T 1022/15 (Datenverarbeitungseinrichtung/SIEMENS) of 22.2.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T102215.20190222
Datum der Entscheidung: 22 Februar 2019
Aktenzeichen: T 1022/15
Anmeldenummer: 09005484.2
IPC-Klasse: G05B 23/02
G06F 1/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 344 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Überprüfung einer Datenverarbeitungseinrichtung auf die Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungsabläufe
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit- Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein)
Zulässigkeit der spät eingereichten Hilfsanträge 2 und 3 (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 09005484.2, veröffentlicht als EP 2 241 952 A1, wegen mangelnder erfinderische Tätigkeit und wegen mangelnder Klarheit zurückzuweisen. Die Prüfungsabteilung gelangte zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags für den von

D1: WO 2009/031060 A

ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung seiner allgemeinen Fachkenntnisse naheliegend war (Artikel 56 EPÜ) und dass Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 und Anspruch 3 des Hilfsantrags 2 nicht klar waren (Artikel 84 EPÜ).

II. Die Beschwerdeführerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags aus der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung (Hauptantrag) bzw. hilfsweise auf der Grundlage eines mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchs 1 und der Ansprüche 2 bis 10 gemäß Hauptantrag (Hilfsantrag).

III. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung mit.

IV. Mit Schreiben vom 23. Januar 2019 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche eines Hauptantrags und eines Hilfsantrags 1 und Ansprüche eines neuen Hilfsantrags 2 ein.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 22. Februar 2019 vor der Kammer statt, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin Ansprüche eines neuen Hilfsantrags 3 einreichte.

Die Beschwerdeführerin beantragte schließlich, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der mit Schreiben vom 23. Januar 2019 eingereichten Ansprüche eines Hauptantrags hilfsweise eines der Hilfsanträge 1 und 2 oder auf der Grundlage der Ansprüche eines in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 3 zu erteilen.

Am Ende der Verhandlung schloss der Vorsitzende die Debatte und verkündete nach Beratung die Entscheidung der Kammer.

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Verfahren zur Überprüfung einer Datenverarbeitungseinrichtung (100), insbesondere einer Automatisierungseinrichtung (100) oder eines Computers (100), auf die Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe,

wobei die Datenverarbeitungseinrichtung (100) eine erste (138) und eine zweite Zeitbasis (136) aufweist, und wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

a. Ermittlung eines ersten Zeitwerts der ersten Zeitbasis (138) nach dem Ablauf einer Zeitspanne der Länge T,

b. Ermittlung eines zweiten Zeitwerts der zweiten Zeitbasis (136) nach dem Ablauf einer Zeitspanne der Länge T,

c. Bestimmung einer Abweichung zwischen dem ersten und dem zweiten Zeitwert,

d. Auslösen einer Störungsmaßnahme, wenn die Abweichung einen vorgegebenen oder vorgebbaren Grenzwert unterschreitet."

Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wird das Merkmal "auf die Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe" des Anspruchs 1 des Hauptantrags durch "auf das Vorhandensein zweier unabhängiger Zeitbasen" ersetzt.

Gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wird das Merkmal "wobei die Datenverarbeitungseinrichtung (100) eine erste (138) und eine zweite Zeitbasis (136) aufweist, und wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:" des Anspruchs 1 des Hauptantrags durch

"wobei die Datenverarbeitungseinrichtung (100)

- mindestens einen Prozessor (110),

- ein Hardware-Schwingelement (134),

- eine erste Zeitbasis (138) zur Lieferung eines Taktes für den mindestens einen Prozessor (110), und

- eine zweite Zeitbasis (136) zum Betrieb einer Echtzeituhr der Datenverarbeitungseinrichtung aufweist, wobei die erste Zeitbasis (138) unter Verwendung des Hardware-Schwingelements (134) betreibbar ist oder betrieben wird und die zweite Zeitbasis (138) unter Verwendung eines weiteren Hardware-Schwingelements (132) oder des Hardware-Schwingelements (134) betreibbar ist oder betrieben wird,

und

wobei weiterhin das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:"

ersetzt.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet wie folgt:

"Programm-Element zur Überprüfung einer Datenverarbeitungseinrichtung (100), insbesondere einer Automatisierungseinrichtung (100) oder eines Computers (100), auf die Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe,

wobei die Datenverarbeitungseinrichtung (100) eine erste (138) und eine zweite Zeitbasis (136) aufweist, und wobei, wenn das Programm-Element auf einem Prozessor (110) ausgeführt wird, ein Verfahren mit den folgenden Schritte [sic!] durchgeführt wird:

a. Ermittlung eines ersten Zeitwerts der ersten Zeitbasis (138) nach dem Ablauf einer Zeitspanne der Länge T,

b. Ermittlung eines zweiten Zeitwerts der zweiten Zeitbasis (136) nach dem Ablauf einer Zeitspanne der Länge T,

c. Bestimmung einer Abweichung zwischen dem ersten und dem zweiten Zeitwert,

d. Auslösen einer Störungsmaßnahme, wenn die Abweichung einen vorgegebenen oder vorgebbaren Grenzwert unterschreitet."

