T 0612/15 () of 11.9.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T061215.20180911
Datum der Entscheidung: 11 September 2018
Aktenzeichen: T 0612/15
Anmeldenummer: 08801809.8
IPC-Klasse: F16B 35/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: MONTAGESCHRAUBE UND BEFESTIGUNGSANORDNUNG MIT EINEM HOHLKAMMERPROFIL
Name des Anmelders: fischerwerke GmbH & Co. KG
Dr. Hahn GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: FAPIM S.p.A.
Wilh. Schlechtendahl & Söhne GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsantrag (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge - Änderungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 19. Januar 2015 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 2 185 827 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende 1) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Am 11. September 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Wie mit Schreiben vom 8. August 2018 angekündigt hat die verfahrensbeteiligte Einsprechende 2 nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.

IV. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 185 827.

Die Beschwerdegegnerinnen (Patentinhaberinnen) be-

antragten die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung, die es durch die angegriffene Entscheidung erhalten hat, sowie hilfsweise in der Fassung einer der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 24. September 2015 (Hilfsantrag 1) beziehungsweise vom 6. September 2018 (Hilfsanträge 2 und 3).

V. Folgende Entgegenhaltungen waren für die vorliegende Entscheidung relevant:

D2: DE 196 44 507 A1;

D3: DE 20 2004 016 119 U1;

VI. Anspruch 1 wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten (Hauptantrag) hat folgenden Wortlaut

"Montageschraube (1) zur Befestigung von Beschlagteilen (11) an einem Hohlkammerprofil (12) durch Eingriff in mindestens zwei Profilstege (13) (Merkmal 1.0),

mit einem Kopf (2) (Merkmal 1.1),

und einem Gewindeabschnitt (3) mit einem Außengewinde (6) (Merkmal 1.2),

wobei sich der Kerndurchmesser des Außengewindes (6) insbesondere konisch in Richtung des Kopfes (2) erweitert und das Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes (2) zum maximalen Kerndurchmesser des Außengewindes (6) zwischen 1,15 und 1,5, insbesondere zwischen 1,2 und 1,3 liegt (Merkmal 1.3),

und wobei der Kopf (2) an seiner dem Gewindeschaft (3) zugewandten Seite eine konisch ausgebildete Widerlagerfläche (8) aufweist (Merkmal 1.4),

dadurch gekennzeichnet,

dass die Widerlagerfläche (8) eine Reibeinrichtung (9) aufweist (Merkmal 1.5),

dass das Außengewinde (6) eine gleichbleibende Flankenhöhe gegenüber dem Kerndurchmesser besitzt (Merkmal 1.6),

und dass der Kerndurchmesser der Montageschraube (1) vom Einbringende (4) aus auf einem Teilabschnitt zunächst konisch ansteigt, jedoch im restlichen Gewindeabschnitt 3 [sic!] konstant bleibt (Merkmal 1.7)."

Die Merkmalsgliederung wurde von der Kammer hinzugefügt und entspricht der auch von den Parteien verwendeten Merkmalsgliederung in der angegriffenen Entscheidung.

VII. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags dadurch, dass das Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes zum maximalen Kerndurchmesser des Außendurchmessers auf den engeren Bereich von zwischen 1,2 und 1,3 eingeschränkt ist.

VIII. Die Hilfsanträge 2 und 3 sind gerichtet auf eine Befestigungsanordnung mit einem Hohlkammerprofil, einem Beschlagteil und einer Montageschraube.

Beide enthalten das Merkmal wonach das

"Beschlagteil eine Oberfläche mit Beschichtung aufweist".

