T 0881/15 () of 16.1.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T088115.20190116
Datum der Entscheidung: 16 Januar 2019
Aktenzeichen: T 0881/15
Anmeldenummer: 04009016.9
IPC-Klasse: H01L 33/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit Lumineszenzkonversionselement
Name des Anmelders: OSRAM Opto Semiconductors GmbH
Name des Einsprechenden: Tridonic GmbH & Co KG
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention Art 101(3)(b)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(3)
European Patent Convention 1973 Art 113(2)
Schlagwörter: Zulassung eines in der ersten Instanz zurückgenommenen Hauptantrags (nein)
Erfinderische Tätigkeit - erster Hilfsantrag (nein)
Änderungen - Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung in weiteren Hilfsanträgen
Änderungen - mangelnde Stützung der unabhängigen Ansprüche durch die Beschreibung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 1441395 zu widerrufen. Das Streitpatent beruht auf einer Teilanmeldung der europäischen (Stamm-)Anmeldung 97931666. Diese wiederum beruht auf der internationalen Anmeldung WO-A-9750132.

In der Entscheidung wurde die erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1 des Hauptantrags ausgehend von zwei Dokumenten D2 und D5/BM5 diskutiert (Abschnitte 4.2.6.1 und 4.2.6.2 der angefochtenen Entscheidung):

D2: JP 5 152609 A

D5/BM5: Schreiben von Herrn Wustlich / Wustlich Micro-Elektronik GmbH an Herrn Menden / Menden Buchstaben datiert vom 22. September 1995, XP002324886

II. Am 16. Januar 2019 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer ohne die Patentinhaberin statt. Die Patentinhaberin hatte ihre Abwesenheit mit Schreiben vom 11. Januar 2019 angekündigt.

III. Die Beschwerdeführerin/Patentinhaberin beantragte schriftlich die Erteilung eines Patents auf der Basis eines Hauptantrags sowie auf Basis der Hilfsanträge 1 bis 4; alle diese Anträge wurden mit der Beschwerdebegründung eingereicht.

Dabei wurden sowohl für den Hauptantrag als auch für jeden Hilfsantrag ausschließlich entsprechende Anspruchssätze, aber keine geänderten Beschreibungsseiten eingereicht.

IV. Die Beschwerdegegnerin/Einsprechende beantragte am Ende der mündlichen Verhandlung die Zurückweisung der Beschwerde. Insbesondere beantragte sie während der mündlichen Verhandlung die Nichtzulassung des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 und brachte Einwände in Bezug auf die Artikel 84 und 56 EPÜ vor.

V. Hauptantrag

Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:

Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit einem Halbleiterkörper (1), der im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische Strahlung eines ersten Wellenlängenbereichs mit einem relativen Intensitätsmaximum bei einer Wellenlänge lambda < 520 nm aussendet, wobei die im Betrieb des Halbleiterbauelements emittierte elektromagnetische Strahlung ultraviolette Strahlung umfasst, mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten elektrischen Anschluss (2, 3), die mit dem Halbleiterkörper (1) elektrisch leitend verbunden sind, und mit einem Lumineszenzkonversionselement, das mindestens einen Leuchtstoff aufweist, wobei als Lumineszenzkonversionselement

- über oder auf dem Halbleiterkörper (1) mindestens eine Lumineszenzkonversionsschicht (4) vorgesehen ist, oder

- eine Lumineszenzkonversionsumhüllung (5) vorgesehen ist, die zumindest einen Teil des Halbleiterkörpers (1) umschliesst, wobei

- das Lumineszenzkonversionselement nur einen Teil der aus dem ersten Wellenlängenbereich stammenden Strahlung absorbiert und in Strahlung eines längerwelligen, zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt, derart, dass das Halbleiterbauelement mischfarbiges Licht, bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches, aussendet,

- die Lumineszenzkonversionsumhüllung oder -schicht aus einem Silikon- oder Duroplastmaterial besteht, das mit Leuchtstoff versetzt ist, und

- das Lumineszenzkonversionselement eine vom Halbleiterkörper im Betrieb ausgesandte ultraviolette Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs in sichtbares Licht des zweiten Wellenlängenbereichs umwandelt.

