T 0927/15 () of 5.11.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T092715.20191105
Datum der Entscheidung: 05 November 2019
Aktenzeichen: T 0927/15
Anmeldenummer: 04025369.2
IPC-Klasse: A23K 1/10
A23K 1/18
B65D 85/72
B65B 25/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Im Schalen abgefülltes Heimtiernahrungsprodukt mit wenigstens zwei phasengetrennten Schichten
Name des Anmelders: Saturn petcare gmbh
Name des Einsprechenden: Tiernahrung Deuerer GmbH
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 527 699 zurückzuweisen.

II. Die Einsprechende hatte den Widerruf des Patents im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) beantragt.

III. Der Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die erteilten Ansprüche (Hauptantrag) zugrunde. Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. In einer Schale (5) abgefülltes Heimtiernahrungsprodukt (10) mit wenigstens zwei phasengetrennten Schichten (1,2), wobei

- eine in der Schale (5) unten eingefüllte Basisschicht (1) aus einem festen Nahrungsmittel gebildet ist und geeignet ist, wenigstens eine obere Schicht (2) zu tragen;

- die obere Schicht (2) geeignet ist, bei Wenden des Heimtiernahrungsprodukts die Basisschicht (1) zu tragen, und die obere Schicht (2) aus einer Geleezubereitung besteht, in die feste, aus Fleischmasse rekonstruierte Fleischbrocken (3) eingebettet sind, in welche ein Geliermittel eingemischt ist."

Der erteilte Anspruch 7 ist auf ein Verfahren zur Herstellung eines mehrschichtigen Heimtiernahrungsprodukts nach Anspruch 1 gerichtet.

IV. Ihren Einspruch stützte die Einsprechende inter alia auf vier unterschiedliche, geschichtete Tiernahrungsprodukte ("Duo-Produkte"), die der Öffentlichkeit durch Vorbenutzung zugänglich gemacht worden sind. Für den Nachweis der Vorbenutzung wurde Beweis durch den Zeugen Herrn Götz Kübler angeboten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung fand eine Beweisaufnahme durch Einvernahme des Zeugen Herrn Götz Kübler statt.

V. Die Einspruchsabteilung entschied, dass die mehrschichtigen Duo-Produkte der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Streitspatents zugänglich gemacht worden seien. Die Duo-Produkte seien in eine Schale gefüllt und wiesen zwei Schichten auf, wobei die untere Schicht aus einer Geleeschicht mit rekonstruierten Fleischbrocken und die obere Schicht aus einer festen Schicht bestehe. Das beanspruchte Produkt unterscheide sich von den Duo-Produkten in der unterschiedlichen Reihenfolge der Schichten in der Schale. Weder die Duo-Produkte noch eines der Dokumente D1 oder D3-D6 könnten die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstands infrage stellen.

VI. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.

VII. Mit ihrer Erwiderung auf die Beschwerde beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Am 5. November 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Nach Schließen der Debatte und Beratung der Kammer verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.

IX. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die im Streitpatent ausführlich beschriebene Darreichungsform, dass das Heimtiernahrungsprodukt aus der Schale entnommen und auf einen Teller gestürzt werde, wodurch sich die Schichtenfolge umkehre, sei nur eine der zwei gebräuchlichen Darreichungsformen derartiger Tiernahrung. Wenn das offenkundig vorbenutzte Duo-Produkt einem Tier direkt in der Schale verabreicht werde, also lediglich der Foliendeckel abgerissen und die Schale dem Tier dann hingestellt werde, liege die im Streitpatent als vorteilhaft beschriebene Schichtenfolge bereits vor. Die Schale sei bereits geeignet, um das Heimtiernahrungsprodukt einem Tier zu präsentieren. Die Ansprüche sähen auch nicht vor, dass das Heimtiernahrungsprodukt gekippt werden solle, um eine bestimmte Reihenfolge mit attraktiveren Eigenschaften zu erzielen. Vor diesem Hintergrund könne die objektive Aufgabe des Streitpatents allenfalls darin gesehen werden, die ansprechenden Eigenschaften der in der Schale präsentierten Tiernahrung gemäß den offenkundig vorbenutzten Duoprodukten bei einer Verabreichung in einem separaten Napf oder auf einem separaten Teller mit möglichst geringem Aufwand beizubehalten. Da derartiges Tierfutter sowohl in der Schale wie auch in einem separaten Napf oder Teller angeboten werde, stünden den mit der Umkehrung der Schichtenfolge bei der einen Darreichungsart erzielten Vorteilen entsprechende Nachteile bei der anderen Darreichungsart gegenüber. Objektive Vorteile seien mit der Umkehrung der Schichtenreihenfolge somit nicht verbunden. Daher stehe die Schichtenreihenfolge im Belieben des Fachmanns. Für den Herstellungsprozess mache es ebenfalls keinen Unterschied, welche der beiden Schichten zuerst eingefüllt werde. Daher beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

X. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die zwei von der Beschwerdeführerin dargelegten Darreichungsformen der Tiernahrung, direkt aus der Schale und in gestürzter Form, seien nicht als gleichwertig zu betrachten. Der Fachmann, ein Tierhalter, würde das Produkt nicht direkt in der Schale präsentieren, sondern es in einen Fressnapf oder Teller umstürzen. Wie im Patent angegeben, werde erst durch das Umstürzen in einen Napf oder auf einen Teller eine Schichtenanordnung erreicht, die den Spiel- und Beutetrieb des Haustiers befriedige. Das beanspruchte Produkt sowie dessen Herstellungsverfahren sei nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. Somit seien die Erfordernisse einer erfinderischen Tätigkeit erfüllt.

