T 0996/15 () of 17.10.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T099615.20181017
Datum der Entscheidung: 17 October 2018
Aktenzeichen: T 0996/15
Anmeldenummer: 10001017.2
IPC-Klasse: C08G 18/08
C08G 18/42
C08G 18/67
C09D 175/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wässrige Beschichtungssysteme auf Basis physikalischer trockener Urethanacrylate
Name des Anmelders: Covestro Deutschland AG
Name des Einsprechenden: ALLNEX BELGIUM
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 113(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit- Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 1
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät vorgebrachte Argumente - Verlegung der mündlichen Verhandlung wäre erforderlich gewesen (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - Gelegenheit zur Stellungnahme (ja)
Zusammen mit Beschwerdebegründung eingereichte Versuchasdaten - zugelassen - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1886/10
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0047/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin betrifft die am 26. März 2015 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung bezüglich des Widerrufs des europäischen Patents Nr. 2 218 739.

II. Anspruch 1 des erteilten Patents hatte folgenden Wortlaut:

"Strahlenhärtbare, wässrige Dispersionen auf Basis von Polyurethanacrylaten (i) enthaltend als Aufbaukomponenten

A) eine oder mehrere oligomere oder polymere Verbindungen mit mindestens einer gegenüber Isocyanat reaktiven Gruppe und mindestens einer radikalisch copolymerisierbaren Gruppe,

B) gegebenenfalls eine oder mehrere von A verschiedene, monomere Verbindungen, mit einer Hydroxyfunktion und mindestens einer (Meth)acrylatgruppe,

C) Polyesterpolyole erhältlich aus

Cl) aliphatischen Diolen mit 2 bis 4 Kohlenstoffatomen zwischen den beiden OH-Funktionen und / oder aliphatischen Triolen und

C2) aromatischen Di- und / oder Tricarbonsäuren,

D) gegebenenfalls von A bis C verschiedene Polyole,

E) eine oder mehrere Verbindungen mit mindestens einer gegenüber Isocyanat reaktiven Gruppe und zusätzlich nichtionische, ionische oder zur Ausbildung von ionischen Gruppen befähigte Gruppen, die für die Polyurethandispersion dispergierend wirken,

F) organische Polyisocyanate,

G) gegebenenfalls von A bis E verschiedene Verbindungen mit mindestens einer gegenüber Isocyanat reaktiven Gruppe."

III. Einspruch wurde unter Geltendmachung der Gründe gemäß Artikel 100(a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) eingelegt.

Unter Anderem wurden folgende Dokumente zur Stützung des Einspruchs zitiert:

D1: WO-A-2007/118781

D4: US-A-2008/0194775

D8: US-A-5 684 081.

IV. Die Entscheidung erfolgte auf Grundlage eines am 30. Oktober 2013 eingereichten Hauptantrags sowie der mit Schreiben vom 10. März 2015 eingereichten Hilfsanträge 1-7.

Anspruch 1 des Hauptantrags unterschied sich vom Anspruch 1 des erteilten Patents dadurch, dass Merkmal (A) durch den folgenden Wortlaut ergänzt wurde:

", wobei es sich um hydoxylgruppenhaltige Polyester(meth)acrylate mit einer OH-Zahl im Bereich von 15 bis 300 mg KOH/g Substanz handelt"

und ferner dadurch, dass im Merkmal (C) der Begriff "erhältlich aus" durch "die aufgebaut sind aus" ersetzt wurde.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterschied sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass im Merkmal (C) der Wortlaut "bestehend aus" anstelle von "die aufgebaut sind aus" verwendet wurde.

V. Gemäß der Entscheidung wurde die Neuheit für den Hauptantrag anerkannt.

Bezüglich erfinderischer Tätigkeit seien D1 und D8 gleichermaßen als nächstliegender der Technik geeignet.

Das Unterscheidungsmerkmal gegenüber D1 sei Merkmal (A), wobei gemäß D1 ein Epoxy(meth)acrylat eingesetzt wurde. Es sei kein technischer Effekt geltend gemacht worden, wodurch die zu lösende Aufgabe die Bereitstellung alternativer wässriger Polyurethandispersionen sei. Die anspruchsgemäße Lösung gehe aus D1 hervor mit der Folge, dass keine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen sei.

Bezüglich Hilfsantrag 1, welche sich durch die Einschränkung der Definition der Komponente (C) vom Hauptantrag unterscheide, würde das Patent keine Beispiele, die einen technischen Effekt belegen würden, enthalten. D1 selbst sei ein Hinweis auf entsprechende Polyesterpolyole ohne aliphatische Säuren zu entnehmen. Somit sei keine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

Die gleiche Schlussfolgerung gelte für alle Hilfsanträge.

VI. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde ein.

Die der Entscheidung zugrundeliegenden Anträge wurden aufrechterhalten und neu eingereicht.

Zusammen mit der Beschwerdebegründung wurde ein Versuchsbericht eingereicht.

Es wurde Antrag auf Erstattung der Beschwerdegebühr gestellt.

VII. Mit der Beschwerdeerwiderung reichte die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) Datenblätter (Annexe A und E), Versuchsberichte (Annexe C und D), sowie Berechnungen (Annex 1, Annex B) ein.

Es wurde beantragt, den Versuchsbericht der Beschwerdeführerin nicht zuzulassen.

VIII. Es erging eine Ladung zur mündlichen Verhandlung und ein Bescheid der Kammer, in dem unter Anderem die Relevanz der Vergleichsdaten der Beschwerdegegnerin in Frage gestellt wurde.

IX. Mit Schreiben vom 17. August 2018 reichte die Beschwerdegegnerin Erklärungen und weitere Dokumente in Antwort auf die Fragen der Kammer ein.

X. Die mündliche Verhandlung fand am 17. Oktober 2018 statt.

Während der Verhandlung erhob die Beschwerdegegnerin - zum ersten Mal im gesamten Verfahren - einen Einwand gemäß Artikel 84 EPÜ im Hinblick auf Hilfsantrag 1.

XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen

a) Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Nächstliegender Stand der Technik sei D1 und als Unterscheidungsmerkmal sei die spezifische Komponente (A) anzuerkennen.

Auch wenn man davon ausginge, es gäbe keinen technischen Effekt gegenüber der Lehre von D1, sei es grundsätzlich nicht naheliegend, die Zusammensetzungen von D1 so zu modifizieren, dass die niedrigmolekulare (meth)acrylierten Verbindung mit mindestens zwei gegenüber Isocyanat reaktiven Gruppen (Komponente (iv) von D1) durch polymerische Verbindungen gemäß Merkmal (A) des geltenden Anspruchs 1 ersetzt worden seien. Auch wenn D1 auf Oligomere verweise, seien diese nicht notwendigerweise Polyesteroligomere wie anspruchsgemäß erforderlich. Zum Beispiel offenbare D1 Oligomere aus Lactonen und Diolen - diese würden jedoch keine Polyester darstellen.

Auch könne D8 nicht mit D1 kombiniert werden, weil im Hinblick auf die anspruchsgemäße Komponente (A) die Anwesenheit der niedrigmolekularen Verbindung gemäß D1 mit der Lehre von D8 (polymere Verbindungen) inkompatibel sei.

Somit sei eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

b) Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit

Nächstliegender Stand der Technik sei ebenfalls D1 und als Unterscheidungsmerkmale seien die spezifischen Komponenten (A) und (C) anzuerkennen.

Die Gegenüberstellung des patentgemäßen Beispiels 5 und des nachgereichten Beispiels 18 belege, dass durch den Einsatz des anspruchsgemäßen Polyesterpolyol Komponente (C) - ohne aliphatische Disäure - anstelle der aus D1 bekannten adipinsäurehaltigen Polyesterpolyol die Eigenschaften der Zusammensetzungen sowohl vor als auch nach Härtung verbessert seien.

Die zu lösende technische Aufgabe sei deshalb die Bereitstellung von strahlenhärtbaren, wässrigen Dispersionen mit verbesserter Härte.

D8 offenbare keine Polyesterpolyole und sei daher von keiner Relevanz für diesen Aspekt.

Auch wenn Beispiel 8 von D4 die Pendelhärte offenbare, sei diese Größe in den anderen Beispielen nicht erwähnt - somit sei es nicht möglich festzustellen, ob der im Beispiel 8 von D4 eingesetzte Polyester eine Auswirkung auf diese Größe habe. Somit gehe aus den Beispielen von D4 kein Effekt dieser Komponente hervor.

Der Gegenstand des Antrags sei deshalb erfinderisch ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik, da kein Hinweis auf die Komponente (C) oder den damit verbundenen technischen Effekt dem Stand der Technik zu entnehmen sei.

Ferner würde der Fachmann ausgehend von D8 niemals D4 in Betracht ziehen, da aus diesem Dokument explizit hervorgehe, dass Polyesteracrylate, wie in D8 eingesetzt, Hydrolyseanfälligkeit aufweisen würden und demnach zu vermeiden seien. Die Lehren von D4 und D8 seien deshalb in dieser Hinsicht nicht kompatibel.

Somit sei auch ausgehend von D8 eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.

c) Hilfsantrag 1 - Klarheitseinwand der Beschwerdegegnerin

Der Einwand der Beschwerdegegnerin sei sehr spät - während der mündlichen Verhandlung - vorgetragen worden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Einwand nicht vorher erhoben werden konnte, da die betroffenen Ansprüche schon im Einspruchsverfahren vorhanden seien und ferner bereits mit der Beschwerdebegründung (wieder) eingereicht worden seien. Die Beschwerdeführerin sei nicht im Stande, diesen Einwand im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu behandeln bzw. entsprechende Änderungen auszuformulieren. Somit solle der Einwand nicht zugelassen werden.

d) Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Eine Diskussion der Identität des nächstliegenden Standes der Technik sei von der Einspruchsabteilung während der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen worden. Somit sei die Patentinhaberin daran gehindert worden, ihre Argumente zu einer entscheidungsrelevanten Frage vorzutragen. Dies verletze das Recht auf rechtliches Gehör (Artikel 113(1) EPÜ) und rechtfertige die Ruckzahlung der Beschwerdegebühr.

XII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden.

a) Zulassung der zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereichten Beispiele

Die Beispiele der Beschwerdeführerin seien nicht zuzulassen, da keine davon einen korrekten Vergleich mit dem Stand der Technik darstellen würde (siehe auch nachfolgenden Abschnitt (c)).

b) Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Nächstliegender Stand der Technik sei D1. Die Komponente (C) des Anspruchs 1 sei nicht auf die genannten Komponenten beschränkt, und stelle daher kein Unterscheidungsmerkmal dar. Das einzige Unterscheidungsmerkmal sei somit Komponente (A).

Es gebe keine Beweise für einen technischen Effekt. Somit sei die objektiv zu lösende Aufgabe die Bereitstellung weiterer strahlenhärtbarer Dispersionen.

Aus D8 seien Verbindungen gemäß Merkmal A als geeignete Alternativen zu den in D1 verwendeten (meth)acrylierten Verbindungen mit mindestens zwei reaktiven Gruppen bekannt. D1 enthalte ferner keine Lehre die von dem Einsatz von Oligomeren gemäß Merkmal (A) wegführen wurde. Somit gehe aus D8 eine naheliegende Lösung des Problems der Bereitstellung weiterer strahlenhärtbarer Zusammensetzungen hervor.

Der Gegenstand des Hauptantrags sei somit nicht erfinderisch.

c) Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit

Nächstliegender Stand der Technik sei D8, da hier gegenüber nur ein Unterscheidungsmerkmal (Komponente (C)) bestehe. Im Vergleich unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch zwei Merkmal ((A) und (C)) von der Lehre von D1.

Ausgehend von D8 gebe es keine entsprechenden Beispiele, die geeignet seien, einen technischen Effekt zu belegen. So betreffe die Zusammensetzung der Beispiele 18 und 20 der Beschwerdeführerin mit einem Polyesterpolyol gemäß der Lehre von D1 nicht die Lehre von D8. Es hätte Beispiele ohne ein Polyesterpolyol bedurft, um einen von diesem Merkmal ausgehenden technischen Effekt zu belegen.

Die Zusammensetzungen von D8 würden allgemein gute Eigenschaften haben und es sei nicht belegt worden, dass der Zusatz der Komponente (C) zu einer Verbesserung führe. Somit sei die gegenüber D8 zu lösende Aufgebe lediglich die Bereitstellung weiterer härtbarer Zusammensetzungen. Die Lösung - Einsatz der anspruchsgemäßen Komponente C - gehe unmittelbar aus D4, Beispiel 8 hervor. Hier sei gezeigt worden, dass ebenfalls Zusammensetzungen mit guter Härte sowohl nach Trocknung als auch nach Härtung erhalten seien. Auch gehe aus der Gegenüberstellung der Beispiele 2 und 8 von D4 keine Verbesserung im Zusammenhang mit dem Polyesterpolyol hervor. Die Angabe im Absatz 3 von D4 hinsichtlich der Hydrolyseinstabilität von Verbindungen gemäß Merkmal (A) des Anspruchs ändere hieran nichts - da Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags genau diese Verbindungen definiere.

Folglich sei der Gegenstand des Hilfsantrags 1 nicht erfinderisch.

Bezüglich D1 sei durch die zusammen mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Versuche gezeigt worden, dass die Anwesenheit von Komponente (A) anstelle von dem Acrylsäureaddukt von Bisphenol A (BPAAA) zu keinem technischen Effekt führe. D1 enthalte sogar die Lehre, das Esterifizierungsprodukt aus (Meth)Acrylsäure und dem Umsetzungsprodukt von Polyolen und Lactonen anstelle von BPAAA zu verwenden, wodurch dieses Merkmal naheliegend sei.

Bezüglich des Polyesterpolyols (C) lägen ebenfalls keine Vergleichsdaten, die einen Effekt belegen würden, vor. D1 schlage den Einsatz eines Polyesterpolyols aus Neopentylglykol und Isophthalsäure und somit ohne aliphatische Disäure vor, welche Offenbarung den Einsatz des anspruchsgemäßen Merkmals (C) nahelege.

Somit sei der Gegenstand des Hilfsantrags 1 ebenfalls nicht erfinderisch.

d) Hilfsantrag 1 - Klarheit

Die Formulierung des Anspruchs 1 sei unklar und/oder irreführend, da die Komponente (C) nicht "bestehend aus" den genannten Verbindungen sei, sondern diese als Ausgangsstoffe - Comonomeren - eingesetzt seien, dessen umgesetzte Reste das Produkt bilden würden. Dieses Argument sei zwar nicht im schriftlichen Verfahren vorgetragen worden, jedoch solle es aufgrund dessen Relevanz ins Verfahren zugelassen werden.

XIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und das Aufrechterhalten des Patents auf Grundlage des Hauptantrags, hilfsweise auf Grundlage einer der Hilfsanträge 1 bis 7, alle eingereicht mit der Beschwerdebegründung. Ferner wurde beantragt, den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Versuchsbericht (Beispiele 17 bis 20) ins Verfahren zuzulassen. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs wurde ebenfalls beantragt.

XIV. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Ferner wurde beantragt, den Versuchsbericht der Beschwerdeführerin nicht zuzulassen.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung der während des Beschwerdeverfahrens eingereichten Versuchsberichte und Entgegenhaltungen.

1.1 Versuchsbericht der Beschwerdeführerin

In der Beschwerdebegründung - Abschnitte 3.1 und 3.2 wurde dargelegt, der Versuchsbericht sei eingereicht worden, um zu belegen, dass das unterscheidende Merkmal mit einem technischen Effekt verknüpft sei. Hierdurch sollte einem zentralen Punkt der Entscheidung (Abschnitt II.4.2.1, Seite 6 und 7 überbrückenden Absatz), wo kein technischer Effekt anerkannt wurde, Rechnung getragen werden.

Dieser Bericht wurde zum frühstmöglichen Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens eingereicht und kann als angemessene Reaktion auf die Entscheidung betrachtet werden.

Die von der Beschwerdegegnerin aufgeworfene Frage, ob die Daten einen korrekten Vergleich mit dem Stand der Technik darstellen (siehe Abschnitt XII.(a), oben), benötigt eine detaillierte Analyse der Daten und kann nur nach der Zulassung beantwortet werden.

Die Kammer sieht deshalb keinen Grund, von seiner Befugnis gemäß Artikel 12(4) VOBK Gebrauch zu machen. Der Versuchsbericht ist deshalb im Verfahren.

1.2 Versuchsbericht und Entgegenhaltungen der Beschwerdegegnerin

Die Beschwerdeführerin hat keinen Einwand gegen die Zulassung der mit der Beschwerdeerwiderung und mit Schreiben vom 17. August 2018 von der Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsberichte und Entgegenhaltungen erhoben. Die Kammer sieht auch keinen Grund, diese Berichte und Entgegenhaltung nicht zuzulassen und lässt deshalb diese ins Verfahren zu.

2. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

2.1 Nächstliegender Stand der Technik

Sowohl D1 als auch D8 betreffen, wie das Streitpatent, strahlenhärtbare Zusammensetzungen, die sowohl gute Härte als auch Beständigkeit gegenüber verschiedenen Flüssigkeiten aufweisen müssen (Streitpatent, Absatz [0011]; D1, Seite 1, Zeilen 3, 4, 20, 21, Seite 12, Zeilen 26-29; D8, Spalte 1, Zeilen 59-64). Damit können beide gleichermaßen den nächstliegenden Stand der Technik darstellen.

2.1.1 Ausgehend von D1

Beispiel 1 von D1 (Seite 13, ab Zeile 13) betrifft eine Zusammensetzung auf Basis des Acrylsäureaddukts von Bisphenol A Diglycidylether (BPAAA), ein Polyesterpolyol auf Basis von Neopentylglykol, Adipinsäure und Isophthalsäure, Dimethylolpropionsäure, und H12MDI Diisocyanat.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich hiervon dadurch, dass als Komponente A ein hydroxylgruppenhaltiges Polyester(meth)acrylat mit definierter OH-Zahl anstelle von BPAAA eingesetzt wird.

Das Polyesterpolyol C wird gemäß Anspruch 1 als "aufgebaut aus" den genannten Monomere, unter Anderem aromatischen Di- und/oder Tricarbonsäuren definiert. Diese Formulierung nennt die zwingend anwesenden Komponenten, ist aber nicht beschränkend oder ausschließend. Somit können weitere, nicht explizit genannte Monomereinheiten, zum Beispiel aliphatische Disäuren wie Adipinsäure wie im Beispiel 1 von D1 verwendet, in Polyesterpolyol Komponente C anwesend sein.

Somit stellt die Definition der Komponente (C) kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber D1 dar.

2.1.2 Technischer Effekt

Ein technischer Effekt wurde nicht geltend gemacht und die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass es keine Beweise für einen technischen Effekt gäbe (vgl. Abschnitt XI.(a), oben).

2.1.3 Objektiv zu lösende Aufgabe

Angesichts des Fehlens eines technischen Effekts kann die objektive Aufgabe gegenüber D1 nur als die Bereitstellung weiterer strahlenhärtbarer Beschichtungs­zusammen­setzungen formuliert werden.

2.1.4 Naheliegend

Aus D8, Anspruch 1, Merkmal A sowie Spalte 2, Zeilen 20-22 und 37-60 ist bekannt, dass Polyesteracrylate als Hauptkomponente solcher Zusammensetzungen eingesetzt werden können. Dies geht insbesondere aus Beispiel 2 hervor, in dem Laromer LR 8800 verwendet wird. Dies wird ebenfalls in z.B. den Beispielen 5 und 8 des Streitpatents eingesetzt.

Der Austausch der Komponente BPAAA wie im Beispiel 1 von D1 verwendet durch eine Komponente entsprechend Merkmal A des geltenden Anspruchs erweist sich somit im Hinblick auf die Lehre von D8 als eine naheliegende Lösung der obengenannten "minimale" Aufgabe.

2.1.5 Der Hauptantrag erfüllt somit die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit nicht. Eine Analyse ausgehend von D8 ist deshalb nicht nötig.

3. Hilfsantrag 1

Die Komponente C wird als "bestehend" aus den genannten Komponenten C1 und C2 definiert. Diese ist eine beschränkende Formulierung, wodurch die Anwesenheit weiterer Monomerklassen - z.B. aliphatische Dicarbonsäuren - ausgeschlossen wird.

3.1 Artikel 84 EPÜ - Zulässigkeit des Einwandes

Hilfsantrag 1 wurde bereits während des Einspruchsverfahren eingereicht (Schreiben vom 10. März 2015), war Basis der Entscheidung der Einspruchsabteilung und wurde mit der Beschwerdebegründung wieder eingereicht.

Es ist nicht von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht worden, es seien erst während des Beschwerdeverfahrens Argumente der Beschwerdeführerin vorgetragen bzw. Stellungnahmen der Kammer abgegeben worden, welche eine Neubeurteilung der Frage der Klarheit dieses Merkmals entweder gerechtfertigt oder erforderlich gemacht hätten.

Somit ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, dass ein Einwand gegen die Klarheit des Anspruchs nicht spätestens mit der Beschwerdeerwiderung hätte vorgebracht werden können.

Der Einwand ist somit verspätet.

Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, sie sei nicht auf diesen Einwand vorbereit und sähe sich nicht in der Lage, diesem im Rahmen der Verhandlung zu entgegnen.

Es war ebenfalls aus Sicht der Kammer nicht zumutbar, diesen Einwand im Rahmen der Verhandlung zu behandeln. Somit hätte die Zulassung des Einwands zu einer Verlegung der Verhandlung geführt.

In dieser Situation ist, gemäß der Bestimmung des Artikels 13(3) VOBK, der verspätet vorgebrachte Einwand nicht in das Verfahren zuzulassen.

3.2 Erfinderische Tätigkeit

Wie im Falle des Hauptantrags sind sowohl D1 und D8 relevant und können beide gleichermaßen den nächstliegenden Stand der Technik darstellen.

3.2.1 Unterscheidungsmerkmale

a) Gegenüber D1

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Beispiel 1 von D1 durch zwei Merkmale:

- Die Definition der Komponente A wie für den Hauptantrag analysiert (siehe oben);

- Die Definition der Komponente C. Durch die Einschränkung auf aromatische Säure fällt das entsprechende Polyesterpolyol vom Beispiel 1 von D1, welches Adipinsäure enthält, nicht mehr unter den Anspruch.

b) Gegenüber D8

D8 betrifft strahlenhärtbare Zusammensetzungen auf Basis einer Komponente entsprechend Komponente A des Anspruchs 1. Als fakultative Komponente kann ein Polyol anwesend sein (Anspruch 1, Merkmal C).

Im Beispiel 1 von D8 wird ein Polyesteracrylat Prepolymer verwendet. Im Beispiel 2 wird Laromer LR 8800, also die gleiche Verbindung A wie im Beispiel 5 des Patentes verwendet. Als Polyol wird in den Beispielen 1 und 2 von D8

Bis(hydroxymethyl)propionsäure verwendet.

Als Komponenten entsprechend der Merkmal (E) des geltenden Anspruchs wird in den Beispielen 1 und 2 von D8 Ethylendiamin eingesetzt und als Komponente entsprechend Merkmal (F) des Anspruchs wird eine Mischung aus Hexamethylenediisocyanat und Isophorondiisocyanat eingesetzt.

Eine Komponente entsprechend dem anspruchsgemäßen Polyesterpolyol C ist nicht anwesend, mit der Folge, dass dies das unterscheidende Merkmal darstellt.

3.2.2 Analyse der Daten

Zusammen mit der Beschwerdebegründung wurden weitere Beispiele eingereicht, welche im folgenden Tabelle zusammengefasst werden. Beispiel 5 war bereits im Patent enthalten und ist hier zwecks besseres Verständnisses aufgeführt.

Beispiel |Komponente A|Komponente C|

5 |Laromer 8800|Beispiel 1 |

18* |Laromer 8800|Beispiel 17 |

19* |Ebecryl 600 |Beispiel 1 |

20* |Ebecryl 600 |Beispiel 17 |

Wobei:

Laromer 8800 ist das Polyesteracrylat gemäß Anspruch 1, welche in den Beispielen sowohl des Patents als auch von D8 verwendet wird. In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass gemäß D8 die Bezeichnung "Laromer LR 8800" verwendet wird. Es ist jedoch von keiner der Parteien vorgetragen worden, dass diese unterschiedliche Schriebweisen eine technische Bedeutung haben könnten, bzw. dass es sich nicht in beiden Fällen um das gleiche Produkt handelt.

Ebecryl 600 ist ein Epoxyacrylat, welches einem Analog der Komponente BPAAA von D1 entspricht;

"Beispiel 1" ist ein Polyesterpolyol, hergestellt im Beispiel 1 des Patents und enthaltend ausschließlich Isophthalsäure als Disäure;

"Beispiel 17" ist ein Polyesterpolyol, wobei gegenüber "Beispiel 1" die Disäurekomponente aus einer 1:1 molaren Mischung von Adipinsäure und Isophthalsäure besteht und entspricht somit dem Polyesterpolyol vom Beispiel 1 von D1.

Somit entspricht Beispiel 5 dem Gegenstand des Anspruchs 1. Beispiel 20 entspricht im Wesentlichen dem Beispiel 1 von D1 und Beispiele 18 und 19 stellen Zusammensetzungen dar, wobei jeweils eine Komponente dem geltenden Anspruch entspricht und die andere der Lehre vom Beispiel 1 von D1 entspricht. Somit stellt Vergleichsbeispiel 20 die Lehre von D1 dar. Vergleichsbeispiele 18 und 19 stellen unterschiedliche Kombinationen von erfinderischen/nichterfinderischen Komponenten (A) und (C) dar und entsprechen somit "Hybriden" zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und denjenigen von D1 und D8.

Die nachgereichten Vergleichsbeispiele 18 und 19 stellen somit eine Art "notional" oder fiktivem Stand der Technik - welcher näher an dem Anspruchsgegenstand liegt als die eigentliche Lehre des Standes der Technik D1/D8 und die Unterscheidungsmerkmale einzeln hervorhebt (vgl. T 1886/10 (vom 4. August 2015) Entscheidungsgründe, 4.4.4(a)).

Diese Beispiele greifen somit genau die Unterscheidungsmerkmale gegenüber D1 bzw D8 auf und sind so konstruiert, dass alle möglichen Kombinationen der relevanten Komponenten dargestellt werden.

Das Ergebnis der anwendungstechnischen Prüfung wurde in Tabelle 3 des Versuchsberichts wiedergegeben:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

wobei die Vorteile einer erfindungsgemässen Dispersion in Hinblick auf die Härte nach UV-Härtung und Beständigkeit gegenüber verschiedenen Flüssigkeiten gezeigt werden.

Die Beschwerdegegnerin monierte insbesondere im Hinblick auf D8, dass es keine Vergleiche ohne Komponente C geben würde und dass die nachgereichten Beispiele der Beschwerdeführerin zum Teil keiner Lehre des Standes der Technik entsprechen würden.

Diese zwei Einwände sind im Prinzip unterschiedliche Aspekte eines einzelnen Einwands, nämlich, dass Vergleiche aufgestellt wurden, die der Lehre des Standes der Technik nicht genau entsprechen.

Auch wenn diese Daten der Lehre keines der Dokumente 1:1 entspricht, sind diese dennoch so konstruiert um zu zeigen, ob das/die unterscheidende(n) Merkmal(e) gegenüber sowohl D1 als auch D8 mit einem technischen Effekt verbunden ist/sind. Insbesondere gegenüber D8 sind die Beispiele zwar nicht in der Lage zu zeigen, ob die bloße Anwesenheit eines Polyesterpolyols einen Effekt hervorruft, jedoch belegen sie, dass je nach Art des Polyesterpolyols unterschiedliche Ergebnisse erhalten werden. Somit ist dieser Vergleich "strenger" als ein direkter Vergleich mit der Lehre von D8, d.h. ohne Komponente C sein würde.

Ferner hat die Beschwerdegegnerin keine Daten vorgelegt, die das Argument unterstützen würde, die Anwesenheit der Komponente C habe keinen Effekt.

3.2.3 Ausgehend von D1

a) Technischer Effekt

Aus der im Abschnitt 3.2.2 besprochenen Analyse der Daten, insbesondere dem Vergleich zwischen Beispiel 5 des Patent und den nachgereichten Vergleichsbeispielen 18-20 geht hervor, dass die anspruchsgemäße Zusammensetzung (Beispiel 5) gegenüber einer Zusammensetzung entsprechend D1, Beispiel 1 (Vergleichsbeispiel 20) Verbesserungen bei drei der vier gemessenen Beständigkeiten sowie eine um Faktor >2 verbesserte Pendelhärte nach Aushärtung aufweist. Gegenüber den zwei "Hybrid" Zusammensetzungen 18 und 19 weist die anspruchsgemäße Zusammensetzung verbesserte Pendelhärte nach Aushärtung, verbesserte oder gleiche Beständigkeiten und in einem Fall verbesserte Pendelhärte vor Härtung auf.

Aus diesen Beispielen ist es ersichtlich, dass die anspruchsgemäß definierte Zusammensetzung Verbesserungen in zwei der als wesentlich angegebenen Eigenschaften der gehärteten Beschichtungen, ohne Verschlechterung der übrigen Eigenschaften, ergibt.

b) Objektive technische Aufgabe

Im Anbetracht der obenstehende ist die objektiv zu lösende Aufgabe gegenüber D1 als die Bereitstellung strahlungshärtbarer Zusammensetzungen, die nach der Härtung verbesserte Härte sowie Beständigkeit gegenüber verschiedenen Flüssigkeiten aufweisen.

c) Naheliegend

D1 lehrt den Einsatz einer Komponente gemäß Merkmal A des Anspruchs 1 nicht. Bezüglich des Polyesterpolyols C geht aus Seite 6, ab Zeile 4, und insbesondere ab Zeile 22 von D1 hervor, dass, sofern Polyesterpolyole als Polyolkomponente verwendet werden, sowohl aliphatische als auch aromatische Säuren als Monomere eingesetzt werden können (Seite 6, Zeilen 25-34). Auf Seite 7, Zeilen 6 und 7 wird als besonders bevorzugt Polyesterpolyole auf Basis von Neopentylglykol, Adipinsäure und/oder Isophthalsäure, entsprechend dem in Beispiel 1 des Dokuments verwendeten Polyesterpolyole offenbart. Es ist D1 somit keine Lehre zu entnehmen, Polyesterpolyole ausschließlich auf Basis von aromatischen Säuren zu verwenden, und auch kein Hinweis, dass hierdurch etwaige Verbesserungen der Eigenschaften der Beschichtungszusammensetzungen - wie durch die vorgelegte Vergleichsbeispiele der Beschwerdeführerin belegt - hervorgerufen werden würden.

D8 offenbart Beschichtungszusammensetzungen auf Basis von Polyesteracrylatprepolymeren entsprechend Komponente A des vorliegenden Anspruchs 1. Polyole sind fakultativ anwesend (Anspruch 1, Merkmal(D)). In Spalte 3, Zeilen 29-36 werden zwar Polyesterpolyole allgemein erwähnt. Es gibt jedoch keine weitere Informationen, insbesondere wird die Monomerzusammensetzung dieser Verbindungen nicht erwähnt.

D4 offenbart im Beispiel 8 Beschichtungen enthaltend als eine Komponente Polyesterpolyole entsprechend Merkmal C, also auf Basis von Isophthalsäure, Trimethylolpropan und Neopentylglykol.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Zusammensetzungen von Beispiel 1 von D4 denjenigen von D8 und des Streitpatentes nicht entsprechen, ist D4 auf jeden Fall keine Lehre zu entnehmen, dass das eingesetzte Polyesterpolyol für ein bestimmtes Eigenschaftsprofil ausschlaggebend oder maßgebend sein kann.

Die Zusammensetzungen von D4 enthalten ferner keine Komponente entsprechend Komponente (A) des Patents. Vielmehr wird explizit gelehrt, derartige Komponenten seien wegen des Risikos der Hydrolyse zu vermeiden (Absatz [0003]). Somit enthält D4 sogar einen Hinweis, welcher von dem anspruchsgemäßen Gegenstand wegführt.

Somit ist weder D1 allein noch der Kombination mit D4 oder D8 ein Hinweis auf die anspruchsgemäße Lösung der technischen Aufgabe zu entnehmen, mit der Folge dass der Gegensand des Anspruchs 1 gegenüber D1 als nächstliegendem Stand der Technik nicht naheliegend ist.

3.2.4 Ausgehend von D8

a) Technischer Effekt

Wie oben diskutiert, geht aus Beispiel 5/Vergleichsbeispiel 18 der Beschwerdeführerin hervor, dass der Einsatz des anspruchsgemäßen Polyesterpolyols ohne aliphatische Disäuren zu verbesserten Eigenschaften führt im Vergleich zu einem fiktiven Stand der Technik, der näher am Anspruchsgegenstand liegt (punkt 3.2.2).

b) Technische Aufgabe

Ausgehend von den Daten ist die zu lösende technische Aufgabe gegenüber D8 ebenfalls als die Bereitstellung strahlungshärtbarer Zusammensetzungen, die nach der Härtung verbesserte Harte sowie Beständigkeit gegenüber verschiedenen Flüssigkeiten aufweisen, zu formulieren.

c) Naheliegend

D8 enthält keine Lehre, dass durch den Einsatz von Polyesterpolyolen die Eigenschaften der Zusammensetzungen verbessert werden würden und, sofern dass Polyesterpolyole als eine Möglichkeit für die fakultativ anwesende Komponente D erwähnt werden (D8, Spalte 3, Zeile 33), ist D8 kein Hinweis - auch nicht implizit oder allgemein - auf die einzusetzenden Monomere zu entnehmen. D8 enthält keine Lehre, bestimmte Polyesterpolyole zu verwenden, und folglich auch keine Lehre, dass die im geltenden Anspruch 1 definierten Polyesterpolyole zu vorteilhaften Eigenschaften führen würden.

D1 offenbart, wie oben besprochen, zwar Polyesterpolyole, aber enthält keine Lehre auf diejenigen gemäß Anspruch 1. Wie oben festgestellt, zeigen die vorgelegte Beweise ferner eine mit dem speziellen anspruchsgemäßen Polyesterpolyol erhaltene technische Wirkung, welche aus der Lehre von D1 nicht hervorgeht.

Was die Entgegenhaltung D4 betrifft, gilt die selbe Bewertung wie im obigen Abschnitt 3.2.3 c).

d) Somit erweist sich auch ausgehend von D8 als nächstliegender Stand der Technik der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 als nicht naheliegend.

4. Artikel 113(1) EPÜ - Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die Beschwerdeführerin argumentiert, sie habe keine

Gelegenheit anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung gehabt, sich zu der Frage der Identität des nächstliegenden Standes der Technik zu äußern.

Aus der Entscheidung (Abschnitt II.4.2.1 und II.4.2.4) ist zu entnehmen, dass die Einspruchsabteilung sich sehr wohl mit dieser Frage befasst hatte und ferner, dass die Argumente der Beschwerdeführerin, wie im Schrieben vom 17. Februar 2015 vorgetragen, hierbei berücksichtigt wurden.

Somit geht aus der Entscheidung hervor, dass die Patentinhaberin Gelegenheit hatte, sich zu diesem Sachverhalt zu äußern - dies ist nämlich schriftlich erfolgt. Ferner wurden die entsprechenden Argumente von der Einspruchsabteilung berücksichtigt und in den Abschnitten II.4.2.1 und 4.2.4 der Entscheidung abgehandelt (Vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, Abschnitt III.B.2.4.1 und 2.4.2). Aus dem Protokoll oder den Entscheidungsgründen geht nicht hervor, dass die Patentinhaberin evtl. nach Verkündung der Schlussfolgerung der Einspruchabteilung bezüglich erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik ersucht hatte, eine

Diskussion der Identität des nächstliegenden Standes der Technik durchzuführen oder eine alternative Analyse

der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D8 vorzutragen, und dass ihr dies von der Einspruchsabteilung verwehrt wurde (ibid Abschnitt III.B.2.6).

Somit liegt kein Verstoß gegen Artikel 113(1) EPÜ vor und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist dementsprechend zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem Hilfsantrag 1, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, und einer gegebenenfalls erforderlichen Anpassung der Beschreibung aufrechtzuerhalten.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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