VI. Hilfsantrag 1

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat den folgenden Wortlaut:

Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit einem Halbleiterkörper (1), der im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische Strahlung eines ersten Wellenlängenbereichs mit einem relativen Intensitätsmaximum bei einer Wellenlänge lambda < 520 nm aussendet, wobei die im Betrieb des Halbleiterbauelements emittierte elektromagnetische Strahlung ultraviolette Strahlung umfasst, mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten elektrischen Anschluss (2, 3), die mit dem Halbleiterkörper (1) elektrisch leitend verbunden sind, und mit einem Lumineszenzkonversionselement, das mindestens einen Leuchtstoff aufweist, wobei als Lumineszenzkonversionselement

- über oder auf dem Halbleiterkörper (1) mindestens eine Lumineszenzkonversionsschicht (4) vorgesehen ist, oder

- eine Lumineszenzkonversionsumhüllung (5) vorgesehen ist, die zumindest einen Teil des Halbleiterkörpers (1) umschliesst, wobei

- das Lumineszenzkonversionselement nur einen Teil der aus dem ersten Wellenlängenbereich stammenden Strahlung nur über einen spektralen Teilbereich spektral selektiv absorbiert und in Strahlung eines längerwelligen, zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt, derart, dass das Halbleiterbauelement mischfarbiges Licht, bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches, aussendet,

- die Lumineszenzkonversionsumhüllung oder -schicht aus einem Silikon- oder Duroplastmaterial besteht, das mit Leuchtstoff versetzt ist, und

- das Lumineszenzkonversionselement eine vom Halbleiterkörper im Betrieb ausgesandte ultraviolette Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs in sichtbares Licht des zweiten Wellenlängenbereichs umwandelt.

VII. Hilfsantrag 2

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 hat den folgenden Wortlaut:

Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement mit einem Halbleiterkörper (1), der im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische Strahlung eines ersten Wellenlängenbereichs mit einem relativen Intensitätsmaximum im blauen Spektralbereich zwischen 420 nm und 460 nm aussendet, wobei die im Betrieb des Halbleiterbauelements emittierte elektromagnetische Strahlung ultraviolette Strahlung umfasst, mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten elektrischen Anschluss (2, 3), die mit dem Halbleiterkörper (1) elektrisch leitend verbunden sind, und mit einem Lumineszenzkonversionselement, das mindestens einen Leuchtstoff aufweist, wobei als Lumineszenzkonversionselement

- über oder auf dem Halbleiterkörper (1) mindestens eine Lumineszenzkonversionsschicht (4) vorgesehen ist, oder

- eine Lumineszenzkonversionsumhüllung (5) vorgesehen ist, die zumindest einen Teil des Halbleiterkörpers (1) umschliesst, wobei- das Lumineszenzkonversionselement nur einen Teil der aus dem ersten Wellenlängenbereich stammenden Strahlung nur über einen spektralen Teilbereich spektral selektiv absorbiert und in Strahlung eines längerwelligen, zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt, derart, dass das Halbleiterbauelement mischfarbiges weißes Licht, bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches, aussendet,- die Lumineszenzkonversionsumhüllung oder -schicht aus einem Silikonmaterial besteht, das mit Leuchtstoff versetzt ist, und- das Lumineszenzkonversionselement eine vom Halbleiterkörper im Betrieb ausgesandte ultraviolette Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs in sichtbares Licht des zweiten Wellenlängenbereichs umwandelt.

VIII. Hilfsanträge 3 und 4

Die unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3 und 4 enthalten wie Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 jeweils die Merkmale, dassIX. - der Halbleiterkörper im Betrieb Strahlung mit einem relativen Intensitätsmaximum im blauen Spektralbereich zwischen 420 nm und 460 nm aussendet, und dass - das Halbleiterbauelement mischfarbiges weißes Licht aussendet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag, Zulassung

Der vorliegende Hauptantrag entspricht dem im erstinstanzlichen Verfahren am 13. Juni 2013 eingereichten Hauptantrag.