IX. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag - Mangelnde erfinderische Tätigkeit

Abgesehen von dem Merkmal, wonach die Widerlagerfläche eine Reibeinrichtung aufweist, offenbare D3 den gesamten Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Die Zeichnungen seien präzise, eindeutige Darstellungen, denen insbesondere die relativen Größenverhältnisse der einzelnen Strukturen zuverlässig entnommen werden könnten. Dabei sei das lediglich qualitative Merkmal einer gleichbleibenden Flankenhöhe des Außengewindes gegenüber dem Kerndurchmesser bereits auf den ersten Blick erkennbar. Ebenso ersichtlich sei das zunächst konische Ansteigen des Kerndurchmessers auf einem Teilabschnitt vom Einbringende her, wobei der Übergang zwischen konischem und zylindrischem Verlauf in Abbildung 1 durch eine zusätzliche Linie - das kleine Dreieck links der Referenzziffer 3 - gekennzeichnet sei. Weiterhin lasse sich auch das lediglich relative Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes zu Kerndurchmesser des Außengewindes zuverlässig aus den Abbildungen zu einem Wert von 1,2 bestimmen. D3 offenbare daher ein in den beanspruchten Bereich fallendes Ausführungsbeispiel, so dass ein Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes zum maximalen Kerndurchmesser des Außengewindes zwischen 1,15 und 1,5 nicht als neu angesehen werden könne. Weiter bestätigt werde die Offenbarung der D3 durch die im Patent selbst, Paragraph [0002], erfolgte Würdigung, dergemäß das besagte Verhältnis bei derartigen Montageschrauben eher unter 1,5 liege. Da die Montageschraube einen Kopf haben müsse und das besagte Verhältnis somit über 1 liege, könnten zudem weder der Bereich von 1,15 bis 1,5 (Hauptantrag) noch der Bereich von 1,2 bis 1,3 (Hilfsantrag 1) als ein aus dem Stand der Technik ausgewählter, enger Bereich angesehen werden.

Einziges Unterscheidungsmerkmal sei somit, dass die Widerlagerfläche mit einer Reibeinrichtung versehen sei, durch deren erhöhte Reibung die Aufgabe gelöst werde, ein Lösen bzw. eine Lockerung der Montageschraube zu verhindern. Das Vorsehen von zur Reibungserhöhung beitragenden Rippen oder Rillen an der Anlagefläche zwischen Schraube und zu befestigendem Bauteil sei jedoch genau zu dem Zweck der Verbesserung der Rückdrehsicherheit bereits aus D2, Abbildung 7 und Spalte 7, Zeilen 20-24 bekannt. Es sei für den Fachmann somit naheliegend gewesen, die entsprechende konische Widerlagerfläche der D3 mit derartigen Rippen oder Rillen, d.h. mit einer Reibeinrichtung zu versehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher ausgehend von D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag 1 - Mangelnde erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheide sich lediglich dahingehend von dem des Hauptantrags, dass das Verhältnis zwischen Außendurchmesser des Kopfes und Kerndurchmesser des Außengewindes auf einen Wert zwischen 1,2 und 1,3 beschränkt sei. Dieser Wert sei jedoch, siehe die Diskussion zum Hauptantrag, aus der Zeichnung eindeutig zu bestimmen.

Wie in der Patentschrift, Paragraph [0002] ausgeführt, sei der Effekt dieses Merkmals außerdem lediglich ein optischer, d.h. ästhetischer und damit nicht technischer Effekt.

Selbst wenn man den ausgewählten Bereich als ein technisches Merkmal ansehen würde, so sei damit keinerlei technischer Effekt verbunden. Die Auswahl sei vielmehr willkürlich und könne auch aus diesem Grund keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Hilfsanträge 2 und 3 - verspätetes Vorbringen

Die Hilfsanträge 2 und 3 seien extrem spät in das Verfahren eingebracht worden. Sie enthielten zudem das Merkmal, wonach ein Beschlagteil vorhanden sei, welches eine Oberfläche mit Beschichtung aufweise. Eine derartige beschichtete Oberfläche des Beschlagteils sei bisher im gesamten Beschwerdeverfahren nicht thematisiert worden, geschweige denn, dass ihre besondere Bedeutung für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit diskutiert worden wäre. Nicht einmal in dem wenige Tage vor der Verhandlung eingereichten Begleitschreiben werde dieses neue Merkmal in irgendeiner Weise erwähnt oder argumentativ verwendet. Die Beschwerdeführerin wäre daher bei Zulassung dieser Hilfsanträge gezwungen, sich erstmals in der mündlichen Verhandlung mit dem Merkmal auseinanderzusetzen und ihre Angriffe entsprechend zu überprüfen und zu modifizieren. Dies stelle eine durch das Verhalten der Beschwerdegegnerinnen verursachte, schwerwiegende Benachteiligung der Beschwerdeführerin dar.

