European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T060315.20160525 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Mai 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0603/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01113738.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B32B 27/08 B32B 27/34 C09J 177/00 C08L 77/00 F16L 11/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Thermoplastische Mehrschichtverbunde | ||||||||
Name des Anmelders: | EMS-CHEMIE AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Arkema | ||||||||
Kammer: | 3.3.09 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Berichtigung des EPA Formulars 2300 unter Regel 139 EPÜ - nicht stattgegeben Rechtliches Gehör der Beschwerdeführerin Rechtliches Gehör - verletzt Wesentliches Verfahrensmangel - ja Rückzahlung der Beschwerdegebühr - ja |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 23. Dezember 2014, dem Antrag der Einsprechenden auf Berichtigung des Formulars 2300 unter Regel 139 EPÜ stattzugeben.
Die Einspruchsabteilung ging davon aus, dass die
Einsprechende die Firma Arkema France ist. Über den Antrag gemäß Regel 140 EPÜ wurde vorerst nicht entschieden.
II. Die vorliegende Beschwerde T 603/15, stellt eine "Zwischenbeschwerde" in der Beschwerde T 399/10 dar. In der Sache T 399/10 hatte die Einsprechende (dortige Beschwerdeführerin) unter Regel 139 EPÜ die Berichtigung des Namens der Einsprechenden beantragt, nämlich Arkema France statt Arkema. Gleichzeitig hatte sie gemäß Regel 140 EPÜ eine entsprechende Berichtigung der der Sache T 399/10 zugrunde liegenden Entscheidung der Einspruchsabteilung beantragt.
In der am 14. November 2014 vor der Beschwerdekammer stattgefundenen mündlichen Verhandlung in der Sache T 399/10 erklärte die Kammer, dass sie die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die ihr vorliegenden Korrekturanträge gemäß Regel 139 EPÜ (Berichtigung des Einspruchsformblatts 2300) und 140 EPÜ (Berichtigung der Entscheidung) abzuwarten beabsichtige, bevor die Beschwerde T 399/10 weiter behandelt werde (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2014). Folglich wurde das Beschwerdeverfahren ausgesetzt bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die der Einspruchsabteilung vorliegenden Berichtigungsanträge.
III. Folgende Dokumente bezüglich der Identität der Einsprechenden wurden, unter anderem, von der Einsprechenden vorgelegt:
Anlage 1: Instruktionsschreiben von Arkema France an ihren damaligen Vertreter mit Datum vom 17. November 2006;
Anlage 2: Austausch von E-mails (23. Dezember 2009 und 16. Februar 2010);
Anlage 3: Erklärung von Catherine Lhoste mit Datum vom 30. Juli 2014;
Anlage 4: Erklärung von Christian Collette mit Datum vom 30. Juli 2014;
Anlage 5: E-mail vom 23. August 2010;
Anlage 6: Schreiben vom 23. Mai 2011 betreffend die Niederlegung des Mandats des bisherigen Vertreters der Firma Arkema France im Beschwerdeverfahren T 399/10;
Anlage 7: Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats der Arkema France vom 27. Oktober 2006;
Anlage 8: Auflistung der Registrierungsänderungen von Arkema France zwischen 14. Juni 2006 und 25. Juli 2013;
Anlage 9: Chronologie der Ereignisse im Zusammenhang mit dem europäischen Patent Nr. 1 162 061 (Einspruch und Beschwerde).
In der angefochtenen Entscheidung wurde, unter anderem, auf die folgenden Dokumente verwiesen:
D1: Formblatt 2336, Interne Checkliste; und
D2: EPA Interne Instruktionen, ID-V, 6.6, 2010.
IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Stattgabe des Korrekturantrags der Einsprechenden wurde mit Schreiben vom 9. Februar 2015 Beschwerde eingelegt. In diesem Schreiben wurde die EMS PATENT AG als Patentinhaberin genannt.
