ansprüche 1 bis 3, 10, 14 und 17 zu streichen.

1.4 Die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 des vorliegenden 3. Hilfs­antrags entsprechen den Ansprüchen 4 und 6 des erst­instanzlichen Hilfsantrags 4. Lediglich der Anspruch 6 wurde im Rahmen des Hilfsantrags 3 bezüglich Artikel 123(2) EPÜ in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabtei­lung inhaltlich diskutiert. Dabei wurden dessen Erfordernisse als erfüllt angesehen (Einspruchs­entscheidung Punkt 6.1.1). Ansonsten wurden diese unabhängigen Ansprüche in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabtei­lung nicht diskutiert. Die Einspruchs­entscheidung enthält auch keine Angaben zu einer gegebenenfalls mangelnden Patent­fähigkeit dieser Ansprüche.

1.5 Der unabhängige Anspruch 1 (3. Hilfsantrag) entspricht dem erteilten Anspruch 5 mit einer weiteren einschrän­kenden Ergänzung aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Seite 5, Zeilen 6 bis 11. Der unabhängige Anspruch 3 (3. Hilfsantrag) entspricht der Kombination der erteilten Ansprüche 7 und 9 (siehe auch Einspruchs­entscheidung Punkt 6.1.1 zu Artikel 123(2) EPÜ). Die weiteren unabhängigen Ansprüche des 3. Hilfsantrags wurde entsprechend angepasst. Die unabhängigen Ansprüche des 3. Hilfsantrags beruhen somit entweder direkt auf erteilten Gegenständen oder wurden diesen gegenüber weiter eingeschränkt.

1.6 Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Beschwerde­erwiderung den damaligen 11. Hilfsantrag (jetzt 3. Hilfsantrag) weder hinsichtlich der Zulässig­keit noch der Patentfähigkeit substantiiert angegriffen. Stattdessen ist sie mit der Einspruchs­entscheidung einverstanden, da diese das Streitpatent ihrer Meinung nach zu Recht widerrufen habe.

1.7 Die Kammer kann zudem in den im Beschwerdeverfahren befindlichen Druckschriften D1, D2 und D5 keinen Grund erkennen, warum der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des 3. Hilfsantrags nicht patentfähig sein sollte: keine der Druckschriften D1, D2 und D5 setzt sich mit der Zusammensetzung von Farbgemischen oder von zwei übereinander angeordneten Schichten auseinander.

1.8 Die Beschwerdeführerin hat die Beschreibung an die Ansprüche des 3. Hilfsantrags angepasst.

1.9 Die Kammer übt daher ihr Ermessen dahingehend aus, den 3. Hilfsantrag zum Beschwerdeverfahren zuzulassen und die Sache an die erste Instanz zur Aufrechterhaltung zurückzuverweisen (Artikel 111(1) EPÜ 1973).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:

Seiten 2 und 3, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2019 und

Seiten 4 und 5 der Patentschrift;

Ansprüche:

Nr. 1 bis 15 des 3. Hilfsantrags, eingereicht mit Schreiben vom 27. März 2019;

Zeichnungen:

Figuren 1 bis 7 der Patentschrift.

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