European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T083015.20180417 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 April 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0830/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10003394.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04L 12/24 H04L 12/40 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung und Verfahren zum Konfigurieren eines Bussystems | ||||||||
Name des Anmelders: | SICK AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Rechtliches Gehör - Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung Erfinderische Tätigkeit - (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung auf Zurückweisung der vorliegenden europäischen Patentanmeldung aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) eines einzigen, geltenden Anspruchssatzes gegenüber dem folgenden Stand der Technik:
D2: "AS-Interface - ASIsafe DP/AS-i F-Link V1.0", Handbuch, Siemens, Seiten 1-254, Oktober 2006.
II. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des der Zurückweisungsentscheidung zugrunde liegenden Anspruchssatzes zu erteilen. Zusätzlich wurde hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.
III. Mit der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei gab sie insbesondere an, dass der Gegenstand der vorliegenden unabhängigen Ansprüche gegenüber D2 nicht neu, zumindest nicht erfinderisch zu sein scheine.
IV. Mit einem Antwortschreiben vom 28. März 2018 brachte die Beschwerdeführerin Gegenargumente zu den Einwänden der Kammer vor. Darüber hinaus nahm sie den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und teilte mit, dass sie an einer gegebenenfalls stattfindenden mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würde.
V. Daraufhin wurde mit Schreiben der Geschäftsstelle der Kammer vom 17. April 2018 der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass der anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben wurde.
VI. Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung hat folgenden Wortlaut:
"Vorrichtung (26) zum Konfigurieren eines Bussystems (10), das eine Busleitung (14), mehrere Teilnehmer (12), einen Bus-Master (16), der mit der Busleitung (14) verbunden ist und dazu ausgebildet ist, im Betrieb des Bussystems (10) über den Teilnehmern (12) zugeordnete Bus-Adressen zyklische Anfragen an die Teilnehmer zu richten, und einen Sicherheitsmonitor (18), der unabhängig von dem
Bus-Master (16) mit der Busleitung (14) verbunden ist und dazu ausgebildet ist, über die Busleitung (14) zwischen dem Bus-Master (16) und den Teilnehmern (12) gesendete Nachrichten mitzuhören und sicher auszuwerten, umfasst, mit einer Eingabeeinheit (28), über die zum Konfigurieren des Bussystems (10) geeignete Konfigurations-Informationen eingebbar
und/oder auswählbar sind, und einer Konfigurationseinheit (26), die ausgebildet ist, um vor der Inbetriebnahme des Bussystems (10) mittels zumindest einer identischen, über die Eingabeeinheit (28) einmal eingegebenen oder über die Eingabeeinheit (28) einmal ausgewählten
Gemeinschafts-Konfigurations-Information sowohl den Bus-Master (16) als auch den Sicherheitsmonitor (18) zu konfigurieren, wobei die zumindest eine
Gemeinschafts-Konfigurations-Information eine
Adress-Information umfasst, die aussagt, zur Kommunikation mit welchem Teilnehmer (12) des Bussystems (10) eine bestimmte Bus-Adresse zu konfigurieren ist."
Entscheidungsgründe
1. Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Die Kammer befindet, dass der vorliegende Anspruch 1 zwar neu ist, aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Gründe hierfür sind wie folgt:
1.1 Anspruch 1 enthält folgende einschränkenden Merkmale (gemäß der Merkmalsgliederung der Kammer):
Vorrichtung zum Konfigurieren eines Bussystems, das Folgendes umfasst:
A) eine Busleitung, mehrere Teilnehmer und einen
Bus-Master, der mit der Busleitung verbunden ist und dazu ausgebildet ist, im Betrieb des Bussystems über den Teilnehmern zugeordnete
Bus-Adressen zyklische Anfragen an die Teilnehmer zu richten;
B) einen Sicherheitsmonitor, der unabhängig von dem Bus-Master mit der Busleitung verbunden ist und dazu ausgebildet ist, über die Busleitung zwischen dem Bus-Master und den Teilnehmern gesendete Nachrichten mitzuhören und sicher auszuwerten;
C) eine Eingabeeinheit, über die zum Konfigurieren des Bussystems geeignete Konfigurations-informationen eingebbar und/oder auswählbar sind;
D) eine Konfigurationseinheit, die ausgebildet ist, um vor der Inbetriebnahme des Bussystems mittels zumindest einer identischen, über die Eingabeeinheit einmal eingegebenen/ausgewählten Gemeinschafts-Konfigurations-Information sowohl den Bus-Master als auch den Sicherheitsmonitor zu konfigurieren, wobei die zumindest eine Gemeinschafts-Konfigurations-Information eine Adress-Information umfasst, die aussagt, zur Kommunikation mit welchem Teilnehmer des Bussystems eine bestimmte Bus-Adresse zu konfigurieren ist.
1.2 Die Kammer stellt fest, dass es zunächst einer Begriffsklärung zum in Merkmal D) verwendeten Ausdruck "Gemeinschafts-Konfigurations-Information" bedarf. Gestützt auf die vorliegende Beschreibung versteht die Kammer hierunter Informationen über die Teilnehmer des Bussystems, die sowohl für die Konfiguration des
Bus-Masters als auch für die Konfiguration des Sicherheitsmonitors notwendig ist, d.h. eine doppelt zu verwendende Konfigurationsinformation (vgl. Seite 5, Zeilen 9-13 der ursprünglich eingereichten Beschreibung).
1.3 Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, dass das Dokument D2 die Merkmale A) und C) von Anspruch 1 offenbart (siehe z.B. Seite 24, Abschnitt 2.1, erster Absatz in Verbindung mit Bild 2-1 bzw. Seite 56, Tabelle 5-1).
1.4 Im Hinblick auf Merkmal B) ist die Kammer der Ansicht, dass D2 - auch wenn nur optional - sehr wohl einen separaten Sicherheitsmonitor ("AS-Interface Sicherheitsmonitor") offenbart, der unabhängig vom
Bus-Master ("AS-i Master"; "DP/AS-i F-Link") mit der Busleitung verbunden ist (siehe z.B. Seite 24, Bild 2-1 bzw. Seite 25, fünfter Aufzählungspunkt: "Als AS-i Master kann der DP/AS-i F-Link mit einem AS-Interface Sicherheitsmonitor unabhängig von der
PROFIBUS-Konfiguration zusammenarbeiten"). Dieser Sicherheitsmonitor ist auch - wie der Name schon suggeriert - inhärenterweise in der Lage, im Bussystem ausgetauschte Nachrichten mitzuhören und auszuwerten.
1.5 Hinsichtlich Merkmal D) entnimmt die Kammer zunächst der D2, dass gemäß dem Projektierungssystem von D2 ("Object Manager" bzw. "HW Konfig"; siehe z.B. Seite 57, Abschnitt 5.2.2 und Seite 58, Bild 5-1) zumindest die Information der "F-Adressen" nur einmal, nämlich über ein Register ("Register F-Adressen") eines Dialogfensters ("Dialog Eigenschaften - DP Slave"), einzugeben ist und diese Information für die Konfiguration sowohl vom Bus-Master ("AS-i Master") als auch von den an das Bussystem angeschlossenen Komponenten ("ASIsafe-Slaves") verwendet wird (siehe z.B. Seite 64, Abschnitt 5.2.4.4 und Bild 5-6 in Verbindung mit Seite 84, Abschnitt 5.2.7.5, dritter Absatz: "F-Adressen/Sicherer Eingang In dieser Zeile erscheint die Bit-Position des ASIsafe-Slave ..., die im Register 'F-Adressen' (Dialog 'Eigenschaften - DP Slave') eingestellt ist" in Verbindung mit Bild 5-19).
In diesem Zusammenhang bestreitet jedoch die Beschwerdeführerin, dass der optionale Sicherheitsmonitor des Systems von D2 auch durch dieselbe Konfigurationsinformation konfiguriert werden soll, die auch für den Bus-Master verwendet wird. Insbesondere argumentiert sie, dass durch den Umstand, dass dieselben F-Adressen auch zur Konfiguration des "ASIsafe-Slave" verwendet werden, noch keinesfalls dargelegt sei, dass durch dieses "ASIsafe-Slave" auch die Funktion eines Sicherheitsmonitors mit den Merkmalen B) und D) dargestellt werden würde.
Obwohl man ausgehend z.B. von Bild 2-1 von D2 die Auffassung vertreten könnte, dass ein an das zugrunde liegende Bussystem angeschlossener "AS-Interface Sicherheitsmonitor" auch als eines der vom Bus-Master ("DP/AS-i F-Link") zu überwachenden und zu steuernden "ASIsafe-Slaves" kategorisierbar wäre, räumt die Kammer ein, dass dies nicht eindeutig und unmittelbar aus dem Kontext und dem gesamten Inhalt des Handbuchs D2 hervorgeht.
Somit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beschwerdeführerin dadurch von der Offenbarung von D2, dass sowohl der Bus-Master als auch der Sicherheitsmonitor mit denselben Daten konfiguriert werden. Demzufolge erfüllt Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ.
1.6 Das vorstehende Unterscheidungsmerkmal kann nach Ansicht der Kammer jedoch nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Nach Einschätzung der Kammer ist nämlich die Verwendung derselben, von einem Benutzer eingegebenen Daten in mehreren Software-Modulen eines softwarebasierten Projektierungstools gemäß D2 (z.B. mittels gängiger Verfahren zur modularen Weitergabe von Eingabedaten wie das sog. "input data propagation") zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe der "Implementierung einer konsistenten und weniger fehleranfälligen Konfiguration von zwei verschiedenen Busteilnehmern" eine für den Fachmann auf dem Gebiet der Software-Ergonomie naheliegende Maßnahme.
Der obigen Formulierung der objektiven Aufgabe wurde im Schreiben vom 28. März 2018 nicht widersprochen. Die Beschwerdeführerin brachte hierzu lediglich vor, dass die Lehre von D2 basierend auf der von ihr wiederholt zitierten Passage auf Seite 25, erstes Aufzählungszeichen ("... Kein Bedarf zusätzlicher sicherheitsgerichteter Komponenten für das AS-Interface (z.B. Zusatzverkabelung, Sicherheitsmonitor)") von einer separaten, unabhängigen Verwendung eines Sicherheitsmonitors und somit von der anspruchsgemäßen Lösung wegführe, so dass nur mit einer rückschauenden Betrachtungsweise Merkmal D) nahegelegt sei. Auch dieses Argument kann die Kammer nicht überzeugen, da in D2 auch eindeutig gelehrt wird, dass der Bus-Master mit einem von ihm unabhängigen "AS-Interface Sicherheitsmonitor" sehr wohl zusammenarbeiten kann (siehe Seite 25, fünftes Aufzählungszeichen in Verbindung mit Bild 2-1; vgl. Punkt 1.4 oben) und daher der fachkundige Leser hieraus entnehmen würde, dass der Bus-Master und der Sicherheitsmonitor voneinander getrennt sein können und nicht integriert sein müssen.
2. Aus den obigen Gründen ist Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung nach Artikel 56 EPÜ nicht gewährbar. Somit ist die Beschwerde nicht begründet.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.