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag: Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

1.1 Die Kammer geht von dem in der Anmeldung beschriebenen Stand der Technik aus, demzufolge ein Verfahren, bei welchem mittels der Überprüfung von Kennungs-Codierungen der Zentraleinheit eines Automatisierungssystems feststellbar ist, ob die Zentraleinheit, die eine Datenverarbeitungseinrichtung darstellt, zur Durchführung von fehlersicheren Anwendungen, also Automatisierungsabläufen, geeignet ist (Absatz [0003] der Patentanmeldung in der veröffentlichten Fassung (A-Schrift)). Für eine Durchführung derartiger fehlersicherer Automatisierungsabläufe ist z.B. aus der entsprechenden Norm IEC 61508 bekannt, dass im Automatisierungssystem zwei voneinander unabhängige Zeitbasen erforderlich sind (siehe Absätze [0008], [0010], [0012] und [0044] der A-Schrift).

1.2 Das beanspruchte Verfahren ermöglicht die Überprüfung einer Datenverarbeitungseinrichtung "auf die Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe" mittels einer Messung. Unter "Überprüfung der Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe" wird laut der Beschreibung die Prüfung eines oder mehrerer Kriterien der für den gewählten Sicherheitslevel notwendigen Kriterien verstanden (Absatz [0011] der A-Schrift). Im beanspruchten Verfahren geht es konkret um das oben genannte, bekannte Kriterium des Vorhandenseins zweier voneinander unabhängiger Zeitbasen. Dazu werden Zeitwerte der zwei Zeitbasen ermittelt und anschließend eine Abweichung zwischen den Zeitwerten bestimmt.

1.3 Die dem beanspruchten Verfahren zugrunde liegende Aufgabe kann somit darin gesehen werden, den offensichtlichen Nachteil, dass bei fehlender Kennungs-Codierung keine spätere Eignungsprüfung auf dieser Grundlage möglich ist, zu beheben.

1.4 Grundsätzlich sieht die Kammer unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens, bei fehlender Kennungs-Codierung nur zwei alternative Möglichkeiten einer Eignungsprüfung, hier eine Überprüfung auf das Vorhandensein zweier voneinander unabhängiger Zeitbasen: entweder wird die Eignung auf Grund der Schaltpläne der Zeitbasen und deren Ausführung überprüft, was aber möglicherweise bei unzureichender Dokumentation nicht immer möglich ist, oder es wird eine Messung der Zeitbasen durchgeführt, was unabhängig von einer Kennungs-Codierung und damit zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Eine Auswahl einer dieser beiden für den Fachmann naheliegenden, alternativen Möglichkeiten kann keine erfinderische Tätigkeit begründen.

1.5 Wie im Folgenden ausgeführt, ist aus D1 ein Messverfahren bekannt, dass sich zur Überprüfung des Vorhandenseins zweier unabhängiger Zeitbasen eignet. Wie aus Figur 4 der D1 zu entnehmen, wird ein erster Zeitwert einer ersten Zeitbasis, die der "auxiliary clock a* entspricht, durch eine feste, erste Taktzahl (in dem gezeigten Beispiel sind dies 7 Takte) dieser "auxiliary clock a*" ermittelt (siehe Seite 13, Zeilen 3-13). Dieser Zeitwert kann zwangsläufig nur nach dem Ablauf einer Zeitspanne, nämlich mindestens der Zeitspanne TW/2, ermittelt werden (Seite 13, Zeilen 11 und 12). Ferner wird eine zweite Taktzahl einer zweiten Zeitbasis, hier der "monitor clock m*", ermittelt. In dem in Figur 4 gezeigten Beispiel kann diese 13, nämlich zu schnell, 4, zu langsam, und 7, fehlerfrei, betragen. Dieser zweiten Taktzahl entspricht ein zweiter Zeitwert, der sich aus dem Verhältnis der Taktzahlen der ersten und zweiten Taktgeber a* und m* multipliziert mit dem ersten Zeitwert ergibt. Zur Ermittlung der zweiten Taktzahl und somit des zweiten Zeitwerts ist der Ablauf einer Zeitspanne, die gleich der vorigen Zeitspanne sein kann, nötig. Es wird dann, wie in Figur 5 gezeigt, ein Vergleich der tatsächlich gemessenen Taktzahl der "monitor clock m*" mit einem erlaubten Bereich durchgeführt, wobei die Taktzahl des Nominalwerts m0* der der "auxiliary clock a*" entspricht (Seite 13, Zeilen 20-29). Durch den Zusammenhang der Taktzahlen mit den Zeitwerten entspricht dieser Vergleich einer Bestimmung einer Abweichung zwischen dem ersten und dem zweiten Zeitwert. Zweite Zeitbasen die als zu schnell oder zu langsam laufend erkannt werden, führen zu Fehlersignalen, also letztendlich zum Auslösen einer Störungsmaßnahme, in D1 einer Warnung.