Entscheidungsgründe

1. Erfinderische Tätigkeit

1.1 Der erteilte Anspruch 1 bezieht sich auf ein in einer Schale abgefülltes Heimtiernahrungsprodukt enthaltend eine untere Basisschicht aus einem festen Nahrungsmittel und eine obere Schicht, die aus einer Geleezubereitung besteht, in die feste, aus Fleischmasse rekonstruierte Fleischbrocken eingebettet sind, in welche ein Geliermittel eingemischt ist. Jede dieser Schichten ist geeignet, die andere Schicht zu tragen.

1.2 Es wurde nicht bestritten, dass die mehrschichtigen Duo-Produkte der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Streitspatents zugänglich gemacht wurden, und dass sich das beanspruchte Produkt von den Duo-Produkten nur in der unterschiedlichen Reihenfolge der Schichten in der Schale unterscheidet. Ferner waren sich die Parteien darin einig, dass die Duo-Produkte den nächstliegenden Stand der Technik darstellen. Dem stimmt die Kammer zu. Der einzige Streitpunkt in diesem Verfahren ist, ob diese unterschiedliche Reihenfolge die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes begründen kann.

1.3 Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass Anspruch 1 nicht festlegt, wie das Heimtiernahrungsprodukt dem Tier verabreicht werden soll. Dennoch sprechen, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, mehrere Gründe dafür, dass das beanspruchte Heimtiernahrungsprodukt auf einen Teller oder in einen Fressnapf gestürzt und dem Tier nicht nach dem Abziehen des Foliendeckels direkt in der Schale präsentiert wird:

- Die Schale würde beim Fressen durch die Wohnung geschoben und müsste somit fixiert werden, um dies zu vermeiden.

- Die Darreichung des Heimtiernahrungsprodukts in einer hochwandigen, komplett gefüllten Schale wird von Katzen abgelehnt, da sie "Freiraum" für das Verzehren der Nahrung benötigen,

- Ein in einer Schale enthaltenes Nahrungsprodukt erscheint dunkel und ein Durchblick auf die untere Schicht ist für das Tier nicht möglich, ebenso wenig ein Zugang zur Nahrung von der Seite. Weder der Beute- noch der Spieltrieb des Tieres werden dadurch angeregt, insbesondere wird nicht einmal die Neugier auf eine unter der obersten Schicht liegende andersartige Schicht geweckt, weil diese Schicht nicht zu erkennen wäre.

1.4 Es liegt kein konkreter Beweis dafür vor, dass dies nicht zutreffend ist. Daher ist die Kammer davon überzeugt, dass, wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, der Tierhalter das erfindungsgemäße Heimtiernahrungsprodukt auf einen Teller oder Fressnapf stürzen würde. Nach dem Stürzen befindet sich die Geleeschicht mit den Fleischbrocken unten und die feste Schicht oben.

1.5 Gemäß dem Streitpatent (Absätze [0008-0009]), ergibt sich für den Tierbesitzer eine attraktive Erscheinungsform, und eine saubere Fütterung des Tiers wird erleichtert. Außerdem befriedigt die Art der Schichtenanordnung den Spiel- und Beutetrieb des Haustiers. Auch die Konsistenz der Schichten ist der Beutenahrung von Heimtieren wie Hund und Katze nachempfunden, indem sich unter der festen, als Pastete ausgebildeten und beim Verzehr zuoberst liegenden Schicht ein festes geliertes Nahrungsmittel befindet, in dem Brocken verborgen sind, die vom Tier entdeckt werden können und dem Bedürfnis nach fester, intensiv zu kauender Nahrung entgegenkommen.

1.6 Seitens der Beschwerdeführerin wurde kein Beweis vorgelegt, dass die oben genannten vorteilhaften Eigenschaften des auf diese Weise präsentierten erfindungsgemäßen Heimtiernahrungsprodukts nicht zutreffen. Die Kammer hält es daher für glaubhaft, dass die Art der Schichtenanordnung und die Zusammensetzung der Schichten den Spiel- und Beutetrieb des Haustiers anregen. Weder ein Duo-Produkt als solches (in der Schale) noch nach Umstürzen auf einen Teller oder Fressnapf würde diese Effekte erzielen.

1.7 Ausgehend von den offenkundig vorbenutzten Duo-Produkten als nächstliegendem Stand der Technik, kann die zu lösende technische Aufgabe darin gesehen werden, ein in einer Schale abgefülltes Heimtiernahrungsprodukt zur Verfügung zu stellen, das, bei sachgerechter Anwendung, in seiner Konsistenz der Beutenahrung von Heimtieren wie Hunde und Katzen nachempfunden ist und das sich für den Tierbesitzer ansprechend präsentiert (siehe auch Absatz [0005] des Streitpatents). 1.8 Dem Stand der Technik kann keine Anregung zur erfindungsgemäßen Lösung der bestehenden technischen Aufgabe entnommen werden. Daher ist das in Anspruch 1 des Streitspatents definierte Heimtiernahrungsprodukt nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik herleitbar und erfüllt somit die Erfordernisse einer erfinderischen Tätigkeit. 1.9 Anspruch 7 bezieht sich ausdrücklich auf ein Verfahren zur Herstellung des im Anspruch 1 definierten Heimtiernahrungsprodukts. Die Reihenfolge der angegebenen Schritte ist wesentlich für das Entstehen der in diesem Produkt vorhandenen Schichtanordnung. Somit gelten die gleichen Argumente, die für das Produkt vorgebracht wurden, auch für das Verfahren gemäß Anspruch 7. 1.10 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand der erteilten Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit hinsichtlich der Duo-Produkte. | |

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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