Die Einsprechende beantragte, die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung, diesen Antrag nicht zuzulassen, nicht zu überstimmen (Beschwerdeerwiderung, Punkt III.1), und diesen Antrag nicht ins Verfahren zuzulassen.

Nach der Niederschrift der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2013 machte die Patentinhaberin im Anschluß an die Diskussion der Zulassung des am 13. Juni 2013 eingereichten Hauptantrags ihren vorher am 21. Mai 2013 eingereichten Hauptantrag zum gültigen Hauptantrag (Punkt 5 der Niederschrift sowie Punkt 11 des Teils Tatsachen und Anträge der angefochtenen Entscheidung), welcher anschließend ausgiebig diskutiert wurde (Punkte 6 bis 28 der Niederschrift).

Die Patentinhaberin hat also den am 13. Juni 2013 als Hauptantrag eingereichten Antrag während der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2013 zumindest implizit zurückgenommen.

Im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahren spielte der Hauptantrag vom 13. Juni 2013 dann entsprechend keine Rolle mehr; in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung wird konsequenterweise ebenfalls nicht auf ihn eingegangen.

Nach Artikel 12(4) VOBK liegt es im Ermessen der Kammer, Anträge, die in der ersten Instanz bereits vorgebracht hätten können beziehungsweise sollen, nicht zuzulassen. Dies betrifft nach der Rechtsprechung der Kammern (8. Auflage 2016, IV.E.4.3.2 d)) insbesondere Anträge, die vor der ersten Instanz zurückgenommen wurden.

Die Kammer beschloss daher, den Hauptantrag nicht ins Verfahren zuzulassen.

3. 1. Hilfsantrag

3.1 Zulassung

Hilfsantrag 1 wurde mit der Beschwerdebegründung und damit rechtzeitig eingereicht. Darüber hinaus entspricht er bis auf ein zusätzliches "nur" in Zeile 24 und die Verwendung des Begriffes mischfarbiges Licht anstelle von Mischstrahlung jeweils in Anspruch 1 dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrag, der mit Schreiben vom 21. Mai 2013 eingereicht wurde.

Da sowohl der Begriff mischfarbiges Licht in Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags 1 als auch der Begriff Mischstrahlung in Anspruch 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags jeweils als bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereichs definiert werden, kann die Kammer, entgegen der Meinung der Einsprechenden (Beschwerdeerwiderung, Punkt IV.), inhaltlich keinen Unterschied zwischen den beiden Begriffen erkennen (wie auch von der Patentinhaberin in Bezug auf Hilfsantrag 2 vorgebracht, siehe Punkt 4. des Schreibens vom 8. April 2016).

Auch das zusätzliche nur in Zeile 24 des Anspruchs 1 des vorliegenden Hilfsantrags 1 ändert inhaltlich nichts am Gegenstand des Anspruchs 1, da die dadurch bewirkte Einschränkung bereits durch die Formulierung nur über einen spektralen Teilbereich spektral selektiv absorbiert bewirkt wird, die auch in Anspruch 1 des der Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags enthalten ist.

Die abhängigen Ansprüche beider Anträge stimmen überein.

Der vorliegende Hilfsantrag 1 war also inhaltlich bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und wurde während dessen auch nicht zurückgenommen. Die Kammer sieht daher in dieser Hinsicht keinen Grund, Hilfsantrag 1 nach Artikel 12(4) EPÜ nicht ins Verfahren zuzulassen.

An dieser Einschätzung ändert auch die erstinstanzliche Nichtzulassung des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrags 1 nichts, da diese als Konsequenz einer Analyse hinsichtlich erfinderischer Tätigkeit für Anspruch 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags erfolgte.

3.2 Artikel 100 a) and 56 EPÜ 1973

In der angefochtenen Entscheidung wurde die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags unter anderem ausgehend von D2 diskutiert (Abschnitt 4.2.6.1 und seine Unterpunkte). Eine entsprechende Diskussion fand auch während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer statt.

