T 0816/15 (SNMP-basiertes Druckernetzwerk/DOCUFORM) of 6.4.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T081615.20180406
Datum der Entscheidung: 06 April 2018
Aktenzeichen: T 0816/15
Anmeldenummer: 11170093.6
IPC-Klasse: G06F 3/12
H04N 1/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Drucksystem für Computernetzwerke; Verfahren zum Drucken von Dokumenten in einem Computernetzwerk
Name des Anmelders: Docuform GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsantrag 2 (nein)
Zulassung ins Verfahren - Hilfsantrag 1 (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung auf Zurückweisung der vorliegenden europäischen Patentanmeldung aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) bezüglich der Ansprüche eines Hauptantrags und eines Hilfsantrags gegenüber

D1: EP-A-1 229 724,

in Kombination mit

D2: US-B-6 757 070 oder

D3: US-A-2007/008567 oder

D4: US-A-2005/0162688.

II. In der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags zu erteilen, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen. Hilfsweise beantragte sie zudem die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung. Als Anlagen reichte sie zusätzlich einen "Wikipedia-Auszug zum SNMP-Protokoll" und einen "Wikipedia-Auszug zum SNTP-Protokoll" ein.

III. In der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei führte die Kammer in Reaktion auf die in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Argumente den folgenden Stand der Technik in das Verfahren ein:

D5: US-A-2003/0117638.

Insbesondere wurden im Ladungsbescheid die Gründe dafür dargelegt, warum der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags zwar als neu, aber nicht als erfinderisch - hauptsächlich gegenüber D2 und D5 - angesehen werden konnte. Darüber hinaus teilte die Kammer in Bezug auf den Antrag auf Zurückverweisung mit, dass es nicht ersichtlich sei, welche Umstände im gegenwärtigen Stand des Verfahrens den Anlass zu einer weiteren Prüfung und zu einer Zurückverweisung bilden könnten.

IV. Mit Schreiben vom 26. März 2018 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche gemäß einem neuen Hauptantrag und einem Hilfsantrag ein.

V. Am 6. April 2018 fand die anberaumte mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin einen neuen Hilfsantrag als "Hilfsantrag 1" einreichte.

Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des Hauptantrags, eingereicht mit Schreiben vom 26. März 2018, hilfsweise auf der Grundlage des Hilfsantrags 1, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, oder auf der Grundlage des Hilfsantrags 2, eingereicht als "Hilfsantrag" mit Schreiben vom 26. März 2018.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.

VI. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Drucksystem für Computernetzwerke mit einer Anzahl von Arbeitsplatzrechnern, verschiedenen Druckern, die an Druckerports angeschlossen sind und über gerätespezifische Druckertreiber angesteuert werden, einem Druckserver, der Druckaufträge von den Arbeitsplatzrechnern empfängt und ausführbare Druckdaten an einen Druckerport schickt, wobei der Druckserver einen Druckertreiber-Manager (8) umfasst, der nach Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den Druckauftrag ausführt, wobei, die gerätespezifischen Druckertreiber (6) auf dem Druckserver (2) installiert sind und auf den Arbeitsplatzrechnern ein einheitlicher virtueller Druckertreiber (1) installiert ist, dadurch gekennzeichnet, dass der einheitliche virtuelle Druckertreiber (1) Druckaufträge für einen ausgewählten Druckerport (5) derart initialisiert, dass der Druckertreiber-Manager (8) im Ansprechen auf die Initialisierung eines Druckauftrags durch den virtuellen Druckertreiber (1) die Eigenschaften und Optionen des Druckers (4), der an dem ausgewählten Druckerport (5) tatsächlich zur Verfügung steht, abruft und an den virtuellen Druckertreiber (1) übermittelt, und erst nach Auswahl der angebotenen tatsächlichen Eigenschaften und Optionen und der Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den zu diesem Drucker (4) gehörenden Druckertreiber (6) zuordnet und erst dann den Druckauftrag in ausführbare Druckdaten umsetzt, wobei der Druckserver (2) hierzu eine Datenbank (9) umfasst, in welcher die Eigenschaften und Optionen der an den Druckerports (5) angeschlossenen Drucker (4) gespeichert sind und hierzu der Druckserver (2) mit allen angeschlossenen Druckern (4) über SNMP kommuniziert, um diese zu erkennen und deren Eigenschaften und Optionen abzufragen und die Datenbank (9) entsprechend aktualisiert, und der Druckserver (2) einen Druckdatenemulator (7) umfasst, der die von dem virtuellen Druckertreiber (1) empfangenen Druckaufträge mittels des zugeordneten gerätespezifischen Druckertreibers (6) in ausführbare Druckdaten konvertiert, wobei der virtuelle Druckertreiber (1) von den Druckern (4) und den zugehörigen Druckertreibern (6) entkoppelt ist."

Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 enthält alle Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und umfasst zusätzlich den folgenden Wortlaut am Ende:

", wobei die Zuordnung des gerätespezifischen Druckertreibers unmittelbar vor Auslösung des Ausdrucks erfolgt."

Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 hat folgenden Wortlaut gemäß Reinschrift:

"Drucksystem für Computernetzwerke mit einer Anzahl von Arbeitsplatzrechnern, verschiedenen Druckern, die an Druckerports angeschlossen sind und über gerätespezifische Druckertreiber angesteuert werden, einem Druckserver, der Druckaufträge von den Arbeitsplatzrechnern empfängt und ausführbare Druckdaten an einen Druckerport schickt, wobei der Druckserver einen Druckertreiber-Manager (8) umfasst, der nach Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den Druckauftrag ausführt,

dadurch gekennzeichnet, dass auf den Arbeitsplatzrechnern ein einheitlicher virtueller Druckertreiber (1) installiert ist, welcher Druckaufträge für einen ausgewählten Druckerport (5) derart initialisiert, dass der Druckertreiber-Manager (8) im Ansprechen auf die Initialisierung eines Druckauftrags durch den virtuellen Druckertreiber (1) die Eigenschaften und Optionen des Druckers (4), der an dem ausgewählten Druckerport (5) zur Verfügung steht, abruft und an den virtuellen Druckertreiber (1) übermittelt, und der nach Auswahl der angebotenen Eigenschaften und Optionen sowie Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den zu diesem Drucker (4) gehörenden Druckertreiber (6) zuordnet, um den Druckauftrag in ausführbare Druckdaten umzusetzen, wobei der Druckserver (2) hierzu eine Datenbank (9) umfasst, in welcher die Eigenschaften und Optionen der an den Druckerports (5) angeschlossenen Drucker (4) gespeichert sind und hierzu der Druckserver (2) mit allen angeschlossenen Druckern (4) über SNMP kommuniziert, wobei die Eigenschaften und Optionen des an dem ausgewählten Druckerport (5) zur Verfügung stehenden Druckers (4) in einem Fenster des virtuellen Druckertreibers (1) zur Anzeige gebracht werden, damit sie der Benutzer vor Freigabe des Drucks zur Kenntnis nehmen und auswählen kann, um diese zu erkennen und deren Eigenschaften und Optionen abzufragen, und der Druckserver (2) einen Druckdatenemulator (7) umfasst, der die von dem virtuellen Druckertreiber (1) empfangenen Druckaufträge mittels des zugeordneten gerätespezifischen Druckertreibers (6) in ausführbare Druckdaten konvertiert und der Druckauftrag von dem virtuellen Druckertreiber (1) an den Druckserver (2) in einem vom Drucker (4) unabhängigen Metaformat übermittelt wird."

Entscheidungsgründe

1. HAUPTANTRAG

Anspruch 1 des Hauptantrags ist bis auf die Abgrenzung zwischen Oberbegriff und kennzeichnendem Teil identisch mit Anspruch 1 des von der Prüfungsabteilung zurückgewiesenen Hauptantrags.

1.1 Neuheit und erfinderische Tätigkeit

1.1.1 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin darin zu, dass die in der angefochtenen Entscheidung (vgl. Gründe 1.1) als nächstliegender Stand der Technik betrachtete Druckschrift D1 zu viele strukturelle sowie funktionelle Unterschiede zum Gegenstand der vorliegenden Erfindung aufweist, als dass es gerechtfertigterweise als erfolgversprechender Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden könnte.

