European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T086915.20181206 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 Dezember 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0869/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05812469.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | C23C 2/02 C23C 2/06 C23C 2/40 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUM SCHMELZTAUCHBESCHICHTEN EINES BANDES AUS HOEHERFESTEM STAHL | ||||||||
Name des Anmelders: | ThyssenKrupp Steel Europe AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | ArcelorMittal France Research & Development Intellectual Property |
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Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausreichende Offenbarung - (ja) Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Änderung Spät eingereichte Tatsachen - eingereicht mit der Beschwerdebegründung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent EP-B1-1 819 840 betrifft ein Verfahren zum Schmelztauchbeschichten.
Gegen das erteilte Patent wurde Einspruch eingelegt, gestützt auf die Gründe der Artikel 100 a) und b) EPÜ.
II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, den Einspruch zurückzuweisen.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (die Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
IV. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Anspruch 1 des Streitpatents lautet:
"Verfahren zum Schmelztauchbeschichten eines Bandes aus höherfestem Stahl mit verschiedenen Legierungsbestand-teilen, insbesondere Mn, Al, Si und/oder Cr, in einem Schmelzbad aus insgesamt mindestens 85% Zink und/oder Aluminium im Durchlauf mit folgenden Verfahrens-schritten und Bedingungen:
a) Das Band wird innerhalb von max. 250 sec in einer reduzierenden Atmosphäre mit einem H2-Gehalt von mindestens 2% bis 8% auf eine Temperatur von 650°C bis 750°C erwärmt, bei der die Legierungsbestand-teile noch nicht oder nur in geringen Mengen an die Oberfläche diffundieren.
b) Die überwiegend aus Reineisen bestehende Oberfläche wird durch eine 1 bis 10 sec dauernde Wärme-behandlung des Bandes bei einer Temperatur von 650°C bis 750°C in einer im Durchlaufofen integrierten Reaktionskammer mit einer oxidierenden Atmosphäre mit einem O2-Gehalt von 0,01% bis 1% in eine Eisenoxidschicht umgewandelt.
c) Das Band wird anschließend in einer reduzierenden Atmosphäre mit einem H2-Gehalt von 2% bis 8% durch weitere Erwärmung bis auf maximal 900°C geglüht und anschließend bis auf Schmelzbadtemperatur abgekühlt, um die Eisenoxidschicht mindestens an ihrer Oberfläche in Reineisen zu reduzieren, wobei die weitere Erwärmung mit anschließender Abkühlung des Bandes länger als 50 sec dauert.
d) Die Wärmebehandlung des Bandes in der reduzierenden Atmosphäre dauert sowohl beim Aufwärmen (Arbeitsschritt a)) als auch beim späteren Glühen (Arbeitsschritt c)) im Vergleich zur Wärmebehandlung in der oxidierenden Atmosphäre (Arbeitsschritt b)) um ein Vielfaches länger."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 betreffen bevorzugte Ausführungsformen des in Anspruch 1 definierten Verfahrens.
VI. Stand der Technik
Die folgenden, in der angefochtenen Entscheidung zitierten Dokumente wurden im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zitiert:
D6: US 3 925 579 A;
D7: X. Vanden Eynde et al.: "Surface oxide maturation and self-reduction: a new process to ensure TRIP steel hot dip galvanizing",
Proc. Galvatech 2004, 6th Int. Conf. on zinc and zinc alloy coated steel sheets, 4-7. April 2004, Seiten 361 bis 372, Chicago, USA;
D8: "Galvanisation et aluminiage en continu", Techniques de l'ingénieur, M1536, 10. April 1996;
D9: A. Constant et al.: "Principes de base des traitements thermiques, thermomécaniques et thermochimiques des aciers", 1992, PYC Edition;
D10: M. Lamberigts et al.: "Use of XPS to investigate surface problems in ULC deep drawing steels", Applied Surface Science, Bd. 144-145, 1999, Seiten 334 bis 338.
