T 0782/15 () of 3.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T078215.20190503
Datum der Entscheidung: 03 Mai 2019
Aktenzeichen: T 0782/15
Anmeldenummer: 08842884.2
IPC-Klasse: B32B 27/32
B32B 27/08
B32B 27/20
B32B 5/18
G09F 3/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: ETIKETTENFOLIE FÜR RUNDUMETIKETTEN
Name des Anmelders: Treofan Germany GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: Taghleef Industries LLC
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 205 435 zurückzuweisen.

II. Der Einsprechende hatte gegen dieses Patent unter Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt.

III. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente angeführt:

D2:|WO 02/098658 A1 |

D3:|EP 0 611 102 A1 |

D6:|US 5,516,563 |

D7:|US 5,618,369 |

D9:|"Oberflächenmessung" (2 Seiten), o.J.|

Die Einspruchsabteilung sah den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 10 im Lichte des nächstliegenden Standes der Technik D2 als erfinderisch an und wies den Einspruch zurück.

Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Verwendung einer mehrschichtigen, opaken, biaxial orientierten Polyolefinfolie mit einer Dicke von mindestens 40 mym aus einer vakuolenhaltigen Basisschicht und beidseitig darauf aufgebrachten Zwischenschichten und beidseitigen Deckschichten, wobei beide Zwischenschichten eine Dicke von mindestens 3 mym aufweisen und mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren enthalten und beide Deckschichten aus einer Mischung aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut sind und jeweils eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym (bestimmt bei cut off des RC-Filters gemäß DIN 4768/1 von 0,25 mm) aufweisen, als Rundumetikett."

Die abhängigen Verwendungsansprüche 2 bis 9 sind auf Anspruch 1 rückbezogen. Der unabhängige Anspruch 10 betrifft ein Verfahren zum Rundumetikettieren von Behältern mit einem Rundumetikett aus einer mehrschichtigen, opaken, biaxial orientierten Polyolefinfolie wie in Anspruch 1 definiert, wobei der Etikettierprozess mit einer Taktzahl von 10.000 bis 20.000 Behältern pro Stunde durchgeführt wird.

IV. Gegen diese Entscheidung legte der Einsprechende (Beschwerdeführer) Beschwerde ein und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Mit der Beschwerdebegründung reichte er folgende Dokumente ein:

D9a:|S. Jung "Oberflächenbeurteilung - Rauheitsmessung" (Uni Stuttgart) o. J.|

D10:|DE 197 43 657 A1 |

D11:|DE 102 35 557 A1. |

V. Mit seiner Erwiderung beantragte der Patentinhaber (Beschwerdegegner) die Beschwerde zurückzuweisen, sowie die Sache an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, sollte die Kammer die Dokumente D9a, D10 und D11 als hinreichend relevant erachten.

VI. Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 reichte der Beschwerdeführer folgende Dokumente ein:

D9b:|R. Volk, "Rauheitsmessung Theorie und Praxis", Berlin, 2005 (14 Seiten)|

D9c:|L. Mummery, "Rauheitsmessung Theorie und Praxis", VS-Schwenningen, 1993 (10 Seiten).|

VII. Die Parteien wurden zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In ihrer Mitteilung legte die Kammer ihre vorläufig Auffassung dar.

VIII. Am 3.Mai 2019 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Lediglich folgende Anträge wurden aufrecht erhalten:

Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IX. Die Argumente des Beschwerdeführers können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2:

Die mehrschichtige Folie von D2 unterscheide sich vom Gegenstand von Anspruch 1 lediglich dadurch, dass beide Deckschichten jeweils eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym aufwiesen, verursacht durch die Verwendung von inkompatiblen Polymeren, und dass beide Zwischenschichten aus mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren bestünden. Die technische Aufgabe sei, eine mehrschichtige, opake, biaxial orientierte Polyolefinfolie zur Verfügung zu stellen, die beim Einsatz als Rundumetikett die Entstapelbarkeit von solchen gestapelten Etiketten erleichtere. Der Fachmann erhalte aus D3 den Hinweis, dass eine matte Außenschicht aus eine Mischung von inkompatiblen Polymeren das Verblockungsverhalten der Etiketten beim Entstapeln reduzierte. Die dafür erforderlichen Rauheitswerte ergäben sich beispielsweise aus der in Beispiel 7 von D6 beschriebenen Folie. Die D7 zeige, dass die im Beispiel 7 von D6 verwendete Folie einen anspruchsgemäßen Rz-Wert aufwies. Dass es sich bei der in D7 angegebenen Rauheit tatsächlich um die Oberflächenrauheit Rz handele, würde durch D9a bis D9c bestätigt. Die Propylenhomopolymer enthaltenden Zwischenschichten würden keinen erfinderischen Beitrag leisten.

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D6:

Auch D6 könne als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden, die mehrschichtige Polypropylenfolien mit sehr rauen Oberflächen offenbare, die für eine Vielzahl von Anwendungen geeignet seien, unter anderem für Etikettierverfahren. In den Folien von D6 seien optional Zwischenschichten enthalten, die sich zwischen der Basisschicht und den äußeren Schichten befänden. Zwischenschichten aus Propylenhomopolymer seien in der D6 zwar nicht offenbart, aber die Verwendung dieses Materials für Etikettierfolien sei dem Fachmann hinreichend bekannt, zum Beispiel aus der D11.

X. Die Argumente des Beschwerdegegners können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2:

D2 offenbare weder, dass in den mehrschichtigen Folien beide Deckschichten aus einer Mischung aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut seien, die jeweils eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym aufwiesen, noch dass beide Zwischenschichten aus mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren bestünden. Die technische Aufgabe gegenüber D2 sei in der Bereitstellung einer mehrschichtigen, opaken, biaxial orientierten Polyolefinfolie zu sehen, die beim Einsatz als Rundumetikett die Entstapelbarkeit von solchen gestapelten Etiketten erleichtere. D3 lehre bestenfalls, dass eine matte Oberfläche die Entstapelbarkeit verbessern könne. Damit führe die Kombination von D2 und D3 nicht zu beidseitigen Deckschichten mit beidseitiger Oberflächenrauheit, die zudem den beanspruchten Rz-Wert aufwiesen. Zudem sei aus der D7 nicht eindeutig, ob die dort beschriebene Oberflächenrauheit einen Ra-, Rz- oder Rmax-Wert zeige. Abgesehen davon liege die Lösung der technischen Aufgabe in der Kombination der Oberflächenrauheiten und der Anwesenheit der Zwischenschichten aus mindestens 70 Gew-% eines Propylenhomopolymers.

Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D6:

D6 sei nicht der nächstliegende Stand der Technik, da sich dieses Dokument nicht mit Etiketten sondern dünnen Verpackungsfolien befasse, wie auch aus der Foliendicke im Beispiel ersichtlich sei.

Entscheidungsgründe

1. Das Streitpatent betrifft eine mehrschichtige, opake, biaxial orientierte Polyolefinfolie, zur Verwendung als Rundumetikett (Absatz [0001]). Die Verwendung einer Folie aus thermoplastischem Kunststoff als Etikett ist in verschiedenen Etikettierverfahren möglich. Bei der Rundumetikettierung wird der bereits geformte Behälter etikettiert. Daher ist die Verarbeitungsgeschwindigkeit bei diesem Verfahren höher als bei In-mould-Verfahren, bei welchen die Etikettierung im Formgebungsverfahren integriert ist. Bei solch hohen Taktzeiten muss sichergestellt sein, dass sich das zugeschnittene und gestapelte Etikett gut und zuverlässig vereinzeln lässt (Absätze [0004] und [0012]). So ist die im Streitpatent ausgewiesene technische Aufgabe, eine Folie zur Verfügung zu stellen, die hinsichtlich der Handhabung und Entstapelbarkeit verbessert ist. Dabei muss die Folie sich sowohl in Form großer Zuschnitte beim Bedrucken gut vereinzeln als auch im Etikettierverfahren mit hohen Taktzahlen gut entstapeln lassen (Absatz [0022]).

Erfinderische Tätigkeit

2. Der nächstliegende Stand der Technik

2.1 In der angefochtenen Entscheidung ist allein D2 als der nächstliegende Stand der Technik erörtert. Der Beschwerdeführer hat dieses Dokument ausführlich in der Beschwerdebegründung als den nächstliegenden Stand der Technik diskutiert und auch der Beschwerdegegner hat kein anderes Dokument als nächstliegenden Stand der Technik angeführt.

2.2 In der Beschwerdebegründung hat der Beschwerdeführer allerdings auch D6 als einen zweiten möglichen nächstliegenden Stand der Technik erwähnt. Zu dem auf diesem Dokument basierenden Angriff hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit hat er aber in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Ausführungen mehr gemacht.

2.3 D6 betrifft bevorzugt dreilagige biaxial orientierte Polyolefinfolien (aus zwei Deckschichten und einer dazwischen liegenden Basisschicht), die eine oder mehrere zusätzliche Zwischenschichten enthalten können. Die Polyolefinfolien eignen sich für eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem für Etikettierverfahren. Nach Ansicht des Beschwerdeführers offenbare D6 auch ein Beispiel mit zwei rauen Deckschichten, die eine Oberflächenrauheit Rz gemäß Anspruch 1 des Streitpatents aufwiesen.

2.4 Die Kammer stimmt jedoch mit dem Beschwerdegegner überein, dass D6 für den Fachmann, der mit Verbesserungen im Bereich der Rundumetikettierung befasst ist, keinen geeigneten nächstliegenden Stand der Technik darstellt. Zwar erwähnt D6 neben einer Vielzahl von möglichen Anwendungsgebieten (Laminat, Verpackungsmaterial, beschichtetes Barrieresystem, Deckelverschluss) auch die Etikettierung (Spalte 2, Zeilen 52 und 53), die Rundumetikettierung ist jedoch nicht erwähnt. Sowohl der Verwendungsanspruch 1 als auch der Verfahrensanspruch 10 des Streitpatents sind aber genau auf diese Art von Etikettierung beschränkt. Darüber hinaus ist in D6 das Vorhandensein von Zwischenschichten optional (Spalte 12, Zeilen 45 bis 51). Sie werden auch nicht im Zusammenhang mit etwaigen Vorteilen in einem (Rundum)Etikettierverfahren offenbart.

2.5 Aus diesen Gründen ist D2 und nicht D6 als der nächstliegende Stand der Technik anzusehen.

3. Unterscheidungsmerkmale

3.1 Es war unstreitig, dass D2 eine mehrschichtige Folie offenbart, die zur Rundumetikettierung geeignet ist (Seite 3, Zeilen 23 bis 25). Die Folie ist eine mehrschichtige, opake, biaxial orientierte Polyolefinfolie. Sie weist eine vakuolenhaltige Basisschicht auf, sowie, beidseitig der Basisschicht, sowohl eine Zwischenschicht als auch eine Deckschicht.

3.2 Es ist ebenfalls unstreitig, dass die in D2 beschriebene Folie sich vom Gegenstand von Anspruch 1 dadurch unterscheidet, dass in letzterer (i) beide Deckschichten rau sind, und eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2.5 mym aufweisen, welche auf eine Mischung aus inkompatiblen Polymeren zurückzuführen ist, und (ii) beide Zwischenschichten aus mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren bestehen.

4. Technische Aufgabe

4.1 Der Beschwerdeführer sah die technische Aufgabe gegenüber D2 in der Bereitstellung einer opaken, mehrschichtigen, biaxial orientierten Polyolefinfolie, die beim Einsatz als Rundumetikett die Entstapelbarkeit von solchen gestapelten Etiketten erleichtere. Der Beschwerdegegner hat keine andere technische Aufgabe formuliert.

4.2 Die Kammer stimmt dieser Formulierung der technischen Aufgabe zu. Sie wird daher als die objektive technische Aufgabe angesehen. Es ist unbestritten, dass diese Aufgabe, insbesondere im Lichte der Beispiele des Streitpatents, als gelöst anzusehen ist.