3.2.1 Vorbemerkung zur spektral selektiven Absorption/zum mischfarbigen Licht

Die Einsprechende argumentierte während der mündlichen Verhandlung, dass eine 100 %ige Absorption durch ein Lumineszenzkonversionselement in der Praxis nicht zu erreichen wäre. Die Kammer schließt sich diesem Argument an. Darüber hinaus ist der Kammer kein Leuchtstoff bekannt, der Strahlung über den gesamten Wellenlängenbereich der in D2 verwendeten anregenden Strahlung (von etwas unter 370 nm bis etwas über 430 nm, da bei diesen Wellenlängen Emissionsmaxima liegen) unabhängig von der Wellenlänge immer gleichmässig absorbiert.

Daraus folgt, dass in der Anordnung, die in der Figur der D2 gezeigt ist, das Lumineszenzkonversionselement 4, 5 zwangsweise immer nur einen Teil der es anregenden Strahlung nur über einen spektralen Teilbereich spektral selektiv absorbiert und in Strahlung eines zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt.

Daraus ergibt sich auch, dass das insgesamt von dem Halbleiterelement ausgesandte Licht/die insgesamt vom Halbleiterelement emittierte Strahlung immer auch einen, wenn auch unter Umständen sehr kleinen, Anteil an Licht/Strahlung des (den Leuchtstoff anregenden) ersten Wellenlängenbereichs enthält. In Verbindung mit dem durch den Lumineszenzkonversionselement konvertierten Licht ergibt sich daraus, dass eine Anordnung, wie sie in der Figur der D2 gezeigt ist zwangsweise immer mischfarbiges Licht, bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereichs aussenden wird.

In diesem Zusammenhang stellt die Kammer fest, dass in Anspruch 1 weder eine konkrete Zusammensetzung des mischfarbigen Lichts noch eine bestimmte Farbe dieses Lichts festgelegt werden.

3.2.2 D2

Im Lichte der obigen Vorbemerkung offenbart D2 daher ein

Lichtabstrahlendes Halbleiterbauelement (light emitting diode, siehe Zusammenfassung)

- mit einem Halbleiterkörper 11 (light emitting element made of a gallium nitride compound semiconductor, siehe Zusammenfassung), der im Betrieb des Halbleiterbauelements elektromagnetische Strahlung eines ersten Wellenlängenbereichs mit einem relativen Intensitätsmaximum bei einer Wellenlänge lambda < 520 nm aussendet (emission peaks at around 430 nm and at around 370 nm, siehe Zusammenfassung und [6]), wobei

- die im Betrieb des Halbleiterbauelements emittierte elektromagnetische Strahlung ultraviolette Strahlung umfasst (das Emissionsmaximum bei 370 nm liegt im ultravioletten Teil des Spektrums, wobei das anregende Licht wie oben dargelegt nicht zu 100 % absorbiert wird),

- mit mindestens einem ersten und mindestens einem zweiten elektrischen Anschluss 2, 3 (metal stem und metal post, siehe [8], Seite 8), die mit dem Halbleiterkörper elektrisch leitend verbunden sind (by a gold wire, siehe [8], Seite 8 und die Figur),

- und mit einem Lumineszenzkonversionselement 4, 5, das mindestens einen Leuchtstoff (fluorescent dye, siehe Zusammenfassung und [9]) aufweist, wobei

- als Lumineszenzkonversionselement eine Lumineszenzkonversionsumhüllung 4, 5 vorgesehen ist, die zumindest einen Teil des Halbleiterkörpers umschliesst (resin mold enveloping the light emitting element, siehe [8] auf Seite 8 und die Figur), wobei

- das Lumineszenzkonversionselement nur einen Teil der aus dem ersten Wellenlängenbereich stammenden Strahlung nur über einen spektralen Teilbereich spektral selektiv absorbiert und in Strahlung eines längerwelligen, zweiten Wellenlängenbereiches umwandelt (siehe [9] auf Seite 9, converts short-wavelength light to long-wavelength light), derart, dass das Halbleiterbauelement mischfarbiges Licht, bestehend aus Strahlung des ersten Wellenlängenbereiches und Strahlung des zweiten Wellenlängenbereiches, aussendet (siehe Vorbemerkung oben).