In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin zusätzlich auf
D11: L. Bordignon et al.: "Enhanced hot dip galvanising by controlled oxidation in the annealing furnace", ESC Research 7210-PR/118, EUR 20566EN, 2002, Seiten 1 bis 177.
VII. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrunde liegenden Sachverhalts mit.
VIII. Eine mündliche Verhandlung fand am 6. Dezember 2018 statt. Die vorliegende Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.
IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Fachmann wisse nicht, wie der im Arbeitsschritt a) des Anspruchs 1 angegebene Effekt "bei der die Legierungsbestandteile noch nicht oder nur in geringen Mengen an die Oberfläche diffundieren" erzielbar sei. Der Fachmann sei konfrontiert mit einer Vielzahl möglicher Parameter wie "Erwärmungsdauer", "Zusammensetzung der Atmosphäre" und "Zieltemperatur", die eingestellt werden müssten, um diesen Effekt zu erreichen.
Es sei unklar, was eine "überwiegend aus Reineisen bestehende Oberfläche" gemäß Verfahrensschritt b) des Anspruchs 1 sei und wie diese realisiert werden könne.
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei ausgehend von D7 unter Berücksichtigung der Lehre der Dokumente D8 und D9 naheliegend, da die in Anspruch 1 genannten Verfahrensschritte nur die gängige Praxis des Fachmanns widerspiegelten. Alternativ werde das beanspruchte Verfahren jeweils ausgehend von der Lehre der Dokumente D6 und D11 nahegelegt.
X. Das entsprechende Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der im Arbeitsschritt a) des Anspruchs 1 angegebene Effekt "bei der die Legierungsbestandteile noch nicht oder nur in geringen Mengen an die Oberfläche diffundieren" sei problemlos durch Einhaltung der angegebenen Zieltemperatur zu erreichen.
Es sei für den Fachmann klar, dass eine "überwiegend aus Reineisen bestehende Oberfläche" gemäß Verfahrensschritt b) des Anspruchs 1 mittels Reduktion realisiert werden könne.
Das in D7 beschriebene Verfahren habe zwar die gleiche Zielsetzung wie das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents. Allerdings lehre D7 ein Verfahren, das völlig andere Verfahrensschritte aufweise als das in Anspruch 1 definierte Verfahren.
Die Dokumente D8 und D9 vermittelten keinerlei Anreiz, das in Dokument D7 beschriebene Oxidation/Reduktion-Verfahren derart abzuändern, dass dieses dem in Anspruch 1 des Streitpatents definierten Verfahren entspreche.
D6 und D11 seien für den Gegenstand des Streitpatents noch weniger relevant als D7 und legten daher den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht nahe.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit des Dokuments D11
Die Beschwerdegegnerin hatte keinerlei Einwände gegen die Zulassung des von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung erstmals eingereichten Dokuments D11.
Die Kammer sieht daher keine Veranlassung von ihrem Ermessen nach Artikel 12(4) VOBK zu Ungunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen und schließt daher D11 vom Beschwerdeverfahren nicht aus.
2. Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ)
2.1 In Arbeitsschritt a) des Streitpatents wird definiert, dass das Band "auf eine Temperatur von 650°C bis 750°C erwärmt" wird, "bei der die Legierungsbestandteile noch nicht oder nur in geringen Mengen an die Oberfläche diffundieren". Eine entsprechende Lehre vermittelt auch Absatz [0019] des Streitpatents.
2.2 Das Streitpatent vermittelt dem fachkundigen Leser daher bereits in Anspruch 1 nicht nur, welcher Effekt mit diesem Schritt erzielt werden soll (Legierungsbestandteile sollen nicht oder nur in geringen Mengen an die Oberfläche diffundieren), sondern auch, dass zu dessen Erzielung die Temperatur maßgeblich ist, auf die das Band erwärmt wird.