5. Naheliegen

5.1 Der Beschwerdeführer war der Ansicht, der Fachmann erhalte aus D3 den Hinweis, dass eine matte Außenschicht aus einer Mischung von inkompatiblen Polymeren das Verblockungsverhalten beim Entstapeln von Etiketten verbessere. Die dafür erforderlichen Rauheitswerte ergäben sich implizit aus D6 (Beispiel 7) in Zusammenschau mit der Offenbarung von D7 (Bespiel 15). In der Folie von Beispiel 15 von D7 sei nämlich eine zu der in Beispiel 7 von D6 identische Mischung aus inkompatiblen Polymeren für beide Deckschichten verwendet worden. Für die Folie in D7 sei eine anspruchsgemäße Rauheit offenbart, die im Hinblick auf D9a bis D9c als Oberflächenrauheit Rz anzusehen sei. Auf diese Weise gelange der Fachmann zu zwei rauen Deckschichten, wobei beide die anspruchsgemäße Oberflächenrauheit aufwiesen. Die Auswahl von Propylenhomopolymer als Material der Zwischenschichten zeige keine erkennbare Wirkung.

5.2 An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich D3 mit Folien für Etiketten befasst, die bevorzugt in In-mould Verfahren Verwendung finden (Spalte 1, Zeilen 3 bis 13; Beispiel). Die technische Aufgabe in D3 ist es, opake Folien mit einem "high surface gloss" zur Verfügung zu stellen (Spalte 2, Zeilen 1 bis 13). Zur Lösung dieser Aufgabe sieht D3 vor, dass zusätzlich zu einer opaken, vakuolenhaltigen Basisschicht aus Propylenhomopolymer, eine nicht-vakuolenhaltige Zwischenschicht ebenfalls aus Propylenhomopolymer vorhanden ist. Eine bedruckbare Schicht auf der nicht-vakuolenhaltigen Schicht schließt diesen dreischichtigen Aufbau ab (Spalte 2, Zeilen 14 bis 21; Anspruch 1). In einer bevorzugten Ausführungsform (Ansprüche 6 bis 8; Beispiel), ist eine weitere, also eine vierte Schicht aus inkompatiblen Polymeren vorgesehen, an der zweiten Oberfläche der Basisschicht, gegenüber der nicht-vakuolenhaltigen Oberfläche der Basisschicht. Diese vierte Schicht hat den Vorteil, dass ein Verblocken der bedruckbaren Schicht verhindert wird, sodass die Neigung der Etiketten aneinander zu haften verringert wird. Dies führt zu einer leichteren Entstapelung (Spalte 2, Zeile 52 bis Spalte 3, Zeile 10).

5.3 Somit ist die Folie, die im einzigen Beispiel von D3 offenbart ist, vierschichtig und asymmetrisch, d.h. sie besitzt nur eine einzige raue Oberfläche. Die Kammer kann sich dem Beschwerdegegner anschließen, dass nach der Lehre von D3 eine (einzige) raue Schicht zur Entkopplung der Folien genügt. Eine zweite Oberfläche aus inkompatiblen Polymeren ist in D3 weder vorgesehen noch angeregt. Im Gegenteil, eine solche Schicht würde der Lehre von D3 entgegenstehen, die ja eine Oberfläche mit "high gloss" fordert.

5.4 Ebenso wenig weist die Folie von D2, zwei raue (aus inkompatiblen Polymeren aufgebaute) Deckschichten auf. Somit sieht die Kammer, selbst im Zusammenlesen von D2 mit D3, keinen Hinweis für den Fachmann eine (fünfschichtige) Folie mit zwei rauen Deckschichten zur Verfügung zu stellen, die zudem eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2.5 mym aufweisen und auch aus inkompatiblen Polymeren aufgebaut sind.

5.5 Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang auch vorgetragen, dass die Entstapelung in einem Etikettenstapel immer dadurch verbessert werde, wenn das Etikettenmaterial beidseitig mit rauer Oberfläche ausgestaltet sei. Hierzu hat aber bereits die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zutreffend erkannt, dass dazu im Stand der Technik kein Hinweis zu finden sei. Auch sei nicht zu erkennen, "wieso die Kontaktfläche zwischen zwei rauen Oberflächen zwangsläufig geringer sein sollte als die Kontaktfläche zwischen einer rauen Oberfläche und einer glatten Oberfläche, und somit zwangsläufig eine geringere Reibung resultieren sollte" (Seite 6, zweiter Absatz).

5.6 Selbst wenn der Fachmann also D2 mit D3 kombinieren würde, würde er nicht zu Folien mit zwei rauen Oberflächen kommen, sondern lediglich zu Folien mit einer einzigen rauen Oberfläche. Vor diesem Hintergrund kann es auch dahinstehen, ob es sich bei der in Beispiel 7 von D6 implizit offenbarten Oberflächenrauheit, in Zusammenschau mit Beispiel 15 von D7 sowie D9b und D9c, um einen Rz-, Ra- oder gar einen Rmax-Wert handelt. Dieser Punkt war zwischen den Parteien strittig.

5.7 Hinsichtlich des Unterscheidungsmerkmals der Zwischenschichten aus mindestens 70 Gew.-% eines Propylenhomopolymeren ist Folgendes festzustellen.

5.7.1 Der Beschwerdeführer hat den Austausch der in den Zwischenschichten von D2 offenbarten Copolymerisate, als eine naheliegende Alternative angesehen. Die Verwendung von Propylenhomopolymer stelle für den Fachmann eine offensichtliche Abänderung der Lehre von D2 dar. Zudem sei nicht gezeigt worden, dass die Auswahl von Propylenhomopolymer einen erfinderischen Beitrag leiste.

5.7.2 Jedoch ist diesbezüglich bereits in der angefochtenen Entscheidung zutreffend erörtert worden (Seite 6, erster Absatz), dass das in D2 für die Zwischenschicht verwendete Terpolymer dort als erfindungswesentlich herausgestellt wurde. Daher stellt sich zunächst die Frage, weshalb dieses Terpolymer ersetzt werden soll, und weshalb es gegen ein Propylenhomopolymer auszutauschen ist. Zudem hat der Beschwerdegegner darauf hingewiesen, dass die Verwendung des Propylenhomopolymers in den Zwischenschichten zusammen mit der beanspruchten Rauheit beider Deckschichten erfindungswesentlich sei. Dies ist so auch im Streitpatent beschrieben (Absätze [0025] und [0026]). Wie auch in der mündlichen Verhandlung diskutiert, handelt es sich bei der Ausgestaltung der Zwischenschicht nicht um eine nachträgliche, durch eine Änderung im Laufe des Prüfungsverfahrens vorgenommene Auswahl. Im Gegenteil, das Material der Zwischenschicht war bereits in der ursprünglichen Anmeldung als erfindungswesentlich beschrieben worden.

5.7.3 Die Tatsache, dass die technische Wirkung durch das Zusammenspiel der beanspruchten technischen Merkmale erzielt wird, spiegelt sich auch in den im Streitpatent beschriebenen Versuchen wider (Absätze [0077] bis [0098]). In Beispiel 1 ist eine erfindungsgemäße fünfschichtige Folie beschrieben. Unter anderem weist sie an beiden Deckschichten eine Oberflächenrauheit Rz von mindestens 2,5 mym auf, sowie zwei Zwischenschichten mit Propylenhomopolymer und einer Dicke von mindestens 3 mym. Diese Folie ließ sich sowohl beim Bedrucken der Bögen als auch an der Etikettiermaschine problemlos stapeln und vereinzeln. Hingegen ließen sich Folien mit der anspruchsgemäßen Oberflächenrauheit Rz aber ohne die Zwischenschichten (also dreilagige Folien, Vergleichsbeispiel 1), Folien mit einer zu niedrigen Oberflächenrauheit Rz an beiden Deckschichten (Vergleichsbeispiel 2) oder Folien mit einer zu niedrigen Oberflächenrauheit Rz an einer Deckschicht (Vergleichsbeispiel 3) weniger schnell verarbeiten. Diese Versuche zeigen, dass es zur Lösung der Aufgabe nicht nur auf die Oberflächenrauheit Rz ankommt, sondern auch auf das Vorhandensein der Propylenhomopolymer enthaltenden Zwischenschichten.

5.8 Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1, sowie der Ansprüche 2 bis 9 auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

6. Zum Verfahrensanspruch 10 hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf die Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit von Verwendungsanspruch 1 verwiesen. Allerdings ist auch im Verfahrensanspruch 10 derselbe Aufbau der biaxial orientierten Polyolefinfolie wie in Anspruch 1 beschrieben. Dieser ist, wie bereits oben ausführlich erläutert, nicht aus dem Stand der Technik nahegelegt, insbesondere nicht im Zusammenhang mit Verfahren zum Rundumetikettieren. Daher beruht auch der Gegenstand von Anspruch 10 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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