Die neu eingereichten Hilfsanträge sollten daher nicht in das Verfahren zugelassen werden.

X. Zur Stützung ihres Antrags haben die Beschwerdegegnerinnen im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der Offenbarung der D3 - abgesehen von der unstreitig nicht offenbarten Reibeinrichtung der Widerlagerfläche - zusätzlich durch weitere Merkmale. D3 offenbare nämlich nicht mehr als eine Montageschraube mit zentrierend eingreifendem Kopf und im Endbereich abnehmendem Durchmesser des Gewindeteils. Weder das Verhältnis zwischen Außendurchmesser des Kopfes und Kerndurchmesser des Außengewindes, noch die quantitative oder qualitative Ausgestaltung des Gewindes werde in irgendeiner Weise thematisiert.

Derartige Informationen könnten auch nicht der in D3 vorhandenen schematischen Zeichnung entnommen werden. Gemäß ständiger Rechtsprechung sei ein Herausmessen absoluter, und infolgedessen auch relativer Größen, die ja ebenfalls letztlich aus gemessenen absoluten Größen abgeleitet würden, allenfalls bei bemaßten Konstruktionszeichnungen möglich. Eine solche liege hier aber eindeutig nicht vor. Zudem ergäben sich aus von der Beschwerdeführerin selbst eingezeichneten Hilfslinien Hinweise auf eine unterschiedliche Flankenhöhe und einen nicht-konischen Verlauf des Kerns im Endabschnitt.

Auch der Würdigung der D3 in der Patentschrift könnten die beanspruchten Merkmale, insbesondere bezüglich des Verhältnisses zwischen Außendurchmesser des Kopfes und Kerndurchmesser des Außengewindes, nicht entnommen werden. Bereits aus der verwendeten Wortwahl "bei einer derartigen Schraube" werde deutlich, dass sich die diesbezügliche Aussage in Paragraph [0002] des Patents nicht mehr auf die Schraube der D3 beziehe. Vielmehr werde eine allgemeine Aussage über Montageschrauben getroffen, wobei es sich jedoch um lediglich intern bekannte Schrauben gehandelt habe. Im Übrigen sei der Patentschrift allenfalls die Obergrenze des beanspruchten Bereichs, nicht aber dessen Untergrenze zu entnehmen.

Schließlich werde auch durch das Merkmal der auf der Widerlagerfläche vorhandenen Reibeinrichtung alleine das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit begründet.

Ausgehend von D3 sei eine Kombination mit der Lehre der D2 schon deshalb nicht naheliegend, da diese eine selbst-bohrende, in eine Zylinderbohrung mit Untermaß einzusetzende Schraube, und damit eine gänzlich andere Schraube als D3 oder das Patent betreffe. Die Schraube gemäß D2 weise zudem einen sehr großen Kopf auf, was für die beanspruchten Montageschrauben wie in Paragraph [0002] der Patentschrift ausgeführt nicht wünschenswert sei. Außerdem lehre die D2 nicht, eine Reibfläche an der Unterseite des Kopfes vorzusehen, sondern an einem konischen Zwischenbereich. Die ein Auflager für die Schraube bildende Unterseite des Kopfes sei dagegen ohne Reibfläche ausgebildet. Selbst bei Berücksichtigung der Lehre der D2 hätte der Fachmann somit allenfalls den dort offenbarten Kopf als Ganzes übernommen, was jedoch nicht zu der beanspruchten Erfindung führe. Er habe jedoch keinen Anhalt gehabt, die der in D2 ohne Reibeinrichtung ausgeführte Unterseite des Kopfes entsprechende, sehr kleine konische Anlagefläche der D3 mit einer Reibeinrichtung zu versehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit

Der beanspruchte engere Bereich für das Verhältnis zwischen Außendurchmesser des Kopfes und Kerndurchmesser des Außengewindes sei der D3 nicht zu entnehmen. Neben der optischen Randbedingung habe dieser Bereich auch einen technischen Effekt, der synergistisch mit den weiteren beanspruchten Merkmalen zusammenwirke. Durch den Eingriff der Schraube in 2 Profilstege sei nämlich der Anpressdruck limitiert. Die Reibeinrichtung bewirke in diesem Zusammenhang gerade dann die erwünschte Rückdrehhemmung, wenn das beanspruchte Verhältnis 1,3 nicht überschreite, wobei gleichzeitig ein Wert von 1,2 nicht unterschritten werden dürfe, um noch einen definierten Anschlag zu erreichen und ein zu tiefes Eingraben des Kopfes zu verhindern.

Auch stelle sich die typische Wechselwirkung mit einem beschichteten Beschlagsteil, nämlich eine teilweise Abtragung der Beschichtung, mit einem daraus resultierenden höheren Reibwert im Bereich der Auflagerfläche, gerade im engen gewählten Bereich ein.

Der beanspruchte Bereich bewirke somit im Zusammenwirken mit den übrigen Anspruchsmerkmalen einen überraschenden technischen Effekt und begründe daher eine erfinderische Tätigkeit.

Hilfsanträge 2 und 3 - Zulassung in das Verfahren

Die Beschwerdeführerin habe erstmals einen Monat vor der Verhandlung die eingereichten Hilfsanträge angegriffen. In Reaktion darauf müsse es den Beschwerdegegnerinnen gestattet sein, Hilfsanträge vorzulegen, welche die erhobenen Einwände behöben. Die vorgenommenen Änderungen seien zudem nicht überraschend, da sie lediglich auf einer Kombination mit erteilten abhängigen Ansprüchen beruhten, wobei diese abhängigen Ansprüche schon in den bisherigen Hilfsanträgen enthalten gewesen seien.

Im Übrigen sei die Beschichtung des Beschlagteils und deren technischer Effekt schon im gesamten Einspruchsverfahren Thema gewesen.

Die neu eingereichten Hilfsanträge sollten daher in das Verfahren zugelassen werden.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - Mangelnde erfinderische Tätigkeit

1.1 Dokument D3 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar.

1.2 D3 offenbart ebenfalls unstreitig (Figur 1 und 2) eine:

Montageschraube (100) zur Befestigung von Beschlagteilen (15) an einem Hohlkammerprofil (11) durch Eingriff in mindestens zwei Profilstege (12, 13), mit einem Kopf (1), und einem Gewindeabschnitt (2) mit einem Außengewinde (3), wobei sich der Kerndurchmesser des Außengewindes (3) in Richtung des Kopfes (1) erweitert (Endbereich 4: Außen­durchmesser nimmt ab, [0017], 3. Satz), wobei der Kopf (1) an seiner dem Gewindeschaft (2) zugewandten Seite eine konisch ausgebildete Widerlagerfläche (6) aufweist

1.3 D3 offenbart unstreitig nicht:

dass die Widerlagerfläche (8) eine Reibeinrichtung (9) aufweist (Merkmal 1.5).

1.4 Die Kammer ist überzeugt, dass auch die folgenden Merkmale in D3 offenbart sind:

- (siehe 1.5.1) dass das Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes (2) zum maximalen Kerndurchmesser des Außengewindes (6) zwischen 1,15 und 1,5 liegt (Merkmal 1.3, part)

- (siehe 1.5.2) dass das Außengewinde (6) eine gleichbleibende Flankenhöhe gegenüber dem Kerndurchmesser besitzt (Merkmal 1.6),

und (siehe 1.5.3) dass der Kerndurchmesser der Montageschraube (1) vom Einbringende (4) aus auf einem Teilabschnitt zunächst konisch ansteigt, jedoch im restlichen Gewindeabschnitt 3 konstant bleibt (Merkmal 1.7).

1.5 Zeichnungen stellen einen integralen Teil der Offenbarung einer Patentschrift dar. Dabei ist, gerade wenn es um die Offenbarung von Proportionen oder Größenordnungen geht, stets im Einzelfall zu beurteilen, welche Lehre für den Fachmann als unmittelbar und eindeutig offenbart angesehen werden kann.

1.5.1 Zunächst entnimmt der Fachmann der D3, Abbildung 1 und 2, dass die dort offenbarte Montageschraube einen Kopf aufweist, was zur Folge hat, dass das Verhältnis zwischen Außendurchmesser des Kopfes und maximalem Kerndurchmesser des Außengewindes größer als 1 ist. Dieser Kopf ist, z.B. im Vergleich mit dem Kopf einer Montageschraube nach D2, klein. Zwar stellt die von der Beschwerdeführerin durchgeführte Bestimmung des beanspruchten Verhältnisses durch Messung absoluter Werte eine Überinterpretation der Zeichnung dar. Jedoch ist die Kammer überzeugt, dass die Proportionen der Schraube zumindest in ihrer Größenordnung korrekt wiedergegeben sind und damit auch eine direkte und eindeutige Lehre für den Fachmann darstellen. Das bedeutet im konkreten Fall, dass das Merkmal, wonach das Verhältnis zwischen Außendurchmesser des Kopfes und Kerndurchmesser des Außengewindes im Bereich kleiner gleich 1,5 liegt, als in den Figuren der D3 offenbart angesehen werden muss. Der entsprechende beanspruchte Grenzwert, d.h. ein Kopfdurchmesser der 50% über dem des Kerndurchmessers liegt, wäre in der vorliegenden Zeichnung in für den Fachmann eindeutig erkennbarer Weise wesentlich größer darzustellen gewesen.

Diese Beurteilung steht in Einklang mit der Aussage in der Patentschrift, wonach bei "derartigen Montageschrauben" der beanspruchte Wert "eher unter 1,5 liegen wird". Der Einwand der Beschwerdegegnerinnen, wonach sich diese Aussage lediglich auf intern bekannte Schrauben beziehe, ist schon deshalb nicht überzeugend, weil die Schraube gemäß D3 von den Beschwerdegegnerinnen selbst mit der entsprechenden Patentanmeldung der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde und sich die Aussage in der Patentschrift ja auf ebensolche, "derartige" Schrauben bezieht.

Das Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes zu maximalem Kerndurchmesser des Außengewindes liegt daher bei der in D3 offenbarten Schraube entweder im beanspruchten Bereich, oder sehr nah an der beanspruchten Untergrenze von 1,15. Der beanspruchte Bereich kann somit gemäß den in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern etablierten Kriterien für Auswahlerfindungen nicht als neu angesehen werden.

1.5.2 Eine gleichbleibende Flankenhöhe ist der Zeichnung direkt zu entnehmen. Sie ist zudem ein typisches Merkmal derartiger Montageschrauben, so dass es weder beim Verfassen der D3 noch bei der Beurteilung ihrer Lehre durch den Fachmann einen Grund gab / gibt, etwas anderes anzunehmen.

1.5.3 D3 offenbart in Paragraf [0017] explizit, dass der in Eindrehrichtung vordere Endbereich des Außengewindes zum Ende hin in seinem Durchmesser geringfügig abnimmt. Diese Änderung des Durchmessers des Außengewindes geht einher mit einer Änderung des Durchmessers des Kerndurchmessers des Außengewindes (was letztlich auch der gezeigten gleichbleibenden Flankenhöhe entspricht). Diese Änderung des Kerndurchmessers ist durch die in Figur 1 links des mit dem Referenzzeichen 3 bezeichneten Gewindegangs eingezeichnete Hilfslinie (welche in der Figur sozusagen ein kleines Dreieck ergibt) als konische Änderung zu erkennen.