1.6 Anders als die Prüfungsabteilung sieht die Kammer das Merkmal, dass eine Störungsmaßnahme ausgelöst wird, wenn die Abweichung einen vorgegebenen oder vorgebbaren Grenzwert unterschreitet nicht in D1 offenbart. Die Abweichungsfälle, die in D1 auf Seite 3, Zeile 27 - Seite 4, Zeile 11 beschrieben sind, betreffen Situationen, in denen die Abweichung zu hoch ist im Vergleich mit einem Schwellwert.

1.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von dem in der Anmeldung beschriebenen Stand der Technik zusammen mit dem aus D1 bekannten Messverfahren dann nur noch darin, dass eine Störungsmaßnahme ausgelöst wird, wenn die Abweichung zwischen dem ersten und zweiten Zeitwert zu gering ist.

1.8 D1 betrifft jedoch generell die Überwachung von zwei Zeitbasen (Seite 1, Zeilen 3-5, und Anspruch 1). Bei der Auslösung eines Fehlersignals handelt es sich um eine bevorzugte Ausführungsform (siehe Seite 13, Zeilen 32-35, und Anspruch 5). Die Auslösung eines Signals, das einen fehlerfreien Betrieb der Zeitbasen, d.h. einen Gleichlauf der Zeitbasen, signalisiert, ist somit nicht ausgeschlossen. Des weiteren war es dem Fachmann zum Anmeldetag geläufig, bei Bedarf, Systeme so zu implementieren, dass der Benutzer des Systems auch einen fehlerfreien Systembetrieb, z.B. durch optische Signalisierung, erkennen kann. Das aus D1 bekannte Messverfahren so zu gestalten, dass auch ein Signal ausgelöst wird, das signalisiert, dass die Abweichung zwischen dem ersten und zweiten Zeitwert nicht zu groß ist, kann demzufolge keine erfinderische Tätigkeit begründen. Eine solche Signalisierung entspricht dabei dem Auslösen einer Maßnahme, wenn die Abweichung zwischen den ersten und zweiten Zeitwerten vorgegebene Grenzwerte m1* und m2* unterschreitet (siehe D1, Fig. 5, "allowed range" zwischen m2* und m1*).

1.9 Die in Punkt 1.7 genannte Auslösung der Maßnahme gemäß Anspruch 1 kann zwar als Indiz dafür gewertet werden, dass die beiden Zeitbasen keine unabhängige Zeitbasen sind und keine Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe vorliegt (z.B. Absatz [0044] der A-Schrift). Da der Anspruch jedoch keine weiteren technischen Merkmale definiert, die sich auf diese Bewertung der Abweichung beziehen, kann die Interpretation der Abweichung der ersten und zweiten Zeitwerte im Hinblick auf die Auslösung einer Störungsmaßnahme als eine rein gedankliche Tätigkeit verstanden werden, die nicht zu erfinderischer Tätigkeit beitragen kann.

1.10 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass die Idee der Erfindung darin läge, ein Programm zur Verfügung zu stellen, dass die Eignung einer Datenverarbeitungseinrichtung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe überprüft und das in der Lage ist, auf einem standardisierten Personalcomputer oder einer Workstation zu laufen, die primär nicht für diese Zwecke vorgesehen ist. Die Erfindung erlaube es, eine dezidierte Vorab-Prüfung dieser Datenverarbeitungseinrichtungen zu vermeiden (Absatz [0004] der A-Schrift). Das Dokument D1 beschäftige sich aber nicht mit der Problematik der Überprüfung einer Datenverarbeitungseinrichtung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe sondern mit Fahrsicherheit in einem Fahrzeug mit einer Vielzahl elektronischer Module (D1, Seite 1, Zeilen 8-14). Daher würde der Fachmann dieses Dokument nicht berücksichtigen.

Die Kammer akzeptiert dieses Argument jedoch nicht, da sich der Gegenstand des Anspruchs 1 auf ein Verfahren zur Überprüfung, also letztendlich auf ein Messverfahren, bezieht, das aus den oben genannten Gründen für den Fachmann naheliegend war. Die von der Beschwerdeführerin angeführten besonderen Vorteile sind nicht durch spezielle Merkmale dieses Anspruchs begründet.

1.11 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ) und ist somit nicht gewährbar.