1.1.2 Die Kammer ist vielmehr der Auffassung, dass das Dokument D2 einen geeigneteren Ausgangspunkt darstellt. Es offenbart nämlich folgende einschränkende Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags:

Drucksystem für Computernetzwerke (siehe z.B. Fig. 1) mit

A) einer Anzahl von Arbeitsplatzrechnern ("client computers 20"; siehe Fig. 1 und 2);

B) verschiedenen Druckern ("output devices 15"), die an Druckerports angeschlossen sind und über gerätespezifische Druckertreiber ("normal print drivers") angesteuert werden (siehe z.B. Spalte 4, Zeilen 3-6; Fig. 1 und 2);

C) einem Druckserver ("print server 12"), der Druckaufträge ("print data") von den Arbeitsplatzrechnern empfängt und ausführbare Druckdaten ("image data") an einen Druckerport schickt (siehe z.B. Spalte 4, Zeilen 6-14: "... the print data are sent to server 12, which converts application file to image data (ripping) ... and ... redirects the image data to any of output devices ..." in Verbindung mit Fig. 2),

wobei

D) der Druckserver einen Druckertreiber-Manager ("server software process 13") umfasst, der nach Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den Druckauftrag ausführt (siehe z.B. Spalte 3, Zeilen 35-38: "... server software process 13 runs on the server to provide coordination between print jobs submitted by the client computers 20 and the output devices 15 ...");

E) die gerätespezifischen Druckertreiber auf dem Druckserver installiert sind (siehe z.B. Spalte 4, Zeilen 5-6: "... the 'normal' print drivers installed on the server 12 ...");

F) auf den Arbeitsplatzrechnern ein einheitlicher virtueller Druckertreiber ("Universal Print Driver 105") installiert ist (siehe z.B. Fig. 2 in Verbindung mit Spalte 4, Zeilen 54-63);

G) der einheitliche virtuelle Druckertreiber Druckaufträge für einen ausgewählten Druckerport derart initialisiert, dass der Druckertreiber-Manager im Ansprechen auf die Initialisierung eines Druckauftrags durch den virtuellen Druckertreiber die Eigenschaften und Optionen ("printing parameters") des Druckers, der an dem ausgewählten Druckerport tatsächlich zur Verfügung steht, abruft und an den virtuellen Druckertreiber übermittelt, und der erst nach Auswahl der angebotenen tatsächlichen Eigenschaften und Optionen und der Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den zu diesem Drucker gehörenden Druckertreiber zuordnet und erst dann den Druckauftrag in ausführbare Druckdaten umsetzt (siehe z.B. Spalte 3, Zeile 57 bis Spalte 4, Zeile 6: "When the Universal Print Driver is installed in a client computer 20 ... The browser window 18 first displays a list of printers installed on the system ... html data are sent by the server to display the list ... When the user selects printing parameters, the selection is sent to the server for configuration of the 'normal' print drivers installed on the server 12 ..." in Verbindung mit Fig. 6);

H) wobei der Druckserver hierzu eine Datenbank ("list of printers") umfasst, in welcher die Eigenschaften und Optionen der an den Druckerports angeschlossenen Drucker gespeichert sind (inhärent in D2 aufgrund z.B. Spalte 3, Zeilen 62-64: "... displays a list of printers installed on the system ..." und Spalte 4, Zeilen 22-23: "... printer specific information provided by the server process 13 ..." in Verbindung mit Fig. 6);

I) wobei der Druckserver hierzu mit allen angeschlossenen Druckern ("output devices") kommuniziert, um diese zu erkennen und deren Eigenschaften und Optionen abzufragen (inhärent in D2 aufgrund z.B. Spalte 6, Zeilen 40-41: "output devices attached to and in electronic communication with the server computer ..." und Spalte 7, Zeilen 39-41: "transmitting to the client computer data representative of output devices, including their output parameters, installed on the computer network" in Verbindung mit Fig. 1 und 2);

J) wobei der Druckserver einen Druckdatenemulator ("RIP module 14") umfasst, der die von dem virtuellen Druckertreiber empfangenen Druckaufträge mittels des zugeordneten gerätespezifischen Druckertreibers in ausführbare Druckdaten ("image data") konvertiert (siehe z.B. Spalte 5, Zeilen 10-11: "The server process 13 sends the application file to server RIP module 14 to convert it to a print ready image file ...");

K) wobei der virtuelle Druckertreiber von den Druckern und den zugehörigen Druckertreibern entkoppelt ist (siehe z.B. Fig. 2, worin "Universal Print Driver 105" räumlich von "output devices 15" und dem auf "server 12" installierten "normal print driver" getrennt ist).

1.1.3 In Bezug auf Merkmal G) von Anspruch 1 argumentierte die Beschwerdeführerin, dass in D2 nicht die Eigenschaften und Optionen des am ausgewählten Druckerport "tatsächlich" zur Verfügung stehenden Druckers abgerufen und somit keine zum Zeitpunkt des Druckauftrags aktuell zutreffenden Informationen übermittelt werden, da dort keinerlei direkte Datenverbindung zwischen den Arbeitsplatzrechnern und den Druckern bestehe und somit von den Herstellern der jeweiligen Drucker bzw. vom Netzwerkadministrator bereitgestellte statische Informationen vom Druckserver abgerufen werden.

Dieses Argument kann die Kammer nicht überzeugen. Anspruch 1 sagt nach Ansicht der Kammer nur aus, dass der Druckserver die Eigenschaften und Optionen der am ausgewählten Druckerport tatsächlich, also nicht nur virtuell oder gedanklich, zur Verfügung stehenden Drucker abruft. Dem Wortlaut von Anspruch 1 ist hingegen nicht zu entnehmen, wie und woher die druckerspezifischen Daten abgerufen werden, z.B. ob eine direkte Datenverbindung zwischen den Arbeitsplatzrechnern und den Druckern besteht oder ob nicht in der Tat "statische" Informationen vom Druckserver abgerufen werden. Vielmehr gibt sogar die vorliegende Anmeldung selbst an, dass bei Initialisierung eines Druckauftrags durch die Arbeitsplatzrechner nicht in Echtzeit mit den Druckern kommuniziert werden muss und somit die Datenbank unabhängig hiervon aktuell zu halten ist - ohne jedoch konkrete Maßnahmen, die über das bloße, nicht weiter spezifizierte Erkennen einer Druckerabschaltung oder

-veränderung hinausgehen, aufzuzeigen (vgl. Seite 5, Zeilen 10-21; Seite 7, Zeilen 11-15 und Seite 9, Zeilen 23-28 der ursprünglich eingereichten Beschreibung).

Nichtsdestotrotz offenbart D2 eindeutig, dass die vom Nutzer auszuwählenden "printing parameters" eines - tatsächlich (also nicht nur virtuell) vorhandenen - Druckers ("printers installed on the system"; siehe Spalte 3, Zeile 63 oder z.B. Drucker "iR600-199" in Fig. 6) vom Druckserver abgerufen und übermittelt werden (siehe z.B. Spalte 4, Zeilen 1-3 oder Spalte 7, Zeilen 39-41). Als Reaktion auf die Initialisierung eines entsprechenden Druckauftrags ("data item 114") durch "Universal Print Driver 105" (siehe z.B. Spalte 5, Zeilen 2-4) wird hier nämlich eine Liste mit Eigenschaften und Optionen ("job submission parameters"; "printing parameters") von möglichen Druckern durch den Druckserver ("print server 12") verschickt (siehe z.B. Spalte 4, Zeilen 63-66: "... At print time, the user invokes print driver 105, which brings up a web browser window 18 showing printer selections/configurations and job submission parameters for selection by the user ..." in Verbindung mit Fig. 6 bis 8).

1.1.4 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin zudem vorgebracht, dass in D2 die entsprechende Druckersituation von den virtuellen Druckertreibern ("normal print drivers") bereitgestellt werden würde.

Dies ist nicht korrekt. D2 gibt nämlich unmissverständlich an, dass die Druckerinformation eben nicht von den virtuellen Druckertreibern zur Verfügung gestellt wird, sondern vom Druckserver (siehe z.B. D2, Spalte 3, Zeilen 64-66: "... Unlike the prior art system, this information does not come from the print driver. Rather html data are sent by the server to display the list ...").

1.1.5 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung von D2 lediglich darin, dass in Merkmal I) der Druckserver mit allen angeschlossenen Druckern zur entsprechenden Aktualisierung der Datenbank über SNMP (Simple Network Management Protocol) kommuniziert und ist demnach neu gegenüber D2 (Artikel 54 EPÜ).

1.1.6 Zur Frage der technischen Wirkung des vorstehenden Unterscheidungsmerkmals brachte die Beschwerdeführerin schriftlich sowie mündlich vor, dass anspruchsgemäß dem Nutzer - über das Geräteprotokoll SNMP - jederzeit und selbsttätig in Echtzeit die aktuelle Druckersituation dynamisch angeboten werde, wohingegen in D2 die Druckersituation nur statisch bzw. händisch eingestellt werde.

Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt. Es ist nämlich allgemein bekannt, dass das SNMP-Protokoll prinzipiell kein "Geräte-Protokoll" im obigen Sinne darstellt, sondern ein Netzverwaltungs-Protokoll zur Überwachung von Netzelementen wie z.B. von Druckern ist (siehe z.B. den von der Beschwerdeführerin eingereichten "Wikipedia-Auszug zum SNMP-Protokoll", Seite 1, erster Absatz; vgl. Punkt II oben). Dieses Protokoll umfasst insbesondere standardisierte Nachrichtenformate und Datenbankstrukturen zur Bereitstellung von für die Netzverwaltung erforderlichen Daten. Darüber hinaus ist SNMP auch kein "Echtzeit-Protokoll", so dass die bloße Verwendung dieses Protokolls nichts über die entsprechenden Intervalle des Datenabrufs, geschweige denn

Echtzeit-Datenabrufs, aussagt. Daher kann SNMP für sich alleine nicht sicherstellen, dass jederzeit dem Druckserver die zutreffenden Druckerdaten vorliegen. Andererseits kann die Kammer auch in D2 keinerlei Hinweise dafür erkennen, dass die Druckersituation rein statisch bzw. händisch von einem Administrator eingestellt werden soll.

1.1.7 Die Kammer ist vielmehr der Ansicht, dass die Verwendung eines der zum Anmeldezeitpunkt gängigsten Netzmanagement-Protokolle wie SNMP im Druckernetzwerk von D2 zur Lösung der objektiven Aufgabe der "Verwaltung der Druckereigenschaften im System von D2" eine naheliegende Implementierungsmaßnahme für den Fachmann auf dem Gebiet von Druckernetzwerken darstellt.

Im Übrigen war es am Anmeldetag explizit bekannt, das SNMP-Protokoll für denselben Zweck, d.h. zur Erfassung und Aktualisierung der jeweiligen Druckereigenschaften, zu verwenden (siehe z.B. D5, Absatz [0073]: "... Information pertaining to the printing device's capabilities and/or state can be obtained via ... industry standard protocols, such as SNMP ...").

1.1.8 Zur Verwendung des SNMP-Protokolls in einem Druckernetzwerk brachte die Beschwerdeführerin zudem vor, dass es überraschend sei, dass trotz der umfangreichen Recherche der Recherchenabteilung des Europäischen Patentamts keines der zitierten Dokumente den Einsatz dieses SNMP-Protokolls beinhalte und dass gerade die Organisation von Druckaufträgen zum Anmeldezeitpunkt (d.h. im Jahr 2011) unter Abbildung der aktuellen Drucker in Echtzeit über das

SNMP-Protokoll eine erfinderische Leistung darstelle.

Die Kammer kann auch dieser Aussage nicht zustimmen. Die Tatsache, dass keine der in der angefochtenen Entscheidung zitierten Druckschriften die Verwendung von SNMP offenbart, ist nach Ansicht der Kammer in erster Linie auf den Umstand zurückzuführen, dass das SNMP-Protokoll in den ursprünglichen Ansprüchen nicht erwähnt wurde und selbst in der Beschreibung lediglich an einer einzigen Stelle, nämlich auf Seite 9, Zeilen 20-23, genannt wird. Zudem sei nochmals angemerkt, dass auch der von der Beschwerdeführerin eingereichte Wikipedia-Auszug auf die Anwendbarkeit von SNMP auf Druckernetzwerke explizit hinweist.

1.1.9 In Bezug auf die Druckschrift D5 argumentierte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, dass es hier z.B. gemäß den Absätzen [0021] bis [0023] bzw. [0049] um die Auswahl eines Druckers aus einem Druckerpool nach dem sogenannten

"best-fit"-Prinzip, jedoch ohne Nutzereinfluss, ginge. Demzufolge könne D5 die erfindungsgemäße Lösung nicht nahelegen, da die vorliegende Erfindung gerade auf einer von den aktuellen Druckereigenschaften abhängigen Druckerauswahl durch den Nutzer basiere.

Hierzu weist die Kammer darauf hin, dass eine Nutzerauswahl von Druckern entsprechend ihrer angezeigten Eigenschaften in einem Druckernetzwerk bereits aus dem Dokument D2 bekannt ist (vgl. Punkt 1.1.2 oben) und dass das Dokument D5 im Rahmen des hier für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angewandten "Aufgabe-Lösungs-Ansatzes" lediglich als Beleg für die Verwendung des

SNMP-Protokolls zur Lösung der objektiven Aufgabe der Verwaltung der Druckereigenschaften im System von D2 herangezogen wird (vgl. Punkt 1.1.7 oben). Folglich kann auch dieses Argument die Kammer nicht überzeugen.

1.1.10 Somit beruht der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Zusammenschau aus D2 und D5.

1.2 Aus den obigen Gründen ist der Hauptantrag nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.

2. HILFSANTRAG 1

Anspruch 1 dieses Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags darin, dass er zusätzlich umfasst, dass (mit Hervorhebungen durch die Kammer)

L) die Zuordnung des gerätespezifischen Druckertreibers unmittelbar vor Auslösung des Ausdrucks erfolgt.

2.1 Zulässigkeit (Artikel 13(1) VOBK)

2.1.1 Die Ansprüche dieses Hilfsantrags wurden in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Die Beschwerdeführerin brachte zur Frage der Zulässigkeit vor, dass den Einwänden der Kammer nach Artikel 56 EPÜ dadurch Rechnung getragen werde, dass nun klargestellt werde, dass sowohl die Datenbankaktualisierung als auch die Druckertreiberzuweisung in Echtzeit erfolge, so dass erst "in letzter Sekunde" der "richtige" gerätespezifische Druckertreiber ausgewählt und zugewiesen werden würde. Zudem sei das neue Merkmal L) auch gestützt durch die Offenbarung auf Seite 4, Zeile 31 bis Seite 5, Zeile 1 der ursprünglichen Beschreibung.

2.1.2 Im Beschwerdeverfahren wird die Zulässigkeit von nach Einreichung der Beschwerdebegründung vorgebrachten Anspruchsänderungen prinzipiell durch Artikel 13 VOBK geregelt. Gemäß Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, solche Änderungen zuzulassen, wobei hierbei "insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt" werden.

Hinsichtlich der prozeduralen Aspekte des Hilfsantrags 1, bemerkt die Kammer, dass Merkmal L) aus der Beschreibung entnommen und erstmalig in der mündlichen Verhandlung dieses Beschwerdeverfahrens und damit in einem sehr späten Verfahrensstadium eingeführt wurde. Im Hinblick auf die sachlichen Aspekte dieses Hilfsantrags, insbesondere dessen prima facie Gewährbarkeit, stellt die Kammer fest, dass nicht sofort ersichtlich ist, dass das hinzugefügte Merkmal L) die offenen Einwände nach Artikel 56 EPÜ ausräumt. Die Kammer ist nämlich der Ansicht, dass sich Merkmal L) lediglich in einer Umformulierung bzw. Untermauerung der Teilaspekte von Merkmal G) von Anspruch 1 erschöpft, d.h. dass "der [einheitliche virtuelle Druckertreiber] erst nach Auswahl der angebotenen tatsächlichen Eigenschaften und Optionen und der Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer den zu diesem Drucker gehörenden Druckertreiber zuordnet und erst dann den Druckauftrag in ausführbare Druckdaten umsetzt". Demnach hat nach Einschätzung der Kammer Merkmal L) allenfalls eine Überbestimmung von Anspruch 1 zur Folge und kann mithin auch nicht zu einer anderen Beurteilung in der Frage der erfinderischen Tätigkeit führen.

2.1.3 Die hierbei von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Interpretation dieses Merkmals, wonach nun unmittelbar vor dem entsprechenden Ausdruck noch ein weiteres Mal die aktuelle Druckersituation überprüft werde, um auch wirklich dafür Sorge zu tragen, dass der passende Druckertreiber "in letzter Sekunde" ausgewählt wird, hat selbst in der ursprünglich eingereichten Beschreibung keine Basis (vgl. Seite 4, Zeilen 1-3 in Verbindung mit Seite 4, Zeile 31 bis Seite 5, Zeile 1):

"Erst nach Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer ordnet der Druckertreiber-Manager den passenden Druckertreiber zu und löst die Umsetzung des Druckauftrags in ausführbare Druckdaten aus ...

... Die Zuordnung des gerätespezifischen Druckertreibers unmittelbar vor Auslösung des Ausdrucks garantiert, dass immer der passende Druckertreiber benutzt wird, selbst wenn kurze Zeit vorher noch ein anderer Drucker an den ausgewählten Druckerport angeschlossen war ...".

Dieser Stütze entnimmt der fachkundige Leser unmissverständlich, dass die "Freigabe des Druckauftrags durch den Benutzer" das entscheidende Kriterium für die letztendliche Zuweisung des passenden Druckertreibers vor dem eigentlichen Ausdruck darstellt und keine zusätzliche "in letzter Sekunde" durchzuführende Überprüfung stattfindet. Demnach stellt Merkmal L) keine klare Einschränkung von Anspruch 1 dar, sondern fügt lediglich redundante technische Informationen hinzu.

2.2 Aus den vorstehenden Gründen hat die Kammer entschieden, den Hilfsantrag 1 in Ausübung ihres durch Artikel 13(1) VOBK eingeräumten Ermessens nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

3. HILFSANTRAG 2

Anspruch 1 dieses Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags im Wesentlichen darin, dass er zusätzlich angibt, dass (mit Hervorhebungen durch die Kammer)

M) die Eigenschaften und Optionen des an dem ausgewählten Druckerport zur Verfügung stehenden Druckers in einem Fenster des virtuellen Druckertreibers zur Anzeige gebracht werden, damit sie der Benutzer vor Freigabe des Drucks zur Kenntnis nehmen und auswählen kann;

N) der Druckauftrag von dem virtuellen Druckertreiber an den Druckserver in einem vom Drucker unabhängigen Metaformat übermittelt wird.

3.1 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.1.1 Betreffend Merkmal M) bemerkt die Kammer, dass unabhängig davon, ob ein virtueller Druckertreiber (also ein Software-Modul) prinzipiell ein "Fenster" haben kann oder nicht, D2 auch die Anzeige von mehreren Auswahlfenstern offenbart, wodurch der Nutzer Druckereigenschaften auswählen kann (siehe z.B. Fig. 6 bis 8). Merkmal M) ist mithin auch aus D2 bekannt.

3.1.2 In Bezug auf Merkmal N) stellt die Kammer fest, dass gemäß D2 die Verwendung eines universellen Druckertreibers ("Universal Print Driver 105") zum Verschicken des initialen Druckauftrags, der unabhängig von irgendwelchen gerätespezifischen Druckertreibern ("normal/ordinary print drivers") erfolgt, eine Übermittlung in einem Rohformat impliziert, welches mit einem, wie auch immer gearteten, "Metaformat" gleichgesetzt werden kann. Somit wird auch dieses Merkmal durch D2 vorweggenommen.

3.2 Demzufolge ist auch Hilfsantrag 2 aus den in Punkt 1.1.5 bis 1.1.9 genannten Gründen nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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