1.6 Einziger Unterschied zwischen der Offenbarung der D3 und dem beanspruchten Gegenstand ist somit Merkmal 1.5, d.h. dass die Widerlagerfläche eine Reibeinrichtung aufweist.

1.7 Die Reibeinrichtung erhöht den Reibwert der Widerlagerfläche und damit das Widerstandsmoment gegen Ausdrehen (Patent, Spalte 2, Zeilen 10-16).

Der in der Patentschrift weiter erwähnte Effekt einer zumindest teilweisen Lösung der Beschichtung des Beschlagteils setzt ein beschichtetes Beschlagsteil voraus. Ein solches ist nicht Teil des beanspruchten Gegenstands, so dass dieser Effekt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist.

1.8 Die zu lösende technische Aufgabe kann darin gesehen werden, eine Montageschraube bereitzustellen, welche eine dauerhafte feste Verbindung ermöglicht, d. h. welche nicht die Neigung zeigt, sich insbesondere bei längeren Einsätzen zu lockern (Patent, Spalte 1, Zeilen 35-41).

1.9 Zur Lösung dieser Aufgabe würde der Fachmann die Lehre der D2 berücksichtigen. Diese offenbart ebenfalls eine Montageschraube zur Befestigung von Metall- oder Kunststoffteilen. Nachdem auch bei diesen Schrauben eine dauerhafte feste Verbindung ohne Lockerungsneigung erzielt werden soll, würde der Fachmann das Dokument berücksichtigen.

1.10 D2 setzt sich explizit mit der gestellten technischen Aufgabe auseinander und offenbart, zur Verbesserung der Rückdrehsicherung an einem sich erweiternden Anlage-Abschnitt der Schraube ("Reibungsfläche", siehe Spalte 4, Zeilen 3-10) die Oberfläche mit Rippen, Rillen, Rändelungen oder dergleichen zu versehen, um die Reibung zu erhöhen und eine Verbesserung im Hinblick auf eine Rückdrehsicherung zu erreichen (Spalte 4, Zeilen 18-31). Eine solche Ausführungsform ist in Abbildung 7 illustriert (s. auch Spalte 7, Zeilen 20-22). Die Funktion der Reibungserhöhung wird dabei explizit den Rippen bzw. Rillen auf dem sich erweiternden Anlageabschnitt zugewiesen. Der übrige, im Durchmesser größer ausgebildete Teil des Kopfes wird in Zusammenhang mit der verbesserten Rückdrehsicherheit dagegen nicht genannt und könnte sogar weggelassen werden (Spalte 4, Zeilen 14-17)

1.11 Nachdem D3 ebenfalls eine sich erweiternde Reibungsfläche besitzt (Konusfläche bzw. Klemmfläche 6, 7), die eine der der Reibungsfläche der D2 analoge Klemmfunktion aufweist, wird der Fachmann durch die Lehre der D2 veranlasst, diese mit Rippen, Rillen oder dergleichen Reibeinrichtungen zu versehen, und würde so zu einer unter den Anspruchsgegenstand fallenden Montageschraube gelangen.

Da die Funktion nicht dem gesamten Kopf der D2 zugeschrieben wird, ja dieser sogar ohne den erweiternden Abschnitt ausgebildet sein kann, gibt es auch keinen Grund die gesamte Kopfform wie z.B. in Abbildung 7 der D2 gezeigt, zu übernehmen. Dies wäre vielmehr bei einer Montageschraube gemäß D3 aus optischen Gründen nicht wünschenswert.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht aus diesen Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2. Hilfsantrag 1 - Mangelnde erfinderische Tätigkeit

Hilfsantrag 1 schränkt das Verhältnis von Außendurchmesser des Kopfes zu maximalem Kerndurchmesser des Außengewindes auf einen Wert zwischen 1,2 und 1,3 ein. Zwar soll dieser Wert aus "optischen Gründen" möglichst klein sein (Patentschrift Paragraf [0002]), jedoch ist zumindest der untere Grenzwert auch von technischer Bedeutung, da ein zu kleiner Kopf kein ausreichendes Widerlager darstellen kann.

Jedoch sind für den Fachmann die Randbedingungen offensichtlich, nach welchen der Wert ausgewählt werden muss: Zum einen soll der Kopf bei möglichst großem Kerndurchmesser des Außengewindes aus optischen Gründen möglichst klein sein. Zum anderen muss ein ausreichendes Widerlager gewährleistet sein. Die Optimierung der Kopfgröße relativ zum Kerndurchmesser unter Beachtung dieser bekannten Kriterien stellt eine typische Routineaufgabe für den Fachmann dar, die dieser ohne erfinderisches Zutun durchzuführen vermag.

Die von den Beschwerdegegnerinnen vorgebrachten Synergien kann die Kammer nicht erkennen. Anspruchsgemäß greift die Schraube in mindestens zwei Profilstege ein. Der durch die Schraube bei einem bestimmten Kerndurchmesser erzielbare Anpressdruck ist daher nicht klar definiert, sondern kann, je nachdem wie viele Profilstege gefasst werden, variieren. Eine Optimierung des Verhältnisses auf einen spezifischen Anpressdruck ist somit nicht glaubhaft.

Außerdem bewirkt das Hinzufügen einer Reibeinrichtung an der Widerlagerfläche eine Verbesserung der Rückdrehsicherheit, unabhängig davon, wie groß die Widerlagerfläche selbst ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Hilfsanträge 2 und 3 - Zulassung in das Verfahren

Es ist richtig, dass die Beschwerdeführerin die ursprünglich vorgelegten Hilfsanträge mit Schreiben vom 9. August 2018 erstmals angegriffen hat. Auch stellen die neu eingereichten Hilfsanträge zumindest zum Teil eine Reaktion auf die von der Beschwerdeführerin in diesem Schreiben erhobenen Einwände einer unzulässigen Erweiterung sowohl des Gegenstandes als auch des Schutzumfangs dar. Auch eine gewisse Verzögerung der Reaktion scheint angesichts der üblichen Urlaubszeit entschuldbar.

Jedoch haben die Beschwerdegegnerinnen in den unabhängigen Ansprüchen der neuen Hilfsanträge 2 und 3 das Merkmal aufgenommen, wonach das nun im Rahmen der Befestigungsanordnung zusätzlich beanspruchte Beschlagteil eine Oberfläche mit Beschichtung aufweist.

Im mit den neuen Hilfsanträgen eingereichten Begleitschreiben vom 6. September 2018 ist dieses Merkmal weder erwähnt, noch wird in irgendeiner Weise auf seine besondere Bedeutung für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hingewiesen.

Das Merkmal wird in seinem Zusammenwirken mit der Reibeinrichtung erstmalig im Beschwerdeverfahren als entscheidend für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit in einem unabhängigen Anspruch verwendet. Die Beschwerdeführerin müsste sich somit - bei Zulassung der Hilfsanträge 2 und 3 - in der mündlichen Verhandlung erstmals mit den sich auf dieses Merkmal stützenden Argumenten auseinandersetzten und ihre Einwände entsprechend anpassen. Dies stellt eine prozedurale Benachteiligung der Beschwerdeführerin dar, die nur durch Vertagung der mündlichen Verhandlung ausgeglichen werden könnte.

Im Hinblick auf den Umstand, dass bei einer Zulassung der Hilfsanträge 2 und 3 eine Verlegung der mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen wäre, waren die vorgenannten Hilfsanträge gemäß Artikel 13 (3) VOBK (Verfahrensordnung der Beschwerdekammern) nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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