2. Hilfsantrag 1: Erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

2.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 weist im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags das Merkmal auf, dass das Verfahren zur Überprüfung einer Datenverarbeitungsvorrichtung auf das Vorhandensein zweier voneinander unabhängiger Zeitbasen und nicht mehr allgemein auf die Eignung zur Durchführung fehlersicherer Automatisierungs-Abläufe dient (geändertes Merkmal durch Kammer hervorgehoben).

2.2 Diese Änderung führt jedoch zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts als schon für Anspruch 1 des Hauptantrags ausgeführt, da das bekannte Verfahren insbesondere eine Überprüfung einer Datenverarbeitungseinrichtung auf das Vorhandensein zweier unabhängiger Zeitbasen erlaubt (siehe Punkt 1.5 oben).

2.3 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ) und ist somit nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag 2: Zulässigkeit (Artikel 13 (1) VOBK)

3.1 Hilfsantrag 2 wurde mit Schreiben vom 23. Januar 2019 nach dem Einreichen der Beschwerdebegründung eingereicht. Für die Zulassung dieses Antrags sind somit die Regelungen des Artikels 13 (1) VOBK maßgebend. Zur Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer in diesem Falle entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern das Kriterium der eindeutigen Gewährbarkeit des beanspruchten Gegenstandes. In dem dem Schreiben vom 23. Januar 2019 vorausgehenden Ladungsbescheid gelangte die Kammer in Abweichung von der Entscheidung der Prüfungsabteilung zur vorläufigen Meinung, dass das Verfahren gemäß Anspruchs 1 des Hauptantrags sich von dem aus D1 bekannten Verfahren durch die Unterschreitung eines Grenzwertes unterscheidet. Dies wird jedoch durch die Änderungen in Hilfsantrag 2 nicht berücksichtigt und rechtfertigt nicht die Zulassung dieses Antrags per se.

3.2 Außer einer rein faktischen Aufzählung der Änderungen gegenüber dem Hauptantrag wurden in dem Schreiben vom 23. Januar 2019 keinerlei Angaben gemacht, aus welchen Gründen der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 den für den Hauptantrag und den Hilfsantrag 1 erhobenen Einwand einer mangelnden erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Dokument D1 und dem allgemeinen Fachwissen behebt. Dies war auch auf den ersten Blick nicht erkennbar, da der für das aus D1 bekannte Verfahren verwendete Schaltkreis (siehe Figuren 1 und 2) einen Prozessor aufweist und die dort verwendeten Uhren gemäß allgemeiner Fachkenntnis zumindest in nahe liegender Weise Hardware-Schwingelemente sind. Auch durch die Erörterung während der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, aus welchen Gründen der beanspruchte Gegenstand den erhobenen Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit behebt. Somit war der Hilfsantrag 2 nicht eindeutig gewährbar.

3.3 Aus diesen Gründen machte die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK dahingehend Gebrauch, dass sie diesen Antrag nicht in das Verfahren zuließ.

4. Hilfsantrag 3: Zulässigkeit (Art. 13 (1) VOBK)

4.1 Die Ansprüche des Hilfsantrags 3 wurden während der mündlichen Verhandlung eingereicht. Anspruch 1 dieses Antrags entspricht im wesentlichen dem Anspruch 9 des Hauptantrags, wobei die Verfahrensschritte, auf die in Anspruch 9 des Hauptantrags durch Rückbezug bezuggenommen wurde, explizit aufgeführt sind.

4.2 Die Grundlage für die Zulassung dieses Antrags in das Verfahren bildet wiederum Artikel 13 (1) VOBK. Zur Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer in diesem Falle entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern das Kriterium der eindeutigen Gewährbarkeit des beanspruchten Gegenstandes ebenso wie den Umstand, dass während der mündlichen Verhandlung keine weiteren, über die angefochtene Entscheidung oder den Ladungsbescheid hinausgehenden Einwände erhoben wurden.

4.3 Die eindeutige Gewährbarkeit sieht die Kammer jedoch nicht als erfüllt. Wenn das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags aus den oben dargelegten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (siehe Punkt 1), ist es zumindest prima facie nicht nachvollziehbar, dass ein entsprechendes Programm-Element, das keine weiteren oder andere Schritte aufweist als die des Verfahrens gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags, insbesondere unter Berücksichtigung des allgemeinen und daher naheliegenden Vorgehens, bekannte Verfahren in Form von Programm-Elementen zu automatisieren, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen kann.

4.4 Die diesbezüglichen Argumente der Beschwerdeführerin entsprechen denen, die schon oben unter Punkt 1.10 abgehandelt wurden. Die Änderung des Anspruchsgegenstands in Richtung zu einem Programm-Element führt zu keiner anderen Einschätzung.

4.5 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 nicht eindeutig gewährbar war, machte die Kammer von ihrem Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK dahingehend Gebrauch, dass sie diesen Antrag nicht in das Verfahren zuließ.

5. Da keiner der Anträge zulässig und gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation