T 0737/15 (Tensidkombination/HENKEL) of 27.4.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T073715.20160427
Datum der Entscheidung: 27 April 2016
Aktenzeichen: T 0737/15
Anmeldenummer: 05007381.6
IPC-Klasse: C11D 1/94
C11D 3/20
C11D 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Tensidkombination
Name des Anmelders: Henkel AG & Co. KGaA
Name des Einsprechenden: Colgate-Palmolive Company
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja)
Änderungen - alle Anträge
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung das Europäische Patent Nr. 1 564 283 zu widerrufen.

II. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Streitpatents über die ursprüngliche Offenbarung hinausgehe (Artikel 100(c) und 123(2) EPÜ) und der Gegenstand des Anspruchs 1 des damaligen einzigen Hilfsantrags zwar die Erfordernisse dieses Artikels erfülle, aber keine Stützung in der zugehörigen Stammanmeldung finde (Artikel 76(1) EPÜ).

III. Anspruch 1 des von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Hilfsantrags lautet wie folgt:

"1. Wässriges, flüssiges Mittel, enthaltend eine Tensidkombination aus (a) Fettalkoholethersulfat mit 1 bis 4 EO, (b) sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat und gegebenenfalls weitere Alkysulfonate in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 0,1 bis weniger als 30 Gew.-% und in einer Menge, bezogen auf die Tensidkombination, von weniger als 50 Gew.-% und (c) Cocoamidopropylbetain, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten (a), (b) und (c) in einem Gewichtsverhältnis (a):(b):(c) von 1:1:1 bis 3:3:1 vorhanden sind."

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein, machte den von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung diskutierten Hilfsantrag zum Hauptantrag und reichte zusätzlich drei Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 3 ein. Sie gab an, dass alle vorliegenden Antragssätze die Erfordernisse der Artikel 123(2) und 76(1) EPÜ erfüllten.

V. Anspruch 1 des Hilfsantrags I lautet wie folgt:

"1. Wässriges, flüssiges Mittel, enthaltend eine Tensidkombination aus (a) Fettalkoholethersulfat mit 1 bis 4 EO in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 1 bis 50 Gew.-%, (b) sek. Natrium C13-17-Alkylsulfonat und gegebenenfalls weitere Alkysulfonate in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 0,1 bis weniger als 30 Gew.-% und in einer Menge, bezogen auf die Tensidkombination, von weniger als 50 Gew.-% und (c) Cocoamidopropylbetain in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 0,1 bis 20 Gew.-%, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten (a), (b) und (c) in einem Gewichtsverhältnis (a):(b):(c) von 1:1:1 bis 3:3:1 vorhanden sind."

Anspruch 1 des Hilfsantrags II lautet wie folgt:

"1. Wässriges, flüssiges Mittel, enthaltend eine Tensidkombination aus (a) Fettalkoholethersulfat mit 1 bis 4 EO in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 9 bis 16 Gew.-%, (b) sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat und gegebenenfalls weitere Alkysulfonate in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 4,5 bis 16 Gew.-% und in einer Menge, bezogen auf die Tensidkombination, von weniger als 50 Gew.-% und (c) Cocoamidopropylbetain in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 4,5 bis 8 Gew.-%, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten (a), (b) und (c) in einem Gewichtsverhältnis (a):(b):(c) von 1:1:1 bis 3:3:1 vorhanden sind."

Anspruch 1 des Hilfsantrags III lautet wie folgt:

"1. Wässriges, flüssiges Mittel, enthaltend eine Tensidkombination aus (a) Na-C12-14-Fettalkoholether-sulfat mit 1,3 EO in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 9 bis 16 Gew.-%, (b) sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat und gegebenenfalls weitere Alkysulfonate in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 4,5 bis 16 Gew.-% und in einer Menge, bezogen auf die Tensidkombination, von weniger als 50 Gew.-% und (c) Cocoamidopropylbetain in einer Menge, bezogen auf das Mittel, von 4,5 bis 8 Gew.-%, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten (a), (b) und (c) in einem Gewichtsverhältnis (a):(b):(c) von 1:1:1 bis 3:3:1 vorhanden sind."

VI. In ihrem Bescheid vom 9. Februar 2016, in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, wies die Kammer auf in der Verhandlung noch zu klärende Punkte hin, darunter inter alia die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

VII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) reichte keine Erwiderung auf den Bescheid der Kammer ein.

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) machte im gesamten Beschwerdeverfahren keine Eingaben zum Gegenstand der Beschwerde und stellte keine Anträge.

IX. In ihrem Schreiben vom 16. Februar 2016 teilte die Beschwerdegegnerin mit, dass sie in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten sein werde.

X. Die mündliche Verhandlung fand am 27. April 2016, wie angekündigt, in Abwesenheit der Beschwerdegegnerin statt (Artikel 15(3) VOBK). Diskutiert wurden inter alia die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ im Hinblick auf die Ansprüche 1 aller vorliegenden Anträge.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage des Hauptantrags (Hilfsantrag im Einspruchsverfahren), oder eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung.

XII. In der mündlichen Verhandlung stimmte die Vertreterin der Beschwerdeführerin den von der Kammer geäußerten Bedenken im Hinblick auf die unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Offenbarung (Ansprüche 1 aller Anträge) zu, verzichtete aber auf zusätzliche Argumente und stellte auch keine weiteren Anträge.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Wie von der Kammer im Bescheid vom 9. Februar unter Punkt 4.1 festgestellt, bezieht sich das in der ursprünglich eingereichten Anmeldung genannte Gewichtsverhältnis von (a):(b):(c) = 1:1:1 bis 3.3.1 nur auf die Komponenten

(a) Fettalkoholethersulfat mit 1 bis 4 EO,

(b) sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat und

(c) Cocoamidopropylbetain.

Dieser Bezug ist auf Seite 1, erster Absatz; Seite 2, 2. und 5. vollständiger Absatz und in den Ansprüchen 1 und 3 der ursprünglich eingereichten Offenbarung explizit angegeben.

2. Anspruch 1 des Hauptantrags nennt eben dieses Mengenverhältnis von (a):(b):(c), bezieht sich im Hinblick auf Komponente (b) aber auf sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat und gegebenenfalls weitere Alkylsulfonate.

3. Ein derartiges Merkmal, das zusätzlich zu den konkret genannten noch weitere, unbestimmte Alkylsulfonate in die Definition des Gewichtsverhältnisses mit aufnimmt, ist der ursprünglichen Offenbarung nicht zweifelsfrei und eindeutig zu entnehmen und umfasst Tensidkombinationen, die nicht von der ursprünglich eingereichten Anmeldung mit umfasst waren.

4. Beispielsweise wurden durch das Gewichtsverhältnis von (a):(b):(c) = 1:1:1 bis 3:3:1 (und weitere einschränkende Merkmale) in der ursprünglichen Offenbarung die Grenzen für den Gehalt an (a), (b) und (c) in der Tensidmischung definiert. Demnach beschreibt das Verhältnis auch den geringst möglichen Gehalt der Komponente (b), d.h. von sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat, in dieser Mischung.

5. Durch die geänderte Definition der Komponente (b) reicht es nun aus, wenn dieser geringst mögliche Gehalt durch die Summe aus sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat und weiteren Alkylsulfonaten gegeben ist, während sich das Kriterium in der ursprünglichen Offenbarung von sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat alleine bezog. Sek. Natrium-C13-17-Alkylsulfonat kann daher in der Tensidmischung nach Anspruch 1 in Konzentrationen anwesend sein, welche nach der ursprünglichen Offenbarung ausgeschlossen gewesen wären.

6. Das supra diskutierte, nicht ursprünglich offenbarte Merkmal stellt eine Erweiterung des ursprünglich eingereichten Gegenstands dar.

7. Die Vertreterin der Beschwerdeführerin schloss sich in der mündlichen Verhandlung explizit den in diesem Zusammenhang bereits im Bescheid der Kammer geäußerten Bedenken an.

8. Aufgrund der zuvor angeführten Überlegungen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass Anspruch 1 des Hauptantrags das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt und demnach nicht gewährbar ist.

Hilfsanträge 1 bis 3

9. Alle Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 weisen ebenfalls das supra diskutierte, nicht ursprünglich offenbarte Merkmal auf.

10. Deshalb gehen auch die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 über die ursprüngliche Offenbarung hinaus und die zuvor gemachten Überlegungen gelten sinngemäß.

11. Auch im Hinblick auf diese Ansprüche räumte die Vertreterin der Beschwerdeführerin ein, dass eine Erweiterung des ursprünglich beanspruchten Gegenstands vorliege.

12. Aus den angeführten Gründen erfüllen die Hilfsanträge 1 bis 3 nicht das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ und sind demnach nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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