V. Mit Mitteilung vom 31. März 2015 stellte die Geschäftsstelle der Kammer fest, dass die eingereichte Beschwerdeschrift entgegen Regel 99(1)a) in Verbindung mit Regel 41(2)c) EPÜ nicht den Namen und die Anschrift der Beschwerdeführerin enthalte.
VI. Mit der Beschwerdebegründung vom 7. April 2015 erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie die Patentinhaberin sei, nämlich die EMS-CHEMIE AG mit der Anschrift Via Innovativa 1, 7013 Domat-Ems. Die Beschwerdeführerin beantragte:
- die Entscheidung vom 23. Dezember 2014 aufzuheben und den Korrekturantrag abzuweisen;
- hilfsweise, sollte der Korrekturantrag nicht direkt von der Beschwerdekammer abgewiesen werden, die Sache zur erneuten Beurteilung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen;
die Beschwerdegebühr in beiden Fällen aufgrund wesentlicher Verfahrensmängel zurückzuerstatten (die Entscheidung stütze sich auf zwei amtsinterne Dokumente, nämlich D1 und D2 (vgl. vorstehend Punkt III; siehe Gründe, Punkte 4.1.2 und 4.1.4), von denen die Beschwerdeführerin keine Kenntnis haben konnte);
- die betroffenen Personen als Zeugen zu vernehmen, sollte sich die Kammer auf die eidesstattlichen Erklärungen gemäß den Anlagen 3 und 4, eingereicht mit Brief der Einsprechenden vom 1. August 2014, stützen;
- hilfsweise den Einspruch als unzulässig zu verwerfen.
VII. Mit Schreiben vom 3. August 2015 nahm die Einsprechende (nachfolgend Beschwerdegegnerin) zum Vorbringen der Beschwerdeführerin Stellung und beantragte:
- die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, da die genannte Firma EMS PATENT AG nicht Partei des Einspruchsverfahrens gewesen sei;
- die Beschwerde zurückzuweisen;
- dem Antrag auf Vernehmung von Zeugen nicht stattzugeben;
- dem Antrag auf Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung nicht stattzugeben.
VIII. Mit Bescheid vom 29. Januar 2016 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit:
Die vorliegende Beschwerde sei zulässig, da es offensichtlich zu sein scheine, dass die EMS-CHEMIE AG die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin sei.
- Eine Berichtigung könne auch nach Ablauf des Einspruchsverfahrens stattfinden, und sei es im Beschwerdeverfahren, da Regel 139 EPÜ keine zeitliche Begrenzung enthalte.
- Der Berichtigungsantrag scheine unverzüglich gestellt worden zu sein, nachdem der Fehler bemerkt worden sei.
- Der Einspruch beinhalte einen offensichtlichen Fehler, da als Einsprechende sowohl Arkema als auch Arkema France genannt worden seien (vergleiche Formblatt 2300.1 von 04.93, Seite 1, und die Einspruchsschrift, Seite 1). Es gäbe aber keinen Grund, warum eine der beiden Benennungen wichtiger sei als die andere. Im vorliegenden Fall, könne nur die Einsprechende selbst bestätigen bzw. nachweisen, welche der beiden Firmen die beabsichtigte Einsprechende gewesen sei.
Die Beschwerdegegnerin stütze sich zum Nachweis ihrer ursprünglichen Absicht bezüglich der Identität der Einsprechenden hauptsächlich auf das Instruktionsschreiben vom 17. November 2006 an ihre damaligen Vertreter (Anlage 1 zum Schreiben vom 1. August 2014). Alle übrigen von der Beschwerdegegnerin zum Nachweis der genannten Absicht eingereichten Dokumente seien etliche Jahre nach der Einreichung des Einspruchs erstellt worden. Soweit die Absicht der damaligen Vertreter der Beschwerdegegnerin maßgebend sein sollte, ginge die Kammer davon aus, dass die Vertreter jeweils die Absicht hatten, die von der vertretenen Partei erhaltenen Instruktionen so umzusetzen, wie sie diese verstanden bzw. verstehen mussten.
- Eine Zeugenvernehmung scheine unnötig zu sein. Wenn die Beschwerdeführerin die eidesstattlichen Erklärungen von zwei Personen in den Anlagen 3 und 4 anzweifle, weil deren Aussagen vom Jahr 2014 Vorgänge von Ende 2006 beträfen (große Zeitspanne), gelte der gleiche Grund auch für eine Zeugenvernehmung.
- Angesichts der Verfahrensdauer - T 603/15 stelle eine "Zwischenbeschwerde" in der Beschwerde T 399/10 dar - scheine eine Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung aus verfahrensökonomischen Gründen nicht geboten.
- Die Frage der Unzulässigkeit des Einspruchs dürfte nur im Rahmen des Falles T 399/10 zu diskutieren sein.
IX. Mit Schreiben vom 10. und 26. Februar 2016 reichte die Beschwerdeführerin weitere Argumente ein.
X. Am 25. Mai 2016 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der sich die Beschwergegnerin zum ersten Mal in diesem Verfahren auf das folgende, im Verfahren T 399/10 zitierte Dokument bezog:
Anlage 11: Brief Cabinet Plasseraud an Arkema vom
8. Oktober 2014 (siehe Schriftsatz vom
3. November 2014 in T 399/10).
Außerdem zog die Beschwerdeführerin den Antrag auf Zeugenvernehmung zurück.
XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Nach der Rechtsprechung, wie sie in der Entscheidung G 1/12 zusammengefasst wurde, müssen folgende vier Bedingungen für eine Korrektur unter Regel 139 Satz 1 erfüllt sein:
- Die Berichtigung muss der ursprünglichen Absicht entsprechen.
- Ist die ursprüngliche Absicht nicht sofort erkennbar, so trägt der Antragssteller die Beweislast, an die hohe Anforderungen gestellt werden müssen.
- Der zu berichtigende Fehler kann eine unrichtige Angabe sein oder sich aus einer Auslassung ergeben.
- Der Berichtigungsantrag muss unverzüglich gestellt werden.
b) Es sei unstrittig, dass im Einspruchsschriftsatz sowohl Arkema (Formblatt 2300.1) als auch Arkema France (Einspruchsbegründung, Seite 1) genannt worden sind. Es gab sowohl die juristische Person Arkema als auch die juristische Person Arkema France.
- Es sei aber nicht glaubhaft, dass es immer schon der Wille der juristischen Person Arkema France gewesen sei, die Einsprechende im vorliegenden Verfahren zu sein.
- Gemäß Anlagen 3 und 4 machten zwei Personen im Jahr 2014 Aussagen über deren Absicht Ende 2006, dies sei 8 Jahre her gewesen.
- Es sei auch nicht zutreffend, dass Patentanmeldungen nur im Namen von Arkema France eingereicht wurden. Im Namen der juristischen Person Arkema würden eine Vielzahl von beim EPA hängigen oder inzwischen fallen gelassenen Anmeldungen geführt.
- Im Weiteren sei es nicht glaubhaft, dass wegen der Adresse nur die juristische Person Arkema France gemeint sein könne, da beide juristische Personen bis zumindest im Jahr 2007, d.h. zum Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs, eine identische Adresse hatten, namentlich 4/8 Cours Michelet, 92800 Puteaux, France.
- Es sei nicht glaubhaft, dass gemäß Anlagen 1 und 2 ausdrücklich nur im Namen von Arkema France gehandelt werden sollte, da die Arkema France Fälle auch für alle anderen Gesellschaften der Gruppe bearbeite.
- Angesichts der Anlage 1 heiße es im Instruktionsschreiben nicht ausdrücklich, dass im Namen von Arkema France gehandelt werden solle, da
- Arkema France nicht nur Fälle für die Arkema France bearbeite, sondern auch für alle anderen Gesellschaften der Gruppe; und
- die Formulierung "pour le compte de" auf Rechnung von heiße und nicht im Namen von.