3.2.3 Unterscheidende Merkmale

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich somit von D2 dadurch, dass

(a) die Lumineszenzkonversionsumhüllung, die mit Leuchtstoff versetzt ist aus einem Silikon- oder Duroplastmaterial besteht,

und dass

(b) das Lumineszenzkonversionselement eine vom Halbleiterkörper im Betrieb ausgesandte ultraviolette Strahlung des ersten Wellenlängenbereichs in sichtbares Licht des zweiten Wellenlängenbereichs umwandelt.

3.2.4 Erfinderische Tätigkeit

Das Material der Umhüllung das nach Merkmal (a) mit Leuchtstoff versetzt ist wirkt dabei mit den optischen Eigenschaften (des Leuchtstoffs) nach Merkmal (b) technisch nur insofern zusammen, als das Material an sich für das ausgesandte Licht/die emittierte Strahlung transparent sein muss. Sofern diese Bedingung erfüllt ist, können daher beide Merkmale (a) und (b) für den Zweck der Analyse, ob eine erfinderische Tätigkeit vorliegt, getrennt voneinander behandelt werden.

Das unterscheidende Merkmal (a) löst ausgehend von D2 das objektive technische Problem, Stoffklassen anzugeben, die geeignet sind, als Umhüllung für den Halbleiterkörper 11 eingesetzt zu werden.

D2 offenbart bereits allgemein, dass ein Harz (resin) hierzu geeignet wäre. Übliche Harze für diesen Zweck sind beispielsweise transparente Epoxidharze, die mit einem Härter zu duroplastischen Kunststoffen umgesetzt werden.

Der Fachmann würde also ausgehend von D2 bereits durch sein allgemeines Fachwissen dazu angeregt, für das Harz (resin) der Umhüllung ein Epoxidharz und damit ein Duroplastmaterial nach Merkmal (a) vorzusehen.

Ausgehend von D2 löst das unterscheidende Merkmal (b) die objektive technische Aufgabe, einen Spektralbereich anzugeben, mithilfe dessen sichtbares Licht des zweiten Wellenlängenbereichs erzeugt werden kann.

Die Kammer stellt jedoch fest, dass, wie von der Einsprechenden während der mündlichen Verhandlung vorgebracht, D2 ganz allgemein vorschlägt, mithilfe geeigneter Leuchtstoffe Licht verschiedener Wellenlängen umzuwandeln (convert lights of various wavelengths, siehe Seite 9), um eine Farbänderung des von der LED abgestrahlten Lichtes zu erreichen (color correction of the blue LED, siehe ebenfalls Seite 9).

Da die in D2 verwendete LED nicht nur ein Emissionsmaximum im blauen, sondern auch eines im ultravioletten Bereich besitzt, wäre es für den Fachmann ausgehend von D2 naheliegend, durch Wahl eines geeigneten Leuchtstoffs dieses Maximum im ultravioletten Bereich zu nutzen, um die Helligkeit der LED zu erhöhen (improve the brightness, siehe [6] auf Seite 7) und/oder die Farbe des von der LED abgestrahlten Lichtes zu verändern (correcting the color/color correction, [3] auf Seite 5 und [9] auf Seite 9).

Der Fachmann hätte dabei auch keine Schwierigkeiten, geeignete Leuchtstoffe zu finden, da Leuchtstoffe, die ultraviolettes Licht in sichtbares Licht konvertieren im Zusammenhang mit Leuchtstoffröhren bereits seit langem bekannt sind.

In Bezug auf erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2 hatte die Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren keine Argumente vorgebracht, sondern sich lediglich auf die Ausführungen der Einspruchsabteilung unter Punkt 4.2.6.1.3 der angefochtenen Entscheidung berufen (siehe Beschwerdebegründung, Seite 18 der, Abschnitt V.4.2 Erfinderische Tätigkeit, die ersten zwei Absätze und Seite 20, Abschnitt VI.1.Dokument D2).

Die Kammer ist jedoch, anders als die Einspruchsabteilung nach Punkt 4.2.6.1.3 der angefochtenen Entscheidung, nicht der Ansicht, dass der Fachmann die Konzentration eines geeigneten Leuchtstoffs überhaupt so wählen könnte, dass das ultraviolette Licht des Halbleiterkörpers 11 der D2 zu 100 % absorbiert werden würde. Stattdessen würde aus den unter dem obigen Punkt Vorbemerkung angeführten Gründen immer ein Teil des Lichts des blauen Emissionsmaximums und des ultravioletten Emissionsmaximums nicht absorbiert werden; entsprechend würde von dem Halbleiterbauelement als Ganzem auch immer mischfarbiges Licht bestehend aus Licht des ersten (im Fall von D2 blauen und ultravioletten) und des zweiten Wellenlängenbereiches ausgesandt werden.

Der Fachmann würde daher ausgehend von D2 ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit zumindest auch einen Leuchtstoff auswählen, der UV-Strahlung in sichtbares Licht umwandelt.

Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ausgehend von D2 und unter Berücksichtigung des allgemeinen Wissens des Fachmanns nicht erfinderisch nach Artikel 56 EPÜ 1973.

3.2.5 D5/BM5

Eine Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 unter Berücksichtigung oder ausgehend von D5/BM5 erübrigt sich also im vorliegenden Fall.

4. Hilfsantrag 2

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält die Merkmale, dass

(c) der Halbleiterkörper im Betrieb Strahlung mit einem relativen Intensitätsmaximum im blauen Spektralbereich zwischen 420 nm und 460 nm aussendet,

und dass

(d) das Halbleiterbauelement mischfarbiges weißes Licht aussendet.

Diese beiden Merkmale werden in der Beschreibung jedoch lediglich als optional genannt (siehe die Absätze [18] für Merkmal (d) und [21] für Merkmal (c)).

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 ist daher nicht durch die Beschreibung gestützt. Dieser Anspruch erfüllt aus diesem Grund nicht die Anforderungen des Artikels 84 EPÜ 1973.

5. Hilfsanträge 3 und 4

Die unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3 und 4 enthalten jeweils auch beide Merkmale (c) und (d) und erfüllen daher ebenfalls nicht die Anforderungen des Artikels 84 EPÜ 1973.

6. Die Kammer stellt fest, dass die mangelnde Stützung durch die Beschreibung im vorliegenden Fall durch die Aufnahme der Merkmale (c) und (d) aus der Beschreibung in die unabhängigen Ansprüche verursacht wurde und die in G1/14 dargelegten Bedingungen für die Anwendung des Artikels 84 EPÜ im Einspruchsverfahren daher erfüllt sind.

Der Kammer ist bewusst, dass diese Einwände in Bezug auf mangelnde Stützung von unabhängigen Ansprüchen durch die Beschreibung im Prinzip durch eine Änderung der Beschreibung leicht aus dem Weg zu räumen gewesen wären.

Die Kammer hätte der Patentinhaberin im Laufe der mündlichen Verhandlung dazu auch mit hoher Wahrscheinlichkeit die Gelegenheit gegeben, wenn sie zu dem Schluss gekommen wäre, dass einer der unabhängigen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2, 3 oder 4 die (anderen) Erfordernisse des EPÜ erfüllt. Dieser Möglichkeit sah sich die Kammer durch die Abwesenheit der Patentinhaberin jedoch beraubt.

Dass die Kammer keine Befugnis hat, die Beschreibung ex officio anzupassen, hätte der Patentinhaberin dabei bekannt gewesen sein müssen (Artikel 113(2) EPÜ 1973). Eine schriftliche Fortsetzung des Verfahrens oder eine Vertagung der mündlichen Verhandlung schieden ebenfalls aus (Artikel 15(3) VOBK).

Da die Beschreibung wegen der Abwesenheit der Patentinhaberin bei der mündlichen Verhandlung vor der Kammer also in keinem Fall hätte angepasst werden können, um den Einwand der mangelnden Stützung durch die Beschreibung auszuräumen, erübrigte sich von vornherein eine Diskussion in Bezug auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit in Bezug auf diese Hilfsanträge.

7. Der Hauptantrag der Patentinhaberin wurde nicht zugelassen. Keiner der Hilfsanträge 1 bis 4 der Patentinhaberin erfüllt die Anforderungen des EPÜ. Daher kann das Streitpatent nicht aufrechterhalten werden (Artikel 101(3)b) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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