Ferner werden in Schritt a) zudem die Erwärmungsdauer ("innerhalb von 250 sec") und die Zusammensetzung der Atmosphäre ("reduzierenden Atmosphäre mit einem H2-Gehalt von mindestens 2% bis 8%") angegeben, also die Parameter, die gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin ebenfalls wesentlich sind, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Es ist daher nicht erkennbar, in wie weit der Fachmann Probleme bei der Erzielung des in Verfahrensschritt a) angegebenen Effekts haben könnte, da alle dafür nötigen Informationen bereits in Anspruch 1 angegeben werden.
2.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert zudem, dass der Ausdruck "überwiegend aus Reineisen bestehende Oberfläche" in Verfahrensschritt b) des Anspruchs 1 nicht klar verdeutliche, was der Fachmann zu tun habe.
Dieses Argument ist auf die Klarheit des Begriffs "überwiegend" gerichtet und hat daher nichts mit der Ausführbarkeit des in Anspruch 1 definierten Verfahrens zu tun.
Zudem ist das Vorliegen von überwiegend Reineisen ein direktes Resultat des reduzierenden Erwärmungsschrittes, der Eisenoxide an der Oberfläche zu Reineisen reduziert. Damit stellt die Durchführung dieses Verfahrensschrittes ebenfalls kein Problem für den Fachmann dar.
2.4 Die Beschwerdeführerin hat daher nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents entgegensteht.
3. Artikel 100 a) EPÜ
3.1 D7 offenbart ein Verfahren zum Schmelztauchbeschichten eines Bandes aus einem TRIP-Si Stahl (Zusammenfassung), der dem höherfesten Stahl gemäß den Patentansprüchen entspricht, in einem Schmelzbad aus Zn-0.23 Gewichts% Al-Fe (Seite 363, letzter Absatz). Es betrifft daher dieselbe Aufgabe wie das Streitpatent. Die Kammer sieht folglich keinen Grund von der Ansicht der Beteiligten abzuweichen, dass D7 einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstellt.
3.2 Bei dem in D7 beschrieben Verfahren findet das Aufheizen auf 650°C in N2-1% Luft statt, gefolgt von einer Voroxidation für 1 Sekunde bei 650°C (Figur 2; Seite 364, erster Absatz).
Gemäß der Lehre der D7 (Seite 364, 4. Absatz; Figur 3 und Diskussion auf Seite 371) wird im Anschluss dazu eine oxidative Nachbehandlung ("maturation") durchgeführt. Dieses gemäß D7 neue, verbesserte Verfahren (pre-oxidation/maturation) wird einem gemäß D7 klassischen Oxidation/Reduktion-Verfahren gegenübergestellt (Seite 364, letzter Absatz), bei dem das Stahlband nach der Voroxidation in N2-5%H2 geglüht wird.
Dieses als Vergleich beschriebene klassische Oxidation/Reduktion-Verfahren wird von der Beschwerdeführerin als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen.
3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheidet sich von der in D7 als klassisches Oxidation/Reduktion-Verfahren beschriebenen Vorgehensweise maßgeblich dadurch, dass vor der Oxidation eine reduzierende Erwärmung gemäß Verfahrensschritt (a) stattfindet.
3.4 Die objektive, technische Aufgabe kann in Überein-stimmung mit dem Vorbringen der Beteiligten darin gesehen werden, ein Verfahren zum Schmelzbadtauch-beschichten eines Bandes aus höherfestem Stahl zu entwickeln, mit dem ein Stahlband mit einer optimal veredelten Oberfläche erzeugt wird (Absatz [0007] der Patentschrift).
3.5 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Fachmann mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelangen würde, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Zur Illustration des allgemeinen Fachwissens verweist sie auf die Dokumente D8 und D9.
3.6 Die Kammer kann sich dieser Ansicht nicht anschließen.
3.6.1 Ausgehend von D7 hat der Fachmann keinerlei Veranlassung, das in D7 als klassisches Oxidation/Reduktion-Verfahren beschriebene Verfahren umzugestalten.
D7 lehrt, dass die besten Schmelztauchergebnisse dann erzielt werden, wenn nach einer Voroxidation in N2-1% Luft bei 650°C für 1 Sekunde eine erheblich längere Nachbehandlung in einer leicht oxidierenden Atmosphäre ("maturation") durchgeführt wird (siehe die Ausführungen auf Seite 364 und die Diskussion auf Seite 371).
Sollte der Fachmann ausgehend von D7 die Schmelztauchergebnisse weiter optimieren wollen, würde er von dem gemäß der Lehre der D7 verbesserten Verfahren starten. Ein derartiges Vorgehen weist den Fachmann aber nicht den Weg zum Gegenstand des Streitpatents. Die Nachbehandlung in einer leicht oxidierenden Atmosphäre ("maturation") dauert gemäß D7 60 s (siehe Seite 364, 4. Absatz). Das gemäß D7 verbesserte Verfahren erfüllt daher zusätzlich nicht den Verfahrensschritt d) gemäß Anspruch 1, wonach die Verweildauer in oxidativer Atmosphäre um ein Vielfaches kürzer ist als in reduktiver Atmosphäre.
Nur bei Kenntnis des Streitpatents würde der Fachmann das in D7 als Referenz beschriebene klassische Oxidation/Reduktion-Verfahren selbst für eine Weiterentwicklung in Betracht ziehen. Dies stellt eine ex-post facto Betrachtung dar, die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zulässig ist.
3.6.2 Selbst wenn man das in D7 beschriebene klassische Oxidation/Reduktion-Verfahren als Ausgangspunkt in Betracht zieht, enthält D7 keinen Anreiz dafür, die Lehre der D7 hinsichtlich der oxidativen Nachbehandlung komplett zu ignorieren und zudem das Aufheizen entgegen der konkreten Anweisung im ersten Absatz auf Seite 364 der D7 nicht in oxidierender sondern in reduzierender Atmosphäre durchzuführen (Verfahrenschritt a) gemäß Anspruch des Streitpatents).
3.6.3 Auch die beiden Dokumente D8 und D9 liefern dazu keinen Anreiz.
D8 beschreibt die Möglichkeit, das Aufheizen in einer Produktionslinie in einer reduzierenden Atmosphäre bei einem H2-Gehalt von 5 % durchzuführen (D8, Seite 7, Abschnitt 1.2.2.2).
Ferner bestätigt D9, dass eine Aufheizrate von beispielsweise 30°C/s oder 10 °C/s zur Erwärmung eines Stahlbandes verwendet werden kann (D9, Seite 303, dritter und vierter Absatz; Figur 11).
Der Fachmann mag aus diesen Dokumenten daher ableiten, dass das Aufheizen eines Bandes innerhalb von 250 Sekunden stattfinden kann und dass dies auch in einer reduzierenden Atmosphäre mit 2% bis 8% H2 stattfinden kann. Allerdings liefert weder D8 noch D9 dem Fachmann eine Anreiz dafür, ein in D7 beschriebenes Verfahren entgegen seiner technischen Lehre derart umzugestalten, dass die Kombination der drei Verfahrensschritte (a), (b) und (c) mit den Bedingungen (d) gemäß Patentanspruch 1 erfüllt werden.
3.7 Die Beschwerdeführerin argumentiert weiterhin, dass der Gegenstand gemäß Anspruch 1 ausgehend von D11 und D6 naheliegend sei.
3.7.1 D11 stellt einen Forschungsbericht dar, der den Einfluss verschiedener oxidativer Wärmebehandlungen auf die Eigenschaften von Schmelztauchbeschichtungen beschreibt.
Als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dient der Beschwerdeführerin innerhalb des sehr umfangreichen Dokuments (179 Seiten) ein Ausführungsbeispiel in Abschnitt 1.3.1 auf den Seiten 49 bis 50 in Kombination mit dem in Figur 1.3.1 auf Seite 151 dargestellten Temperaturverlauf des Prozesses.
Gemäß diesem in D11 beschriebenen Verfahren erfolgt zunächst eine Oxidation und dann eine Reduktion in einer Atmosphäre mit einem H2-Gehalt von 20 %. Bei einigen Proben wird die Oxidation bei 750°C in einer Atmosphäre mit einem O2-Gehalt von 0.05 bis 1 % durchgeführt (3. Absatz auf Seite 49). Der Oxidationszyklus dauert gemäß Figur 1.3.1 mehr als 60 Sekunden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheidet sich von der Offenbarung der D11 daher ebenfalls mindestens dadurch, dass
das Band innerhalb von max. 250 Sekunden in einer reduzierenden Atmosphäre mit einem H2-Gehalt von mindestens 2% bis 8% auf eine Temperatur von 650°C bis 750°C erwärmt wird, bei der die Legierungsbestandteile noch nicht oder nur in geringen Mengen an die Oberfläche diffundieren (Verfahrensschritt (a)).
D11 kommt dem beanspruchten Gegenstand des Streitpatents folglich nicht näher als D7 und ist folglich auch bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht von größerer Relevanz.
Insbesondere erhält ein von D11 ausgehender Fachmann darin ebenfalls keinerlei Anreiz, zur Verbesserung des Ergebnisses beim Schmelztauchbeschichten von hochfesten Stahlbändern, den in D11 beschrieben Batchbetrieb mit den Schritten Oxidation und reduzierende Glühung durch einen kontinuierlichen Prozess zu ersetzen, bei dem nicht nur die Schrittfolge reduzierende Erwärmung, Oxidation und reduzierende Glühung durchgeführt wird, sondern der zudem mit der Maßgabe befolgt wird, dass der Oxidationsschritt um ein Vielfaches kürzer ist als die beiden Reduktionsschritte.
3.7.2 D6 (Anspruch 1) offenbart ein Verfahren zur Erhöhung der Benetzbarkeit von Stahl mit geschmolzenem Metall. Gemäß diesem Verfahren sollen in einem ersten Oxidationsschritt die im Eisen vorhandenen weiteren Legierungsbestandteile als Metalloxide in der oberflächlichen Eisenoxidschicht dispergiert oder gelöst werden (siehe Spalte 5, Zeilen 24 bis 37 und Figuren 1 bis 3).
Daher unterscheidet sich das in D6 beschriebene Verfahren schon hinsichtlich der Zielsetzung der einzelnen Verfahrensschritte maßgeblich von dem in Anspruch 1 des Streitpatents beschriebenen Verfahren, gemäß dem eine Reineisenoberfläche erzielt werden soll und gemäß dem weitere Legierungsbestandteile in Form ihrer Oxide an der Oberfläche gerade nicht erwünscht sind (siehe auch Absatz [0004] des Streitpatents).
D6 offenbart zudem kein Verfahren zum Schmelztauchbeschichten, das dem beanspruchten Gegenstand näher kommt als D7. Bei dem in D6 beschriebenen Verfahren erfolgt eine nicht näher spezifizierte Erwärmung in oxidierender Atmosphäre auf 593 - 913 °C (1100 bis 1675 F). Vor dem Schritt der Schmelztauchbeschichtung wird die Eisenoxidschicht in einer reduzierenden Atmosphäre bei 427 bis 927 °C (800 bis 1700 F) entfernt. Das in D6 beschriebene Verfahren weist daher ebenfalls keinen Verfahrensschritt a) gemäß Anspruch 1 des Streitpatents auf. Ebenso wenig geht aus D6 die für die Erfindung ebenfalls wesentliche Maßgabe hervor, dass die Arbeitsschritte a) und c) (reduzierende Erwärmung/Glühung) deutlich länger dauern sollen als Arbeitsschritt b).
D6 ist folglich bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht von größerer Relevanz als D7.
3.8 Zusammenfassend kann die Kammer daher nicht erkennen, dass sich der Gegenstand des Streitpatents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ableiten lässt. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ steht folglich einer Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang nicht entgegen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.