Es genüge nicht, die wahre Absicht der Partei zu zeigen, sondern es müsse auch die wahre Absicht des Vertreters gezeigt werden. Die eingereichten Dokumente zeigten nicht, dass auch der Vertreter zweifelsfrei die Absicht hatte, im Namen von Arkema France zu handeln.
c) Der Berichtigungsantrag sei aber auf keinen Fall unverzüglich gestellt worden. In der Mitteilung über die Einlegung von Einsprüchen vom 6. März 2007 wurde die Einsprechende als Arkema bezeichnet. Dies blieb unwidersprochen, obwohl die Einsprechende bereits damals einen entsprechenden Berichtigungsantrag hätte stellen können. Selbst die Beschwerde sei ausdrücklich im Namen der Gesellschaft Arkema eingelegt worden. Auch im sich anschließenden Schriftwechsel mit der Geschäftsstelle der Beschwerdekammer hinsichtlich Anschrift der Beschwerdeführerin und einer Diskrepanz zwischen Einsprechender (Arkema France) und Beschwerdeführerin (Arkema) sei die Beschwerdeführerin ausdrücklich unter der Gesellschaft Arkema aufgetreten. In der Beschwerdebegründung vom 27. April 2010 sei dann, ohne jegliche Angabe warum, plötzlich Arkema France im Betreff als Beschwerdeführerin geführt worden.
- Ein erster Korrekturantrag sei von der Einsprechenden erst in ihrer Eingabe vom 20. Juni 2012 gestellt worden, und zwar unter Regel 140 EPÜ (Korrektur der Entscheidung der Einspruchsabteilung) und hilfsweise unter Regel 139 EPÜ (Berichtigung der Beschwerdeschrift). Arkema sollte jeweils durch Arkema France ersetzt werden. Eine Korrektur des Formulars 2300.1 sei damals aber nicht beantragt worden.
- Erst mit dem Schriftsatz vom 1. August 2014, d.h. sieben Jahre nach Einreichung des Einspruchs bzw. vier Jahre nach der Mitteilung der Kammer habe die Einsprechende zum ersten Mal die Berichtigung des Formulars 2300 beantragt, ohne Erklärung für den verspätet eingereichten Antrag. Das beweise eindeutig, dass der Antrag nicht unverzüglich gestellt worden sei.
d) Angesichts der oben angegebenen Gründe gäbe es auch keinen Raum für eine Berichtigung unter Regel 140 EPÜ. Außerdem sei der Anwendungsbereich von Regel 140 EPÜ sehr eng und diese Bestimmung sei nicht für eine inhaltliche Überprüfung der Entscheidung vorgesehen. Der Maßstab bei der Anwendung von Regel 140 EPÜ sei nicht etwa die Absicht einer Partei, sondern die Absicht des Spruchkörpers (unter Verweis auf G 8/95, Entscheidungsgründe 3.2; G 1/97, Entscheidungsgründe 2c; T 1093/05, Entscheidungsgründe 7 und 10).
e) Aufgrund der nicht zweifelfrei erkennbaren Identität der Einsprechenden werde hilfsweise beantragt, den Einspruch als unzulässig zu erklären.
Die angefochtene Entscheidung stütze sich auf zwei entscheidungsrelevante interne Dokumente (D1 und D2), von denen die Beschwerdeführerin keine Kenntnis hatte und auch keine Kenntnis haben konnte. Die Beschwerdeführerin habe keine Möglichkeit erhalten, sich zu diesen Dokumenten zu äußern. Somit sei ihr das rechtliche Gehör im Sinne von Artikel 113(1) EPÜ verwehrt worden. Dementsprechend sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
XII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Die Beschwerde sei unzulässig, da die Firma EMS PATENT AG nicht Partei des Einspruchsverfahrens sei. Hier müssten die gleiche Kriterien gelten wie bei der Berichtigung der Einsprechenden als Beschwerdeführerin im Verfahren T 399/10.
b) Das Einspruchsformular EPA 2300, welches den Fehler beinhalte, sei eine Anlage der Einspruchsschrift, welche dem maßgeblichen Dokument für die Erfordernisse der Regel 76(2)(a) EPÜ 2000 entspreche. Deswegen habe es keinen Vorrang vor der Einspruchsschrift, auf deren ersten Seite der Name der Einsprechenden stehe.
c) Die vorgelegten Beweismittel würden eindeutig die Absicht von Arkema France erkennen lassen, als Einsprechende aufzutreten.
d) Erst kurz vor dem 1. August 2014 habe die Vertreterin der Einsprechenden festgestellt, dass es einen Fehler bezüglich des Namens der Einsprechenden auf dem Formblatt 2300 gab (Anlage 11). Der Antrag, das Formblatt entsprechend zu korrigieren, sei dann unverzüglich gestellt worden, namentlich nach dem Erlass der G 1/12 am 30. April 2014. Es sei auch zu berücksichtigen, dass das Verfahren aufgrund der Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer betreffend die Berichtigung des Namens des Beschwerdeführers ausgesetzt wurde.
e) Eine Zeugenvernehmung sei gegen die Verfahrensökonomie, da die Zeugen, insbesondere Frau Delprat, nur den Inhalt des Briefes laut Anlage 1 bestätigen könnte.
f) Die Zurückverweisung an die ersten Instanz sei nicht notwendig, da keine neue relevante Fakten oder Argumente vorgebracht würden.
XIII. Die letzten Anträge der Beschwerdeführerin, außer der Zeugenvernehmung, blieben die gleichen wie am Anfang des Beschwerdeverfahrens.
XIV. Die letzten Anträge der Beschwerdegegnerin blieben die gleichen wie am Anfang des Beschwerdeverfahrens.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
1.1 Die Beschwerdegegnerin hat die Zulässigkeit der Beschwerde beanstandet. In der Beschwerdeschrift wurde die Firma EMS PATENT AG als Patentinhaberin identifiziert. Die Beschwerdeschrift enthielt dagegen keine klare Aussage darüber, im Namen welcher Person die Beschwerde eingereicht wurde.
1.2 Mit Mitteilung vom 31. März 2015 stellte die Geschäftsstelle der Kammer deshalb fest, dass die eingereichte Beschwerdeschrift entgegen Regel 99(1)a) in Verbindung mit Regel 41(2)c) EPÜ nicht den Namen und die Anschrift der Beschwerdeführerin enthalte. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, diese Mängel innerhalb einer Frist von zwei Monaten zu beheben.
1.3 In der Beschwerdebegründung vom 7. April 2015 erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie die Patentinhaberin sei, nämlich die Firma EMS-CHEMIE AG, und dass ihre Anschrift Via Innovativa 1, 7013 Domat-Ems sei.
1.4 Die in der Mitteilung vom 31. März 2015 gerügten Mängel wurden dadurch fristgerecht beseitigt. Folglich ist die Beschwerde zulässig.
2. Der zu berichtigende Fehler
Es war unstrittig, dass der Einspruchsschriftsatz einen offensichtlichen Fehler enthält, da als Einsprechende sowohl Arkema (EPA Formblatt 2300.1 von 04.93, Seite 1) als auch Arkema France (Beschwerdebegründung "ACTE D'OPOSITION, Seite 1) genannt worden sind. In ihrer Zwischenentscheidung hat die Einspruchsabteilung Arkema als die Einsprechende benannt.
Die Unklarheit darüber, welche Firma den Einspruch eingelegt hat, hat sich in der anschließenden Beschwerde T 399/10 bei der Benennung der dortigen Beschwerdeführerin fortgesetzt und dazu geführt, dass die Einsprechende und dortige Beschwerdeführerin letztendlich einen Antrag auf Korrektur des EPA Formulars 2300 unter Regel 139 EPÜ gestellt hat.
3. Berichtigung des EPA Formulars 2300
Die Einspruchsabteilung gab mit ihrer Entscheidung vom 23. Dezember 2014 dem Antrag der Einsprechenden und jetzigen Beschwerdegegnerin statt, das EPA Formular 2300 sei unter Regel 139 EPÜ in der Weise zu berichtigen, dass der Namen der Einsprechenden nicht mehr "Arkema" sondern "Arkema France" lautet. Diese Entscheidung der Einspruchsabteilung ist der Gegenstand der vorliegenden "Zwischenbeschwerde".
3.1 Der juristische Rahmen des Berichtigungsantrags
3.1.1 Der Berichtigungsantrag wurde unter Regel 139 EPÜ gestellt, deren erster Satz lautet:
"Sprachliche Fehler, Schreibfehler und Unrichtigkeiten in den beim Europäischen Patentamt eingereichten Unterlagen können auf Antrag berichtigt werden." (Hervorhebung durch die Kammer)
3.1.2 Bezüglich einer fehlerhaften Angabe des Namens des Beschwerdeführers hat die Grosse Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung G 1/12 (ABl EPA 2014, A114, Leitsatz, Antwort zur Frage 3) festgestellt:
"Im Falle einer fehlerhaften Angabe des Namens des Beschwerdeführers greift nach den in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern aufgestellten Bedingungen das allgemeine Verfahren für die Berichtigung von Mängeln nach Regel 139 Satz 1 EPÜ." (Hervorhebung durch die Kammer)
Unter Ziff. 37 der Entscheidungsgründe hat die Große Beschwerdekammer dabei auf folgende Grundsätze verwiesen, die die Beschwerdekammern in einer umfangreichen Rechtsprechung zu Berichtigungen gemäß Regel 139 Satz 1 EPÜ entwickelt und aufgestellt haben:
a) Die Berichtigung muss der ursprünglichen Absicht entsprechen.
b) Ist die ursprüngliche Absicht nicht sofort erkennbar, so trägt der Antragssteller die Beweislast, an die hohe Anforderungen gestellt werden müssen.
c) Der zu berichtigende Fehler kann eine unrichtige Angabe sein oder sich aus einer Auslassung ergeben.
d) Der Berichtigungsantrag muss unverzüglich gestellt werden.
Folglich ist die Berichtigung des Namens der Beschwerdeführerin, d.h. einer Unrichtigkeit gemäß Regel 139 Satz 1 EPÜ unter bestimmten Bedingungen möglich.
3.1.3 Im Weiteren hat diese Kammer in einer anderen Besetzung anschließend entschieden, dass auch die Berichtigung des Namens der Einsprechenden in der Einspruchsschrift unter Regel 139 EPÜ möglich ist, wenn die in G 1/12 aufgelisteten Bedingungen erfüllt sind (siehe T 615/14 vom 27. Oktober 2015, Leitsatz).
3.2 Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, ob die Berichtigung des Namens der Einsprechenden im EPA Formular 2300 unter Regel 139 EPÜ möglich ist.
Die Kammer sieht keinen Grund, warum der Tenor der Entscheidung T 615/14 nicht in analoger Weise auch für die Berichtigung des Namens der Einsprechenden im EPA Formular 2300 unter Regel 139 EPÜ anwendbar sein sollte, wenn die in der Entscheidung G 1/12 aufgelisteten Bedingungen erfüllt sind.
Da es sich gezeigt hat, dass die Bedingung der unverzüglichen Einreichung des Berichtigungsantrags (Bedingung d), vorstehend Ziff. 3.1.2), nicht erfüllt ist, erübrigen sich Ausführungen dazu, ob die übrigen in G 1/12 genannten Bedingungen erfüllt sind.
3.3 Das Kriterium des unverzüglichen Antrags auf Berichtigung des Fehlers
3.3.1 Die Kammer erachtet es als hilfreich, zunächst die verschiedenen Ereignisse im zugrundeliegenden Einspruchsverfahren und der ersten Beschwerde T 399/10, die zur vorliegenden "Zwischenbeschwerde" geführt haben, chronologisch darzustellen. Auf die Benennung der Firma, die als Einsprechende bzw. als Beschwerdeführerin auftritt, wird hingewiesen.
25.01.2007 Einreichung des Einspruchs (Arkema/Arkema France)
07.12.2009 Zwischenentscheidung; fälschlicherweise als Zurückweisung des Einspruchs bezeichnet (Arkema)
18.12.2009 Berichtigung der Zwischenentscheidung durch die Einspruchsabteilung (Arkema)
24.02.2010 Beschwerde T 399/10 gegen die Zwischenentscheidung (Arkema)
04.03.2010 Mitteilung der Geschäftsstelle bezüglich der fehlenden Anschrift der Beschwerdeführerin
18.03.2010 Antwort von Arkema bezüglich der Anschrift
25.03.2010 Mitteilung der Geschäftsstelle bezüglich einer Diskrepanz zwischen Einsprechender (Arkema France) und Beschwerdeführerin (Arkema)
01.04.2010 Schreiben bezüglich der Anschrift mit Auszug aus dem Handelsregister (Extrait Kbis) (im Brief: Arkema; Extrait Kbis: Arkema France)
27.04.2010 Beschwerdebegründung: Arkema France wird als Einsprechende und Beschwerdeführerin benannt
10.08.2010 Stellungnahme der Patentinhaberin zur Beschwerde, deren Zulässigkeit aufgrund der Diskrepanz Arkema/Arkema France bestritten wird
11.08.2010 Aufforderung der Kammer zu erklären, welche Gesellschaft als Beschwerdeführerin auftritt
18.08.2010 Bestätigung der Beschwerdeführerin, dass Arkema France Einsprechende und Beschwerdeführerin ist
27.05.2011 Vertreterwechsel bei der Beschwerdeführerin
21.05.2012 Antrag der Patentinhaberin, das Verfahren im Hinblick auf die Vorlage G 1/12 auszusetzen
20.06.2012 Arkema France stellt einen Antrag unter Regel 140 EPÜ zur Berichtigung der Zwischenentscheidung und unter Regel 139 EPÜ zur Berichtigung der Beschwerdeschrift
01.08.2014 Arkema France stellt einen Antrag unter Regel 139 EPÜ zur Berichtigung des EPA Formulars 2300 und wiederholt den Antrag unter Regel 140 EPÜ zur Berichtigung der Zwischenentscheidung
Aus der detaillierten Chronologie ist ersichtlich, dass der Antrag zur Berichtigung des EPA Formulars 2300 erst mit Schreiben vom 1. August 2014 eingereicht wurde, obwohl die von der Einsprechenden begangenen Fehler schon am 10. August 2010 (Beschwerdeerwiderung der Patentinhaberin) beziehungsweise am 11. August 2010 (Mitteilung der Kammer bezüglich der Identität der Beschwerdeführerin) klar ersichtlich waren. Der damaligen Beschwerdeführerin/Patentinhaberin war spätestens damals klar geworden, dass ihr Fehler bezüglich der Bezeichnung der Einsprechenden und Beschwerdeführerin unterlaufen waren. Dies wird auch durch ihr Schreiben vom 18. August 2010 bestätigt, in dem sie Arkema France als Einsprechende und als Beschwerdeführerin identifizierte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre es angezeigt gewesen, alle ihre Vorbringen im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren zur Identität der Einsprechenden/Beschwerdeführerin zu prüfen und die aus ihrer Sicht notwendigen Schritte zur Klärung einzuleiten.
3.3.3 Der Antrag auf Berichtigung des am Anfang des Einspruchsverfahrens eingereichten Formulars 2300 erfolgte aber erst im August 2014. Eine Verzögerung von vier Jahren erfüllt nach Auffassung der Kammer nicht die Bedingung des unverzüglichen Berichtigungsantrags. Die im vorliegenden Verfahren als Beschwerdegegnerin auftretende Einsprechende machte geltend, dass sie erst kurz vor dem 1. August 2014 festgestellt habe, dass das EPA Formular 2300 einen Fehler beinhaltete. Ob dies zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Sie hätte diesen Fehler spätestens im August 2010 erkennen müssen (vorstehend Punkt 3.3.2).
3.4 Da die Bedingung des unverzüglich eingereichten Antrags nicht erfüllt ist, kommt die Kammer zu den Schluss, dass dem Antrag auf Berichtigung des EPA Formulars 2300 unter Regel 139 EPÜ und G 1/12 nicht stattgegeben werden kann.
4. Rechtliches Gehör
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend erklärte, stützt sich die angefochtene Entscheidung der Einspruchabteilung vom 23. Dezember 2014 auf zwei entscheidungsrelevante interne Dokumente, nämlich D1 und D2, von denen die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Einspruchsabteilung keine Kenntnis hatte und keine Kenntnis haben konnte, da es sich eben um amtsinterne Dokumente handelte.
D1 ist eine interne Checkliste (Formular 2336), auf welcher Arkema France als Einsprechende vermerkt ist.
D2 ist ein Auszug aus den Internen Instruktionen des EPA.
Diese beiden Beweismittel waren der Beschwerdeführerin zu keinem Punkt des Verfahrens bis zur Entscheidung bekannt und sie konnten ihr auch nicht bekannt sein.
Da die Beschwerdeführerin auch keine Möglichkeit erhalten hat, sich zu diesen Dokumenten zu äußern, wurde ihr das rechtliche Gehör im Sinne von Artikel 113(1) EPÜ verwehrt.
5. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
5.1 Die Beschwerdeführerin hat die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt, da ihr rechtliches Gehör verletzt wurde.
5.2 Angesichts der Entscheidung der Kammer bezüglich des Berichtigungsantrags - der Beschwerde der Beschwerdegegnerin wurde stattgegeben - und nachdem ein wesentlicher Verfahrensmangels vorliegt, kommt die Kammer zum Schluss, dass die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 103(1) EPÜ der Billigkeit entspricht. Die Kammer bestätigt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass sie aufgrund des Verfahrenfehlers mit einem neuen, zulasten der Beschwerdeführerin gewürdigten Sachverhalt in der Entscheidung überrascht wurde.
5.3 Folglich wurde diesem Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr stattgegeben.
6. Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung
Angesichts der Verfahrensdauer - T 603/15 stellt eine "Zwischenbeschwerde" in der Beschwerde T 399/10 dar - ist eine Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung aus verfahrensökonomischen Gründen nicht geboten. Folglich wurde diesem Antrag der Beschwerdegegnerin nicht stattgegeben.
7. Geltend gemachte Unzulässigkeit des Einspruchs gegen das europäische Patent EP 1 162 061
Die vorliegende Beschwerde T 603/15 betrifft nur den gestellten Berichtigungsantrag des EPA Formulars 2300 unter Regel 139 EPÜ. Die Frage der Unzulässigkeit des Einspruchs gegen das europäische Patent EP 1 162 061 kann nur im Rahmen der Sache T 399/10 abgehandelt werden. Die Kammer konnte sich daher mit diesem Antrag der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren nicht befassen.
8. Weiteres Verfahren vor der Einspruchsabteilung
8.1 Die Kammer verweist auf die angefochtene Entscheidung vom 23. Dezember 2014 (siehe Punkt 4.2, insbesondere 4.2.3), worin die Einspruchsabteilung die Auffassung vertritt, dass dem Antrag auf eine Berichtigung der Zwischenentscheidung vom 18. Dezember 2009 gemäß Regel 140 EPÜ, bezüglich des Namens der Einsprechenden, erst dann stattgegeben werde, wenn die Frage der Berichtigung unter Regel 139 EPÜ geklärt sei.
8.2 Als Konsequenz der vorliegenden Entscheidung, worin der Berichtigungsantrag unter Regel 139 EPÜ abgehandelt wurde, wird die Akte zurück an die Einspruchsabteilung verwiesen, damit sie sich mit dem Berichtigungsantrag unter Regel 140 EPÜ befassen kann, welcher den Namen der Einsprechenden in der Zwischenentscheidung vom 18. Dezember 2009 betrifft.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 23. Dezember 2014 wird aufgehoben.
2. Der Antrag auf Berichtigung des Formblatts 2300 unter Regel 139 EPÜ wird zurückgewiesen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückerstattet.